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Men--Ausgabe kür Lripzl, und Vorort» Sur» unser» rrdo,r V*A«8Spreife. unSSp»dit»urermaUägU»in«hauog«bra»kr monatlich I.2S M., vi»rt»liührlich r.7S M. Sri der Seschüft»st«U«, unsrrn Mai»« und slusgad»ft»Uen abgcholt: monatlich 1M., ol«rt«ljührllch r M. durch di» Post: Innerhald brutschiand» und ü»r S»utsch«n Kolonitn monatlich ,.so M., virrteljädrlich «.so M., auoschlirtzlich p»Nd«steUg«l». Vao r»ip,ig»r Tageblatt erscheint werktags rmal, Sonn- u. Zriertag» i mal. du Lrlpzig, den Nachbarorten und den «vrten mit eigenen Zilialen wird -i» sidendauogade noch am -»den» des Erscheinen» in» hau» geliesert. 0»rlin»r Nedaktioa;InSenZ«it»n>7, Zernsprech./inschluh: Hansa Nr.«47. Amtsblatt des Rate» und des poUreuuntes der Strrdt Leipzig Redaktion und S»schäst»strU»: Johanniogaff» Nr.», o Z»rnspr«ch-sl»schlu- Nr. >«042, 14043 und >«04«. WS. Jahrgang slnz-Ig-npr-Is-: L »VN auswärt» SS ps., Neklamen I.ro m.. Klein« Nn,eigen di»p»titz»il» NU» so ps.b.wi»S»rkol.rtad.. Inserat» »on Sehör»*« im amtlichen teil di« p«tit» zell« s» ps. S»schäftoan,«ig«n mit platzvorschrtst im pr«is« erhiht. Rabatt noch Saris. S«ilag«nrS.samtausl.SM.da»Saus«n» ausschl.postg.diih«. sin^eigrn-sinaabmi: Johanni»^, ss«». d«> sämtlich«« ri»al«n d«a L«ip,lg« Sägeblatt«» und all«n flnnoncra-Exprdition«« d«. In- und Ku»la»d«a. S«schäst»ft«U»für S«rUn u.»i« pr.SranS«aburg: Vlr«ktl»nwolt«rrli«^t, 0«rlin S. >«. Vr«»d»n«r Strag« 47. Z«rnspr«ch-sinschluS r Moritzplatz 103N. Nr. 407 Mittwoch, den l2. Ru-iift. 1Sl4. Warschau von -en Russen geräumt?! Italien setzt seine Vermittlungsversuche fort. — Blockade der Aüste von Montenegro. — Belgische Greuel. — Die Deutschen in London. — Die großen deutschen Handelsschiffe in Sicherheit. — Ansprache des bayrischen Minister präsidenten. wer hat öen Krieg gewollt! :st Deutschland ist in den Angen von halb Europa der Sünder. Es hat sich tiickischerweise > den besten Augenblick ausgesucht, hat Oesterreich zu seinem Vorgehen gegen Serbien ermuntert, in der sicheren Erwartung, das; dann alle Minen von selbst losgehen würden. Ebenso zielbewusst hat cs dann den Zaren in die Enge getrieben, hat ihm unter dem Vorwand, bedroht zu sein, den Krieg erklärt, hat das friedfertige Frank reich überfallen und durch die Verletzung der belgischen Neutralität Englaud so gereizt, das; es ehrenhalber seinen Verbündeten beispringen musste. Wenn an alledem etwas Wahres ist, so ist es. die Tatsache, daß die deutsche Regierung aller dings in einem Augenblick losschlug, der den verbündeten (Gegnern nicht genehm war. Sie hätten gerne eine bessere Gelegenheit abgewartet. Sie hatten noch nicht alle Stricke fertig gedreht. Es ist eigentlich nichts Neues, was jetzt die „W icner A llg. Zt g." über das russiscki-fran- zösische Kriege Abkommen zum besten gibt; das Wesentliche ist schon längst durch die Waschweiber- plandcrhaftigkeit der Pariser Drahtziel-er und Pressepolitikcr bekannt. Der Präsident Poin- carö hatte bei seinem Besuche in Petersburg im vorigen Jahre neben dem Bedürfnis, sich nach dem Befinden des Zaren zn erkundigen, eine „Mission". Poincar« stellte mit dem Minister des Aeußeren Ssasvnow in langen Unter redungen fest, das; die französische Armee Ende 1015 mit ihren Vorbereitungen fertig werden würde, um eine kräftige Offensive gegen Deutsch land führen zu können. Es wurde diese Frage in atlcn Einzelheiten sowohl nach der militärischen als auch nach der finanziellen Seite erörtert und der Termin 1910 als derjenige festgestellt, für den das U e b c r g e wi ch t R u s; l a n d s n n d Frankreichs in Europa auf Grund zweier schlagfertigen Armeen mit den Waffen zu be weisen sei. Und der Zar? Er hatte seine zwei Seelen in der Brust, und es galt die eine, die friedfertige, auszutrcibcn. Das besorgten dieselben Leute, die dein Zaren den Krieg mit Japan als ein Kinderspiel geschildert hatten. An der Spitze stand der Großfürst Nikolaj Nikolaje witsch, der mit einer verwitweten montenegri nischen Prinzessin verheiratet ist, ferner sein Bru der Peter Nikolajewitsch, der Mann der montenegrinischen Prinzessin Militza, und als dritter der Großfürst I v h a n n K o n st a n t i n o- witsch, der eine Tochter des Königs Peter von Serbien zur Frau hat. Ihr vornehmster Helfershelfer war der Kricgsministcr Suchom lin o w, und hinzu kam die Schar hoher Militär- nnd Zivilbcamtcn, die den Krieg brauchten, tveil sie in der allgemeinen Verwirrung vor einer Aufdeckung ihrer Diebcsgcschäftc sicher sein konn ten. Die „Deutsche Wiener Korrcsp." wird aber wohl im Rechte sein, wenn sic behauptet, deu wirksamsten Helfer hätten die Kriegstreiber an dem Wundcrmann Rasputin gehabt, der als „Hellseher" wiederholt dem abergläubischen Zaren zugcführt wurde und ihm unter Be rufung auf seine langjährige bewährte draht lose Verbindung mit dem „russischen Gott" den „rechten Geist" beibrachtc, d. h. den Geist, der eine Züchtigung der gottlosen Völker im Westen und Süden gebot. Es ist — auch nach den An sichten der Petersburger Kreise, die das Treiben am Petersburger Hofe seit langem mit wachsen der Sorge beobachteten — sehr wahrsck)einlich, daß der sckstvackn', geängstigte Zar gerade diesem „Zauber" am wenigsten gewachsen war und sich wie Wallenstein durch seinen Seni in einen verhängnisvollen Glauben an die Sterne — die russischen natürlich — einjpinncn ließ. Freilich ist es auch bezeichnend, wenn in Petersburg gerade das Umgekehrte behauptet wird. Wie Prof. Schiemann heute in der „Kreuzztg." be merkt, sei iu Petersburg die Meinung verbreitet: wenn der wundertätige Bancr Rasputin zur Stelle gewesen und den Zaren beraten hätte, wäre die Mobilmachung nicht ungeordnet wor den. Gleichviel: der Aberglaube als entscheiden des Gewicht in der Wagsck-ale der Entschlüsse des Herrschers eines Weltreiches — auch em Zeit- und Kulturbild zur Ehre des 20. Jahr hunderts ! Schiemann vertritt im übrigen eine Ansicht, worüber man streiten kann. Er meint, die wah ren Schuldigen seien in England zu suck-en. Wie er schreibt, werde einst Greh und seinen Freun den die Grabschrift zu setzen sein: „Hier ruhen die Urheber des Krieges von 1914." Denn nichts sei sicherer, als daß Rußland und Frankreich nicht gewagt hätten, Deutschland und Oesterreich- Ungarn herauszufvrdcrn, wenn sic der englischen Bundesgenossenschaft nicht sicher gewesen wären. Der „Eclair" vom 31. Juli sage wörtlich: „England hat mitgeteilt, daß es in dieser Frage, das heißt in dem sich aufbauenden Konflikt zwi schen Deutschland und Rußland, bis ans Ende mit Frankreich und Rußland gehen werde. Wir können aus die englische Flotte und sogar auf die zur Verfügung stehenden Landungstruppen rechnen." Wir glauben, daß der Pariser „Eclair" schwerlich den 2tzert eines weltgeschichtlichen Zeugnisses haben ivird. Die drei Gründe, die wir dieser Tage aus den „Times" mitteilten, sind.uns wichtiger und beweiskräftiger. England hatte sich, alter Politik getreu, tatsächlich die Hände frei gehalten bis zu dem A">e i< wo durch unseren Einmarsch in Belgien die lange gefürchtete Gefahr einer deutschen Machterweite- rung zn Lande und zu Wasser für England entscheidend wurde. Wie sich auch die Schuld an diesem blutigen Völkerkriege verteilen mag: für uns ist das jetzt keine Sorge. Wir hoffen auf einen ge rechten Ausgang, den unsere Waffen erzwingen werden. Frankreich steht bereits vor den ersten Anzeichen des Fehlschlages seiner Pläne, und wenn sich die schon gestern gebrachte, heute von der Wiener „Reichspost" wiederholte Meldung aus Warschau bestätigt, wonach nicht nur die be festigte Hauptstadt von Russisch-Polen, sondern das ganze Generalgouvernement von den Russen geräuint wurde, so wäre das ein Grund mehr, an einen Zusammenbruch des berühmten „Ko losses mit den tönernen Füßen" zu glauben. Rückzug -er Russen aus Russisch- Polen. (Eigene Drahtmeldung.) Wien, 12. August. Der ständige Korrespondent der Wiener „Reichspost" in Warschau ist in der Lage, wenige Meilen von Warschau entfernt, seinem Blatte drahtlich mitteilen zu können, daß der letzte russische Soldat da» Gouvernement Warschau verlassen hat. Der Rückzug der Russen, dienochnicht ihre Reserven einziehen konn ten, erfolgte nach Nordost. Obwohl diese Meldung jetzt zum zweiten Male kommt und offenbar mit den Nachrichten über einen polnischen Aufstand zusammenhängt, geben wir sie nur unter Vorbehalt wieder. Vie Stimmung in -er Ukraine. Wien, 11. August. (Wiener K«rr.-Bureau.) Die „Czernowitzer Allgemeine Zeitung" veröffentlicht eine Mitteilung eine» Czernowitzer Mittelschul professor», der nach einer abenteuerlichen Fahrt au» Odessa hier eintraf und sich d»rt bis zu» l». August ausgehalten hatte. Zn Odessa, wo die Stimmung keineswegs sür den Krieg war, wurde» vonhalbwüchsigenBarsche« unter Führung »on Polizei Kundgebungen sür de» Krieg veraustaltet. Die Nachricht v»u de» Einmarsch deutscher Truppe» i» Pole» »ah» di« Zatelligenz »tt Bedauern auf, weil Deutschland und Oesterreich- Ungarn nur die Polen befreien, die übrigen Russen aber unter der Knute des Zaren lassen würden. Die Russen würden den Tag segnen, da Oesterreich-Ungarn sie von diesem furchtbaren Zoche befreien würde. Russische Zeitungen bringen lügenhafte Nachrichten über Heldentaten der Kosaken. Die Don-, Terek- und Uralkosaken sotten jedoch die Mobilmachung sehr kühl ausgenommen haben. Angeblich sollen auch Meutereien vor gekommen sein. Der Plan Ruhlands, die Kosaken als Avantgarde zu einem Einfall in Deutschland und Oesterreich-Ungarn zu verwenden, scheint gescheitert zu sein. Slocka-e -er Küste von Montenegro. Wien, 12. August. Gestern mittag wurde über die montenegrinische Küste die effektive Blockade verhängt. Den Schiffen der befreundeten und neutralen Mächte wurde eine 24stündige Frist zum Auslaufen gewährt. England un- -ie Neutralität. Berlin, l2. August. sEig Draht Meldung.) Die in Berlin erscheinende „Kontinental Times", eine Zeitung für Amerikaner, schreibt: „Unmittelbar beim Ausbruch der Feindselig keiten hatte die englische Negierung die Vertreter der Kabinette auf die E i n s ch r ä n k u n - gen aufmerksam gemacht, denen die Kabel- Meldungen im Kriegsfälle unterworfen werden müssen. Gemäß dieser Einschränkung können Nach richten über englische Linien in englischer oder französischer Sprache nur mit voller Angabe des Namens und der Adresse des Absenders gestattet werden. Während diese Vorschriften bisher für die offiziellen Depeschen der diplomatischen Ver treter neutraler Staaten keine Gültigkeiten hatten, scheint die englische Regierung für die gegenwärtige Kriegsführung einen Bruch dieses Brauches zu beabsichtigen. Wir er fahren, daß die amerikanische Gesandtschaft in Stockholm darauf aufmerksam gemacht worden ist, daß in Chiffresprache abgefaßte Telegramme an das Staatsdepartement in Washington von den englischen Kabelgesellschaften nicht mehr angenom men werden. Diese Beschränkung ist eine auf fällige An slegungderNeutralitäts- gesetze, durch deren Wirkung die neutralen Staaten von ihren diplomatischen Vertretern in anderen neutralen Ländern vom Verkehr abge schnitten sind. Wir können nur hoffen, daß be friedigende Erklärungen für ein solches Vorgehen gegeben werden, die geneigt sind, die amtlichen Kreise und die öffentliche Meinung in Amerika zuberuhige n." Schwierige Lage -er Deutschen in Lon-on. Aus London wird dem „B. T." gemeldet: Viele von Deutschen bewohnte Häuser sind von der Londoner Polizei untersucht worden und nicht weniger als 21 Spione (?) oder als solche ver dächtige Personen wurden am Dienstag und Mitt woch voriger Woche in Haft genommen. Die ihnen gehörigen Automobile wurden von der Polizei beschlagnahmt. Auch der Vertreter Krupps, Friedrich Wilhelm von Bülow, wurde ver haftet und sein Haus von etwa zwei Dutzend Detektiven und Polizisten durchsucht. Zum Untergang -es „Amphion". Die „Daily News" vom Sonnabend, de» 8. August bringen Einzelheiten über den Untergang des englischen Kleinen Kreuzers „Amphion". Zn we- »igeral»20MinutensankderKreuzer. Di« Torpedobootszerstörer, die das Schiff begleiteten, eilte« sofort herbei und nahmen die Ueberleben» de« auf. Verhaftung eines berüchtigten Spions. Berlin, 12. August. (Eig. Drahtmeld.) Nach einer Meldung aus Stockholm wurde dort der bcrüch tigte Spionenagent Hampen verhaftet. Hampcn wohnte seit einigen Tagen unter dem Namen eines Misters Mcty in einem Stockholmer Hotel, wo ihn ein (bast erkannte und dem kommandierenden General Mitteilung machte. Dieser entsandte eine Abteilung Soldaten, die Hampen verhaftete. Zn seiner Begleitung befand sich ein« englische Dame, bei der Diamanten in großer Zahl gefunden wurden. Hampen war früher Leiter der russischen Spionage zentrale in Kopen hagen , die ihre Verbindungen über Norwegen und besonders auch über Schweden ausgedehnt hatte. Gefangene Kosakenpferde in Berlin. Berlin, 12. August. An einem Wagen, der gester» mit einem Pferdetransport nach Berlin kam, war die Ankündigung angeschrieben: „Kosaken pferde zu sehen, Eintritt 10 Pfg." E« handelte sich nicht um einen Coldatenscherz, sondern um die ersten gefangenen K o s a k e n p f e rde. Die kleinen Halbblütlcr schritten furchtsam zwischen den grobknochigen ostpreußischen Wagengenossen einher. 2l -eutsthe han-els-ampfer gekapert. Hamburg, 12. August, l Eigene Drahtmeldung unseres bl.-Mitarbciters.) Der Hamburger Handelskammer sind Meldungen zugegangen, nach denen bis zum 5. August 21 deutsche Handel», schiffe in den englischen Gewässern gekapert oder fest genommen worden sind. Darunter befindet sich auch der Dampfer „Belgier" von der Hamburg- Amerika-Linie, der nach Newport gebracht wurde. Zm übrigen handelt cs sich um kleinere Frachtdampfer aus Hamburg, Lübeck, Rostock, Flens burg und Königsberg. Vie großen -rutschen Han-elsschiffe in Sicherheit. Hamburg, 12. August. (Eigene Drahtmeldung.) Der Verwaltungsrat des Vereins Ham burger Reeder läßt durch seinen Vorsitzenden, Generaldirektor Ballin, erklären, daß die deut, schen Handelsschiffe, die zur Umwand lung in Kriegsschiffe geeignet find, sämtlich in Sicherheit gebracht wurden, und daß ferner die in überseeischer Fahrt beschäftigten Handelsschiffe nach Ausbruch de» Krieges ihre« Aufenthalt in neutralen Häfen nicht mehr verändert haben, so daß auch dies« sich in Sicherheit befinden. Paffagier-ampfer als Lazarettschiffe. Hamburg, 12. August. Die Hamburg - Amerika- Linie hat außer dem Lazarettschiff „Hansa" dem Roten Kreuz noch einen ihrer großen im Ham. burger Hafen liegenden Passagierdampfer als Lazarettschiff zur Verfügung gestellt. Zn Betracht kommt dafür in erster Linie der Dampfer „Patricia". Die Kaiserin hat dem General direktor Ballin telegraphisch den wärmsten Dank ausgesprochen. Vie kriegführenden. Bisher liegen neun europäische Staaten miteinander in Krieg, und zwar: Oester. reich-Ungarn mit Serbien (28. Juli); Deutschland mit Rußland (1. August); Deutschland mit Frank reich (3. August); Deutschland mit Belgien (4. August); England mit Deutschland (4. August); Oesterreich-Ungarn mit Rußland (6. August); Ser bien mit Deutschland (6. August); Montenegro mit Oestcrreich-Ungarn (7. August); Oesterreich-Ungarn mit Frankreich (11. August). Die Daten der Kriegs- erklärungen zeigen, wie die Ereignisse sich überstürzt haben. statten sucht immer noch zu vermitteln. (Eigener Drahtbericht.) Rom, 12. August. Der Minister des Neußer« di Sau Guiliano hatte gestern längere Be- sprech««gen mit den Botschaft«,» Deutschland», Frankreichs und Ruß. landv sowie auch mit dem italienische« Minister präsident«« Salaudra. Wie verlautet, ardeitet di« italienische Regierung unbeirrt und unermüdlich trotz der Fortsetzung de» Kriege» an der ver » itt » lung de» Friede»». Zur «ufrechterhaltu», strikter Reutr«lität fi»d aus» neu« scharf«