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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Erscheinungsdatum
- 1914-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191408028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19140802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19140802
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-08
- Tag 1914-08-02
-
Monat
1914-08
-
Jahr
1914
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
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4. vrUsyr. Sonntav, 2. üu-ult lSn. Leipziger Tageblatt. Nr. 388. Sonntags-Llusgave. Seite l5. Louven, in dem Verlage von Arthur Rousseau. Paris, eine Sammlung begründet, die an Vollständigkeit alle bisher veranstalteten Sammlungen übertrifft und tausende bisher unberücksichtigter Verträge ent hält. Das umfangreiche Sammelwerk beschränkt sich ' """" , um Es hat intornotioual coatevaot * Sin neunter Zupiter-Mond entdeckt? Auf der novdamerikanischen Lycksternwarte, die auf dem Mount Hamilton in Kalifornien liegt, ist ganz in der Nähe des achten Jupitermondes ein verdächtiges, sehr llchtschwachcs Himmclsobjekt mit merklicher Eigenbewegung aufgefunden woüden, das vermutlich einen neunten Trabanten des Jupiter darstellt. Erst weitere Beobachtungen werden jedoch volle Klarheit darüber geben, ob man es hierbei wirklich mit einem Trabanten zu tun hat oder mit einem neuen kleinen Planeten, der in die Nähe des Jupiter gekommen ist. Kosmogonisch ist diese Frage auch deshalb von größtem Interesse, weil es nicht unmöglich wäre, daß der Riesenplanet Jupiter infolge seiner gewaltigen Anziehungskraft einen ihm nabekommenden kleinen Planeten zwingt, ihn als Trabanten zu umlaufen. * Ernst Haeckel über seine Autobiographie. Es hieß vor einiger Zeit, die Nachricht, die am 80. Ge burtstag des großen Jenaer Forschers aufgetaucht war, Haeckel beschäftige sich mit einer Autobiographie, sei unrichtig und in den Kreisen, die mit Haeckel per sönlich in enger Fühlung stehen, sei von einem solchen Vorhaben nichts bekannt. Dies trifft indessen nicht zu. Ernst Haeckel schreibt hierüber: „Die Auf zeichnung meiner „Lebenserinncrungen" habe ich schon vor mehreren Jahren begonnen: sie rückt aber nur sehr langsam vorwärts, da das reiche Material (Tagebücher, Briefe usw.) sehr umfangreich und un geordnet ist. Es ist sehr zweifelhaft, ob ich selbst sie noch werde vollenden können. Nach meinem Tode sollen mein Sohn und Dr. Heinrich Schmidt, der Archivar des Phyletischen Archivs, die Ordnung und Publikation der „Memoiren" (wenn möglich!! aus führen. llebrigens sind durch meine vier Bio graphien fBölsche, Breitenbach. May, Neumann) und * Der Krieg zwischen Oesterreich und Serbien bildet das Hauptthema der neuesten Nummer der „Illustrierten Heilung" (Verlag 2. I. Weber, Leipzig). Ern fesselnder Artikel aus der Feder von Professor Julius Wolf „Der österreichisch-serbische Konflikt auf g e s ch i ch t l ich e m Hin ter gründ" behandelt kurz aber umfassend den Werdegang des serbischen Königreiches und die Ursachen des jetzigen Zusammen stoßes, während in zwei weiteren Aussätzen von be rufener Seite die Armeen der beiden Staaten gegen einander abgewogen werden. Dazu kommt eine Fülle guter Bilder, die uns sowohl die führenden Persönlichkeiten beider Staaten als auch Typen ihrer Truppen vor Augen führen. An ganz seitigen Bildern seien besonders erwähnt: ein Porträt des alten Kaisers Fran, Joseph, eine Karte des ver mutlichen serbischen Kriegsschauplatzes, eine inter essante Uebersicht der wahrscheinlichen Kriegsstärken der europäischen Mächte, ferner Bilder von einer Erkundigungsfahrt der österreichischen Donauflottillc und von den patriotischen Kundgebungen in ver schiedenen Städten der Monarchie und des Deutschen Reiches." * Eine Sammlung von Staatsverträgen. Der Augenblick, der voll schwieriger Konflikte unter den Staaten ist, lenkt die Aufmerksamkeit auf die für das Verständnis aller politischen Probleme so über aus wichtigen Staatsverträge. Die früheren Sammlungen waren nicht vollständig, und man hat daher neuerdings immer wieder die Schaffung einer offiziellen, von den Regierungen selbstredigierten Ausgabe der Staatsvertrage ins Auge gefaßt. Dieser Plan ist freilich nicht gelungen. Immerhin haben xwet der berühmtesten Rechtsgelehrten, Professor Renault-Paris und Baron Descamps- Louven, in dem Verlage von Arthur Rousseau, Paris, eine Sammlung begründet, die an Vollständigkeit alle bisher veranstalteten Sammlungen übertrifft und tausende bisher unberücksichtigter Verträge ent- äuf die seit 1800 geschlossenen Vertrage, nicht zu spät zum Ziele zu gelangen. Es zwei Serien, nämlich das „lleeuoil iu. ckes traittzs <ta XX. siselu l'eosemblö cku ckroit collvsatioonel eatro los Lt-Ns vt los seutevoe« arbilralo," und eine entsprechende Reihe der Verträge des 19. Jahrhunderts. In der ersten Sammlung, die bereits sechs Bände über die Jahre von 1901 vis 1906 von je 1000 bis 1500 Seiten um faßt, finden wir alle Verträge dem Wortlaut nach im Originaltexte und der französischen Übersetzung. Die zweite Serie gibt den vollständigen Wortlaut nur von den Verträgen wieder, die noch für die Gegenwart von Bedeutung sind. Sie umfaßt vor läufig nur einen die Zeit von 1801 bis 18?5 um fassenden Band. reicher, eine kittende Macht. Doch wenn es dem Deutschösterreicher den Boden Oesterreichs besonders teuer macht, sollte es denn auch im Gral der Liebe dem Tschechen, dem Slowenen und all den anderen cntgegenglühen, die uns die Wunden schlugen? Was kein Verstand der Verständigen erklügelt, das kündigt sich unabweisbar an als ein Gefühl. Von diesem Gefühl ist auch Hermann Bahr überwältigt worlden, als er in Ragusa über den Stradone blickte. Es ist nicht Weisheit und Logik, es ist bloß Empfindung, was er, der Deutsche, dort in das Buch seiner „Dalmatinischen Reise" schrieb: „Siehst du, in der Eetreidegasse (Salzburg), wenn das zittrige Glocken spiel herüberklingt, und in den bunten Eolldmacher- häuseln des Hradschin und vor dem Tuchhaus in Krakau, wo der Mickiewicz steht, und auf dem Platz in Trient, wo der Dante seine Hand zum Norden hebt, und in BSen auf dem Platz des Vogelweidrrs und hier im Abglanz der Komnenen fühlst du dich zu Haus, dies alles ist dein Heim, dies alles zu sammen erst bist du, siehst du jetzt, was ein Oester reicher ist?" „Sehen? Mit anderen als österreichischen Augen sehen kann man es eben schwerlich! Aber glauben soll man es. So gewiß Grillparzer, der ein Herzog des geistigen Deutschland gewesen, die Worte fand: „Hast du vom Kahlenberg das Land dir rings besetz'». So wirst du, was ich schrieb und was ich bin, versteh'»." Und so gewiß derselbe Grillparzer in tiefer Oesterreich-Verdrossenheit, als Dichter in vater ländischen Ketten verschmachtend, den Staub der Heimat von den Füßen schütteln wollte und — nicht konnte. Es hielt und zwang ihn — was? Das un definierbare Oesterreich. Das Wort muß doch wohl noch etwas anderes decken als einen staatspolitischen Begriff. Im Welt frieden ließ es sich ahnen. Und jetzt, — da sich das Neutrum wie ein Mann erhebt, mit glühenden Lebensadern, todtbereit zum Daseinskampf, jetzt plötz lich bricht das von ungeschickten Staatslenkern wie oft mißhandelte und fast erstickte österreichische Ge fühl gewaltig hervor aus Millionen Menschen. Zu gegeben: die Deutschen Oesterreichs begreifen^ in diesem Augenblick wieder ihre jahrtausendalte Sen dung: Schutzwall zu sein der Deutschen, — der euro päischen Kultur gegen den barbarischen Südosten. Und der Madjar blutet für feinen nationalen Staat, und dem Polen geht es nirgends so prächtig wie unter dem österreichischen Doppeladler. Doch mit diesen Strebungen schwingt auch mächtig die er wachte Leidenschaft des Oesterreichertums. Sie er greift sogar die tschechische Volksseele, die in not- losen Zeiten gern mit dem Zarismus kokettierte, und das Südslawentum, das rasch die illyrischen Königsträume abschütteit. Was mancher schon be zweifeln mochte, erweist sich als Wahrheit, — das Wort des Radetzky-Liedes: „In deinem Lager ist Oesterreich." Der Deutschösterreicher Hamerling nennt Deutsch land sein Vaterland, Oesterreich sein Mutterland. Wenn er sinnt, denkt und schafft, fühlt er sich als Sohn des Vaters. Sproß vom deutschen Stamme. Wenn er liebt und schwärmt, jauchzt, lacht, weint, liegt er wie am Mutterbusen in dem weichen Schoß der blumigen Heimaterde. „Ich liebe dich, mein Vaterland", ruft er. „ich liebe dich, mein Mutter land!" Und: „Gott segn' euch alle beide!" neuerdings durch viele Zeitungsartikel und Bro schüren (bei Gelegenheit des 80. Geburtstages) die meisten Begebenheiten und Arbeiten meines Leben genügend bekannt. Der Wert der neuen Auto biographie wird also wesentlich in einer Sammlung von Briefen und anderen historischen Dokumenten bestehen, sowie in persönlichen Erinnerungen." * Ein internationaler Kongreß für Schulhygiene. In Brüssel wird im Jahre 1915 ein internatio naler Kongreß für Schulhygiene stattfinden. Das Programm sieht folgende Themata vor: Schulgebäude und Schulmobilien, ärztliche Ueberwachung in den Stadt- und Landschulen. Lorbeugungsmaßregeln gegen ansteckende Krankheiten in der Schule, hygie nische Unterweisungen für Lehrer, Schüler und Familien, die Schulhygiene in Hinsicht auf die kör perliche Erziehung in den verschiedenen Stadien des Wachstums, Beziehungen der Lehrmethoden und Anordnung des Lehrmaterials zur Schulhygiene, die Schulhygiene in besonderer Hinsicht auf die minder, jährigen Schüler, die Hygiene der Heranwachsenden Jugend. * Die Wirklichkeit der Atome. In seinem Vor trage über „Optisck)e Abbildung", den Professor Dr. M. v. Laue bei Entgegennahme des Ladenburg- Preises in Breslau hielt unb der jetzt in der Zeitschrift „Die Naturwissenschaften" ver öffentlicht wird, kommt er auch auf unsere Vor stellungen über die Materie zu sprechen und fährt fort: Daß die Wellenlänge des Lichtes der optisck-en Abbildbarkeit eine Grenze setzt, ist auch die Ursache, daß die Materie nicht nur dem unbewaffneten Auge, sondern auch unter den besten Mikroskopen den Raum stetig zu erfüllen scheint, während sie doch nach allem, was wir aus Physik, Chemie und Mineralogie wissen, diskontinuierlich aus Atomen und Molekülen aufgebaut ist. Weder das chemische Grundgesetz der konstanten und multiplen Proportionen, noch das kristallographische Grundgesetz des rationalen In dices bei den Kristallformen, noch jene Schwankungs erscheinungen in der Physik, deren bekannteste die Brownsche Molekularbewegung ist, sind verständlich, wenn es keine Atome gibt. Trotz dieser und vieler anderer schwerwiegender Beweise wollen freilich manche die Wirklichkeit der Atome nicht zugeben, er klären vielmehr die ganze Atomtheorie nur für ein Bild oder, wie der beliebte Ausdruck lautet, fjir eine Arbeitshypothese. Mir scheint nämlich, als hätten wir für die Existenz der Atome mindestens ebenso gute Beweisgründe als für die der Sterne. Und allein aus der Tatsache, daß die Atome dem Auge, unserem wichtigsten Sinnesorgan, nicht sichtbar sind, scheint mir jene Skepsis erklärbar zu sein. Ist nun aber der optische Nachweis der Diskontinuität der Körper mit sichtbarem Licht und auch mit dem nur wenig kurzwelligeren ultravioletten Licht nicht mo lich, so gestaltet sich die Frage ganz anders, seit wir in den Röntgenstrahlen einen dem Licht wesens gleichen Wellenvorgang kennen gelernt haben, bei welchem die Wellenlängen 1000- bis lOOOOmal kürzer sind als Leim Licht. Freilich stand ja zu nächst die Wellennatur der Röntgenstrahlen nicht un bedingt fest. Denn wenngleich die Art der Ent stehung und der Nachweis der Polarisation für die Wettentheorie sprachen, desgleichen die Uebereinstim- mung zwischen den verschiedenen Schätzungen der Wellenlänge, welche alle 10—' Zentimeter als Größenordnung dafür ergaben, so bildet doch bis zum heutigen Tage die Auslösung der sekundären Kathodenstrahlcn durch Röntgenstrahlen ein un gelöstes Problem für kiese Ttzeoxic. Soviel aber war sicher, daß. wenn die Röntgenstrahlen ein Wellenvorgaug sind, die Körper ihnen gegenüber nicht mehr als kontinuierlich angesehen werden dürfen. Denn alle Schätzungen des Abstandes >er Molekeln kommen darauk hinaus, daß dieser der Größenordnung nach — 10—' Zentimeter ist, also größer als die Wellenlänge der Röntgenstrahlen. Die diffuse Zerstreuung, welche die Röntgenstrahlen in fast allen Körpern erfahren, mußte dann ein Analogon zur Beugung des Lichtes an vielen un regelmäßig verteilten Teilchen sein. Der Gestenreicher. Don Hermann Kienzl (Berlin). In Friedenszeiten existiert der Oesterreicher eigentlich nur außerhalb Oesterreichs. Daheim ist er, wozu ihn die Natur geschaffen hat: Deutscher oder Pole oder Tscheche oder Slowene oder Kroate oder Ruthene oder Italiener. Mit dem Madjaren ist's eine andere Sache. Der hat seinen eigenen Staat, und der Staat hat ihn mit Herz und Haut. Dem Deutschen in Oesterreich, immerhin dem historischen und verläßlichen Träger des bei Friedensschlüssen und in Ehekontrakten entstandenen österreichischen Staats, gedankeens, kann es die Vernunft nicht verargen, daß ihm der angestammte Mitbürger im Reiche Walters von der Vogelweide und Goethes näher verwandt ist als der tschechische oder slowenische Staatsbürger, der weder Fleisch von seinem Fleische noch Geist von seinem Geiste ist. „Das deutsche Blut der Fremde", sagt Hamerling, „Selbst das ein Weltmeer trennt. Es scheut vor keinem Farbenstrich, Den nur die Karte kennt." Auch die slawischen Völker Oesterreichs, die nicht die mächtigen Klammern gemeinsamer Eigenkultur zu- sammenhalten, stehen unter denselben Naturgesetzen der Adhäsion und Polarität. Der Oesterreicher lebt unter dem Druck einer alles überwiegenden Sorge: daß ihm, wenn er Deutscher ist, der erworbene und angestammte Besitz nicht vom slawischen Mitbürger geraubt und geschmälert werde: daß ihm, wenn er Slawe ist, die Eroberung deutschen Bodens gelinge. Diesen Krieg im Frieden nennt man in der Ferne (mit einiger Geringschätzung) den „österreichischen Nationalitätenkampf". Man sollte erkennen: er ist das Wesentliche der österreichischen Staatsindivi- dualität. Er ist — Oesterreich. Ja, im Frieden! Und daheim . . . Doch dem Oesterreicher im Ausland ergeht es sonderbar. Nicht daß etwa der Deutsche aus Oesterreich, wenn er im Deutschen Reiche lebt, das Bewußtsein, ein Deutscher zu sein, verloren ginge. So paradox es klingt: diese Möglichkeit besteht für andere Deutsche, denn im all gemeinen bedarf das deutsche Bewußtsein der Rippen stöße. Der Deutschösterreichcr jedoch hat ihrer in der Regel so viele empfangen, daß er zeitlebens die blauen Flecke nicht verliert. Nein, daß er Deutscher rst, vergißt er nicht: aber daß er Oesterreicher ist, dessen erinnert er sich außerhalb der schwarzgelben Grenze mit einer gewissen Zärtlichkeit. Was Wunder! Wurzelscholle, Stammesart, der Glanz der Jugend tage, die Sehnsucht nach den Freunden, den Landes und Schicksalsgenossen, mit einem Wort: der süße Zauber der Heimat, es ist kein leerer Wahn. Doch — Hand aufs Herz: Ist es das allein? Regt sich nicht unwillkürlich im Gemüt des heimatfernen Oester- reichers eine Sympathie, wenn er jenes Oesterreicher tums gedenkt, das ihm im nationalen Nahkampf da heim fast zu einem abstrakten Begriff erkältet war? Erwacht nicht die Sentimentalität — zugegeben: eine nicht immer logische, eine echt österreichische Sen timentalität —, wenn er in Berlin oder Paris oder New Pork einen österreichischen Gassenhauer und Schmachtfetzen singen hört? Begegnet er dem aus dem österreichischen Lande verschlagenen slawischen Nachbar nicht mit milderem Sinn, und zwar vielleicht bloß deshalb, weil der Mann mit ihm einst die Ge wohnheit teilte, seinen Zigarrenvorrat in einer k. k. Tabaktrafik zu beschaffen? Aus zum Teil lächerlichen Imponderabilien setzt sich ein Gewicht zu sammen, über dessen Wesen man sich mit einer De finition kaum Rechenschaft geben kann. Denn mit den Gründen der Vernunft kommt man da nicht weit. Nicht einmal die geschichtliche Gemeinschaft langer Vorzeiten kann den Ausschlag geben: die Erinnerung an sie ist gedrückt von dem Undank, den die deutschen Opferungen der Jahrhunderte vom Staate Oesterreich erfuhren. Eher hat das Blut der Wunden, vergossen ,m deutschen Kampf gegen die slawischen Oester Vas stille Leuchten. Ns Roman von Paul Erabein. by c-rsrkleia v <_'v. 0. m. I. U., Uoipritz-.) Gleich darauf verstummte die Musik. „Ach, wie schade!" Fränzls Lippen hauch ten es unbewußt, und, wie aus tiefem Traum erwachend, hob sie die Augenlider. „Wirklich?" Heiß schlug sein Atem an ihr Ohr, daß sie ein schauer durchzitterte, während er ihren Arm mit leisem Druck in den seinen nahm. Verwirrt fächelte sich Fränzl mit der Rech ten Kühlung zu. „Wir haben toll getanzt, gelt?" fand sie endlich ein Wort. „Daß Sie aber auch so tanzen können! Das hätt' ich ja nimmer geglaubt!" „Ich auch nicht!" lachte er. (Ls klang so jugendfroh. „Sie haben heute ein Wnnder er lebt, Fräulein Fränzl." Sre waren inzwischen beim Familientisch angelanat. Ruth begrüßte die Ankömmlinge mit stillem Lächeln: „Nun, der erste Versuch ist ja großartig ge glückt, Herr Doktor!" „Nicht wahr?" Hottens Blick strahlte sie an, während er Fränzl nun freigab. „Ich habe das Mttel gefunden, daß Sie mir vorhin an empfahlen. Ich weiß jetzt, wo mir der Jung brunnen quillt." „Wahrhaftig!" bestätigte Fränzl in Heller- Freude der Freundin. „Der Vizipapa ist wie der durch den Tanz ganz jung gemacht worden. Du hättest es nur eben sehen sollen — fast nicht zu glauben." „Ich habe es gesehen." Mit leisem Nach druck sagte es Ruth, so daß Holten überrascht zu ihr hinsah. „Und ich wünsche Ihnen von Herzen Glück dazu." Ernst blickte sie ihn plötzlich an, und er las in ihren klaren Augen, was sie ihm nicht verbergen wollte: Sic ahnte, was in seinem Herzen vorging. Aber er erkannte auch in dem- selben Augenblick, daß er eine verschwiegene Freundin an ihr haben würde. Und mit inni- gem Dank erwiderte er ihren Blick. 5. „O, Ruthimaus, was können wir eigentlich froh sein, daß wir damals in der Klamm das Malheur hatten! Sonst hätten wir unfern guten Vizepapa net gekriegt und müßten nun immer allein rumlaufen in der Weltgeschichte. Gelt, es ist doch zu schön, wie wir so tagtäglich zu- sammen rumbummeln?" Fränzls glückstrahlende Augen flogen von der Freundin zu Holten, mit dem sie wieder einmal fröhlich des Wegs zogen. „So ein richtiges Kleeblatt! Ach, wcnn's doch immer so sein könnte. Weißt du was, Ruth'I, du bleibst einfach bei uns und gehst net wieder in die alte dumme Schul' nach Berlin! Bist überhaupt viel zu schade dazu, gelt, Vizepapa? Und der Herr Doktor kommt auch hierher und schreibt eine Geschichte vom Berchtesgadener Land, und wir helfen ihm dabei studieren. O, das wird fein!" In Heller kindlicher Freude phantasierte sie sich in diesen Gedanken hinein. „Wozu an die Zukunft denken?" unterbrach sie Holten. „Halten wir uns doch an die Gegen wart, zumal, wenn sie so schön ist." Sein Blick streifte durch den dämmernden Wald, in den schräg die Sonne fiel, brennende Lichter auf die Stämme werfend. Drunten, vor ihnen durch die Tannen hindurch schimmerte eine sattgrüne Lichtung herauf mit glitzerndem Wasserlauf. „Wie das alles lacht und lockt!" (Lr breitete die Arme aus. „Man möchte sich der allgütigen Natur an die Brust werfen!" „Tun wir's doch! Drunten auf der Wiese im duftigen Heu!" rief Fränzl, und von ihrem Einfall schnell begeistert, sprang sie auch schon den Hang hinab. „Wer zuerst unten ist — am Bach! Hurra!!" Ihren Nock raffend, sprang sie in tollen Sätzen zu Tal. Auch in Holten regte sich die überschüssige Kraft. „Hoiho!" Mt Hellem Ruf stürmte er hinter ihr her. Fränzl fühlte ihn herannahen. Im Weiterspringen wandte sie ihr glühendes Antlitz zu ihm zurück. War er schon dicht heran? Hottens Fuß hatte eben eine Wurzel gestreift. „Hallo, Vorsicht!" mahnte er im Lausen. „Die Augen gradeaus!" Dann noch ein paar mächtige Sätze, nun war er bei ihr, umfing ihre Taille und sprang so mit ihr auf die Wiese hinaus. Gerade wie sie lachend, atemlos stehen blieben und sich nach Ruth umsahen, hörten sie von oben einen leisen Wehruf. „Nanun, Ruth'l? Was ist denn?" Fränzl spähte in den Wald hinein. „Ach — ich bin mit dein Fuß nmgeknickl!" kam mit unterdrücktem Schmerzcnslaut die Ant wort zurück. Eilige lies Holten den Hang wieder hinauf. Wenige schritte oberhalb des Waldrandes kau erte Ruth auf dem Boden, mit schmerzverzoge- neni Gesichte, mit der Linken den Fuß haltend, der unter dem Kleidersaum hervorsah. „O, was machen Sie nur — Fräulein .Hen ning? Hoffentlich doch kein ernster Schaden?" Besorgt trat Holten zu ihr, ihr die Hand rei chend. „Versuchen Sie doch aufzustchen." Er faßte sie unter die Schulter und half ihr, so cmporzukommen, aber cs gelang ihr nur mit einem leisen Acchzen. „Immer noch Schmerzen?" Ruth nickte nur mit znsammengebissencn Lippen. „Na, wo bleibt ihr denn nur?" schallte Fränzls Stimme etwas ungeduldig unten. „Ist's denn wirklich so schlimm, Ruthl?" Sie ahnte ja wohl nicht, daß sich die Freun din ernstlich weh getan hatte, aber doch be rührte Holten im Augenblick dieser Ton peinlich. „Treten Sie doch mal auf," riet er. „Recht vorsichtig, so — und nun drehen Sie bitte den Fuß langsam im Gelenk! Ja, geht's? - Keine stechenden Schmerzen? — Na, Gott sei Dank, gebrochen ist ja offenbar nichts. — Oder wollen Sic lieber doch einmal nachsel/cn? Soll ich Ihnen Fräulein Fränzl rufen, daß sic Ihnen den Stiefel aufschnürt?" Aber Ruth dankte. „Es wird schon nichts weiter sein als eine kleine Verstauchung. Wenn Sic mir nur, bitte, Ihren Arm geben wollen?" Diensteifrig trat er an ihre Seite, und sie lehnte ihre schlanke Gestalt leicht auf seinen Arm. „Bitte, fest!" bat er. „Und wollen Sie sich nicht mit der andern Hand auf meinen Stock stützen?" Dankend nahm sic diesen an, und so traten sie einige Minuten später drunten langsam aus den Bäumen heraus auf den Wiesenhang. Mt Hellem Auslachen begrüßte Fränzl die mit einem Krückstock hcranhumpelndc Freundin am Arm des Helfers. „Kinder, das ist ja die reine Invaliden parade!" Die beiden schwiegen, aber Hottens Blick traf Fränzl scharf mißbilligend — wie damals auf der Scharitzkehlalm. Da schoß ihr die Röte ins Gesicht und schnell eilte sic auf die Freun din zn. „Ach, sei nicht bös, Ruthimaus!" bettelte sie. „Ich hab' ja nfirklich nicht gedacht, daß du dir was Schlimmes getan hast. Es sah ja nur eben zu komisch aus! Du kennst ja mein dummes Lachen — immer, wenn ich so was selw." Die gutmütige Ruth lächelte schon wieder, die Freundin beruhigend: aber Holten sagte noch immer nichts. Fränzl fühlte sich ihm gegen über sehr bedrückt. Er hielt sie nun gewiß für ganz herzlos. So Ivar denn allen dreien im Handum drehen durch diesen dummen Zufall die eben noch so frohe Stimmung verdorben. Vor allem, >oa» sollte werden? Ruth konnte, auch nachdem sie ein Viertelstündctfen aus der Wiese gerastet, noch immer nicht ohne Hilfe vorlvärts kommen, und auch dies nur unter Schmerzen, sehr langsam. Von ihrem Plan, über die Schwarzbachwacht heimzugehcn, konnte nun natürlich gar keine Rede mehr sein. Ja, es war überhaupt aus geschlossen, daß Ruth den ganzen langen Weg zu Fuß nach Haus zurückkchren konnte. Man beriet hin und her, was zu tun. Endlich ent schied Hotten: (Fortsetzung in der Morgenaur-gade.) llvkonrttion »«dort Svdumium, I, LllMtllliM WjMlh WoknunßILvini'ivktunAvn von Lvvv.— an in seäei kreislaxs xilvrdt»«»«!, «»vt«». Sokiu
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