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Ausgabe K-S undv Nummer 112 — 33. Jahrgang Eilchklnl 6 mal wSihenIllch mH der INuslrlerlen Drall- brllage „Der lkeuerreller' und mehreren Terlbcllage» Blonatllch» «ezugsprell«: Au?,. « mit St. B-nnoblalt und Feuerreller M 2,70 «u:4 B. ohne El Bennoblall u mll Feuerreller M ?.w «usg. T ohne El. Bennoblall u. ohne Feuerreiter M. 1,70 Slnzelnummer lll Psg., Sonnabend- u. Eonnlag-Nr. A) Psg- rr » Vf« , — filk Fainlllenanzelgen Elellengeluch« » Vs«. -> M Für Plahoorlchillte» lönne» wlr teln« leiste« volkssettuna Sledaltlon: Dresden-A., Polierstr. >?, gern«. A>7ll u. Lwlr tSelchilltoltell«, Dncck «n» Verla«! Germania Buchdrucker«» u Berla, Th. u. S. Winkel, P-llerstr. >7, Fernr. »<>«, Postlcheck: Nr. lOiS, Bank: Stadtbank Dresden Nr. St7S7 Unsdksnglgs «rki»H»Aiivks Um Kuttui* I» Falle von HSHerer Gewalt, Berbol, Etretl oder BetilebsstSrungen hat der vezleher »der 2nfe/«nt leln« «nsprilche, lall» dl, Jeltung ln belchrSnkt'M Umlang«, verlpätet oder nicht erichetnt. — Ersüllungrarl De- e^n A«s»ahmezustani> in Leüland verhängt Ltmbtt-ung des 1 Zahlreiche Marxistenverhastungen in Lettland Riga, 1k. Mai. Die lcttiscize Regierung hat den Ausnahmezustand ver hängt, aus Grund dessen die Tätigkeit der politischen Parteien und des Parlaments bis zur Durchsiihrung einer Vcrfassungs- reform eingestellt werden muh. Die Regierung sah sirl), wie die Lettische Telegraphenagentur meldet, zu dieser Mahnahme ge- zwungen, da sie von Vorbereitungen zu einem be- wafsneten Staatsstreich Kenntnis erhalten hatte, scrner ivcgcn der »Unfähigkeit des Parlaments und der Un möglichkeit, die notwendigen Massnahmen Z» ergreifen, um die wirtschaftliche» Gefahren zu zerstören. In Anbetracht der immer grösser werdenden Unzufriedenheit in den weitesten Krei- sen erblickte die Regierung in der gegenwärtigen Lage die drohende Gefahr innerer Unruhen und erachtete es als ihre Pflicht, diese mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln abzuwenden. Amtlich wird bekanntgegeben: In Anbetracht der Ge- ' '>r. dass innere Unruhen !n> Stäate entstehen könnten, welche die Sicherheit der Einwohner bedrohen, wird über ganz Lett land für 6 Monate der Ausnahmezustand verhängt. Der Ausnahmezustand tritt in Riga am 15. Mai um 23 Uhr in Kraft, im übrigen Lettland am 16. Mai um 1 Uhr morgens. Allen Ein wohnern. den Kriegs- und Selbstverwaltungsbehörden ist vor geschrieben, sämtliche Pflichten ohne Widerspruch zu erfüllen, die ihnen durch die gesesslichen Bestimmungen über den Aus nahmezustand vom Jahre 1619 auferlcgt werden. Diese Ver- Handgranatenwerser Der Angeklagte widerruft sein Geständnis Berlin, 16. Mai. .Heute vormittag begann vor dem Berliner Sondergericht Im grossen Schwurgcrichtssaal der Prozess gegen den 31jährigen Kommunisten Ermin Schulze, der beschuldigt wird, am 2l. März Unter den Linden aus einein Dachraum eine Handgranate aus die Strasse geworfen zu haben. Zu der Verhandlung sind 1 Sachverständige und 79 Zeugen geladen. Gleich zu Mszinn der "Verhandlung fragte der Vor- sissende den Angeklagten, ob er die Handgranate geworfen habe Der Angeklagte antwortete mit „Ja" und „Jawohl". Der Var- sil'.ende, der sodann darauf hinwies, dass das Schicksal den An geklagten vor etwas ganz Schlimmem bewahrt kalxi, da meh rere Menschen dalnü hätten den Tod finden können, forderte den Schulze auf. ein volles, mahres Geständnis abzuseaen denn seine Schildenmaen vor der Polizei könnten nicht der Wahrheit ent- sorecken. Der Angeklagte erklärte, die volle Wahrheit sagen zu wollen und begann anschliessend mit der Schilderung seines Lebenslaufes. Bevor der Borsissende nun zur Erörterung des Tatbestan des ülx'rgeht. ermahnt er den Angeklagten nochmals dringend, die Wahrlzcit zu sagen Schulze erklärt, dass er kür seine Firma Nenovierungsarbeilen im Hause Unter den Linden 76 aus- liihrte. Zur Zeit der Tat kalx? er die Jalousien des Dachraumes n dem Hause gestrichen. Der Angeklagte der bislzer alle Fra gen flüssig und klar lxanlmorlet halte, begann nun vor jeder Antwort lange zu ül>erleaen. Als er erwähnte, dass er den Boden des Hauses durchstöbert und dort Büclx'r und Zeitungen gefunden hätte, fragte der Borüssende den Angeklagten, ob er dalxi noch etivas gefunden halw. Der Angeklagte schweigt minutenlang. Auch aus den Hinweis des Vorsitzenden dass er die Hand granate doch irgendwo gefunden haben müsse. nwi'n er selbst zugebe, sie herabgeschleudert zu halx'». gibt Schulze keine Ant wort. Vorsitzender: Es scl>eint mir säst, als ob Sie doch mit ir gendeiner Wahrheit hinter dem Berge hallen, als ob Sie noch etwas zu erklären haben was Sie bisher nicht gesagt ka'x'n. Nach langem Schweigen bricht der Angeklagte plötzlich in Tränen aus. Er ruft mit lauter Stimme: „Das ist die Wahr heit, dass Ich es nicht getan habe. Bestrafen Sie mich nur für meinen Schwindel. Die Handgranate habe Ich nicht geworfen. Es war nur eine Angstlüge von mir. Jetzt liege Ich drin. Krl- ncr glaubt mir. Wenn Ich die Handgranate geworfen hätte, würde ich es zugeben. Ich bin in eine Sartze verwickelt worden, mit der ich gar nichts zu tun habe." Der Vorsiszende weist den Angeklagten setzt sehr ernst nnd eindringlich darauf hin. dass er doch 6 Geständnisse abgelegt und dabei Einzell>eiten angegeben habe, die niemand wissen könne ttifchen Kabinetts fügung ist gezeichnet vom lettländischen Ministerpräsidenten Ul manis und vom lettländischen Kriegsminister General Balodis. Der Uebergang zur autoritären Staatssührung hat sich einstweilen in aller Ruhe vollzogen. Wie vorläufig noch unbe stätigt verlautet, sollen in der Nacht der marxistisct-e Parla mentspräsident Dr. Kalnin und sein Sohn, der berüchtigte deutschfeindliche Marxistenhetzcr Bruno Kalnin verhaftet wor den sein. Auf Grund der Verkündung des Ausnahmezustandes sind sämtliche Versammlungen und Kundgebungen verboten worden. Die Militärbehörden unter dem Befehl des Plalzkommandan- ten non Riga, General Berkis, haben die Aufrechterhaltung der Ordnung übernommen. Zahlreiche Mitglieder der Legio- närstruppe wurden unter der Beschuldigung, einen bewaffneten Ausstand versucht zu haben, verhaftet, ebenso eine ganze Reihe von Sozialdemokraten, die mit Generalstreik und be waffnetem Widerstand gegen die Staatsgewalt gedroht hatten. Sämtliche Verhafteten befanden sich im B filz grosser Waffen mengen. In der Villa des Porlamentsvorützenden Dr Kalnin und bei dem ehemaliaen Präsidenten der Bank von Lettland, dem marxistischen Abgeordneten Eelms. wurden besonders zahlreiche Waffen gefunden. Im Laufe der Nacht begab sich Ministerpräsident Nlmanis zum Präsidenten der Republik, um ihm über die Massnahmen der Regierung und die allgemeine Lage Bericht zu erstatten. Weitere Massnahmen werden für den heutigen Tag erwartet. Der Ministerpräsident wird sofort eine U m bild u ng des Kabinetts vornehmen. Der ehemalige Ministerpräsident Skusenicks. der der Fortschrittspartei angehört, hat sich der Regierung zur Verfügung gestellt. Die Nacht ist ruhig ver laufen. Schulze vor Gericht als diejenige Person, die die Handgranate geworfen hätte. Auch zu Beginn der heutigen Verhandlung habe er doch ohne jede iVe- einflussung ein klares Geständnis alxzelegt. elxniso wie seinerzeit vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter. Der Angeklagte erwidert darauf nur. dass er während der Arlx-it eine Detonation gekört habe und zunächst geglaubt lmbe. eine F la ich« sei geplatzt. Als er auf die Strasse hinuntergeeilt sei. habe er die Polizei stehen sehen. Trotz eindringlicher Ermahnungen blieb der Angeklagte lxü dem Widerruf seines Geständnisses und schnx'igt verstockt. Nach kurzer Unterbrechung der Verhandlung fragt der Vor sitzende den Angeklagten, der sich inzwischen mit seinem Ver teidiger beraten hat: „Nun, Schulze, was sagen Sie jetzt?" Der Angeklagte schweigt. Sein Verteidiger gibt hier ins die Erklärung nb. dass es ihm nicht gelungen sei. aus dem An- zzeklaaten eine eindeutige Erklärung heraus,zubekommen. Vorsitzender: „Ich habe das Gefühl, als wenn das Ge ständnis zwar stimmt, der Angeklagte jetzt nur Angst davor Kat. die Einzelheiten der Tot zu schildern." Der Angeklagte bleibt lx'i seiner Darstellung, dass er nach der Detonatfon auf die Strasse gelaufen sei, obwohl der Vor sitzende ihn darauf kinmeist. dass die Maurer, die im zive'ea Stock des Hauses genrlx'itet hätten ausgelggt hätten, dass der Angeklagte nicht auf die Strasse gelaufen sei. Wolkenbruch über Tiberias Jerusalem, 14. Mai. In der Altstadt von Tiberias am See lSenesareth ging plötzlich ei« gewaltiger Wolkenbruch nieder. Zahlreiche Häuser sind ringcstiirzt. Aus den Trümmern des durch ein Unwetter zerstörte» Städtchen» Tiberias am See Venezareth wurde« 80 Tote, meist Kinder und alt« Leute, geborgen. Di« Zahl der Obdachlosen ist sehr gross. Besondere schwer gelitten hat das Zentrum des Ortes mit dem Markt. Viele Häuser wurden durch Steinlawinen zerstört. Der Regen war so heftig, dass das Wasser in einzelnen Strassen zwei Meter hoch stand. Militär und Polizei sind zur Hilfeleistung eingesetzt. Nach oberflächlicher Schätzung beträgt der Scha den mindestens 306 000 Pfund Sterling. Zlrkus Sarrasanl ln Alo de Zanelro Rio de Janeiro, 16. Mai. Zirkus Sarrasani hat am Dienstag vor überfülltem Hanse sein Gastspiel in der brasi lianischen Hauptstadt eröffnet. Der Eröffnungsvorstellung wohn ten bei der Bundespräsident mit seiner Familie sowie mehrere Minister. Oie Berliner Konkordatsverhandlungen An den Berliner Verhandlungen über die A u s- f ü h r u n § s be st i m in ungen des Reichskon- kordates wird, wie verlautet, anstelle des Erzbi schofs van Freiburg Kardinalerzbischaf Schulte, Köln, teilnehmen. Kardinal Schulte hatte, wie bekannt, schon vor mehreren Monaten eine Aussprache mit dem Herrn Reichskanzler selbst gehabt. Diese Aussprache hat aller dings damals zu einem praktischen Ergebnis nicht ge führt. Immerhin sind aber durch die damaligen Erörte rungen bestimmte (Grundlagen geschaffen worden, die es wünschenswert erscheinen liehen, auch zu den jetzigen Verhandlungen den Kardinalerzbischof v. Köln heranzu ziehen. Zur Iugendfrage selbst ist zu bemerken, daß es sich im wcseutliclien darum handelt, das; die Kirö-e den Anspruch auf die religiöse Betreuung der Jugend als unverzichtbar erhebt. Bezüglich der politischen Erziehung wird der Anspruch und das Recht des Staates gerade auch van kirchlicher Seite durchaus anerkannt. Für die Kirche kommt es entsclzei- dend darauf an. das; bindende Abmachungen bezüglich der religiösen Erziehung der Jugendlichen mit der vlwr- sten Führung, also mit der Reichsregierung selbst. Zustan dekommen. Die Reichsregierung hat. ivas mit Genug tuung zu vermerken ist, bei verschiedenen Anlässen der letzten Zeit den nachdrücklichen Willen dokumentiert, zu einem Ausgleich der Schwierigkeiten und damit zu ei ner Verständigung zu kommen. Zu den von uns gemelde ten Erklärungen bezüglich der Vorgänge in Würzburg und Schweinfurt müssen nu.n auch noch erwähnt werden die an anderer Stelle dieser Ausgabe wiedergegebenen Anordnungen des Gauleiters für Köln Aachen. Grobe, wonach alle Parteigenossen in Zukunft ibre Kirchen pflicht in Zivilkleidung erfüllen und die Uniform nur ausserhalb der Kirche tragen, ferner dass in Zukunft Feldgottesdienste nicht mebr in die Veranstaltun gen ausgenommen werden sollen. In diesen R innen fällt auch der bedeutsame Erlass des Stabschefs Röhm an die SA., ivonach jegliche Teilnahme der SA an kirchen politischen Demonstrationen verboten und gleichzeitig jede Art von Amtshiuderunaen oder Massiialnnen gegen über Pfarrern beider Konfessionen untersagt ist Simon geht nicht nach Genf Loudon, 15. Mui. „Times" zufolge bestätigt es sich, dass Sir John Simon wegen der uns Freitag scstgesetzleu aussenpolitischen Aussprache im Unterhaus nicht in der Lage jein wird, zur Ratstagung nach Gens zu reisen. Der Lordsiegelbewahrer Eden werde daher bis zum Ende der Tagung britischer Hauptverlreter bleiben. Da gegen werde erwartet, dass Simon zusammen mit Henderson zur Sitzung des allgemeinen Ausschusses der Abrüstungskonjerenj am 29. Mai nach Gens gehen wird. Standrecht in der Mandschurei Tschangtschun, 15. Mai. Der mandschurische Kriegsminister. General Tjchang- haipen, erklärte am Montag der mandschurischen Presse, die letzte Ausstandsbewegung in der Mandschurei zwinge die Regie rung, ausserordentlich st r e n g e M a ss n a h m e n gegen die Auf- ständischen zu treffen. Die mandschurische Regierung besitze genaue Nachrichten, dass die Ausstandsbewegung in der Mandschurei von der Nankingrcgierung organisiert undftnanziertwerde. Sämtliche Ober kommando« der mandschurischen Armee sind angewiesen worden, die Aufständische» mit alle» Mitteln zu bekämpfen und jeden Aufständischen, der mit der Waffe in der Hand scstgeuommen wird, sofort standrechtlich zu erschiesse». Der man- dschurische Kriegsminister betonte, dass diese Massnahmen not wendig seien, um endlich im mandschukisch«» Kaiserreich Ruhe und Friede« wiederherzustelle«.