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Morgen - Ausgabe 0-,ug»pr-Ise: m»nat«a> I.4S m., viertelMbrllch 3.7S m. Set -er GesckästesteUe, unser» PtUoien und NusgobesteUen abgrholt: monatlich lM.,viekteltühr»chrM. Durch Sie Post: innerhold deutschlano» unS -er üeutfchen Kolonie» monatllch i.s» m., oirrteliührlich 4.S4 M.. ausschiieftlich PostdesteUgelS. Da» e»lpzlg«kLa,»dlott erscheint Werktag» rmol. Sonn» u. Zetertagolmol. Sa Leipzig, -,n Nachbarorten und Sen Orten mit eigenen Zilialen wir» Sie stdenSouogade noch am stdenü üe» erscheinen» in» tzau» geliefert, verliner Ne-aktion: Sa Sen Zelte« >7, Zernsprech.stnschlust: Moabit Nr. 447. ArntsblcM des Rates und des polrzeüuntes der Stadt Leipzig NeSaktlon nnü Geschäftsstelle: lohonal.gasf, Nr.». * ternfprech-stnschluft Nr. I4S42. >4S4S ua» I4S44. WS. Jahrgang für Inserat« au» lelvzlg uns Umaedaa, »l, /INAeigLNprei^e. ,spaltl,«p»t>t3«il«»pf.,»I,N«riam«3»ii«,M., von auowärt» ro Pf., Neklamen l.rs m., Klein, Nnzelgen Slepelltzelle nur ro pf.b.w>«S«rhol.Nad..Snserat» von SehSrSen im amtlichen keil Sie petlt- -eile so Pf. »eschäftoonreigen mit plahvorschrlft im Preis« »edkht. Nadatt nach «orif. Seilagea,Oesamtousl.sM.Sa»Kaufrn-au»schl.p»stg«dühr. Nnzeigen-tzanahm«: 1»hanni»gast«e, de» sämtlichen Liliolcn S«, Leip^g« Lagedlatte» und allen ^nnoncen-rxpcültionen Se» Sn» und stuelande». SeschSstostell« für Serlin u.ül« pr.SranSendura: dlrektionwaltrrZliegel, Srriin S. >4. vrreSenerStraft« 47. Lernsprech-stnschluft: Morlhplah l4?r>. Nr. 38S Mllnlsg, üen S. stuzul». 1S14. Dev Kmeg. Rußland greift an. — Aufgebot des Landsturms in Preußen. — Aufruf des Aönigs von Lachsen. — Die ersten Gefechte. — Völkerrechtsbruch durch Frankreich. — Der Areuzer „Augsburg" beschießt den Ariegshafen von Libau. — Der Reichstag wird durch den Aaiser persönlich eröffnet. — Vorbesprechung des Reichskanzlers mit den Parteiführern. — Abreise des russischen Botschafters von Berlin. — Gerüchte über Lapan. rst Krieg! Tas lange gefürchtete, oft als unmöglich, undenkbar bezeichnete Ereignis ist mit voller Wucht über uns heremgebrochen. Nun heiß: es standhalten. Nun gibt es nur eine Losung: Nieder mit den Feinden in Ost und , West! Tb ein Wahn oder ein Verbrechen dieses Furchtbare verschuldete — gleichviel: Nieder mit den Wahnwitzigen, nieder mit den Lügnern und Betrügern! Ter gestrige Sonntag Hal vollends mit den letzten Hoffnungen auf Erhaltung des Friedens aufgeräumt. Wie eS nun einmal bei Beginn großer Ereignisse zu sein pflegt, entstehen so» fort die wildesten Gerüchte, wie sich ja auch anrückende Gemüter durch Windhosen und S:aub» wolken ankündigen. Mit Schrecken vernahm man hier gestern morgen Gerüchte von einem Anschlag auf den Kaiser und den Kronprinzen. Gerüchte, die sogar in die Kirchen drangen. Alles war Ausgeburt der Auf» regung oder einer böswilligen Berwirrungssucht. Wahrhaftig, die Stimmung ist ernst genug, und die Tatsachen, die wir vernehmen, reichen hin, um iedeS Gemüt vollauf zu beschäftigen. Wer da noch auf die Verbreitung von Angst und Schrecken ausgeht, ist ein Narr oder ein Ver» brecher. Was wünschen wir sehnlicher, als daß der Kaiser und sein Haus behütet bleiben vor Frevel und Schrecknis. — ES wird ja unendlich viel in diesen Tagen und Stunden abhängen von der Ruhe und Um» ficht in der Leitung unserer Geschicke. Wir haben ihn — den Krieg mit 2 Fronten. Er ist ja oft genug angckündlgt worden, und wir wissen, daß mindestens seit 23 Fahren, nämlich seit der Zett, da die französisch-russische Annäherung eine sichere Form annahm, unsere Kriegspläne für jenen Fall feststehen. Darüber dürfen wir also beruhigt sein. Tie ersten Nachrichten über das Vorrücken russischer Truppenabteilungen wie über kleine Gefechte diesseits der Grenzen ändern an der Zuversicht auf unsere Kriegsbereitschaft na türlich nicht das geringste. Ebensowenig er» schrecken uns die angeblich bei Nürnberg aufge» tauchten bombenwerfenden französischen Flieger oder die zahlreichen Meldungen über da und dort herumschleichende Spione. Viel wichtiger als dieses Kleingetriebe ist die Tatsache, daß sich unsere Mobilmachung in aller Ord» nung vollzieht. Wie aus einem uns über Rom zugehenden Berichte über eine Fahrt längs der französisch-italienischen Grenze hervorgeht, muß dort auf der französischen Leite nicht nur eine Heillose Verwirrung infolge überstürzter An» Ordnungen eingerissen sein, sondern auch — was mehr zu denken gibt — ein Geist der Auflehnung, der stellenweise zur Meuterei überging. Ter Bericht, den wir an anderer Stelle bringen, ist wohl zuverlässig, nur möchten aber solchen Erscheinungen nicht gleich große Tragweite zumessen. Immerhin: ein Aus druck der Genugtuung über das, was wir bei uns sehen, diese ruhige Einordnung vieler Tausende in das Heer ist gewiß berechtigt. Wir sind stolz auf diese selbstsichere Haltung. Das in Preußen erfolgte Aufgebot des Landstur mes, das wohl auf alle Kontingente ausgedehnt wird, hat zwar überrascht, aber können wir überhaupt noch fragen, weshalb diese Maßnahme schon jetzt verfügt nnrd. Es geht au-fS Ganze. Um Sieg oder Untergang handelt es sich. Das scheint jetzt auch die deutsche Sozial demokratie zu begreifen. Zwar bleibt der „V o r- wärtS" als Wortführer der radikalen Rich tung bei seiner schroffen, sich überlegen ge bärdenden Haltung. Um die Weltgeschichte ist cs I jedoch, wie diese Leute etwas spät erfahren, ein eigen Ting. Sie richtet sich nicht nach Partei programmen. Um so bemerkenswerter ist der Ge gensatz, der sich in dieser Partei stark und erfreu lich hcrvordrängt. Wir haben es ja immer ge sagt: eä war und ist ein vergebliches Bemühen der Parteifanatlker, den sozialdemokratisch ge sinnten Volksteil zu einem Fremdkörper inner halb der Nation zu machen, dec uns nicht mehr versteht, der nicht mehr mit uns fühlt, der in Haß und Feindseligkeit aufgeht. Keine Partei macht vermag die Volksgemeinschaft aufzuhebcn. Selbst das radikale Kölner Sozialistenblatt, die „Rheinische Z t g.", ruft zum Kampfe auf gegen die russische Barbarei und die revisioni stische Mannheimer „Volks stimme" schreibt: „Wenn der Krieg uns vom russischen Zarismus aufgezwungen wird, dann muß und wird die letzte Entscheidung, wie immer sie ausfallen mag — über alle Klassenunterschiede und Weltanschau ungen, über alle sonstigen Divergenzen hinweg >— ein einiges, allseitig geschlossenes Volk fin den, bereit, mit dem letzten Blutstropfen die Un abhängigkeit und Größe Deutschlands gegen je den Feind zu verteidigen." — Gut so! Wird die Sozialdemokratie im Reichstage die gleiche Gesinnung bekunden? Jedenfalls ist es durch aus richtig, daß der Reichskanzler morgen mit den Führern aller Parteien eine Vorbe sprechung abhält. Tas Wort des Kaisers: Jetzt nichts von Partei, nichts von Zank, wird hoffent lich nicht umsonst gesprochen sein. In der Fülle all der sonstigen Nachrichten über die Kundgebungen der Mächte, die letzten, allerletzten diplomatischen Verhandlungen, die Absichten Englands, die Kriegsvorbereitungen nah uno sern — was wäre da mehr ausgefallen als die Meldung pt>n erner Kriegserklärung Ja pans an Rußland. Es war nichts damit. Richtig ist bis zu ^dieser Stunde nur, daß in Berlin und Wien ein Schritt Japans erwartet wird. Was ein Eingreifen Japans bedeuten würde, braucht nicht gesagt zu werden. Ter Zar, der „Friedenszar", als Entzünder des Welt brandes! Erne grauenhafte Ironie! * * * Zur Lage. .Von unserer Berliner Redaktion er hielten wir gestern abend folgende Mitteilungen: Von P e t e r s b u r g ist bis zu dieser Stunde eine Nachricht des Grafen Pourtales noch nicht einge troffen. Das Wolffsche Bureau hat schon gemeldet, daß Pourtales die Weisung hatte, falls die Antwort nicht genügte, den Krieg zu erklären. Wie sich kne Dinge in Petersburg in Wahrheit abgewickelt haben, wissen wir nicht. Es scheint fast, als ob dasselbe Doppelspiel, das im Verhalten Rußlands während der letzten Wochen wiederholt nachweisbar war, auch im letzten Augenblick noch nicht aufgehört hatte. Vom russischen Jnfarmationsburcau waren noch gestern abend verhältnismäßig versöhnliche Töne ange schlagen worden. Das war offenbar die Stimme Ssasonows. Die auf zwei Stellen des deutschen Reichsgebiets erfolgten nächtlichen Angriffe waren die Gegenäußerungen der Kriegspartei, der das Ab brechen der letzten Brücken vermutlich nicht schnell genug ging. So haben wir also den Krieg mit Ruß land, und wie die Dinge sich allmählich gestaltet haben, bedeutet das eine innerliche Erleichterung. Das Volk hätte die Ungewißheit und Spannung dieser letzten Tag« kaum länger vertragen. Am Ende ist es aber doch ganz gut so, daß wir nur so langsam und zögernd »ergingen. Jetzt kann auch der Bös willigste uns nichts nachsagen, daß wir nicht ehrlich den Frieden zu bewahren versucht haben, daß wir bis an die Grenze des Menschenmöglichen nicht immer wieder das zerreißende Band diplomatischer Beziehungen zu knüpfen bemühten. Rußland hat es nicht anders gewollt, hat uns diesen Krieg ausge drängt und darum bleibt uns nichts anderes, als ihn mit allen seinen Konsequenzen auszunehmen. Zu diesen Konsequenzen wird ja nun wohl leider auch der Krieg gegen Frankreich gehören. Die Kriegslust jenseits der Vogesen ist offenbar nicht groß und es scheint den Franzosen höchst unbequem zu sein, in diesem Augenblick von Rußland in Anspruch genommen zu werden. Aber ebensowenig ist zu ver kennen, daß Frankreich seinen Bündnisverpflichtun gen sich nicht entziehen wird. Die Antwort, die es auf unsere Note erteilt hat, wird hier nicht für be friedigend gehalten. Frankreich sucht nach Ausflüch ten, gibt auf unsere Fragen nur ausweichenden Be scheid und muß demgemäß von uns behandelt werden. Die große Frag« bleibt natürlich das Verhal ten Englands. Wir haben schon früher gesagt, daß auf die Ankündigung der britischen Admiralität, Laß die Flotte noch nicht mobilisiert sei, hier nicht allzuviel Gewicht gelegt würde. Soweit man hier unterrichtet ist, hat di« englische Mobilmachung ver schiedene Dorstadien, in einem dieser Dorstadien scheint die englische Flotte sich zu befinden. Dennoch glaubt man — wir haben das schon mehrfach an dieser Stelle angedeutet — in Berlin nicht, daß Eng land schon jetzt in den Krieg eingrcisen könnte und von uns wird «s selbstverständlich nicht angegriffen werden. Wir wollen keinen Krieg mit England, wir wünschen überhaupt keinen Krieg und suchen nur not gedrungen uns zu wehren, weil es dem bösen russi schen Nachbar nicht anders gefällt. Indessen ist ja auch schon von offiziösen englischen Stimmen, wenn man so will, durch die Blume der Moment bezeichnet worden, wo England aus seiner abwartenden Hal tung hcraustreten könnte, nämlich dann, wenn Frankreich von uns entscheidende Niederlagen er litten hätte. England, ungefähr so hat man noch gestern gesagt, könnte nicht ruhig zusehen, wenn sein Verbündeter niedergerungen und in seiner bisherigen Weltstellung geschädigt würde. Dazu wird aber doch wohl anzumcrken sein, daß es nicht unsere Schuld ist, wenn Frankreich an die russische Freundschaft glauben muß. Wenn Frankreich, durch seine Bündnispflicht gehalten, sich in unsere Auseinandersetzung mit Ruß land mischt, dann müssen wir die Franzosen anpacken und das ganz selbstverständliche Bestreben haben, sie auch zu schlagen. Bleibt noch die Haltung Italiens zu er örtern. An dessen Bündnistreue ist nicht zu zwei feln. Italien hat sich, wie wir hören, in den letzten Tagen mit Oesterreich ausgesprochen und geeinigt und wir dürfen erwarten, daß es in den nächsten Tagen mit auf dem Plan erscheint. Eröffnung -er Zein-feligkeiten durch Rußland. Berlin, 2. August. Nachdem die Kunde von der allgemeinen russischen Mobilmachung hierher ge langt war, ist der deutsche Botschafter in Petersburg beauftragt worden, die russische Regierung aufzu fordern, die Mobilmachung gegen uns und unseren österreichischen Bundesgenossen einzustellen und hier, über eine bündige Erklärung binnen zwölf Stunden abzugeben. Dieser Auftrag ist nach Meldung des Grafen Pourtale» in der Nacht vom 31. Juli zum 1. August um Mitternacht ausgeführt worden. Falls die Antwort der russischen Regierung eine unge nügende sein sollte, war der deutsch« Botschafter ferner beauftragt, der russischen Regierung zu erklären, daß wir uns als mit Rußland im Kriegszustände befind lich betrachteten. Die Meldung de» Botschafters über die Antwort der russischen Regierung auf unsere be fristete Anfrage ist hier nicht eingelaufen, ebenso, wenig eine Nachricht über dir Ausführung Les zweiten Auftrage», obwohl wir konstatiert haben, daß der russische Telegraphenverkehr noch funktioniert. Dagegen sind in dieser Nacht bis 4 Uhr früh beim Großen Generalstab folgende Meldungen ringe- gangen: Heute nacht hat ein Angriff russischer Patrouillen gegen die Eisen bahnbrücke über die Warthe bei Eichen, rie- lauf der Strecke Jarotschin — W reschen) stattgesunden. Der Angriff ist abgewiesen worden. Deutscherseits gab es zwei Leichtverwundete; die Verluste der Russen sind nicht sestgestellt. Eine von den Russen gegen den Bahn hof Miloslaw eingeleitete Unternehmung ist ver hindert worden. Der Stationsoorstand von Johann cs- bürg und die Zorstverwaltung von Bialla melden, daß heute nacht (vom 1. zum 2. August) stärkere russische Kolonnen mit Ge schützen die Grenze bei Schwidden, süd östlich von Bialla, überschritten haben und daß zwei Schwadronen Kosaken in der Richtung auf Johannrsburg reiten. Die Fern sprechverbindung Lück—Bialla ist unterbrochen. «Hiernach hat Rußland deutsche- ReichSczebiet angegriffen und der Krieg ist eröffnet. Berlin, 2. August. Wie wir erfahren, ist gestern nachmittag 5 Uhr die volle Mobilisie rung der französischen Streitkräfte angeordnet worden. Die deutsche Kriegserklärung! Kopenhagen, 2. August. Ritzaus Bureau meldet aus Petersburg vom 1. August: Der deutsche Botschafter übermittelte im Namen seiner Re- giernng um 7.30 Uhr abends dem russischen Minister des Aeutzern die Kriegserklärung wegen des russischen Einfalls in deutfches Reichsgebiet. Vie Rußen überschreiten die deutsche Grenze. Königsberg, 2. August. In Eqdtkuhnen ist eine russische Patrouille eingeritten. Das Po st amt in Bilderweitschen ist nach sicheren Meldungen zerstört. Die Russen haben die deutsche Grenze an vielen Stellen überschritten, wie zweifelsfrei gemeldet wird. Gefechte an der russischen Grenze. Allenstein, 2. August, 8 Uhr nachmittag». Bisher haben im allgemeinen an der Grenze nur kleine Kaoalleriegefechte stattgefunde». Johannesburg, 2. August. Johannesburg, das oon einer Eskadron de. Dragoner regiments Nr. 11 besetzt ist, wird augenblicklich angegriffen. Verluste bisher auf russischer Seite etwa 2« Mann, auf deutscher nur meh rere Leichtverwundete. Luxemburg von deutschen Truppen besetzt. Berlin, S. August. Lurewbur, ist zum Schutze der Eisenbahnen r»ntz Truppen teile« des Vlll. (rhetatschen) «rwee» karp« bau deutsche» Truppe» besetzt worden.