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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.04.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140430017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914043001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914043001
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-30
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
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vonnersrsg, 30. llprtt 1Sl4. Leipziger Tageblatt. Nr. 2l6. Morgen-Nusgade. Sette 7. NMWMNN Kunst unä wissenselintt «WWMW Uf öerliner Kunstfrühling. I. Die Neue Galerie in der Lenncstraße. Bevor im Sommer das Berliner ^bunstleben Mr Ruhe geht, erreicht es in den ersten warmen Lagen des Frühlings seinen Höhepunkt. Da werden die großen Kunstausstellungen für die wechselnden Passanten der Weltstadt znsammen- gebracht, die den Sommer Vorhalten müssen, und zugleich wird in den Kunstsalons der Rest des Pensums erledigt, mit dem sich die ver schiedenen Inhaber dieser Salons den Winter über gegenseitig zu überbieten suchten; jetzt gegen Ende der Saison rücken sie mit Dingen heraus, die sie offenbar möglichst lange aufgeschoben baden, entweder weil ihnen der Wert dieser Dinge zweifelhaft war oder weil sie das Publi kum erst langsam vorbcrciten und abhürtcn woll ten. Und so kommt es, daß in diesen Tagen des frühen Jahres allenthalben nur Werke von jungen werdenden Talenten von den Wänden der Ausstellungen sprechen. Uebcr die Freie Sezession ist an dieser Stelle bereits berichtet worden. Dort herrscht öie Jugend an allen Ecken und Enden, obschon untermischt mit ein paar meisterlichen Rainen und einer Gesellschaft von Alten Herren, die lung taten ohne jung zu sein. In der „Renen Sezession", die der Feldmann in der Lcnnv- straße (Reue Galerie'» ausgestellt hat, ist die Engend ganz unter sich, wenn mau von Karl Gunter absicht, dem Einsiedler, der 1850 in Lemgo zur Welt kam und der ein arbeits reiches Leben damit zubrachtc, der Mitwelt kaum bclannt, an einem Haus zu malen, zu zimmern und zu schnitzen, das ganz der Ausdruck seiner Person war, bis ihn der Tod I!)l2 abberief. Funker liebte die bäuerlichen Ableger der Haust, das was man BolkSkunst nennt, und hat sich die AuSdrucksmittel solcher ländlichen Kunslubung mit viel Geschmack zu eigen gemacht, voll Re spekt vor der Weisheit der Ungelehrten. Die Reue Sezession hat einen Teil des Rachlasses von Junker ausgestellt; man denkt dabei an die Forderungen des alten Tolstoi, der die Ein satt des Volkes den Künstlern zur Nacheiferung eiiip- sohlcn und der das Heil der Welt darin erblickte, das; jedermann init eigener Hand Herst, tlcn solle, was er für Leib und Seele braucht — eine rüh rende Utopie! — Die eigentliche Neue Sezession wirkt wohltuend, weil einheitliches Streben durch alle geht. Dieses Streben der Jüngsten ist mitt lerweile so bekannt geworden, daß man besser tut, nicht mehr von diesen Lehren zu sprechen, droht doch dieser Jugend die Gefahr, baß sic vor lauter Strenggläubigkcit an das Gesetz un fruchtbar erstarrt. Eesar Klein verändert seine AusdruckSweise nicht mehr, er wirkt immer ge schlossen, wenn auch einseitig und nur allzu sehr sürs Auge. Tapp ert ist noch auf dem Wege zu sich, Richter wiederholt seinen Trick, Ge genstände, die im Grunde ganz naturalistisch gesehen sind, so wiederzugeben, als seien sic von der Mitte her im Stücke geschlagen; man nennt den Mann in Berlin den Zentrifugal- Richter. Morgner zeigt mit seinen handfesten "Aquarellen und Holzschnitten einen Anlauf zu Ungezwungenheit und Selbstbeherrschung. Willi Häckel, der Reichveranlagte und mit einer glück lich abrnndenden Hand Begabte, fängt an, sich selber zu kopieren. Moissey Kisling Hal in Ber lin eine günstige Kritik erhalten; seine Art aber ist reichlich unshmpathisch, abgesehen davon, daß sie ihr bestes Teil aus der Nachahmung von Durain bezieht. Georg Kars stellt nach wie vor mit das beste Talent dar, das Böhmen heute besitzt. Marie Laurencin, die Pari serin, die uns anfangs so reizvoll schien, hat ihre liebenswürdige Art nicht verloren, sic hat aber auch nichts hinzugewonnen. Sehr be achtenswert sind die beiden Franzosen Dufuh und de la Frenayc, und ein paar glück liche Züge weist die Plastik von Sophie Wolff- Paris auf, die Regcrgestalteu in der Art wieder zugeben sucht, wie du Neger selber den Men schen ansehen und gestalten. Schmidt-Rott luff hat außer hier und in der Freien Se zession auch bei Gurlitt ausgestellt, von ihm wird nächstens zu sprechen sein. Nachträgen möchte ich aber, daß in der Neuen Galerie ein Künstler ausgestellt hat, der sich aus der Schar der Jugend zu einer selbständigen Persönlichkeit emporgearbeitet hat, der Maler und Zeichner Hans Keller. Was von vornherein für Keller cinnimmt, das ist die Geschlossenheit sei ner Erscheinung, die Beharrlichkeit, mit der cr em und demselben Problem, und zuletzt einem durchaus malerische« Problem, von jeher und mit wachsendem Gelingen nachgeht. Seine 25 Bilder bestehen zum Teil aus Landschaften, zum größeren Teile aber aus Kompositionen, die sich aus einer Gruppe von mehreren Köpfen auf bauen. Der Reiz dieser Kompositionen bericht in einer eigentümlichen Neigung jedes einzelnen Kopfes und in der Aufeinanderfolge der drei oder vier Kopfe, die zusammen in ihren Ab ständen, in ihrem Ueber- und Nebeneinander ein iveitgespanntcs räumliches Empj.nden auslösen. Dieses an sich sehr gebrechliche Motiv nun hat Keller kräftig zu steigern gewußt. Seine Köpfe sind groß und von nahe angesehen. Ihr Emp- findungswcrt ist durch eine Betonung der Farbe gehoben, so daß manchmal Backenknochen oder Rase grüne Farbe bekommen haben. Und doch fällt einem diese Veränderung der Einzelfarbe nur auf, wenn man, statt das Ganze zu emp finden, die Einzelheiten aufrcchnct. Im ganzen steht nämlich Keller auf anderem Standpunkt als alle die Maler, die z. B. an das Dogma glauben, daß die sog. warmen Farben (rote) zur Bezeichnung der Nähe und die kalten Far ben (luauc) für die Ferne zu dienen hätten. Keller fühlt sich zu freierer Verfügung über die Farben berechtigt. Er wählt die Farbe, die sich von den Rachbarfarben abhcbt und doch mit ihnen zusammengcht, und nimmt von der Farbe genau so viel wie er braucht, um seine Empfindung genau auszudrücken. Dabei wer den die Farbflächen entweder größer oder klei ner als ncan es von vornherein erwartet, und die Intensität der Farbe muß dementsprechend geringer oder größer werden. Ein Musiker würde sagen: Der Gegenstand wird hier nicht mechanisch, sondern dynamisch und rhythmisiert wiedergegeben. Dabei ist Gegenstand für Keller soviel wie schöpferische Emvfindnng. Es wäre widersinnig, eine Malerei, die so sehr der Aus druck von malerischen Empfindungen ist, gedank lich auscinanderlcgen zu wollen. Es sei deshalb von den Zeichnungen Kellers nur gesagt, das; sie in jeder Hinsicht zu den .seltenen ganz ernst haften Leistungen der jüngsten Kunst gehören. Sie sind so frisch und mühelos gelungen, daß sie auch dem Widerstrebenden gefallen müssen. vr. Luroiwrcl. Leipzig, 2d. April. Gastspiel Irene Triesch im Alten Theater: Hedda Gabler. Die Hedda Gabter ist eine der Rollen, die nicht erarbeitet werden kann, für die eine Darstellerin geboren sein muß. Die Wesensart von Irene Triesch kommt der Rolle dankbar entgegen. Sic war ganz das Weib voll Triebe und harte die tän delnde Dämonie, die ihr eigen ist. Voll unerfüllter Lebenssehnsucht, gekettet an den Mann, Lessen Art sie haßt, leidet sie. Und diese Hedda muß zerstören, weil ;ie nicht aufbauen kann. Eine spielende Grau samkeit lebt in ihr; in Irene Drieschs Spiel war sie Natur, und darum wußte sie nichts von Schuld. Diese Grausamkeit scheut nicht vor ihrem eigenen Selbst. Irene Triesch hat das Feinnervige, Instande, das an den harten Alltäglichkeiten sich verwundet. Ihr mimisches Spiel leuchrete in alle Tiefen dieser selt samen Seele. Die hochgeschlossenen Augen sprachen. Und ein verhüllter Ton enthüllte das Geheimste. Als ihr letzter Traum von Schönheit ein Wahn ist, hatte sic einen heiseren Hohn, der erschütterte. Sie gab die ZliMleutliant MeOrung. 34 s Roman von Paul Burg. (Nachdruck verbeten.) Ta, schon wieder so ein verdammtes Loch in der Luft. Er ritz mit jähem llkuck die Ver windungshebel, die linke Tragdecke zu ver größern, denn der „Bär" glitt schon merklich ab. Richtete sich aber wieder hoch und sank ruhig im Bogen hinab. Denk' doch nicht dran! schimpfte der Ritt meister auf sich selber. Du bist Soldat, und sie ist eine Frau. Soldatenfrau, sei mutig, stolz! sang cs in ihm, und er mutzte doch imeder an sie denken. Wenn nur das Kind-erst da wäre! Dann ließ sie wohl auch von der verfahrenen Idee ivieder ab. Das mutzte sie und würde sie auch, denn er sah sein Lebensziel in dieser Aufgabe. Sie war ein lluges Weib. Er dachte an die Stunden zurück, wo sie nach seinem Diktat die flugtechnische Arbeit ins reine geschrieben hatte. Und an seinen Fluglehrer dachte er, an den stillen, trefflichen Doktor Heidemann. „Tie Dame muß doch Vernunft annehmen," hatte der Doktor damals gesagt. Auf der schönen, rings in Wälder cinge- betteten Wiese beim Domhüuschen ging der „Bär" nieder. Kein einziger Soldat war zur Stelle. Ta das Landungsfeld versteckt lag, vermutete ivohl leder Führer der nächsten Truppenteile, das Flugzeug sei jenseits der Wälder niedergegangen. Während der Rittmeister sich noch umsab, ob denn kein Mensch ihm seine wertvollen Mel dungen abnehmcn, seine Beobachtungen lvcitcr- briugcn wollte an die Stäbe, scholl aus dem Waldwinkel Kommandoruf und Hurra von fri schen Stimmen. Eine junge, grüne Truppe kam daher ge- laufen, ein bißchen regellos, aber voller Bc- geisterung: Pfadfinder. Die ersten olieben verdutzt stehen, als sie ei»en Kerl in schmieriger Drilchjacke, dicke Tücher um den Kopf gewickelt, am Motor hcrum- bastelu sahen. Einer trat vor und fragte betroffen: „Können wir — Helsen?" „Hierbei wohl knapp, meine Herren." Der Primaner, der den Pfadfinderzug führte, empfand, daß er es mit keinem gewöhn lichen Ofsiziersburscben zu tun hatte, nahm Hal tung an und legte die Hand an den Hut. „Brandt, Thomasschule." Der nächste trat neben ihn. „von Reischach, Obersckunda." Der Rittmeister verhinderte lachend die um ständliche Vorstellung der gesamten, netten, selbstbewußten Truppe in den schmucken, grünen Uniformen. „Danke, danke, meine Herren! Rittmeister von Bärensprung, Leibhusaren. Aber lvenn Sie mir helfen wollen — Sic kennen doch die Gegend? Na, also, bitte Bleistift und Notizbuch heraus!" Während er überlegte, wie er ihnen die Ge- fechtslagc am einfachsten geben sollte, stellten verschiedene der eifrigen Jünglinge beschämt fest, daß sie ihr Notizbuch im Domhüuschen zurück gelassen hatten. „Aber meine Herren!" drohte er ihnen lächelnd mit dem Finger. „Keine Blößen geben! Immer parat, jedem Zufall muß der Soldat gewachsen sein." Die Jungen, die ihn aus so stolzen Augen anblitzten, machten ihm Spaß. Das würden mal Soldaten werden. — „Also holen Sic bitte das Notige. In fünf Minuten wieder antrcten! Dann erkläre ich Ihnen die Gefechtslage, wie ich sie da oben aus gekundschaftet habe." „Famos! Fein!" jubelten ein paar im Gliche. Der Zugsührer kommandierte. Kehrt, marsch, marsch! stob die junge Gesellschaft über die Wiese davon. Noch ehe die Pfadfinder zurückkchrten, tauchte eine „rote" Offizierspatrouille am Waldrand« auf. värensprung rief und winkte sie heran. Tragödie eines Menschen, der an seiner tiefsten Natur leibet und zerbricht. Die Ausführung ist zum Teil bereits bekannt. Neu waren nur Walter als Te sman, der den treuherzigen Pedanten mit sicheren Strichen zeichnete, Mamelok, per in dem Gerichtsrat Brack einen liebenswürdigen Durch schnittsmenschen darstellte, und Marija Leiko, deren unverkennbare Ansichten trotz mancher sym pathischer Momente doch noch nicht Erfüllung wur den. Sie findet sich zu wenig aus dem Herkommen sentimentaler Rollen heraus zu dem Persönlichen, um eine Jbsensche Gestalt zu verkörpern. vr. k'rieckrie.b Svdreekt. He * Ibsens Rosmersholm im König!. Schauspiel haus zu Dresden. Am Dienstag abend gelangte hier unter der Leitung von Dr. Karl Ze iß Ibsens „Rosmersholm" in neuer Inszenierung und Einstudierung zur Aufführung. Strenge Geschlossen heit und groqe Einheitlichkeit trugen die Darstellung. Der Geist von Rosmersholm war eindringlich heraus gestaltet: meist ein ruhiges, langsames Tempo und eiu geräuschloses Dahinleden. denn in Rosmersholm schreien die Kinder nicht und lachen nicht, wenn sie älter geworden sind. Um so schärfer aber hoben sich von diesem Untergrund die Weltanschauungen von Kroll, Brendel und Moriensgard ab. Wiecke als Pastor Rosmcr war in seiner weichen Melancholie so vornehm, so schlicht und rein, so voller Herzens güte und -tiefe, da;; Rebekkas Wandlung durch ihn garn glaubhalt wurde. Hermine Körners Rebekka war still und zurückhaltend bis zum Ende des zweiten Aktes, und man fühlte, dan sie unter dem Einfluß von Rosmcr und Rosmersholm steht. Im dritten Akt brach dann die frühere Rebekka, die vorher nur in einzelnen Momenten geahnt wurde, hervor in ihrem kalten Willen zur Macht und in ihrer sinnlichen Glut. Es war wie ein letztes Aufleuchten ihres alten Wesens, bevor der andere LuMe in ihr sie zum Adelsmenschen erhob. Der Geist von Rosmersholm kam auch in Maxi miliane Bleibtreu s Frau Helseth zum Aus druck: mit ergreifenden! schmerz sprach sie leise, fast lautlos die letzten Worte dec Tragödie Diesem Haus und diesen Menschen stand ichroff gegenüber der Kroll Wohlbergs mit seiner rücksichtslosen, konser vativen Strenge, und mit zischendem Ton stieß er seine Gemeinheiten aus; ferner MehnertsMortens- garo gebückt, lauernd, nüchtern und manchmal mit einem so oeredten häßlichen Lächeln um den Mund; schließlich noch Alfred Meyers Brendel, der durch hohen Stimmton und zerfahrene Bewegungen diese innerlich leergebrannte Gestalt wiedergab. Die Ausführung war ein starker Erfolg, denn Ibsens Kunstwerk war hier bis in die feinsten Nuancen und letzten Tiefen verbildlicht worden. !>r. 1-. ä..!er. * Earl Liebermann am Kcnser-Wilhelm-Institut für Chemie. Professor Dr. Carl Liebermann, der hervorragende Chemiker der Technischen Hoch schule in Berlin-Charlottenburg, der am 1. April d. I. in den Ruhestand trat, wird Mitglied des Kaiser-Wilhelm-Jnstituts für Chemie in Berlin- Dahlem, wo ihm in dem Stockwerk des Geheimrats Professor Beckmann ein besonderes Laboratorium eingerichtet wird. * Frank Wedekinds Schauspiel „Simson" wird am 11. Mai d I. in W ie n zur Ausführung ge langen. Der Direktor der Volksbühne, Dr. Rundt, hat das Johann-Strauß-Theater zu diesem Zweck gepachtet. Frank Wedekind spielt den Og von Basan, Tilly Wedekind die Dalila, den Simson spielt erstmalig Albert Steinrück. * „Faust ' im Kölner Werkbundtheater. Das von van de Velde sehr eigenartig erbaute Theater der Kölner Werkbunoausstellung wird am 31. Mai mit einer „F a u st"-Aufführung durch das Berliner L>L s s i >, g - T h e a t e r eröffnet werden. Die Leitung der Vorstellung hat Direktor Barno wsky. Den Faust spielt Kayßler, das Gretchen Lina Losien. Wer den Mephisto übernehmen wird, steht noch nicht fest. * Die Kölner Schauspielerin Frau Emma Teller- Habelmann, die 18 Jahre dem Meininger Hoftheater angehört hat, beding ihr bojährigcs Bühnenjubiläum. Die Künstlerin ut jetzt noch eine bewährte Stütze des Kölner Theaters. " Marie Wittich — Ehrenmitglied der Dresdener Hoftheater. Anläßlich des bevorstehenden 25jährigen Jubiläums der Kgl. Kammersängerin Frau Marie Wittich hat die G e n e r a l d i r e k t i o n der Dresdener Hoftheater die Künstlerin zum Ehren in itglied ernannt. Der führende Leutnant und der Unteroffi zier schrieben mit rasender Eile nach, die beiden biederen Musketiere kriegten aber die Finger nicht herum, so daß die Pfadfinder doch noch zu Ehren kamen. „Aber nichts verraten, meine jungen Her ren! Wir gehören zu den „Roten". — Ver standen!" mahnte der Rittmeister am Schlüsse. „Und jetzt hätte ich für mein Leben gern einen Kognak, emc Flasche Bier." Damit konnten die Thomaner nun freilich nicht aufwärts». Sie brachten eine Limonade hervor, die warm war und schal, nach fauligen Zitronen schmeckte. „Donnerwetter!" Aber er achtete die freudig gewährte Gast freundschaft und behielt das fade Zeug im Munde. Sich bei solchen! Getränk eine solche Be geisterung frisch zu erhalten, muß man ein deut scher Jüngling von achtzehn Jahren sein. 10. Am Sonnabend nachmittag trabte der Ritt meister nach Hayuach hinaus, Gemma bei den Schwiegereltern zu besuchen. Er hatte dreiviertel Flasche Kölnischen Wassers auf seine Uniform verspritzt, den verdammten Benzingeruch des Motors zu vertreiben. Bis Montag um fünf Uhr dienstfrei! Er freute sich der seligen Stunden, die vor ihm lagen. Von dem Ausstieg neulich wollte er (Hemma nichts sagen. Von anderen konnte sie es wohl kaum erfahren haben. Langsam ritt er im herbstfrischeu Walde hin und gab sich seinen Gedanken. An den Bäu men die Blätter waren schon rot und gelb, fielen ab und schwebten langsam auf den Wald boden nieder. Immer in diesen leisen, lautlosen, bunten Blätterrcacn hineinzublicken, stimmte ihn weh mütig. Er stieg vom Pferde und bahnte sich einen Weg abseits durchs Gehölz. Den Braunen Avg er hinter sich her und freute sich des Ge- * Die Operette zweier Hallescher Rechtsanwälte. Die Operette „Der Esel von Ninive", deren Komponist der Rechtsanwalt Dr. Otto Gaze und deren Librettist der Rechtsanwalt Wolfgang Herz- fe ld ist, erlebte mit ungewöhnlich starkem Erfolg im Halleschen Stadttheater am 28. April ihre Urauffüh rung. Zu den Vorzügen ihrer Operette gehört auch die vollkommene Harmonie zwischen Text und Musik. Das Werk ist witzig, originell und pikant. Die Handlung spielt 1914 vor Christi Geburt in Ninive. Im Mittelpunkt steht ein junger Mensch, der in der Maske eines alten Zauberers allerhand Hokuspokus mit seinen lieben Zeitgenossen treibt, u. a. die Seelen seiner Schützlinge in einen struppigen Esel fahren läßt und zu guter Letzt alles erreicht, was er erreichen will. Die Idee, die Schwächen unserer Zeit in Gestalten des Orients im Altertum vorzuführen, ist mit zündendem, geistreichen Witz durchgesührt. Der Mantel des Altertums hindert den Autor nicht daran, Märsche und Walzer und elegante Toiletten aufs Tapet zu bringen. Offenbachscher Humor und eine Musik, die von exotiichen Märschen zu reiz vollen modernen Tänzen und graziösen Duetten führt, gehen Hand in Hand. — Das Hallesche Stadt theater hatte sich der Operette, die im Laufe der nächsten Saison über fast alle Operettenbühnen Deutschlands gehen wird, mit der größten Liebe an genommen. Unter Karl Stahlbergs Leitung brachte man eine ebenso geschmackvolle wie humor- ersllllte Aufführung heraus LI. 1. * Für den Sänger Oskar Krebs, Ehrenmitglied des Dessauer Hoftheaters, wurde in Dessau in Anwesenheit städtischer und staatlicher Vertreter ein monumentales Grabdenkmal eingeweiht. Der Herzog ließ durch den Jntendanzrat Bömly einen Kranz niederlegen. Das Denkmal hatten anhaltijche Kunstkreunde gestiftet. * Karl Hans Strobl. Der erfolgreiche Verfasser des humoristischen Romans „Die vier Ehen des Matthias Merenus", eines Standardwerkes deulschen Humors, hat I>eim Novelle,.-Preisausschreiben von Neclams Universum den ersten Preis erhalten. * Robert Hohlbaum, der junge schlejische Dichter, Hal einen Noinan aus dem Jahre 1856 „O e st er reiche!" vollendet. * Der Nachfolger Prells. In unterrichteten Kreisen Dresdens wird als Nachfolger von Geheim rat Prell, der bekanntlich zum 1. Oktober seinen Lehrstuhl an der Kunstakademie verläßt, sein Schüler Oskar Popp genannt. * Rücktritt Professor Zastrows von der Handels hochschule Berlin. Der Begründer der Handels hochschule Berlin und deren erster Rektor, Professor Dr. Iastrow, wird mit Ablauf des Sommer semesters von seinem Lehramt an der Handelshoch schule zuriicktreten. Professor Iastrow äußerte sich auf Anfrage des „Berl. Tagebl." über sein Scheiden aus diesem Amt wie folgt: „Es ist nicht nur richtig, daß ich meine Lehrtätigkeit au der Handelshochschule mit Ablauf des Sommersemesters beschließe, sondern ich bin dazu gezwungen worden, weil mir vor vier bis fünf Wochen von den Aeltesten der Kaufmannschaft, denen bekanntlich die Handelshochschule gehört, ein Schreiben zugegangen ist, in dem mir mein Lehr amt zum 1. Oktober d. I. gekündigt wird. In diesem Kündigungsschreiben waren keine Gründe angegeben; cs ist auch nichts zwischen mir und den Aeltesten vor hergegangen, was nur einen Anhaltspunkt für die Gründe dieser schroffen Kündigung bieten könnte, weder eine persönliche noch eine amtliche Differenz. Allerdings stand in dem Schreiben, Latz die Aeltesten bereit seien, auf neuer Grundlage mit mir Uber eine weitere Anstellung zu verhandeln. Was die Herren unter einer neuen Grundlage verstehen, weiß ich nicht, denn ich habe selbstverständlich diesen ganz ungewöhn lichen Brief nicht beantwortet und auch nicht persön lich mit den Herren oder dem Dezernenten des Aeltestenkollegiums verhandelt. Für mich ist die An gelegenheit erledigt, und ich werde mich vorläufig darauf beschränken, meine Professur an der Universität auszuüben." Als Nachfolger des Professors Iastrow ist der Professor der National ökonomie und Geographie an der Züricher Universität Dr. Eß len in Aussicht genommen. * Die Hygienische Gesellschaft in Paris «Associa tion g.'Nörale des Hygünistes) hat beschlossen, den Zioilingenieur Dr.-Zng. G. Thiem, Leipzig, in Anbetracht seine: Verdienste auf dem Gebiete der Hydrologischen Wissenschaft und der kommunalen Wasserversorgung zum korrespondierenden Mitglied zu ernennen. ränsches der brechenden Zweige, das wenigstens einen Laut in die herbstliche Waldesstille brachte. Aber auch das Knacken des Unterholzes klang trocken und redete eine Sprache vom nahen Sterben in der Natur. Zum Teufel, möchtest gar melancholisch wer den! rasftc sich der Rittmeister zusammen, lächelte über sich selber und spitzte die Lippen, ein fröhliches Lied zu pfeifen. Er pfiff drauf los und ertappte sich mit einem Male über der gar wehruütiaen Melodie: „Weh', daß wir scheiden muffen! Lass' dich noch einmal küssen; Ich muß an Kaisers Seiten Jus falsche Wclschland reiten. Leb' ivohl . . .!" Von fern kam der bimmelnde Klang einer Kirchcnglocke. Mit einem Hellen, abwehrenden Psisf fiel Bärensprung in den Präsentiermarsch der Leibhusaren ein. Hei, das schmetterte ganz aiiders daher. — Wär' auch noch schöner. Ein Mann mit sechöunddreißig Jahren, der zu seinem lieben, liebsten Weib geht und ans Sterben denkt, weil ein paar dumme, gelbe Blätter vom Baume fallen und eine Kirchenglocke schlägt! Der Rittmeister blieb im Walde stehen und dachte bei sich — säst sprach er es laut aus: Das ist doch kaum zu glauben! Ihr liebt euch so sehr und könnt nicht ohne einander sein. Und dennoch hast du jetzt drei, vier Tage laug kaum ein paarmal an sie gedacht. Na, öfter schön, aber längst nicht so ost, wie sie es verdient. Abends, o ja abends jedesmal, wenn eS in die Federn ging, dann hättest du ihre iveichen Arme wohl gern gespürt. Morgens? — Nein, morgens das Ausstehen war immer eine kolos sale Hetzjagd, dabei kann man keinen vernünf tigen Gedanlen fassen. Ueberhaupt im Dienst! Kommiß von früh bis spät. So ein Rittmeister ist eben kein Herrgott. Was hat man denn vom Leben, von keiner Ehe? Nischt! Hättest doch bei dein Abschied beharren sollen. — — Aber dann später, daheim in Schweden, die laugen, grauen Abende, der endlose Win ter (SwktzetztMU v» der
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