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Nr. 79. Sächsische Volkszeitung Seite 7 Von Wersmün/e/ 22. Fortsetzung. -'»«"n. D rrSer Larts»-«'*«/«» s. M-S.^., sm <ivr*«-«a» Wenn dn mich !m Stiche kkitzt, Ditns , wenn du mich so blotzstellst vor dem ganzen Dorf, " Da war ihr das Blut in den Kopf gestiegen vor ver letzter Schani — er hatte ihr etwas sagen wollen, doch sie hatte aufweinend ihm eine Schmach ins Gesicht geschrieen und mar davongesprungen, — war wie die anderen Mäd- chen des Abends zum Tanz im Saal gewesen, hatte mit etlichen Burschen getanzt und es lauter, als es sonst für Mädchen ziemlich ist, getrieben, hatte den jungen Burschen gesagt, sie tanze mit wem sie wolle, hatte etliche fortge« schickt und war dann selbst zum Steinbacher gegangen, der an einem Tische sah und tat, als kümmere er sich nicht um den Tanz. „Steinbacher, ich möcht einmal tanzen", hatte sie ge sagt, „aber weil ich will." Der hatte gelacht und sie zum Tanz geführt. Nachher war sie ihm entlaufen, weil es ihr grauste vor ihrem eigenen Zorn gegen Bitus und auch weil der Stein bacher beim Tanz ihr Dinge gesagt hatte, aus denen sie erriet, das; der Verwegene mit Vitus ein Spiel trieb, über das sie Klarheit gewinnen wollte. So war sie fort über die Strasie hinüber zu der Hütte der Schisler, unbekümmert um das Gerede der Leute, im Schutz der Nacht, und hatte Vitus gepocht. „Gesteh mir, Vitus, gesteh niir alles. Ist es dir wirk lich um die dreihundert Taler? Brauch ich einen Liebsten, der dreihundert Taler auf den Tisch zahlen könnt, eh mein Vater ihn mit mir über die Strotze lätzt? Oder mützt er etwas anderes haben?" „Ich möcht nicht als Haderlump dastchen", sagte Vitus. „Zenz, nun sei lieb und nicht böse!" „Du weisst, Vitus, von wem das kommt, das Ver dienst und das Geld, und du nimmst es, dn nimmst es au« dieser Hand, grade aus dieser böswilligen Hand?" weil er sehen soll, das; e r ein Narr ist, nicht ich." „Er ist ein Grotzreder, Vitus. — Die Leute sehen die Dinge anders als du. Es wird keiner, es wird auch der Aermste seine Ehre nicht für Taler aufs Spiel setzen, und wär's, datz er sich mehr verspricht, als was er dir geben will. Aber ich weih, das ist nicht alles. Die Leute munkeln schon, das Gerede von dem Gelübde wär ein Schurken- ltreich. Dich will er hinüberschicken in eines der Pestdörfer. Sag mir ehrlich, Vitus, hast dn das nicht bedacht oder hast du ihm auch das zugesagt, datz du das Kreuz in eines der Pestdörser schaffst?" „Schau, Zenz", sagte er, „ich weih genau, wie er rech net, der Tollian. Ich soll mit dem Kreuz nach Eschenloh. Ich soll es anfhängen, — in der Kirche, — dort in der Nacht. Glaub nicht, Zenz, dah ich so was uni Taler tüt. Die nehm ich mit, als wollt ich dem Lumpen einen Schabernak- streich spielen, ihn zu prellen. Aber ich weih, datz mit so heiligen Dingen nicht zu spähen ist. Und wenn's wirklich wahr wär, datz die Pest erlischt, wenn einer ein Kreuz schasst und es in einem Pest dorf aufrichtet, — selbst auf die Gefahr, datz ihn die Pest noch würgt als Letzten, Zenz — wenn der Herrgott das einem so zuschickt —" „Die Voten, die der Herrgott schickt, sehen anders aus, Vitus. Er schickt keine Haderlumpen." „Das weih ich nicht, Zenz", sagte Vitus. „Wir sollen einen Menschen, der so kommt, nicht gröher anjehen als seine Botschaft, und wahrhaftig in Gott, Zenz, an die Bot schaft -önnt ich glauben." Sie sah Uber seine Schulter hinweg. In der Werkstatt lag das grohe Kreuz. Es durchrann sie ein Grauen, wie sie das sah. „Das tatst du mir an? Du willst da hinüber tust du das und tust du das so, als ob ich gar nicht da wär, und jagst, das wär . Hast du mich denn so wenig lieb, Vitus?" Es überkam sie das mit einer unheimlichen Macht, das; sie gewahrte, er war von irgend etwas besessen, was ihn zu diesem Tun hinrih. Er setzte sie aufs Spiel. Sie könnt nicht daran zweifeln, darüber erschrak sie so sehr, und mit einem Male entschwand der Glaube an ihn und das Bild, das sie von ihm im Herzen trug. „Da hast du die ganze Zeit mich belogen, Vitus Ach wenn ihr glaubt. du und er, wenn ihr glaubt, Ihr könntet mich verhandeln " Er würgte sie, sie rang nach Worten und fand keine. „dann, Vitus, dann hast du mich ja schon ver kauft. Einen Frevler wie dich den nehm' ich nicht. Zeig mir, wie du in Wahrheit zu mir siehst, heut nacht. Geh mit mir, Vitus, — geh rüber, tau; vor all den Leuten mit mir, dah sie den Steinbacher auslachcn, —" Er drehte sich um, ging in die Werkstatt, nahm ein Schnitzmesser und setzte sich an seine Arbeit. „Um Gottes willen bitt ich dich, Zenz, glaub mir und wart, bis alles vorüber ist. Ich hab einen Eid geschworen, datz ich das schass, — das mit dem Kreuz, und den Eid halt ich, ob nachher heraus kommt. ich wär ein Narr oder ich hätt reckt aetcm." Sie stand am Fenster und klammerte sich an, als wante der Boden unter ihr. Schickte er sie so fort? War sie ihm noch lästig bei der Arbeit? Sie lachte, ihr Lachen würgte sie in der Kehle. Es mutzte ein Lachen bleiben! Es durfte nicht zu einem Heulen werden! Da wurde es gellend. Sie sprang über die Strasse zurück ins Wirtshaus. Der Steinbacher stand vor der Tür. Er hatte auf sie gewartet. „Na, Zenz!" Die Musik kam von drinnen heraus, etliche Paare tanzten da auf der Strasse im Schein der Fackel. Er fatzie sie mit beiden Armen, als nähme er sie ganz in Besitz, — drehte sie im Tanz. Er sah nach ihrem Gesicht. Sie hatte die Augen ge schlossen. Durch die leicht geöffneten Lippen sah er, wie die Zähne auseinanderbissen. Hinter ihrer Stirn bohrten die Gedanken irgendeiner Rache. Gegen wen? Er wollte acht geben. Nun ging es, sie zu gewinnen, sie zu verlieren. Die Nacht noch sollte es entscheiden. * Es war fast Mitternacht, das; der Vogt der Wächter, die rund um das Torf ausgestellt waren, mit etlichen Ge sellen zum Wirtshaus kam. „Zum Teufel »och einmal", polterte er. Einige Wächter waren davongelausen. „He!" schrie er unter das zechende Volk, „ist der Urban Gabler da? He da, der Urban Gabler!" „Urban Gabler!" riefen einige der Zecher lachend über die Tische hin. Irgendwer rief: „Was ist denn los?" „Haderlumpen seid ihr", polterte der Vogt, „laust von der Wache weg." „Ei je", rief einer, „Kirchweih ist nur einmal im Jahr. Mir mag eure Wache gestohlen sein." „Ihr seid wohl besoffen! Urban Gabler. Hans Zwink, Bläsi Vetter! Ter Teufel soll euch holen! Von der Wache fortzu laufen. Witzt ihr, was das heitzt. wo rnndum die Pest feuer brennen und jeder Kerl, der bei Nachtzeit nach Ammergau sich einschleicht, das grotze Verrecken einjchleppen kann?" „Wer wird denn so wettern", rief einer der Gäste dem Vogt zu. „Hier trink einmal." Er schob ihm den Krug hin. „Mir veracht der Durst, Freund", wetterte der Vogt. „Wie ich die Wachen nachjeh, ist die eine Hälfte besoffen, — und die anderen sind davon zu Tanz und Trunk. Kommt grad heut abend vom Amt eine Bote, uns noch zu besonderer Wachsamkeit zu mahnen. Vielleicht ist die Pest schon da, he, wer kann das wissen?" (Fortsetzung folgt.) Kleine Scherze der Geographie Datz es Ortschaften gibt, die aus einem Buch staben bestehen, wird mancknm, Leser bäum glaubhait ersck^i- nen. Und dock) gibt es. soviel wir wissen, drei Ortickzaften die ser Art. Die erste ist die kleine Orisckmst N in Eehweden. die zweite die Stadt U in der chinesisckien Provinz No-nau, und die dritte das Dörfckzen A westlich St. Quentin (westlich der Strohe Perronne — Ham) in Frankreich. Auch gab es früher einen Meeresarm, dessen Name ans einem Buchstaix'N lx'stand, und das ist B in der Provinz Nordholland. Häufig sind schon Be zeichnungen mit zwei Buchstaben So gibt es eine Anzahl G«- mnsser, di« den Namen Aa (bedeutet Wasser) führen, z. V. eins im nördlichen Frankreich, zwei 'n den Niederlanden, drei in Westfalen, vier in der Schweiz, eins in Kurland und eins in Livland. Den meisten Lesern dürfte es unbekannt sein, dah auch die drei Geschlechtswörter der. die. das in der Geo graphie existieren. Es gibt nämlich eine Stadt am Nil namens „Der", in Frankreich eine solck>e namens ..Die" und im Per sischen Golf eine Insel „Das". Ein Haus wird verfrachtet Das Bauernhaus, in dem der englische Entdecker Kapitän James Cook vor über 200 Jahren in Aorkshire geboren worden war, ist sovgfältig in 100 Kisten verpackt, nach Austra lien verfrachtet worden. Das Haus ist von der Stadt Mel bourne angekaust worden und wird im Zusa nmenhang mit der bevorstehenden Zentenarfeier der Stadt in einem Park wieder aufgebant werd?». Bei dem Abbruch des Hauses war die aller grösste Sorafalt angewandt worden. Jeder Stein und jeder Dalken wurde gesäubert und dann numeriert, damit das Haus genau so wieder aufgebant werden kann, wie es seit der Geburt Cooks in der englisck>en Landschaft gestanden hatte. Unglaublich: die Zahl der Kinos nimmt ab! Die Filmabtcilung des Amerikanisch» Handelsministeriums hat eine Statistik veröffentlicht, aus der sich ergibt, dah in der ganzen Welt 60 847 Kinos vorhanden sind, von denen 41 882 einen Tonsilmapparat besitzen. Cs ist lrezeichnend, dah die Zahl der Kino» im Jahr« 1083 gegenüber 19.32 sich um 1077 verringert hat: allein in Europa schlossen 9.30 Kinothealer. Die meisten Kinos befinden sich in Europa mit 29 69.3, dann folgen die Bereinigten Staaten mit 19 000. Kanada mit 1100. Mittel- und Südamerika mit 0270, Afrika und die Levante mit 546 und der Fern« Osten (Australien, Neu-Seeland. Japan. China und Indien) mit 46.39. In Europa stellt Deutschland mit 5100 Filmtheater» die Höckstzisfer, dann kommt England mit 4672, Frankreich mit 390s,, Svanien mit 2600. Italien mit 2500, Tschcchosloivalrei mit 2024. Ruhland mit 2000, Scknveden mit 1100. Oesterreich mit 850 Kinos. Es gibt noch einige Länder, wo der Film das Publikum noch nicht erobert hat In Albanien gibt es im ganzen nur 10 Kinas, in Litauen 80. in der Türkei 50, in Estland 93, in Griechenland 100. Ein preisgekrönter Liebesbrief Die Franzosen werden stolz von sich sagen, dah die No manlik noch nicht tot sei bei ihnen — trotz Stavislu) und Re volutionsgerüchten. Wenn es nach den Liebesbriefen gmge, dann ist die Romantik wirklich in Paris frisch wie vor hundert Jahren. Oder doch vielleicht ein ivenig anders. Immernin halte inan ein Preisausschreiben für den schönsten Liebesbrief veranstaltet und den Brief der Mar-eile Maurette mit rem ersten Preis ausgezeichnet. „Mein Liebling", so lautet der Brief, „es ist so schiver, Dir einen Brief zu schreit»«». Du b st so weit weg. Ich nmrle darauf, dah Du nttck ru'tt. Aber da Du nun einmal Deinen Liel»esbrief hal»en muht, nne ein Eich hörnchen seine Nässe für den Winter aufhävst — hier Imst Du ihn. Die Welt ist verregnet, seit Du weg bist Maria hat das Hühnchen auch anbrennen lassen. Eie kann überhaupt nicht kock>en, wenn Du nicht da bist. — Ich hal»e schon all« Aibums mit allen Bildern durchaesehen. Al»er sie gefallen mir alle nicht mehr. Auch nicht di«, über die ich sonst immer lachen muhte. Du muht lmld nach Hause kommen. — Wirklich — der Garten wartet auf Dich, der Himmel. Marin, die Köch n und Top. der Hund Ick habe Fiel»er. Ich habe Furcht. Bleib n'cht länger fort von hier — ach es ist so schwer, es Dir mit Worten zu sagen." — lieber Geschmack und Romantik läht sich streiken. Jedenfalls al»er kann man entschieden anderer Ansicht sein über das, ivas «inen Liebesbrief schön macht. .. Zum ersten Male hat sich ein französisches Gericht jetzt mit der Frage zu besahen, ob der Staat für Schäden, die durch die Anwendung moderner Kampfmittel im Manövcrgebiet ent stehen, ersatzpflichtig ist. Der Prozeh, den der Bienenzüchter AndrL Verthon gegen den französischen Fiskus führt, ist noch aus einem anderen Grunde interessant: er zeigt, in welchem Mage auch die Zivilbevölkerung bet der Anwendung der Luft waffe durch den Feind in Mitleidenschaft gezogen wird. Im Prozeh Verthon handelt es sich zwar noch nicht um Tote und Verwundete, aber dafür um ein friedliches „Volk", das den Angriffen der manövrierenden Luftflotte zum Opfer gefallen ist: nämlich das Bienenvolk des Herrn AndrL Berthon Seine Vienenzilchterei befindet sich an einem der schönsten Punkte der Riviera. Und gerade diesen Winkel hatte sich die französische Mittclmeerslotte im vergangenen April ausgesucht, um ihn in den Bereich ihrer grohangelegten Manöver einzubeziehen. Der Admiral ist zufrieden .. - Das strategische Ziel der Manöver war die Verteidigung der Rivierakiiste gegen einen feindlichen Flottcnangrisf. Natür lich wurden dabet alle Errungenschaften der modernen Kriegs technik eingesetzt. Eine besonders grohe Nolle spielten Nauch- und Nebelwände, mit denen man die Küste für die angreifcnde feindliche Flotte unsichtbar machen sollte. Ein Flugzeuggeschwa- der brauste über den Strand hinweg und zog unmittelbar Uber der Meeresoberfläche dichte Rauchschleier, die da» ganze Küsten gebiet der Sicht des Gegners entzogen. Der kommandierende General der französischen Flott« war mit dem Ergebnis dieses Versuches auherordentltch zufrieden. Die „Verteidigung" klappt« ausgezeichnet. Humoi Kinder — KIndcrl Märchen ist unartig gewesen. Sehr unartig. Er hat seins kleine Schwester io geprügelt, dah sie Nasenbluten bekommen hat. Mutti ist sehr böse. „Jetzt gehst du gleich zu Veit — ohne Abendbrot! Hoffent lich ist es dir eine Lehre!" „Jawohl", heult Mäxchen, „von jetzt an prügele ich Hilde nur immer noch nach dem Abendbrot!" Peter lernt deutsche Grammatik. Gegenwart, Vergangen heit, Zukunst sind schwierige Kapitel. „Mutti, was ist das für eine Zeit: Vater spielt Karten? „Verlorene Zeit!" Kunstverständnis. „Fabelhaft, das Bild! Entzückend« Gegend! Aeb. sagen Sie mal, wo liegt eigentlich dieses Aquarell"?? Ta mühte inan — äh — dock; einmal hiinahrcnl!" . . . aber die Bienen! Weniger zufrieden war dagegen Herr Andre Berthon. Er behauptet in seiner Klage, dah diese Manöver für ihn nnd seine Nachbarn geradezu katastrophal« Folgen gehabt hätten. Seine Bienen seien zu der Zeit, als die Nebelwolkcn sich an die Küste hcranwälzten, damit beschäftigt gewesen, aus dem Bliitenineer der Riviera ihre sähen Vorräte zu sammeln, lind gerade bei dieser Tätigkeit habe sie das Verhängnis ereilt . . . Ein Teil von ihnen erstickte in den Rauchschwaden: die Übrigen seien wohl noch am Leben geblieben, doch trafen sie so geschwächt in den Bienenstöcken ein, dah sie von den gesliigelten Ätächtcrn nicht mehr hereingelassen wurden. Denn im Bicnenstaat herrscht das eherne Gesetz, dah keine Viene innerhalb ihrer Behausung ster ben dürfe. Monsieur Berthon behauptet in seiner Klage weiter, das; die Flottenmanöver zum Verlust der ganzen Honigcrnte ge führt hätten. Ja, sie hätten feiner Bienenzucht an der Riviera auf Jahre hinaus geschadet, da die Königinneu einen solchen Schock abbekommen hätten, das; sie keine Eier mehr legen. Ja, eine Anzahl von Bienenvölkern, die noch von der Katastrophe verschont geblieben seien, Hütten die Gegend verlassen und sich ein neues Domizil gewählt, um nicht In Zukunft ähnlichen Ge fahren ausgesetzt zu sein. Man darf gespannt sein, was die Gerichte zu diesen Bor- brtngungen sagen werden. Jedenfalls hätte sich der französische Admiral eine solche Auswirkung seine» Manöverersolges nicht tzMmen lasse,,.«, Schadenersatz für Frankreichs Manöver Das vergaste Vlumenmeer der Riviera — Mssentod der ^vernebelten" Vienerrvvller