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Ausgabe » Sächsische DolkssMung Nummer 284 — 33. Jahrgang Leschel»» t «al wöchenlUch «N der illustrierte» Lratta- deU«»« ^Der FecierreUer" und mehrer,» I«ltbeUa,e» MoiaMch« v,,»,,pr«tle: ilu-z. A mit St. «ennoblatt und Feuerreiier M. 2,7» Su»g. v. ohne Li. Vennoblatt » mit Feuerrelt«« M. 7.» «lusg T ohne St. Bennoblatt u. ohne FeuerreNer M. 1,7» Ttnjetnummer 10 Psg., Sonnabend- ». Sonntag-Nr. » Ps». Sonnabend» 8. Dezember 1934 verIa»L«rt De«»»«» Un,,Ig«,,reiI«: dl« llpolllge A mm biell» Zell« S Psg, - liir gamlllenan,eigen und Stellengesuch« d Ps». Für Plahoorlchrlft«, könne» mir t«t»« Tewöhr tetDU Redattio», vreod««-*., Poltrrftr. ti, Fern,. »711 ». »01» Seschöll.Itell^ Den» »»» Berlag: L«r«a»t« Buchdrucker«» L Berlag Ih. ». ». Winkel, Poltkistr. 17, g«r»r. 7lvir, Postscheck: Nr. 1V2S, Bank: Ltadtbank Dreode» Nr. S47L7 Güi» vki»isGüvk« bvüGL^ »i. KTittui» Im Fall« vo» höherer Lewalt, Beibot, «lnlr«Ie»dH Betrtebostörungen ha« der Bezieher oder Inserent k«l»4 Ansprüch«, sall» die Zeitung >n beschränktem Umsang«, oerspatet oder nicht erscheint. — tirsütlungsort Dresde» Reiiorienüerung der spanischen Politik Aufruf zur Bildung eines „Nation. Blocks" Durch Verständigung zwischen Staat und Kirche soll ein katholisches Spanien prollamtert werden Abkehr von dem seitherigen politischen System Madrid, 7. D:zeinber. Biele Abgeordnete des fsmnifchen Landtages, zumeist Mitglieder einer der beiden monarchistifchen Parteien, so wie eine Reihe anderer Persönlichkeiten, haben einen Ausruf erlassen, in dem die A bIrehr von de m h e u t i- gen politischen System und eine durchgreifende Erneuerung Spaniens gefordert wird. Die Obtob'rrevo- lution, so lzeißt es in der Beröfsentlichung, sei licht nie dergeschlagen. Das müsse auf em Bersagen der augen blicklichen Regierung und aller republikanischen Parteien zurückgesührt werden. In Spanien befinde sich der Staat und die Gesellschaft in einer Krise. Leide müßten daher reformiert werden. — In dem Programm der oben er« wähnten Persönlichkeiten heißt es, bis zum letzten Atem zuge und mit Begeisterung müsse die Einheit Spaniens und mit ihr die alleinige politische Souveränität des Staa tes verteidig! werden. Das bolivianische Hauptquartier bedroht Asuncion, 7. Tezbr. Aus privaten Berichten, die am Donnerstag von der Front einliefen, geht hervor, daß die paragua yischen Truppen zwei Forts erobert haben, die als Schlüsselstellung des Pilcomayo-Abschnitlcs sür die bolivianischen Berteidiger von besonderer Bedeutung waren. Die beiden Forts waren die beiden Hauptstütz- punlrte der letzten bolivianischen Verteidigungslinie vor Villa Montes, dem bolivianischen Hauptquar tier, das durch diese Ereignisse ernstlich bedroht wird. Keine Hoffnung auf Rettung des Fliegers Mm Honolulu, 7. Dezember. Nach Ansicht der Meteorologen muß man alle Hoff nung auf eine Rettung des vermißten Fliegers Uim und seiner Begleiter a^zeben. Die Wetterverhältnisse auf Sie sind so ungünstig, daß kaum anzunehmen ikt, daß sich das Flugzeug nach seiner Notwasserung mehrere Tage auf der Wasseroberfläche halten konnte. Erklärung des Katholischen Vürgervereins Concordia Saarbrücken 1 zur Vermietung eines Saales an den „Volksbund". „Laut Erklärung des Vertreters des Hausvorstandcg wurde die Vermietung des großen Saales unseres Ber- cinshauses Concordia, Saarbrücken 1, vom „Deutsch?.» Bolksbund für christlich-soziale Gemeinschaft" dadurch er. schlichen, daß die Antragsteller auf Befragen nach dem Zweck der vorgesehenen Versammlung erklärten: „Es werden zeitgemäße religiöse Fragen behandelt und Herr Pastor Bungarten wird den Vorsitz führen." Weiler erklärten die Herren, sich sofort mit dem Pfarrhaus in Saarbrücken 1 in Verbindung setzen zu wol len. Trotz zweimaliger Versicherung ist niemand im Pfarrhaus erschienen. Ter Verein erklärt, daß er zu dem verwandten Zweck sein Bereinshaus nicht zur Verfügung gestellt hätte. Von Saarbrücken 1 war weder ein Geistlicher noch ein Laie erschienen. Der Mißbrauch hat dem Ansehen des Katholischen Vcrcinshauses schweren moralischen und materiellen Sclza- den zugcsügt. Wir behalten uns deshalb weitere Schritts gegen die Einlnruser der Versammlung vor." Durch Verständigung zivischen Staat und Kirche sei ein katholisches Spanien zu proklamieren. Das politische System der französischen Revolution, das züm Kommunismus führe, sei verfehlt. Ein lauterer Staat müsse seine Autorität zur Vermeidung von Klassen kämpfen durchsetzen. Die Wirtschaft und die beeussständi- schen Körperschaften seien in den Staat cinzubauen. In sozialer Hinsicht müsse dem Proletariat der Weg zu.n Eigentum sreigemacht werden, ebenso solle die Arbnt als Arbeit am Vaterlands ausgesaßt werden. Tas parlamen tarische System sei ungeeignet, die augenblickliche Berfas, sung unspanisch. Es soll also, wenn man diese Programm punkte zusammcnfaßt, ein starker Staat mit moralischer, politischer und wirtschaftlicher Einheit geschossen werden. Zur Erreichung dieses Zieles fordern die Unterzeichner des Aufrufes zur Bildung eines „nationalen Blo k- kes " auf, wobei ausdrücklich hervorgehoben wird, daß die Regierungssorm (Monarchie oder Republik) Ipeine Nolle spiele. Vier deutsche Kolonisten in Sibirien erschossen Ter Moskauer Korrespondent des „Daily Telegraph" meldet, daß vier Bauern der deutschen Kolonie Holbstadt bei Novosidirsk auf Befehl des westsibirischen Gerichts hofes erschossen worden sind. Bekanntllöl) leben in Ruß land, und vor allem in Sibirien, noch eine ganze Anzahl deutscher Kolonisten, deren Niederlassung bis in die Zeit Katharinas der Großen zurückzusühren ist. Sie werden gegenwärtig auf ungefähr eine Million geschätzt. Die vier Erschossenen sind der Präsident der Kolonie, der Vizeprä sident und z.vei Mechaniker. Sie waren angeklagt wor den, nur 40 Prozent der Getrcidesteuer bezahlt zu lzaben, die die Kolonie abzuführen hat, die andern Deutschen gegen die Bezahlung der Steuer anfgehetzt und Getreide gestohlen zu haben, um es auf dem Markt zu verlraufen. Mangel an evang. Schulamisbewerbern Die „Franksurter Zeitung" teilt mit: Ter sich ankündigcnde Mangel an evangelischen Schulamtsbewerbern hat auch den Bildungsausschuß des deutschen Gemeindetages beschäftigt. Es wurde dabei darauf hingewiesen, daß man stellenweise schon auf ab gebaute Lehrkräfte habe zurückgreisen müssen und daß es möglicherweise bald dahin kommen werde, daß katholi sche Schulamtsbcwerber in evangelische Schulstellen ein- berusen werden müßten. Der Aufenthalt des prinzregenten Paul in Paris beendet Pario, 7. Dez. Prlnzregent Paul von Siid flauten hat ain Don nerstagabend in Begleitung der Prinzessin Olga und seines Sohnes Prinz Alexander die französische Hauptstadt verlassen, um nach Belgrad zurückzukehren. Prinzregent Paul hatte bekanntlich auf seiner Rückkehr von London, wo er der Hochzeit seiner Schwägerin, der Prin zessin Marina beiwohnte, seine Reise in Paris unterbrochen, um mit den Mitgliedern der französischen Regierung und dem Staatspräsidenten über die Folgen des Marseiller Anschlages und den siidslavischen Schritt beim Völkerbund zu beraten. Die Agentur Hävas schreibt in diesem Zusammenhang, man habe sowohl in England wie auch in Frankreich sestgc- stellt, daß der Prinzregent die sür sein Land so schwierige Frage bei seinen Besprechungen mit großer Klugheit und viel Takt behandelt habe. In den Hauptstädten beider Länder hab« er sich zum geschmeidigen aber entschloßene» Verteidiger der Sache seines Landes gemacht. Ungarischer Katholizismus und Patriotismus Katholische und nationale Desinnung sind nicht nur kein Gegensatz, sondern st« ergänzen sich in hervorragender Weise. In katholischen Ländern wie Italien hat dies der Laus der Entwicklung auch den Gegnern der Kirche in über zeugendster Weise dargelegt. Nachstehend vermittelt uns unser Budapester Vertreter ein Bild von den innigen Zusammenhängen, welche auch in Ungarn zwischen Glaube und Nation vorhanden sind, ohne das; die eine noch die andere Seite an dieser Verbindung Anstoß nähme. Katho- liztsmus ist staatsbaucnd, nicht staatszerstörend . Budapest, im Dezember. Der Magyare ist ein geborener Politiker und Ge« schichtslehrer. Er lebt in der geschichtlichen Atmosphäre, sieht alles durch die geschichtliche Brille und geht in der ungarischen Geschichte gänzlich auf. Dieser Cbarakterzug ist jedem Magyaren, dem Katholiken wie dem Protest««- ten, in gleicher Weise eigen. Trefflich veranschaulicht diese Tatsache der Fall des protestantischen Fürsten von Sieben« bürgen, Bethlen Gabors. Als er Oberungarn erobert hatte, jagte jein Hofprediger zu ihm: „Jetzt laß dich zum König von Ungarn krönen". Bethlen Gabor erwiderte? „Dieses Recht steht nur dein Fürstprimas von Gran zu". Der Hofpredigcr antwortete: „Ernenne mich also zum Fürst, priinas von Gran". Bethlen Gabor jchloß die Debatte mit den Worten: „Das könnte ich nur tun, wenn ich der ge krönte König von Ungarn wäre". Dem geschichtlichen Denken und Fühlen der unga« rischen Katholiken begegnet mau aus Schritt und Tritt. Richt nur die katholischen Lehrbücher hauchen den geschicht lichen Geist und den warmen, ost geradezu leidenschaft lichen Patriotismus, sondern auch die Gebetbücher und die Kirchenlieder. In jedem ungarischen Gebetbuch ist das Gebet des Paladins Eszterhazy und des Fürsten Nakoczi sür das Vaterland zu finden, wobei bemerlt werden muß, daß Fürst Nakoczi die Fahne gegen die Habsburger entrollt Hal und schließlich als Emigrant in der Türkei sein Leben schloß. Die meisten und die schönsten ungarischen Marien- lieber sind mit der Liebe zum Vaterland und mit dein Pa triotismus organisch verwachsen. Die Mutier Gottes ist die „Schutzpatronin Ungarns", zu der im verbreitetsten un garischen Kirchenlied sölgendermaßen gefleht wird: „Du hehre Frau von Ungarn, Du unsere alte Beschützerin: Zu Dir wendet sich unser Vaterland in seiner Rot und sieht: Vergiß unser teures Vaterland und Dein Ungarn nicht", ujw. Dieser: Gedanke kehrt in den Marienlicdern immer wieder. Wenn das Lied in den Kirchen erklingt, schwingt mit der Verehrung der Muttergottes.auch die Liebe zum ungarischen Vaterlande und der gefühlsmäßig tief erlebte ungarische Patriotismus mit. Diese religiöse Hingabe an das Vaterland offenbart sich im ungarischen Katholizismus namentlich seit dem Friedensvertrag von Trianon. Er will geradezu den Be weis erbringen, daß er sich bezüglich des Patriotismus non niemandem weder übertreffen noch überbieten läßt. In den religiösen Zeitschriften wird die an Ungarn begangene Un gerechtigkeit im Friedensverlrag oder aber die Revisions frage wie ein religiöses Problem behandelt. Die katho lischen Veranstaltungen stehen jedesmal im Zeichen der ungarischen Idee oder des Nevisionsgedankens. Wenn es gilt, gegen den Frieden von Trianon zn protestieren, oder aber wenn patriotische Kundgebungen stattsindcn, ist die Kirche immer dabei. „Nur Christus hat aus dem Golgatha soviel gelitten, wie Ungarn jetzt zu leiden hat", erklärte ein Kirchenfürst aus der Kanzel. In den Volksschulen wird vor Beginn und nach Schluß des Unterrichtes das Gebet ge sprochen: „Numpsnngarn ist kein Land, Großungarn ist unser Himmelreich", usw. In den Bürger- und Mittel schulen aber wird vor und nach dem Unterricht das Natio nale Credo gebetet, das lautet: Ich glaube an einen Gott, ich glaube an ein Vaterland, Ich glaube an eine ewige göttliche Gerechtigkeit, Ich glaube an die Auferstehung Ungarns. Nach jedem Hochamt wird die ungarische Nationalhymne gesungen. Mit der Nationalhymne wird auch der alljähr liche Katholikentag geschlossen. Aus diesen kurzen Andeutungen erhellt zur Genüge, wie der ungarische Katholizismus sich zu den Problemen stellt, die sich auf Ungarn und auf die Interessen Ungarns beziehen. Namentlich klar und eindeutig ist die Stellung nahme des ungarischen Katholizismus, wenn es sich um die Austeilung Ungarns bzw. um den Friedensvertrag von Trianon handelt. Die Austeilung Ungarns wird nicht nur als eine staatspolitische Ungerechtigkeit hingestellt, son dern als ein Attentat gegen das Naturrecht und gegen das göttliche Recht gebrandmarkt. Gewiß hat die ungarische Bolitik vor dem Kriiae auü Fehler begangen, aber der Vor der Entscheidung im Ehaco-Krieg?