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Sächsische Volkszeitung : 20.02.1936
- Erscheinungsdatum
- 1936-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193602202
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19360220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19360220
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1936
-
Monat
1936-02
- Tag 1936-02-20
-
Monat
1936-02
-
Jahr
1936
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 20.02.1936
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Nr. -13. — 20. 2. 36. Sächsische Volkszeitung Sette 4 Slnffellmiaen in den AelchSarbettSdlenst am 1. April Dresden, 10. Febr. Tas Hauptmeldeamt für den Reichs- arbeilsdtcnst Dresden teilt mit: Bei der Musterung 1935 erhielten die für den Reichs arbeitsdienst tauglich Befundenen einen „vorläufigen Ent scheid", nach welchem ihre Einstellung in den RAD entweder für den 1. 10. 1035 oder 1. 4. 1936 vorgesehen wurde. Es liegt Veranlassung vor, daraus hinzuweisen, daß dieser vorläufige Entscheid noch nichtendaültig ist. Sollten also lm Hinblick auf die Möglichkeit, daß der Betreffende zum 1. 4. 1936 zum RAD einberufen wird, Kündigungen des bisherigen Ar- beitsverhältnisses beabsichtigt sein, so empfiehlt es sich, diese Kündigungen unter Vorbehalt auszusprechen, um zu ver meiden, daß der Betreffende im Falle etwaiger Nichteinbcrufung zum RAD seine Arbeitsstelle verliert. Dasselbe gilt bis zur erfolgten Einberufung für solche, die sich auf Grund eines „Freiwilligcn-Scheines" zum RAD gemeldet haben. — Die Einberufungen zum 1. 4. 1936 ergehen voraussichtlich erst Mitte März 1936. Dresden : Prof. Dr. Dyhrenfurth sprach im Kiinstlerhaus über seine HImalaya-Expedition1934. Man erinnert sich an den Film „Dämon Himalaya", der ja bereits in Dresden gelaufen Ist und in mancher Hinsicht Ergebnisse dieser Expedition einem breiten Publikum In volnstümlichcr Weise zugänglich machte. Dyhrenfurth zeigte letzt die rein sachlichen Gcbirgsaufnahmen, die er bei Gelegenheit jenes Filmes angekllndigt hatte. Es sind Vergröberungen nach Leica-Bildern, und man sah Stücke von geradezu großartiger Schönheit darunter. So eine wunder volle Aufnahme des Rustaktaur, des „kühnsten Felsberges der Erde", ein Blick auf den 8000 m hohen Namba Pahan, wohl den schönsten Berg jener Riesengruppe, und vieles andere. In gewählter, manchmal preziöser Sprache schilderte Dyhrenfurth Anlage und Verlaus seiner Expedition, Uber deren Schwierig keiten und Stationen er viele fesselnde Einzelzüge zu berichten wußte. Auch die Sitten und Anschauungen der Tibetaner, die in dem erwähnten Film Tyhrenfurths eine so große Rolle spielen, wurden kurz gestreift. Für die Freunde des Bergstei gens, aus denen sich die Hörerschaft In ihrer Mehrzahl wohl zufammensctzte, mar der Vortrag, Insbesondere die prachtvollen Bilder, ein schönes Erlebnis. : Einen Besuch in Carpineto schilderte Generalmajor a. D Baron O'Vyrn vor einem interessiert lauschenden Kreise von Frauen und Männern im Kolpinghaus. Lebendig wußte der Vortragende das Felsenncst in den Volsker Bergen südlich van Rom zu schildern, das die Heimat des großen Papstes LeoXIll. gewesen ist. Fesselnd wurde gezeigt, wie das Wesen dieses Man nes bestimmt ist durch das Blut seiner Familie, -er Grafen Pecci, und den Boden dieser seiner Bergheimat Carpineio. Elternhaus und Jugend des Grafen Gioacchino Pecci, der spä ter einmal zur höchsten kirchlichen Würde emporsteigen sollte, wurden mit Liebe und Sachkenntnis geschildert; dabei wurden die geistigen Wurzeln erkennbar, aus denen das Wirken des großen Mannes Kräfte gewonnen hat. Die große historische Persönlichkeit Leos XIII, für den ein Bismarck so hohe Wert schätzung l)atte. den ein Stefan George in großartigen Berscn gezeichnet hat. wurde so von einer sonst weniger betrachteten «eite her den Hörern menschlich näher gebracht. : Dresdner Gesellschaft für neuere Philologie. In der Feüruarsitzung gab Mr. Bernard Bellmann sNewyork) in einem anregenden Vortrag Dilder aus dem Alltagsleben einer typischen Newyorker Familie. Er zeigt«, wie durch die modern sten elektrischen, uird zwar zum Teil sogar automatisch arbei tenden Apparate die Hausfrau weitgehend von Arbeit entlastet wird und Zeit gewinnt für Sport, Pflege ihres Aeußcren, Radio, Kino usw. — Der Newyorker spart eifrig Geld und Zeit. Be reits Knaben von erst 16 Jahren haben oft eines der In Amerika so billigen Autos. Für technische Diirge haben all« Knaben mehr Interesse als zum Beispiel für die Lektüre literarischer Werke. Bei dem seit 1929 zum Tcij recht empfindlich gesunkenen Ein kommen und den schlechtstehenden Aktien kann man sich die zahlreiä)en Ncuanscl-asfungen, die man immer noch macht und auf die man nicht verzichten will nur infolge des weitverbrei teten Abzahlungssystems leisten. —s— : Straßenbahnnachrichten. Wegen Dauarbciten In der Striesener Straße werden in den Nächten zum 20., 21. und 22. Februar von 0,30—5 Uhr umgclcitet: Linie 17 zwischen Fürsten platz und Schlageterplatz in der Richtung stadtwärts über die Nicolai-, Canaletto-, Grunaer-, Amalicnstraße. Linien 19, 22 zwischen Fiirstenplatz und Pirnaischer Platz in der Richtung stadtwärts über Nicolai-, Canaletto-, Grunaer Straße. : Vorsicht bei Bahnübergängen! Am Dienstagabend wurde auf dem ordnungsmäßig gesicherten Staatsstraßenllbcrgang süd lich Ottendorf-Okrilla ein aus Richtung Königsbrück kommender Personenkraftwagen von einem Pcrsoncnzug gestreift und in den Straßengraben gedrückt. Der Wagen wurde dabei be schädigt, Personen kamen nicht zu Schaden. Der Lenker des Wagens will die Warnsignale der Lokomotive nicht gehört ha ben. : Hosrat Prof. Dr. Oskar Seyssert, der verdiente Vorsitzende des Landcsvercins Sächsisck-cr Heimatschuß, begeht am 10. Feb ruar seinen 7 4. Geburtstag. : Zuchtstamm- und Bruteter^Werbeschau. Der Geflügel- züchtcrverein Niedersedlitz veranstaltete am 8. März 1936 in Niedersedlitz «Ine Zuchtstamm- und Bruteier-Werdeschau der Kreisfachgruppe Dresden. Diese Ausstellung steht im Dienste der Erzeugungsschlacht. Sie wird Zuchtstämme wirtschaftlicher Geslügelrassen und deren Eier zeigen und den Interessenten in Stadt und Land Gelegenheit geben, sich für die Beschaffung von Zuchtmaterial erforderliche Bezugsquellen auszusucl)en. Dresdner polizelberlchl Zum Falle der vermißten Helga Eichler haben sich bei der Kriminalpolizei zwei Männer gemeldet, die übereinstimmend erklären, daß sie am Freitag, dem 14. 2., zwischen 16 und 16,30 Uhr, an der Straßenbahnhaltestelle an der Bürgerstraßc, Ein mündung Moritzburger Platz sRichtung stadtwärts), einen Mann beobachtet haben, der mit dem bereits mehrfach genannten Mann mit dunkler Brille personeneins sein dürfte. In Beglei tung des Mannes habe sich ein 3 bis 31L Jahre altes Kind be funden. Bemerkenswert ist, daß beide Zeugen den Eindruck hatten, daß das Kind nicht zu dem Manne gehörte, da es heftig geweint habe. Nach der Beschreibung des Kindes dürste kein Zweifel bestehen, daß es sich hierbei um die kleine Helga ge handelt hat Möglicherweise hat der Unbekannte auf die Stra ßenbahn, Linie 14, gewartet, um mit Ihr stadtwärts zu fahren. Wer hat diesen Vorgang noch beobachtet? Wer hat den Mann mit dem Kinde auf dem Wege von der Konkordienstraßc nach dem Moritzburger Platz-gesehen? Haben Fahrgäste der Stra ßenbahnlinie 14 am Freitagnachmittag den Mann mit dem weinenden Kind beobachtet? Grober Unfug. A» verschiedenen Stellen der Stadt wur- den in der letzten Zeit Feuermelder mißbräuchlich In Tätigkeit gesetzt. Ein derartiges Verhalten muh aufs schärfste verworfen werden. Es kann nur zu leicht der Fall cintreten, daß die Feuerwehr, die stets dem Wohl der Allgemeinheit dient, unnötig alarmiert wird, mährend man Ihrer an einer anderen Stelle dringend bedarf. Jede Person, die die Feuerwehr alarmiert, hat entweder an dem Melder zu warten, bis das erste Fahr zeug eintrisft oder mindestens die Brandstelle auszufchreiben, weil sonst die Feuerivehr nicht wissen kann, wo sic eingreifen soll. Wenn Personen beobachtet werden die einen Feuermel der in Tätigkeit setzen und sich schnell entfernen, dann kann angenommen werden, daß Mißbrauch vorliegt. Die Fcuermelde- ankagen dienen dem Schutze der Allgemeinheit. Das Kriminal amt bittet die Zivilbevölkerung nm Mitwirkung bei der Be kämpfung mißbräuchlicher Benutzung. 2000 Mark Belohnung. In einem hiesigen Hotel Ist einer Frau In der Nacht vom 28. zum 29. Januar d. I. ein wertvoller Ring abhanden gekommen. Vermutlich liegt Diebstahl vor. Der Ring ist In Platin gefaßt und hat ovalen Mondstein, der von Smaragden umgeben ist. An der Einfassung sind 2 Häkchen abgebrochen. Für Wiederherbeischafsung des gestohlenen Rin ges hat die Geschädigte eine Belohnung von 2000 Mark aus gesetzt. Sühne für Mietwucher Bereits sehr oft mußten sich die Dresdner Gerichte mit einzelnen Mitgliedern der Familie Gärtner beschäftigen, die das Hausgrundstück Konkordicnplatz 1 in Dresden besitzt. Im Herbst 1035 sah sich zunächst die zuständige Ortsgruppe der NSDAP auf zahlreich eingegangene Beschwerden hin zum Ein greifen veranlaßt. Zwei weibliche Mitglieder der Familie Gärtner wurden damals ivegen grob unsozialen Verhaltens ge gen andere, meist wenig begüterte Volksgenossen In Schutzhaft genommen. Außerdem wurde ein Strafverfahren wegen fort gesetzten Mietwuärers eingeleitet und jetzt durch ein Urteil des Dresdner Amtsgerichts In erster Instanz abgeschlossen. — Zur Verantwortung gezogen wurden die 66 Jahre alte Friederike Gärtner geb. Mefserschmidt, ihre Tochter Elsa geb. Gärtner so wie ihre beiden Söhne Max und Erich Gärtner, von denen Max Gärtner zur Verhandlung nicht erschienen war. so daß das Ver fahren gegen ihn abgetrennt werden mußte. Die Verhandlung ergab ein geradezu erschütterndes Bild von den Persönlichkeiten und der bisherigen Vergangenheit der Angeklagten, die alle häufig und zum Teil schwer vorbestraft waren. Schon In der Straflistc der Angeklagten Friederike Gärtner standen Vor strafen wegen Schleichhandels, Beamtenbcleidigung, unbefugten Waffenbesitzes, versuchter Gefangcnenbefreiung und fahrlässigen Falscheidcs. Noch trüber war das Vorleben der 42 Jahre alten Tochter Elsa Gärtner, die wegen Schleichhandels, Beleidigung, Hausfriedensbruchs, Nötigung und Falschcides zu teilweise er heblichen Gcfängnisstrascn, außerdem aber wegen Hehlerei und Verleitung zum Meineid zu Zuchthaus verurteilt worden Ist. Weit In den Schatten stellte die beiden Frauen jedoch der 44 Jahre alte Max Gärtner, dessen Strafregister nicht weniger als 18 Einträge aufwies. Außer zu Strafen wegen Widerstands. Beleidigung, versuchter Gefangenenbefreiung und Sachbeschädi gung, wegen Betruges, Unterschlagung und Hehlerei wurde dieser Angeklagte zweimal weoen Diebstahls zu mehrjährigen Zuchthausstrafen verurteilt. Diese Familie war Hausbesitzer, wollte aber von den Pflichten, die gerade der Besitzende der Volksgemeinschaft gegenüber hat, nichts wissen. Zu dem Grund stück Konkordicnplatz 1 gehören Vorder- und Hinterhaus Die Wohnungen, die fick in den Häusern befinden, wurden non den Angeklaoten zu unglaublichen Ueberpreisen vermietet. Es wurden Mieten erhoben, die die gesetzliche Miete um 50- 80, ja sogar um über 100 Prozent überstiegen. Die Angeklagten woll ten sich vor Gericht dahinter verschanzen, daß sie die Mieten nicht gefordert hätten, sonder» daß sie ihnen von den Mietern angebotcn worden seien. Um nach außen hin ihr wucherisches Treiben zu verschleiern, hatten die Angeklagten sich ein rassi- niertes System ausgedacht. Die Mutter bewohnte im Vorder haus eine Wohnung, aber auch ihre drei Kinder, obwohl unver heiratet. waren zum Schein Mieter dreier anderer Wohnungen im Grundstück der Mutier, und zwar nur zu dem Zweck, die von ihnen gar nicht benutzten leeren Wohnungen „untervermie ten" zu können und dadurch die Möglichkeit zu haben, die nach dem Satz der Friedensmiete zu berechnenden gesetzlichen Miet preise zu umgehen. — Das Amtsgericht ließ sich durch die Aus flüchte der Angeklagten nicht abhalten, mit empfindlichen Ge fängnisstrafen vorzugchcn. Wegen fortgesetzten Mietwuchers wurden verurteilt die Angeklagte Friederike Gärtner zu vier, die weniger beteiligten Angeklagten Elsa und Max Gärtner zu je einem Monat Gefängnis. d. Sebnitz. Selbstmord. Freiwillig aus dem Leben schied der Besitzer des bekannten Ausflugszieles „Schweizer krone" in Saupsdors, Karl Tauchm inn. Der im besten Mannes alter Stehende war mit einem unheilbaren Kricgslcidcn be haftet. d. Nossen. Tödlicher Unfall eines Radfahrers. Aus der Staatsstraße nach Choren stieß am Dienstag der 22 Jahre alte Radfahrer Reinhardt aus Nossen, als er einem ent gegenkommenden Kraftwagen nuoweichen wollte, mit diesem zusammen. Er erlitt bei dem Anprall fo schwere Verletzungen, daß er kurz daraus verstarb. Dresdner Lichtspiele Universum. „Trau mulus." Diesen Film — zweifellos einer der mertvollsten, -er uns in dieser Filmsaison geboten wurde — haben R. A. Stemmle und Erich Ebermayer nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Arno Holz und Oskar Ierschke geschrieben. Der Film ist eine einzige furchtbare Satire auf gewiss« gesellscl>astliä>c, geistig und moralische Anschauungen, wie sie in der Vorkriegszeit vor allem in Kleinstädten und hier wieder in den gebildeten Schichten in mehr oder weniger aus geprägter Form verbreitet waren: Nicht der innere Wert des Menschen ist das Entscheidende, auch nicht in erster Linie seine berufliclx Leistung, sondern seine soziale Stellung, die Tal- sacl»e, ob er satisfaktionssähig ist. Wenn nur der äußere Schein von Moral und Recht gewahrt bleibt — und das kann zur Not schon durch Ablegen der Uniform erreicht werden — dann ist es gut und recht. Ichmannssucht, Kastengeist und Standes dünkel sind -ie Pslänzche», die auf solch dürrem moralischem Boden ivüchsen. In dieser behäbigen, satten, innerlich brüchig und hohl gewordenen Welt einer Kleinstadt, in der die Vor bereitungen für den Empfang Sr. Majestät gerade im vollen Schwung« sind, lebt der Direktor Niemeyer des Kaiserlichen Schülerpcnsionates. Seine Schüler nennen ihn treffend „Trau mulus". Er hat zwar nichts gemein mit -en Anschauungen, die sich um ihn, in Familie, Schule, Gesellschaft breit gemacht halben, aber er sieht auch — obwohl Erzieher der Jugend — nicht die Gefahren, sicht nicht die Schiväck-en solci-er An schauungen, ein ewiger Optimist, wirklichkeitsfremder Träumer wird er so selber das Opfer seiner Humanitären Duselei, di« den Teufel tn der Welt und in den Menschen nicht in seine Berechnungen mit einbezicht. So wird er mitschuldig an dem Menschenopfer, an -em er bald zerbrochen wäre, das ihn zum Schluß dann aber doch erwachen läßt aus seiner Träumerei. Endlich kommt er zu pädagogischen Erkenntnissen, die es er hoffen lassen, daß dieser untüchtigen und moralisch faulen Generation der Erwachsenen eine Jugend nachwächst, die im Leben bestehen wird, wenn sic die leider zu spät verkündete Parole wahrmacht: „Stählt, härtet Euch, kämpft, siegt über Euch selbst!" — Ein Film von Gehalt, von bleibendem Wert, ein Werk, In dem tiefe tragische Menschlichkeit sich ersiillt, das Opfer fordert, das aber In dem Opfer bereits den Samen für eine hoffnungsfrohc Neuwerdung birgt. — Emil Iannings' Direktor „Traumulus" ist eine feine, vollendete Charakter studie, die es schon allein lohnte, den Film zu besuchen. Typische Repräsentanten der kleinstädtische» Stammtischgesellschast sind: Herbert Hübner als Landral von Kanncwurs, Ernst Waldow als Assessor Mollwein, Walter Steinlu-ck als Major Kleinstiiber. Harald Paulsen spielt den „ewigen Stridenten" Fritz, den Sohn des Direktors, Hilde Meißner seine oberflächliche Frau. Köst lich Hilde von Stolz als lockrere Schauspielerin Lydia Link, der äußere Anstoß zum Fall des Primaners von Zedlitz s.Hanns Stelzer), durch den das ganze (Geschehen ausgclöst wird. * Universum: 3.45, 6.30. 8.45: Traumulus sE Iannings). Ufa-Palast: 4, 6.15, 8.30: Viktoria lLuise Ullrich). UT.: 4. 6.15, 8.30: Anna Karenina lGreta Garbo). Capitol: 4, 6.15, 8.30: Kater Lampe. Prinzeß: 4, 6.15, 8.30: Der Postillon von Lonjumcau. Zentrum: 3, 5. 7, 9: Krach i„i H nterhaus Kammer-Lichtspiele: 4, 6.15, 8.30: Herbstmanöner. FüLi: 6,8.30: Vergißmeinnicht sGigti); 3.30: Micky-Maus-Jilme. Rational: 4, 6.15, 8.30: Der höhere Befehl. Gloria: 6, 8.30: Der höhere Befehl. MS.: 4, 6.15, 8.30: Das Weib bei fernen Völkern. Kosmos: 6.15. 8.30: Die große Fahrt „Spuk im Schloß" Gastspiel Erhard Siedel im Komödienhaus. Las neue Stück, -as Erhard Siedel mitgebracht hat, stammt von Rudolf Schmidt und hieß eigentlich „Die Hirschjagd". Im Komödicnhaus hat es einen neuen Titel bekommen, und „Spuk im Schloß" trifft tatsächlich viel besser Ins Schwarze. Graf Splato hat sein Jagdschloß Mareit in Südtirol an eine Frau Violet verpachtet, eine etwas unklar« Frau, die «inmal lm Lcben des Grafen eine Rolle gespielt haben dürfte. Diese macht eine Sommerpension daraus. Das bietet thealertechnisch eine willkommen« Gelegenheit, ein« An,zahl Leut« zusammen- zuführcn, die sonst schwer unter einen Hut zu bringen sein wür den. Da ist eine ruhebediirftige Filmgesellschaft mit der ent zück, nden Schauspielerin Manna Serena mit dem Lukullus- jünger und fürchterlich dummen Star Gulström, mit einem Filmautor, der alles abschreibt und mit einem gespcnstergläubi- gen Imprcssario. Ein butlermilchener Schönheitssucher, -er Konsul Aubing, pirscht nach seiner Art auf di« Serena. Er blitzt ab. Der Graf selbst kommt aus Kärnten auf die Hirschjagd und hätt« bei -er schönen Frau bald gesiegt. Aber sein Sohn, der junge Percy, der sich als Geistevdarstcller mißbrauchen läßt sdamit den ein wenig gelangweisten Gästen etwas Romantisches geboten wird), verlobt sich am Ende mit Manna Elena Serena. Das Gerippe dieser Handlung ist also eigentlich ohne rechten Schneid. Ta kommt dem Autor ein Einfall, um -en ihn seine Kollegen in solchem Falle beneiden würden: Er läßt das Ganze zusammenhallen durch einen verschmitzten Hauswart und Jagd gehilfen llies Wilderer) und dessen unbezwingbare Gattin Tlie- res', die Pensionsköchin. Diese beiden Leut'ln, die den jungen Grafen erzogen lmbcn, sind mit einer stattlick>en Zahl von Epi soden und Witzen ansgestattet. sie sind, um mit dem Stück zu reden der „Schmalzler in der Truthahnsoß'". Muagenthaler, so heißt das Faktotum, ist natürlich Erhard Siedel Er. der Sachse. Hai eine erstaunlickze Nüanee gefun den, bayrisch-tirolerisch zu reden. Es klingt echt und klingt da bei erschütternd. Er macht wie neulich schon alles mit der Ruhe. Sein trockener Witz, das Nollen seiner listigen Aeuglein, die famose Maske, sein Tapsen und Schimpfieren ist überwäl tigend komisch. Und seine Partnerin Charlotte Friedrich ist auch ein Kapitel für sich. Sie ist in ihren derben Situationen nie einem Sckumm untertan sondern iveiß »artresflich zu „niian- cieren". Diesen beiden Künstlern — Siedel führt außerdem die Regie — galt denn diesmal auch der enorme Beifall des gut besuchten Hauses an erster Stelle. Die anderen werden geführt von der hübschen, trotz ihrer manck-e Partner überragenden Größe anmutigen und gcnmndten Gisela Schlüter, die auch erfreulich geschmackvolle Kostüme „vorführt". Den gräflichen Vater svielt Direktor Pabst selbst mit feiner Repräsentanz. Die Filmleute sind auszer Frl. Schlü ter noch der die Hohlheit dieses Gulström unterstreichende Hel mut!) Rudolph, der gespensterfurchtsame Impressario Tautz und Peter Frank Höfer als Dichterling. Karla Holm ist die pikante Frau Violet, Horst von Smeldingder frisck)« Percy mit ausgezeichnet gespielten .guten Manieren" und Weidner der Konsul, dem er auch diesmal «inen charakteristisch«, Umriß gibt. Die in einer Verivechslungskomödie benötigten beiden Franziskaner sind Wolf und W. Meyer. Für Kirchner bot sich Gelegenheit, ein bezaubernd schönes Bühnenbild, die Halle des IaMchlosses, HInzustellsn. Nach dem 2. Akt gab es zahlreiche Hervorrufe und viel Blumen. Zck. Dritter Chopin-Abend von Raoul von Koczalskl. Seinen letzten diesminterlick-en Chopin-Abend eröffnet« der große pol nische Virtuose mit der wohl populärsten Klaviersonate tn b-moll op. 35 smit dem Trauermarsch). Interessant mar wohl für jeden Chopin-Verehrer die erstmalige Begegnung mit der Romanze, dem ziveiten Satz aus dem e-moll-Klaolerkonzert, für Klavier allein bearbeitet von Wilhelm Backhaus; man vermißte eigent lich nicht allzu sehr den begleitenden Orchcsterpart. Altbekannte Stücke verfchiedencr ktompasitorisck)er Formen ergänzte» die Vortragssolgc. Rauschender Beifall und immer neue Zugaben bildeten den Abschluß. Arthur Vohlig. In der K u n st h a n d l u n g am Schloß lSchloßstraßc) Ist jetzt eine ungemein ansprechende kleine Schau ausgestellt morden, Werke des verstorbenen Bildhauers Arthur Bohl ig. Es handelt sich dabei um sehr reizvolle kleine Holzplastiken ans dem Nachlaß des Künstlers. Fein beobachtete, in scharf charakterisierender Weise dargestellte Ty pen, werden vor uns lebendig: Musikanten, Sterngucker, Bau er» und Städter, Tier- und Blumenfreunde, Originale aller Art. Sämtliche Temperament-' scl-emen sich ein Stelldichein gegeben zu haben, sind auf das lustigste verkörpert worden und mancher lei kleine menschliche Schwächen müssen dran glauben. Köstlich ist der Maler, der sich seine Inspiration aus höheren Gefilden zu holen scheint, nicht minder köstlich die Erkenntnis, in welch verschiedener Gemütsverfassung der Mensch seinen Regenschirm spazieren tragen kann. Jede einzelne Gestalt ist ein Kapitel heiteren, liebenswürdigen Humors und die frei, ohne Modell aus dem Lindenholz hcrausgearbeitetcn Figuren erfreuen Auge und Herz des Beschauers. M. R. W. Albert-Theater. Direktor Edward Stirling veranstaltet nm 27 und 28. Februckr 1936, nachm. 4 Uhr, mit seinen English Players im Albert-Theater ein Gastspiel. Gottes Lod ln Tönen Haydns „Schöpfung" lm Reichssender Leipzig. Jin Gewandhaus wurde für die NS-Kulturgcmeinde als 5. Veranstaltung innerhalb der SInfonickonzertreihe das Oratorium „Die Schöpfung" aufgeführt, und zwar unter Hans Welsbachs Stabführung durch den verstärkten Funkchor und das Leipziger Sinfonie-Orchester, zusammen mit hervorragenden Solisten sSopran: Irma Beil Ke. Tenor: W. Ludwig, Baß: H. H. NIsse n). Das unsterblick)« Werk des 76jährigen Greises von 1798 kmt auch diesmal wieder die Hörer ivahrhasl erquickt, wie schon Millionen und aber Millionen zuvor. In unaussprechlickxr Schönheit und Reinheit, natürlich und volkstümlich besingt Hm)dns Oratorium in den wuchtigen Worten des Alten Testa- nunlcs wie in schlichten Versen die Ehre des Allmächtigen. „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" — so beginnt die Bilx'l, so beginnt Hai)dns „Schöpfung"; sie schildert in Preis und Dank die Werke Gottes und schließt: „Des Herren Ruhm» er bleibt In Ewigkeit. Amen!"
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