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ftbend-stusgabe 1V8. ^ahrgaag Htm-els-FEung Amtsblatt Les Nute» und Le» poUAEi Qintes öec SLcvöL LeLpAr^ 561 Echriftlettung und <S«lchäsl1strll« 2ohaaa!«gaII« Nr. 8 b^tt 3. 9!l)VetItbet Frrnsprrch-Ln'chluu Nr. NE. 14«iU-i und N«.!U 1915 Der deutsche Tagesbericht Das Wölfische Bureau meldet amtlich: Großes Hauptquartier, 3. November. Westlicher Kriegsschauplatz Keine wesentlichen Ereignisse. Am Souchez-Bach, nordöstlich des gleichnamigen Ortes, wurde ein vorgeschobenes, der Umfassung ausgesetztes Graben stück von etwa 100 in Breite nachts planmäßig geräumt. Oestlich von Pv rönne muhte ein englisches Flugzeug im Feuer unserer Infanterie landen; der Führer (Offizier) ist gefangengenommen. Seitlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg: Bor Dünaburg setzten die Aussen ihre Angriffe fort. Bei Illuxt und Gardunowka wurden sie abgewiesen, viermal stürmten sie unter außergewöhnlichen Verlusten ver gebens gegen unsere Stellungen bei Gate ni an. Zwischen Swenten- und Ilsen-See mußte unsere Linie zurück gezogen werden, es gelang dort den Aussen, das Dorf Mikulifchki zu besehen. Heeresgruppe des G e n e r a l f e l d m a r s ch a l l s Prinz Leopold von Bayern. Die Lage ist unverändert. Heeresgruppe des Generals vo n Linsingen. Am O gi nsk y-Kanal wurde ein feindlicher Vorstoß gegen die Schleuse von Osarihki abgeschlagen. Beiderseits der Straße Linowo—Lzartorysk sind die Russen erneut zum weiteren Rückzug ge zwungen, fünf Offiziere, 660 Mann sind gesangengenommen, drei Maschinengewehre erbeutet. Bei den Truppen des Generals Grafen v. Bot hm er wird noch im Nordteil von Siemikowce gekämpft. Balkankriegsschauplatz Usice ist besetzt. Die Straße von Lacak—Kragu- jevac ist überschritten. Beiderseits der Morava leistet der Feind noch hartnäckigen Widerstand. In Kragujevac wurden sechs Geschütze, 20 Geschütz rohre, zwölf Minenwerfer, mehrere lausend Gewehre, viel Munition und Material erbeutet. Die deutschen Truppen der Armee des Generals v. Köveß machten gestern 350 Gefangene und erbeuteten vier Geschütze. Die Armee des Generals v. Gallwih nahm in den letzten drei Tagen 1100 Serben gefangen. Die Armee des Generals Bojadjieff Hal westlich von Planinica beiderseits der Straße Zajecar-Paracin den Feind zurückgeworfen, 230 Gefangene gemacht und vier Geschütze erbeutet. Südwestlich von Knjazevac verfolgen die bulgarischen Truppen, haben den Brückenkopf von Sorljig genommen, den Svrljiski Timok überschritten und dringen über den Pl es-Berg (1327 m) und die Gulijanska (1369 m) nach dem Nisava-Tal vor. 300 Gefangene und zwei Maschinengewehre fielen in ihre Hand. Die im Nisava-Tal vorgegangenen Kräfte wichen vor überlegenem Angriff aus, der Bogo o-Berg (1154 m) westlich von Bela Palanka ist behauptet. Bor der Entscheidung an der serbischen Ostfront Telegraphischer Bericht tu. Sofia. 2. November. Die Siegesmeldungen von der Front überstürzen sich. Das ungeheuerliche und blutige Ringen an der serbischen O st f r o n t ist unzweifelhaft mit dem gestrigen Tag, der durch die Einnahme Vrandols und Flanidcas den Zusammenschluß aller gegen Nisch deranrückenden bulgarischen Kampftruppen brachte, in das letzte Stadium getreten, und mit verhaltenem Atem er wartet Sofia das nahe Fallen der Entscheidung. Die um Nisch gezogene Vcrteidigungsfront der Serben, die ungefähr von Aleksinac—Nisevac und Siceva über die Nischava und die Suva hin bis nach Leskovac verläuft, ist im Osten bereits an mehreren Stellen eingedrückt. Der lestungsartig ausgebauten Ver teidigungsstellung der Serben bei Leskovac widerfährt das gleiche Schicksal wie vor kurzem Pirot. Während Leskovac im Süden von starken bulgarischen Kräften angegriffen wird, ist die Stadt im Norden und Westen bereits überflügelt, so daß sie nicht mehr vor der völligen Abschließnng sich retten kann. Mik Les kovac würde den Bulgaren der Schlüssel der ganzen serbischen Morava-Verteidigungs-Stellung in die Hände fallen. Niederlage der Serben bei KSprülü Telegraphischer Bericht tu. Lyon, 3. November. Nach hier aus Athen eingetroffenen Nachrichten erlitten die Serben am 30. Oktober bei Köprülü eine große Niederlage. Die Serben, die die bulgarischen Stellungen an dieser Stelle angciffen, wurden voll st ändiggeschlagen und verloren 25 000 Mann an Toten, Verwun deten und Gefangenen. Die serbische Armee trat den allgemeinen Rückzug an und verschanzte sich am Babuna-Paß, um hier den vordringenden Bulgaren Widerstand zu leisten. Falls die Serben den Rückzug gegen Monastir forksshen, glaubt man, daß einer Bereinigung der Bulgaren und Ocskerreicher bei Mitrovitza nichts mehr im Wege steht. Die russischen Torpedoboote aus der Donau AuS Budapest wird der «V. Z." berichtet: .Bilag' meldet aus Bukarest: Die Hafenbchörde von Turn - Severin erstattete der Re gierung Bericht, daß vor zwei Tagen einrussischesTorpedoboot in den dortigen Donauhafen einlies. Der Hafenkommandant gewährte ihm 24 Stunden Hafenaufenthalt. Nach Ablauf dieser Frist verblieb aber das russische Kriegsschiff im Hafen. Außerdem erhielt die Regie rung die Nachricht, daß in Stlistria ebenfalls russische Schiffe ein- trafen, ein Torpedoboot und ein Dampfer mit Kriegsmaterial. Die ru mänische Regierung teilte dem russischen Gesandten Poklewski mit, daß in Anbetracht dessen, daß die russischen Kriegsschiffe offensichtlich beab sichtigten, den Donauverkehr ter Mittelmächte und Bulgariens zu stören, und dies Rumänien in den Krieg ,-ineinziehen könnte, die rumänische Regierung zur Bermeidung weiterer Komplikationen fordert, daß die obenerwähnten russischen Schiffe unverzüglich die Häfen verlassen. Ls verlautet, daß der russische Gesandte die Zurück ziehung der russischen Schisse veranlaßt hat. Asquiths Erklärungen im Unterhaus wtb. London, 2. November. Meldung des Reuterschen Bureaus. Ministerpräsident Asquith gab in dem gedrängt vollen Hause, von herzlichem Beifall begrüßt, seine mit Interesse erwartete Erklärung ab. Er sagte, er werde der Nation so weit als möglich die gegenwärtige und die zu erwartende Lage schildern. Die Nation sei heute ebenso entschlossen, den Krieg bis zu einem erfolgreichen Abschlüsse fortzuführen, wie je, und habe der Regierung alle Mittel zur Erreichung des Zieles anvcrtraut. (Lauter Beifall.) Der Horizont sei zwar teilweise bewölkt gewesen. Die Aussicht habe sich aber geklärt. Man brauche einen grenzenlosen Vorrat an Mut und Geduld. Es gebe einen kleinen Klüngel berufsmäßiger Klageweiber (whimperers). Aber das Volk als Ganzes ermangele nicht der Eigenschaften, die er erwähnt habe. Asquith sprach weiter von den gigantischen militärischen Errungenschaften des Landes, das niemals den Ehrgeiz besessen habe, eine Militärmacht zu sein. Die Flotte habe riesige Uebersee- operationenmit einem Verlust an Menschenleben ausgcführt, der bedeutend weniger als ein Zehntel Prozent ausmache. Sie habe alle Meere von den deutschen Kriegs- und Handelsschiffen gesäubert. Die deutschen Taten zur See seien auf sporadische und stets abnehmende Anstrengungen verstohlener Unterseeboote redu ziert worden. Die Lage an den D a r d a n e l l e n werde von der Regierung auf das sorgfältigste erwogen, nicht als isolierter Gegenstand, sondern als Teil einer größeren strategischen Frage, die durch die jüngsten Entwicklungen auf dem Balkan aufgeworfen wurde. Asquith wies darauf hin, daß alle Schritte nach Beratung mit den Alliierten getan worden seien, da wir, sagte der Premierminister, im Gegensatz zu den Deutschen nicht das Eigentum unserer Ver bündeten hinter ihrem Rücken verschachern. Es bestand bis zum letzten Augenblicke ein gewisser Grund zu glauben, daß Grie chenland seine Vertragsverpflichtungcn gegen Serbien erfül len würde. Venizclos ersuchte am 21. September Frankreich und Großbritannien um 150 000 Mann, wobei abgemacht war, daß Griechenland mobilisiere. Aber erst am 2. Oktober stimmte Venizelos der Landung britischer und französischer Trup pen unter formellem Protest zu. Am 4. Oktober erklärte Venl- zelos, Griechenland müsse an dem Vertrage mit Serbien festhalten. Der König verleugnete diese Erklärung, und Veni zelos dankte ab. Die neue Regierung weigerte sich, die Neutrali tät aufzugeben, obwohl sie den Wunsch ausdrückte, mit den Alliier ten auf freundschaftlichem Fuße zu stehen. Gesunde Wandlungen * Was wir dieser Tage in einer Polemik gegen das Blatt der Großagrarier, die «Deutsche Tagesztg.", und die Zeitschrift der sächsischen Konservativen, «Das Vaterland", andenteten, i- icidcr bereits in die Erscheinung getreten. Schon benutzt der Bund der Landwirte die kleine Provinzprcsse auch im Königreich Sachsen, um seinem Ausruf, den er an seine Nci'.aiicdel richtete: trotz der schweren Opfer, die sic damit von neuem zu bringen gezwungen seien, nun doch das deutsche Volk mit Kartoffeln zu versorgen, den Nimbus einer'Großtat umzuhängen, für die ihm das Volk eigent lich aus den Knien danken müßte. Wir t alten cs aegcnüber diesem plumpen Versuch, der Wahrheit Gewalt anzutun, für unsere Pflicht, noch einmal zu betonen, daß sowohl der Ausrus des Bun des der Landwirte als auch die Mahnung des „Vaterlands" etwas ganz anderes darstellen, denn eine dankenswerte Tat. Wer beide unbefangen auf sich wirken läßt, der wird zugestehen, daß wir recht hatten, als wir schrieben: Mit zusammengcbissencn Zähnen füaen sich hier die großagrarischcn Führer der Landwirtschaft den harten Tatsachen, fügen sich aber, in der Erkenntnis, daß für sie das Spiel verloren ist, in die Notwendigkeit nur, nachdem sie vorher in den Kreisen der Landwirtschaft das Gefühl von neuem verstärkt haben, es geschehe ihr Unrecht, wenn man sie zwingt, ihre Erzeugnisse zu den von der Regierung festgesetzten Preisen zu verkaufen. Genau dasselbe gilt von der Mahnung des „Vaterlands" an die sächsischen Landwicte. Mit keinen, Worte ist hier von der Pflicht der Land wirtschaft die Rede, nachdem sie in Fricdenszeiten auf Kosten der Allgemeinheit reichlich verdient hat, nun in den schweren Tagen, die für Millionen deutscher Brüder und Schwestern hcraufgczogen sind, auf die Ausnutzung der Konjunktur bis zum Acnßersten zu ver zichten und sich mit einem mäßigen Gewinn zu begnügen. Menn der Bund der Landwirte und das sächsische „Vaterland" das getan hätten, dann hätten sie zwar auch noch nur ihre Pflicht erfüllt, aber das Volk wäre ihnen doch dankbar gewesen. Daß sie es nicht taten, wird man ihnen nicht vergessen, und daS ändern sie auch nicht dadurch, daß sie in der ihnen dienstbaren Presse der Wahr heit Gewalt anzutun versuchen. Angesichts dieser Versuche mutet cs ganz besonders eigentüm lich an, wenn nun gar das „Vaterland" noch die Regierungen an ruft, sie mögen der Landwirtschaft beistchen und sie schützen vor ungerechten und gehässigen Angriffen. „Unserem Volke droht", so meint cs, „ein gegenseitiges Sichnichkverskchen, das zwar wäh rend des Krieges keine Folgen haben wird, wohl aber nach ihm für den Frieden unter den Ständen und Berufen gewaltige Ge fahren in sich birgt." Wir glauben cs dem „Vaterland" gern, daß ihm vor den nächsten Wahlen angst und bange zu werden beginnt — darum hat cS ja wohl auch kürzlich der Äuslösung des Reichs tags das Wort geredet — wir müssen aber trotzdem gestehen, daß es sich in der Rolle des Fricdcnsprcdigers zwischen den einzelnen Ständen und Berufen des deutschen Volkes, die ihm gar nicht steht, recht sonderbar ausnimmt. Viel eher liegt ihm ja der Appell an die Regierungen, die nicht nur in Sachsen lange Zeit den groß agrarischcn Heißspornen zu willen gewesen sind. Trotzdem möch ten wir das „Vaterland" in seinem eigensten Interesse warnen, eine Aufklärung der sächsischen Regierung über Wucher und Preis treibereien gar zu stark herauszufordern, denn cs könnte bei dieser Gelegenheit etwas ganz anderes hcrauskominen, als die geforderte Verteidigung der Landwirtschaft gegen ihr zu Unrecht gemachlc Vorwürfe. Die Zeit nach dem Frieden wird nach dieser Richtung manches zutage fördern, was gewissen Kreisen nicht gerade an genehm zu hören sein wird. Wäre es dem Bunde der Landwirte und dem sächsischen „Vaterlande" ernsthaft darum zu tun gewesen, die deutsche Land wirtschaft zur freudigen Erfüllung lkrer vaterländischen Pflicht in diesen schweren Tagen aufzufordern. dann hätten sie Morte ge sunden, wie die, die im „Schmöllner Tageblatt" vom 2. November der Landwirt Iunghanns aus Nödenitzsch an seine Berufsgenossen richtete: .LS ist mit großer Genugtuung auch seilens der Landwirksckasl zu begrüßen, daß dem ganz unberechtigten Steigen der Butkerprctje seitens der Regierung hall geboten ist. Bei Feltzetzung der Höchstpreise für Molkcrcibültcr, die zum Teil aus dem Auslande kommt, ging plötz lich die Forderung für kiesige Butter um 20—30 Ps. pro tzl Pfd. in die Höhe. Mit welcher Berechtigung? Waren etwa über Nacht die Pro duktionskosten gestiegen? Cs ist Höch sie Zeit, daß endlich ein- mal offen ausgesprochen wird, daß die Produktions kosten der Landwirtschaft bei weitem nicht tn dem Maße gestiegen sind, daß sie die Höhe der Preise rechtfertigten. Die Regierung hat einen guten Anfang gemacht, sie möge weiter fortscbrcitcn im Fcstsetzen von Höchstpreisen. Man hört von einer Forderung von 150 für fette Schweine. Das ist über- trieben und liegt nicht im Sinne der vernünftig denkenden Land wirtschaft. Hier muß cingeschritten werden, ehe cs zu spät ist. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Zu begrüßen ist die Beschlag- nähme der Kartoffeln. Der festgesetzte Preis ist hoch ge nug. Bei richtiger Durchführung dieses Gesetzes wird eS keine Kar toffelnot geben. Die Landwirtschaft, die im letzten Jahrzehnt — durch einen Zolltarif geschützt — sich guter Zeilen erfreuen konnte, hat heule tn ersterLinie die Pflicht, das Vaterland zu erträglichen Preisen mit Nahrungsmitteln zu ver sehen, um dadurch vor allem der minderbemittelten Bevölkerung das Durchhalken zu ermöglichen. Der landwirtschaftliche Beruf hat biS heute vom Krieg am wenig st en gelitten. Kein landwirtschaftlicher Betrieb steht still! Zu hohen Preisen wird dem Landwirt alles aus der Hand gerissen. Sollten auch die Produktionskosten etwas gestiegen sein» so haben wir doch Getreide preise, die als hoch anzusprcchcn sind. — Zeder Beruf kämpft fürs Vaterland, überall herrscht Sorge nm die, die draußcnstchen. Aber wir Landwirte wollen bedenken, daß eS jetzt weite Bcvölkcrungskrcise geben wird, die außer der Sorge um Vater oder Sohn noch eine andere Sorge kennen lernen: die ums tägliche Brot. Meines Erachtens bringt die Landwirtschaft, wenn sie diese Sorge mildert, noch kein Opfer — sie täte nur Ihre