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3S.Iaftrg Nummer 129 Freitag, S. Juni 193« kchillNrltun,: vr«d«n.»., P-Nttftr. 17. Fenn-f «711» V0U Li!ch«II,kt«ll<, Druck »i» Verlag: Eennanla Buchdruck««! und Verlag Ich. und <L. Winkel. Polle,strafe 17, gern ms Iioir. Postscheck: stkr. IMS, Bank: Ctadtbanl vreeden Rr. »1767 Im gal!« von HSH-rer Lewa», Berdo«, etnirei-nder Beiried» stSrungen Hal der Beziehe, oder Werbungirelbend« «eine «»> sprllch«, soll, dl« geliung in beichrSnliem Umlang«, ^«rs-iliei oder nichi erlchelnt. — ErlilNungsor« Dresden. - — — E Erscheint S mal wöchentlich. Monatlicher Bezugspreis durch Tröger einschl. 30 Psg. dzw. z« Psg. Trögerlohn 1.70; durch di« Post 1.70 «Inschli-bltch Postilbeiwelsungsgeblihr, zuziiglich öS Psg. Post-Bestettgeld. kinzelnummer 10 Psg, di« Eonnadend-, Sonntag, und gesttagnummer As Psg, veilagsort Dresden. «nzetgenpreise: die lspaMge rr mm breite Jelle « Psg.s stir gamilienan,eigen 5 Plg giir Ptahwitnsche tönnen wir letn« Eewöhr leiste». Lächstsche volksMuns Völlerbundsversammlung am A.Zimi Oer Antrag -er argentinischen Regierung Genfer Ratssitzung einige Tage vor -er Vollversammlung des Völkerbundes Genf, 4. Juni. Auf Grund der Besprechungen, die in den letz ten Tagen zwischen dem Generalsekretär des Völkerbundes, dem argentinischen Vertreter Ruiz Guinazu und Dr. Benesch als Präsidenten der Völkerbundsversammlung geführt worden sind, ist, wie verlautet, beabsichtigt, die Völkerbundsversammlung auf den 29. Juni einzuberufen. Dementsprechend würde auch der Völkerbundsrat, dessen Tagung am 18. Juni beginnen sollte, erst Ende des Monats zusammen treten. In diesem Zusammenhang ist die neuerliche Unter redung zwischen Grandi und Eden mit Interesse ausgc- iiemmen worden Sie wird als eine Fortsetzung der von Musso lini eingeleiteten Annäherungsversuche betrachtet. Wie der diplo matische Korrespondent der Times schreibt, haben die beiden Staatsmänner die am vergangenen Donnerstag begonnenen Besprechungen, bei denen Grändi die verschiedenen Erklärungen Mussolinis amtlich wiederholt und bestätigt hatte fortgesetzt. Wie erinnerlich, hatte Mussolini seinen Wunsch »ach einer freuud- schaftlichen Verständigung mit Grohbritaunien zum Ausdruck gebracht und ferner seinen Entschluß, die lnitisä)en Interessen zu achten und seine Bereitschaft, einem Mittelmeerabkommen bei- zutreten und sich an einer gemeinsamen Anstrengung zur Sta bilisierung Europas zu beteiligen, sobald die Siihncmahnnhmen ausgehoben worden seien. In amtliclzen britiscl>en Kreisen, so schreibt das Blatt, ivisse man die italienische Bekrästigung voll zu würdigen, jedoch sei erneut darauf hinzuweisen, dah nach englischer Ansicht derartige Besprechungen nicht zu getrennten zweiseitigen Verhandlungen führen dürften. Die Beilegung des Abessinienkonfliktes müsse durch den Völkerbund erreicht wer den. Ebenso mühten die Versicherungen nicht einer einzelnen Völkerbundsmackt, sondern dem ganzen Völkerbund in Genf übermittelt werden. 3 Hauptforderungen -er engt. Außenpolitik Gin Lellaussatz der Times London, 4. Juni. Die „Times" stellt in einem Leitaufsatz drei Hauptfor derungen stir die englische Außenpolitik aus: 1. Eine deutlich« Erklärung an die Welt über die Verpflichtungen, zu denen Graß- britannlen steht. 2. Eine energisch« Inangriffnahme der Ver handlungen mit Deutschland und 3. Die schnellstmöglich« Durch- stthrung der Verteidlgungspläne für das britische Weltreich. Zur Frage der Sanktionen erklärt das Blatt, dah ihre Aufrechterhaltung oder Aufhebung nur durch ein gemeinsames Vorgehen des Völkerbundes erfolgen könne. Wenn die Zivilisation am Leben bleiben solle, dann müsse ein neues System geschaffen werde. Tatsächlich sei es gegen wärtig an drei Mächten, einen Anfang in Westeuropa zu ma chen, nämlich an England, Frankreich und Deutschland. Zum ersten Mal seit Kriegsende sei Deutschland in der Lage, sein volles internationales Recht zu fordern und daher könne es von Anfang an seine eigene Rolle im Neubau der Friedens grundlage spielen. Eine negative Politik sei für Deutschland ebensowenig möglich wie stir andere Man müsse Hitler glau ben, wenn er sage, dah keine Grenze das Leben von zwei Millionen Deutschen wert wäre, die tatsächlich sterben würden, damit der Bolschewismus die Erbschaft der Welt antretcn könnte. Zwar könne es keine leichte Arbeit sein, eine Einigung zwischen den deutschen und französischen Ansichten über die Or ganisation Europas zustande zu bringen. Eine tausendjährige Geschichte liefere jedoch den Beweis, dah cs für keinen der bei ¬ den Staaten Gesundheit oder Sicherheit geben könne, solange diese Kluft nicht überbrückt sei. Angesichts dieser Merkmale der politisck-en Lage dürfe kein Zweifel über die Erfordernisse der britischen Politik be stehen, die der Welt in einer bestimmten und nachhaltigen Form mitgeteilt werden mühten. Der Anfangspunkt einer solchen Erklärung müsse natürlich dahin gehen, dah die Verhinderung des Angriffs und des Krieges der leitende Grundsatz des bri tischen Äorgehens sei und dah England keiner Verletzung dieses Grundsatzes duldsam oder gleichgültig gegenüberstchen dürfe. Andererseits könne keine Macht einen unbegrenzten Anteil der Verantwortung an allen Stellen, wo eine Verletzung vorkomme, übernehmen, und England dürfe keine derartigen Verpflichtun gen eingehen. Auf zwei Gebieten könne jedoch England beson dere Verpflichtungen übernehmen. So würde jedem Vorstoß gegen die gebietsmäßige Unversehrtheit Frankreichs und Bel giens ein sofortiger und uneingeschränkter Widerstand entgegen gesetzt werden. In ähnlicher Weise sollte den Mittelmeermächten die Versicherung abgegeben werden, daß jeder Versuch, sich in die Verkchrsfreiheit des Seeweges nach dem Osten einzumischen, sofort die volle und rückhaltlose Anwendung britischer Macht mittel zur Folge haben werde. Wag das Friedensangebot Hitlers anbetreffe, so sei el>er eine Aktion als eine Erklärung erforderlich, und zwar gegenwärtig in erster Linie eine Aktion Deutschlands, das seinerseits die Entwicklung In Frankreich abwarte. Es sei unter diesen Umständen die klare Pflicht Englands, sobald wie möglich eine Verständigung über den deutschen Fricdensplan herbeizuführcn. Scharfes Vorgehen gegen eln arabisches Dors Jerusalem, 4. Juni. Unmittelbar nach einem Ueberfall von 2 Arabern auf 2 Juden in der Nähe der jüdischen Siedlung Rischon erschien britisches Militär und umstellte das benachbarte Araberdorf Beit Dejan. Sämtliche Häuser wurden nach Waffen durchsucht und 8 Einwohner, darunter die beiden mutmahlichen Täter, verhaftet. Auherdem wurde das Dorf mit einer Kollek tivstrafe von Süv Pfund belegt und erhielt einen Po lizei p o st e n, der ebenfalls aus Mitteln des Dorfes unterhalten werden muh. Als Sicherheit wurde di« gesamte Ernt« der Gemeinde beschlagnahmt. Anschlag ans britischen TrupventranSvort London, 4. Juni. Nach einer Meldung aus Jerusalem lst «in Anschlag auf den Truppentransportzug aufgedeckt worden, der zwei britisch« Bataillon« von Aegypten nach Jerusalem be- förderte. Line vor dem Transportzug fahrend« Lokomotive wurde zum Entgleisen gebracht. Nachdem die Gleis« wieder hergestellt worden waren, konnten dl« Truppen sicher nach Jerusalem befördert werden, wo sie durch dl« Stadt mar schierten. . „ . Auf der Strahe von Jerusalem nach Hebron sind zwei Brücken in die Lust gesprengt mordest»' Ao» ein Aachspiel zum Sauvtmamisa« Amerikas Melsterdetektiv verhaftet Newyork, 4. Juni. Wie aus Mount-Holly (New-Iersey) berichtet wird, wurde Ellis H. Parker Amerikas bekannter Meisterdetektiv, der Gouverneur Hoffman in der privaten Untersuchung des Lindbcrahsalles zur Seite gestanden hat, iwer- rä chend verhaftet. Seine Auslieferung an die Strafver folgungsbehörden des Staates Newyork ist beantragt worden. Parker wird beschuldigt, bei der Entführung des Rechtsanwaltes Wendel, dessen erzwungenes Geständnis, er habe das Lindbergh- kind ermordet, seinerzeit Hauptmanns Hinrichtung noch einmal hinausschob, eine führende Rolle gespielt zu haben. Parkers Verhaftung dürfte nach Ansicht vieler auch die politisci-e Stellung des Gouverneurs Hoffman erschüttern, der wegen der Hand habung des Hauptmannfalles stark angefeindet wird. ReligioiMgehörigleit bei Vernehmungen Berlin, 4. Jun». Der Reichs- und Preuhische Innenminister hat durch Er- lah an di« Landesregierungen und für Preuhen an alle Poll- zelbehörden angeordnet, dah künftig bel verantwortli chen Vernehmungen durch die Polizei di« Reli gionszugehörigkeit des Beschuldigten, auch die frü- Here Religionszugehöklgkeit, aufzunehmen ist- Ser SeneralffabSches der Luftwaffe aus dem Dresdner Flughafen tödlich abgeftlirzi Berlin, 4. Juni. Das Relchsluftfahrtmlnisterium gibt be- bannt: ... Am 8. Juni vormittags ist auf dem Dresdener Flughafen das zur Flugbereitschaft des Reichsluftfahrt. Ministeriums gehörige Flugzeug D-UZON. unmittelbar nach dem Start abgestürzt. Die Besatzung des Flugzeuges, der Chef des Generalstabes der Luftwaffe, Generalleutnant Wever als Flugzeugführer und der Obergefreite Kraus als Bordmechaniker, kamen dabei ums Leben. (Weitere Meldungen hierzu auf Seite 4.) rage. Die Suche nach der Formel Der argentinische Antrag auf Einberufung der Völker- bundsversammlung hat alle beteiligten europäischen Groß mächte in schwere Verlegenheit versetzt. Gerade das, was in diesem Antrag gefordert wird, nämlich die Berücksichti gung der öffentlichen Weltmeinung und des demokratischen Charakters der Genfer Institution, wird im gegenwärtigen Stadium für verhängnisvoll gehalten, wo man alles darauf anlegt, die Gegensätze nicht noch schärfer aufeinander prallen zu lassen und hinter den diplomatischen Kulissen nach der rettenden Formel zu suchen. Aber die Amerikaner sehen diese Frage unter ihrem eigenen Blickw'nkel. Der Ausbau der interamerikanischen Zusammenarbeit, dem die bevorstehende neue panamerikanische Konferenz gelten soll, wurzelt auf der sogenannten „S t i m j o n - D o k t r in", die der damalige amerikanische Staatssekretär am 7. Ja nuar 1932 angesichts des japanische, Vorgehens in der Mandschurei verkündete und die eine Nichtanerkennung mit Gewalt herbeigeführter Gebietsänderungen in sich schloß. In diesem Sinne einigten sich sämtliche 21 amerikanischen Staaten auf der Konferenz von Nio de Janeiro im Jahre 1933 auf einen Nichtangriffsvertrag, und die neuen Vor schläge, welche verschiedene amerikanische Regierungen wie z. B. Chile für die neue Konferenz vorbereitet haben, sehen besondere regionale Abmachungen zur Aufrechterhal tung des Status guo vor. Nachdem durch verschiedene Schiedssprüche und durch die Beilegung des Chaco-Kon- fliktes akute Streitfragen in der amerikanischen Welt be seitigt worden sind, gibt es in der neuen Welt unmittelbar den Frieden bedrohende Raum-, Prestige- oder Jrredenta- probleme nicht mehr, und die Anwendung revisionistischer Grundsätze ist damit für Amerika von viel geringerer Wichtigkeit als für das europäische Staatengedränge und -gemengsel. Die Amerikaner haben daher in Genf non Anfang an eine eigenwillige Linie verfolgt. Sie bejahten uneingeschränkt die These des italienischen Friedensbruches und den Grundsatz der Sänktionsmaßnahmen, bemüh ten sich freilich in sehr unterschiedlicher Weise um ihre Durchführung. Der weitere Verlauf des abessinischen Kon fliktes veranlaßte die Vertreter Argentiniens, Chiles und Ecuadors, gegen die Ratsentschließung vom 12. Mai Ihre Bedenken anzumelden, und Chile und Ecuador legten Vor behalte gegen die ihnen nunmehr sinnlos erscheinende Fort führung der Sanktionen ein. Nun verlangt Argentinien endgültig Klarheit darüber, ob der Völkerbund das Vor gehen Italiens hinnehmen will oder zu einer vorbehalt losen Anerkennung der Stimson-Doktrin, die dem Sinne nach mit dem Artikel 10 des Völkerbundspaktes überein stimmt, bereit ist. Der derzeitige argentinische Außen minister gilt als ein besonderer Freund und Kenner der Genfer Politik und der Ursprung des Einberusungsantra« ges in Buenos Aires muß daher besonders wichtig genom men werden. Genfs ganze Sorge beschränkt sich im Augenblick darauf, das Gesicht zu wahren und Zeit zu gewinnen. Die faktische Eroberung Abessiniens durch Italien wirst völkerrechtliche Probleme auf, deren Lösung unter der Herrschaft des seit Versailles geltenden Rechtszustandes schwierig, ja fast un möglich ist. Nach dem alten klastischen Völkerrecht, wie es in den Haager Konventionen seinen Niederschlag fand, zieht die tatsächliche Eroberung eines Landes, die Vertreibung seiner Regierung und die Unterwerfung seiner Bevölkerung automatisch auch völkerrechtliche Folgerungen nach sich und das ganze Problem würde eigentlich in der Frage gipfeln, wann man die neue Herrschaft für gefestigt genug hielte, um sie als vollzogen und unwiderruflich anzusehen. Daß politische Freund-Feind-Beziehungen bei dieser Feststellung eine Rolle spielen, versteht sich von selbst. Es wäre dabei unwesentlich, daß noch gewisse Gebietsteile Abessiniens nicht befriedet sind, denn Italien hat seinerzeit die Eroberung Libyens ebenso wie Frankreich die Besetzung Marokkos oder England die Besiegung der Burenrepubliken den Regierun gen notifiziert, noch ehe die tatsächlich« restlose Nieder werfung aller Widerstände erfolgt war. Wäre Italien nicht Unterzeichner de« Völkerbundes- und Kellogg-Paktes» so könnte ihm niemand einen Vorwurf machen, daß es von dem Recht eines souveränen Staates auf Gewaltanwendung Gebrauch gemacht hätte. Da aber diese förmlichen Ver pflichtungen bestehen und da ohnehin der Bölkervund das Recht für sich n Anspruch nimmt, sich in jede Gewalt anwendung zwischen Mitgliedern oder Nichtmitgliedern des Völkerbundes e nzumischen, so erhebt sich die große F was geschehen soll, um die geschaffenen Tatsachen mit den neuen Rechtstheorien in Einklang zu bringen. Diese Frage ist allerdings nicht gleichbedeutend mit der Aufhebung oder Wetterführung der wirtschaftlichen Sanktionen. Diese Sanktionen verfolgten nach Artikel 16 den Zweck, „den Bundesverpslichtungen Achtung zu verschaffen". Da di« Erfahrung aber gezeigt hat daß die bisherigen Sanktions- Maßnahmen dazu unbrauchbar sind, l» könnten lle auf-