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Sächsische Volkszeitung : 20.02.1936
- Erscheinungsdatum
- 1936-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193602202
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19360220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19360220
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1936
-
Monat
1936-02
- Tag 1936-02-20
-
Monat
1936-02
-
Jahr
1936
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 20.02.1936
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Univ.-Prof. Geheimrat Vr. L-uar- Eichmann r Staat and Ttirche lismus, dem souveränen Staat gegenüber. Die Verwelt lichung der Kultur lHunmnismus, Renaissance) und schliesslich die abendländische Kirck»enspnltung taten das übrige, um die Entwicklung herbeizusührcn, die der Kälncr Dompropst vorher- gesagt hatte. Jetzt wird die Totalität vom Staate in Anspruch genommen; in religiös-kirchlichen Dingen zunächst nur insoweit, als sie in das staatliche Leben überzugreifen schienen (Gcsetz- gebung, Rechtsprechung), bald aber in einer viel weiter gehenden Weise und schliesslich unter völliger Verkennung des selbstän digen Lebenskrcises der Kirche. Das; die Landesbewohner die Religio» ihres Herrn annehmcn muhten, war doch ein Ge wissenszwang und ein« ttnmenschlichkcit ohnegleichen. Wieder um wird die Religion an den Staatswagcn gespannt; die Kirche ist eine Anstalt zur Erziehung guter Staatsbür ger. Seinen Höhepunkt erreichte das neue Staatskircknntum in der A u s k l ä r u n g s z c i t; es mar und blieb das Lieblings kind des Liberalismus, dem das kleinlick;e Hineinregieren in kirchlicli« Dinge gewissermaßen im Blute liegt. Dein Kaiser Hr«Vokratismu« — StaatsNv« chcntum — Staatschvistentum Kirche und Staat stehen In einem rechtlick)cn, d. h. in einem durch Rechtssütze geordneten Verhältnis, das im Ab lauf der Zeiten verschieden gestaltet morden ist, je nach dem Geiste der Zeiten und Völker, je nach der Stärke oder Schwäche des einen oder anderen Teiles. In den christlichen (Oermancnreichen haben sich die welt lichen Herrscl)er der religiös-kirchlichen Dinge ebenso aus Ueber- zcugung wie aus politischer Weisk-eit und Berechnung angenom men. Die Einl-eit der beiden Gemalten unter der starken Vor herrschaft des wcltlici)en Herrscl)ers, eines Karls d. Gr. etma, mar beiden zum Vorteil: die Kirche bedurfte des starken Armes, um sich durchzusetzcn, und der Herrsäzer konnte die Diener und Einrichtungen der Kirche zu den Staatsausgaben heranziehen und dem Reiche nuhbar mackM. Bischöfe und Aebte wurden die Stützen des Reiches. Aber die Kirche mar so zugleich in den Strudel der Weltlichkeit und der Politik gewaltsam hinein gerissen; vergeblich hat die kirchliche Rcformpartci dagegen Ein spruch erhoben und verlangt, das; Bischöfe und Priester ihrem eigentlichen geistlichen Berufe zurückgegeben würden. Unter den Ottonen und Saliern hatte das System der Kirck)«nl)«rrschaft seinen Höhepunkt erreicht. Es hatte den Anschein, als ob das deutfchc Imperium, vom Glanze der röinisck>en Kaiserkrone um flossen, sich zur christlichen Universalmonarchie ausdchnen und sich auch der Kirche von Rom genau so wie der übrigen Rcichs- kircl;en zu seinen Zwecken (»«mächtigen wolle. Wiederholt wurde von jenen Kaisern der päpstliche Stuhl aus eigener Machtvoll kommenheit besetzt. Aber auch was im Gefolge der Verwelt lichung einherging — Simonie, Vererblichkeit der Kirchen ämter durch di« Priestereh« und ähnliches — hatte einen be denklichen Grad erreicht, als Gregor VII., die Gefahr des Eigenkirchenwescns erkennend, das die hohen Kirchen, Bistümer und Abteien auf Gedeih und Verderb an den Herrscher band und die angedeutcten Mitzslände zu verewigen schien, den Kampf ausnnhm, der im Konkordate von Worms (1122) mit einem Vergleich, alrer im ganzen zugunsten des Papsttums endete. Die einzig richtige Lösung, die im Vertrage von Sutri (1111) vorgcschlagen worden war, das; di« Bischöfe auf ihre Einige Tage daraus traf der Pressemann den kanadischen Gaalkeeper. „Ra. das mar ja «ine schöne Ueberra'chung", sagt er zu dem betrübten Torwart. „Ja, ja", gestand er beträgst ein. „wir hätten das Bier doch, wie Sie sagten, erst am Abend trinken sollen!" Abends trat Kanada gegen die britische Ei-'-hocken Mann schaft an — und — verlor! Verlor, gegen alle Erwariung, gegen mehrmalige Olympia- und Weltmeister Tradition. Josef 11., der sich hierin besonder» gefasten ha«, hat es den Spottnamen des „Bruders Sakristan" von Friedrich ll. her ein getragen. Die Situation -ev Neuzeit Wie die Staaten gegen die Totalität der Kirche, das Kirchenstaatstum, so bäumt sich jetzt begreiflicherweise die Kirä>« gegen die Totalität des Staates, das S t a a t s k i r che n t u m auf. Mit dem Erfolge zunächst, das; die Einführung des Grund satzes der Parität, die zufolge der konfessionellen Mischung der Bevölkerung (Säkularisation) notwendig geworden war, ivenig- stens mittelbar die Verschiedenheit der Lebenskreise des Staates und der Kirche anerkannt worden ist (Hinschius). Einen weiteren Abbau des Etaatskirck;entums erbrachte die Freiheits bewegung des Jahres 18-18. Nebenher beginnen sich aber schon die Anzeichen einer schleichenden Trennung des össentlichen Lebens von religiös-kirchlichen Gesichtspunkten bemerkbar zu machen. „Trennung von Kirche und Slaüt". „Religion ist Privatsaclie" werden die Lieblings- und Schlagworte des marxistischen Sozialismus. Die Verfassung von Weimar be deutete aber nur einen halben Sieg des Trennungsgedankens, n»eil Zugeständnisse an die konservative Richtung zugunsten von Religion und Religionsgesellschasten gemacht werden mutzten. Das Staatskirchentum mar überwunden, den Religionsgesell- schaften war die selbständige Regelung ihrer Angelegenheiten im Rahmen des allgemeinen Rechts zugestanden, ihr eigener Lebcnskreis anerkannt. Der Staat selbst sollte religiös neutral sein bei voller Glaubens-, Gewissens- und Kullussreihcit. Es war z. B. bezeichnend, das; sofort die religiöse Eidessorm ab- geschafst worden ist. Di« kurze Trennung ist überwunden worden mit der Macht ergreifung durch die nationalsozialistische Bewe gung. Eine wahre Erlösung war die Trennung von Religion und Politik: die Kirck)« konnte ihrer eigentlichen Ausgabe zu- rückgegeben werden, ihr« Hände wurden von weltlichen Dingen und Rücksichten gelöst und frei gemacht für den Ausbau des Reiches Gottes in den Seelen. Die religiöse Eidessorm wurde wiederhergestcllt, Religionsunterricht und Schulgebct wurden wieder in ihre alten, ehrlichen Rechte eingesetzt, mit dem marxistiscl;en Grundsatz der religiösen Neutralität ist gebrockten, wenn auch ein Tiekenntniszwang nicht geübt wird. Das „posi tive Christentum" sollte »ach Verlautbarungen der führenden Stelle» das Fundament des Dritten Reiches sein. Wir erleben jetzt keinen Rückfall in das liberalistische Staatskirchentum oder in die marxistisck;« religiöse Neutralität bezw. erklärte Gott losigkeit, sondern ein gcsetzlickx-s Staatschristentum. Zu den Grundlehren des positiven Christentums gehört das Herrenmort: „Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott was Gottes ist." Keine Totalität der Kirck»! in weltlichen Dingen, keine Totalität des Staates in religiös-kirchlichen Dingen! Kirck>e und Staat haben je ihren selbständigen Lebenskrcis, ihre eigenen Aufgaben und Zwecke. Im R e i ch s k o n k o r d a t ist das Recht der Kirche anerkannt, innerhalb der Grenzen des für alle gellenden Gesetzes ihr« Angelegenheiten selbst zu ordnen und zu verwalten und im Rahmen ihrer Zuständigkeit für ihr« Mitglieder bindende Gesetze und Anordnungen zu erlassen. Damit hat das Reich deutlich zu erkennen gegeben, datz es die Totalität in religiös-kirchlichen Dingen nicht in Anspruch nehmen und das Eigenleben der Kirche (in gewissen Grenzen) anerkenne. So wird auch die Kirche gerne dem Staat« geben, was des Staates ist. Ausgaben weltlichen Charakters, das. was „von dieser Welt ist", dem Staate überlassen. Wenn darüber hinaus die Kirche daran festhält, in Lingen, die nebenher Religion und Sittlichkeit mit berühren, gehört zu werden, so wird bei beiderseitigem guten Willen und Verständnis für die Dienste, die der Staat der Kirck)«, die aber die Kirche doch auch dem Staate leistet, ein freundschaftlickies Vertragen zu erreichen sein. Das Liebesabenteuer des spanischen Transozeanfliegers Das von der politischen Leidenschaft des Wahlkampfes verzerrte Gesicht der spanischen Oessenllichkeit hat sich ganz plötzlich durch eine Nachricht, die di« sentimentalen Saiten im Mcnschen zum Klingen bringt, ausivchcllt. Ein nicht allläglick>er Liebesroman, an dem nicht nur das spanisck>c Volk, sondern auch die südamerikanisck)en Länder regen Anteil genommen haben, hat in der Madrider Kirche San Marcos ein denkbar gliicklick)«s Ende gefunden. Der junge spanisck)« Transozean- flieger Pombo, der im vergangenen Jahr mit seiner Ozeanüber querung Spanien — Mexiko die Weltöffentlichkeit in S;»annung hielt, ist unter den Augen zahlreicher Diplomaten und bohcr politisck)er Persönlichkeiten mit Elena Rivero getraut worden, einer jungen Spanierin, die vor einem Jahre in Mexiko lebte vnd der eigentlicki« Anlatz zu den, gewagten Unternehmen ge wesen ist. Die scnsationshungrige amerikanische Presse hatte sckon damals verkündet, datz bei dem Transozeanflug Pombos allein Elena das lockende Ziel wäre, a'-er sowohl von dem Flie ger felbst wie von den ihm nalxsttchcnden Personen wurde dies« „Unterstellung" energisch zurückgewicscn. Die in aller Stille vorl»ereitet« Vermählung wirft nun Licht in das an Romantik reiche und darum echt spanisck» Liebesabenteuer des jungen Pombo. Ein Jahr vor dem Ozeanflug hatten sich beide ohne Wissen der Angehörigen oder irgendeines anderen Mcnschen verlobt, dann reiste Elena mit Ihren Eltern nach Mexiko, um sich dort anzusiedeln. Da Pombo die lange Trennung von seiner Gelieb ten nicht ertragen konnte, beschloss er, die Entfernung zu ihr im Flugzeug zu überbrücken und sich die Braut ehrenvoll zu ,.verdienen". Um die wahren Hintergründe des Fluges al»r zu verschleiern und Elenas Namen nicht in die Weltpresse zu trogen, erklärte Pombo, datz er dem mexikanisck»,; Volke den Grutz des spanischen Mutterlandes und der mexikanischen Re gierung den Dank für die Nachforschungen überbringen wolle, die diese nach den verschollenen spanischen Transozeanslicgern Barbera» und Collar seinerzeit angestellt hatte. Elena war Uber das Vorhalten ihres Verlobten entsetzt und beschwor ihn in zahlrcick-en Briefen, von dem lebcnsgefährlick»» Abenteuer abzulasscn. Als aste Vorstellungen von jenseits des Ozeans nichts fruchteten und Pombo auf seinem Vorhaben bestehen blieb, brach Elena die Beziehungen zu dem wagehalsigen Flieger ab. iveil sie „nicht dulden kannte, das; er ihretwegen sein Leben aufs Spiel setzte". Di« Beteuerungen Pombos bei seinem Start, das; er nicht verlobt sei. entsprack»» also durck-aus der Wirklich keit. Elena verfolgt« den Flug Pombos trotz der eigensinnigen Entlobung mit fieberk-aftem Interesse und verriet schlietzlich ihre heimlick)« Liebe, als sie bei der Nachricht, datz Pombos Flugzeug auf einem südamerikanisck»» Flugplatz beim Start zertrümmert sei, in eine tiefe Ohnmacht fiel. Pombo blieb alxr damals unverletzt und mutztr nur auf eine neue Maschine warten, die ihm auf Kosten der spanischen Regierung, die das ganze Unternehmen überl-aupt finanzierte, von England geliefert wurde. Dann flog der Freier der Lüfte zu Elena ... Im Herbst vorigen Jahres kehrte der kühn« Pombo wie der in die Heimat zurück, wurde von begeisterten Volksmengen in Empfang genommen, Minister und Ministerpräsidenten, Bot schafter und Gesandte schlossen ihn in die Arme, südamerikani sch« Regierungen verstehen ihn; golden« uich silberne Medaillen, ein Bankett jagte das andere — Pombo wurde von seinem Volk als Held gefeiert und von seiner Regierung als nutzen« polilisck»r Repräsentant Spaniens geehrt. Die Behauptungen der Presse. Elena sei das Ziel seiner Reise gewesen, wies er auch damals cl»nso energisch zurück wie vor dem Ozcanfluq. Der Familie Rivero habe er gelegentlich seines Aufenthaltes in Südamerika nur die „Grütze seiner Eltern" überbracht. Viele Wochen hörte man dann nichts mehr von dem heimgekehrten Transozeanflieger. Auch die Nachricht, datz Elena mit ihrer Mutter nach Spanien zuriickgekehrt sei, verhallte ohne Echo im Blätterwald der- spanisck)«» Presse. Das Schweigen wurde erst gebrochen, als der junge Abenteurer ganz unerwartet vor dem Traualtar erschien und seine spanisch-mcrikanisckie Braut auf die neugierigen Fragen der Pressevertreter antwortete: „Was Mexiko ersehnte, hat sich nun erfüllt. Jetzt bin ich restlos glücklich...." rcichssiirstlichc Stellung, auf ihre Güter und Recht« vom Reich, der König dagegen auf Besetzung und Investitur mit Ring und Stab verzichten sollten, war von den Bischösen selbst ver schmäht worden, so sehr waren schon ihre Interessen mit denen des Reick>es und der Politik verflochten. So sehr nun auch von beiden Seiten die Einheit von Sazcrdotium und Im perium betont und gepriesen worden ist, so fehlte es doch fast zu keiner Zeit an Spannungen und Reibungen. Man stritt darum, ob der Kaiser dem Papste zum Steigbügelhaltcn ver pflichtet sei. ob das Reich ein päpstliches Lehen, der Eid des Kaisers ein Lchenseid sei; ob die Krönung und Salbung des Kaisers nur dekorative oder konstitutive Bedeutung habe; man stritt um die Form des schriftlichen Verkehrs zwischen Papst und Kaiser. Mit anderen Worten: man stritt jetzt, wer von beiden das Haupt des «inen christlichen Universalreickies sein solle. Unter Innozenz III. ist der Streit in der Hauptsache ent schieden, wieder zugunsten des Papsttums. Die seit der Mitte des 12. Jahrhunderts aufblül;ende kirchliche Jurispru denz hat «inen nicht geringen Anteil an dieser Entwicklung. Nun ist die Kirche das Universalreich, in dem die christlichen Staaten aufgcl»», als Teile des Ganzen ersckzeinen, im Papste ihr Haupt, in der Kirche die Mutter verehrend. Die Einheit ist trotz allem geblieben, sie hat aber eine andere Spitze. Beide Gewalten sind wie Seele und Leib zu einem Organismus ver bunden, beide sind aufeinander angewiesen, beide sollen sich gegenseitig helfend ergänzen. Um 1220 lehrt Eike von Rep- g o w, der Verfasser des bedeutendsten deutschen Rechtsbuckzes, des Sachsenspiegels: „Z>vei Schwerter Netz Gott auf Erden zur Beschirmung der Christenheit: dem Papst ist gesetzt das acistlick)«, dem Kaiser das weltliche." Wenn wir die Parallelstelle des um 1270 in Augsburg verfatzten Schwa- benspiegels daneben stellen: „Zwei Schwerter lies; Gott auf Erden; die lieh unser Herr beide dem heiligen Petrus", so wird der Fortschritt, den der H ie r o k r a 1 i s m u s auch in Deutschland, wo inan gegenüber den transalpinen Tl)«orien zurückhaltender und kaiserlicher geworden war, gemacht hat, ohne lveiteres ersichtlich. Erwachender Nationalismus Wenn, wie oben schon angedeutet, die grossen Theologen de» Mittelalters dem System der direkten Gewalt des Papstes über die zeitlichen Dinge, über Völker, Reiche und Kronen keinen Vorschub geleistet haben, obwohl sie dessen überragende Bedeutung betonen, so ist dies wohl dem Einfluss des Aristo teles, „des Philosopl»»", zu danken, der in seiner Niko- machischen Ethik als Zweck des Staates „die Pflege des schönen selbstgenügenden Lebens" aufgestellt hat. Dem Staat obliegt nicht blotz die Abivehr des Bösen; er ist mehr als eine bloße Organisation gegen die Sünde, mehr als der blotze Arm der Kirck»; er hat einen selbständigen, gottgewollten Ziveck. Mühe los konnte die nach der Bulle Unam Sanctam einsehende Kritik die theologischen und historischen Voraussetzungen des Hierokra« tismus ins Wanken bringen. Dazu hat di« Aufnahme des römischen Rechts die alten Formeln desrömischenStaats- kirchentums wieder lebendig gemacht: „Die Kirche ist im Staate", ein Bestandteil des Staates, und der Kaiser ist „Bischof siir die äußeren Angelegenheiten der Kirche": Sätze, die von den Landesherren mit Inbrunst aufaegrifsen wurden, nachdem Frank reich, das ja von der Bull« Unam Sanctam unmittelbar getroffen ivar, den Ton angegeben hatte. Das kirchliche Uni versalreich sieht sich jetzt dem erwachend«» Rattona- Pombo und El-na — HapZ»? En- vsv -ein Traualtar Sollten -ie Nanadiev -eshalb gegen -ie Briten verloren haben? Ein Pressemann, der sich auch für das Leben „hinter den Kulissen" der Winterolympiade interessierte, schlenderte in der Mittagssonne vom Rietzer See zu jener Htthnerbraterei. die um den Bahnhof herum liebliche Düfte verbreitete. Sieht er da an einen; Hause die kanadische Flagge hängen, hält und er sähet. das; hier das kanadische Eishockey-Team daheim sei. Ob die Boys alle da wären, fragt er weiter. Gewiß, zum Lunch versammelt. Patzt sein, denkt er. und lägt sich inelden Er wird zum „Huhn mit Reis" und and ren leckeren Sacken einae- laden. Die fixen Männer mit dem Ahornblatt lasten sich alles gemächlich munden. Nur hin und wieder fällt vom Trainer, mit einer Falstasfigur, ein Irockner Witz. Scklietzlick meint dieser „Falstaff", wie nicht anders zu erwarten war. ob man nicht etwas trinken sollte. „Wir haben Sie zum Frühstück! einge- haden, nun können Sie mal eine Laae schmeißen " Angesichts der freudig zustimmenden Boys fühlt sich der fremde Pressemann verpflichtet, für jeden eine Flalckre Bier zu bestellen. Vorsichtig fragt er aber, ob es nicht besser wäre das Bier nach dem Spiel gegen das britisck-e Team zu trinken. „Oh, never mind!" protestieren die Bons. Schon knallen die Gummikorken und aus den blonden Gläsern oluckst das „Olympiator-Bier" in die alkoholenlivohnlen Kehlen — bis zur Neige. Die bei-cn „Schwerter Die beiden „Schwerter" sind A ch t und Bann; die Acht ist das iveltlick)«, der Bann das kirchliche Schwert; sie sollen so Zusammenwirken, das; den; Bann die Acht und der Acht der Bann folgen solle auf Anrufen des geistlichen bzw. des welt- Iick)«n Richters. „So sind sie beide um so fester", sagt der Deutschenspiegel. Wer so in „Acht und Bann" getan wär, war vogelfrei, vernichtet, ausgestotzen aus aller Gemein- schast. Aus dem Bild von Seele und Leib, die zu einem ein heitlichen Organismus verbunden sind, ergab sich siir die hicro- kratische Auffassung, datz dieser Organismus nur ein Haupt haben konnte, nicht zwei Häupter, denn sonst wäre er, wie es in der Bulle Unam Sanctam (1802), der plastischen Formulie rung dieses Systems heisst, ein M onstr u in. Eine Gleich- und Nebenordnung war nach mittelalterlichen Begriffen keine „Ord nung"; Ordnung ist nur da, wo das eine den; anderen über- bzw. untergeordnet ist. Sa mutz das eine Schwert, das welt liche, den; anderen, geistlichen untergeordnet sein. Der Orga nismus hat nur e i n Haupt, und wie Hände und Arme nach dessen Willen sich rühren, so handeln Könige und Fürsten nach den; Willen und Gefallen des päpstlichen Hauptes; der irdisck;« Herrscher ist der >veltliche Arn; der Kirche. So wiederum die ge nannte Bulle. Wie es nur einen Gatt gebe, von dem alle Kräfte ausaehcn und zu dem alle zurückströmen, so sei es auch in der irdischen Weltordnung: es gibt nur eine Quelle, in der die Fülle aller gottgegebcnen Gewalt vereinigt sei, von der alle Gewalt kommt und zu der sie zurückkehrt. Somit war in den Augen der kurialcn Theoretiker die weltliche Gewalt nicht mehr die emiggeborene Tochter Gottes; sie war von Gott, aber erst mittelbar als Ausflntz und Bestandteil der päpstlichen All gewalt, von diesem an den weltlick»» Fürsten widerruslich qe- liel)«n. Die praktischen Folgerungen wie Absetzung iveltlichcr Herrscher, Entbindung der Untertanen vom Treueid ergalnn; sich non feibst. Bibelstellen wie Lukas 22, .88 (Petrus in; iliesitze der beiden Schwerter). Jeremias 1,10 („siehe ich habe dich gesetzt über Völker und Reick;«"), Apok. 17,14 („König der Könige und Herr der Herren") mußten in kirchlich-naiver Exegese als Be lege dienen und die vermeintlick»« Konstantinische Schenkung, die man damals allgemein als echt gehalten hat, als historisck)« Stütze. So haben die kurialcn Juristen des 18. und 14. Jahr hunderts das Kirchenstaatstum ausgebildet — die großen Tk)«o- logcn wie St. Thomas und Bonaventura haben sich von diesen Verstiegenheiten ferngehalten —, sie haben es auf die Spitze getrieben, daß sie den Papst als „quasi Deus in terris" priesen, teils aus logisck)er Konsequenzmacherei, aus Liebe dienerei. teils gegen die Kaiserlichen, die in ähnlicl)«» Uebcrtrci- bungen für ihren Herrn sich gefielen und Ludwig den Bayern sogar zur Absetzung des Papstes, also zur geraden Umkehrung des Kirchenstclatstums getrieben haben. Man könnte also von einer Totalität der Kirckre sprechen, wenn — die Praxis der Theorie durchweg entsprochen hätte! Zu Ende des 13. Jahrhunderts hat ein Kölner Dompropst, Alexander von Roes, prophezeit: Nachdem das Imperium nicht mehr tiefer sinken könne, ohne völlig unterzugchcn, und das Sazcrdotium nicht mehr höl)«r steigen könne, ohne unter Preis gabe seines apostolischen Berufes sich In einen Wcltstaat zu ver- ivandcln, werde jetzt wahrscheinlich nach dem gewöhnlichen Gang der Dinge das Sazerdotium von seinem Hochstand auf die unterste Stufe und das Imperium von seinem Tiefstand auf die oberste Stufe sich erheben; eine der wenigen Prophezeiungen, die sich ersiilll haben.
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