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MsklW des WMlWS m MW Bischof p Legge spricht im Rahmen -es Festabends zu »en taiholischen Zungmännern Notizen Mn beachtliches englisches Urteil. Die „Times", das führende englische Weltblatt, ver öffentlicht ein „Eingesandt", das richtiger als vieles an dere, was in den letzten Wochen und Monaten über Deutschland geschrieben worden ist, die Lage in Deutsch land kennzeichnet: „Trotz der Vorgänge, die In den letzten Wochen so viel da zu bcigeträgen hatten, Deutschland den Sympathien des Aus landes zu entfremden, sollte man die Bewegung Hitlers nicht oberflächlich beurteilen. Es sei Unsinn, bei den deut schen Ereignissen immer auf das Vorkriegsprcußen Bezug zu nehmen. Daß dies falsch sei, ergebe sich schon aus der zuneh menden Unruhe Hugenbergs, der Ersetzung des Herrn v. Popen durch Hauptmann Döring und ähnlichen Vorgängen. Alles dies deute nicht daraus hin, dafz ein verpreusztcs und energieloses Volk sich nichts weiter wünsche, als dle Rückkehr seiner preu^ fuschen Herren. Neben vielem Krankhaften und Widerwärtigen zeige sich der gesunde Protest der jüngeren Generation gegen ein politisches und wirt schaftliches System, das Millionen arbeitswilliger und tüchtiger Menschen zur Armut verurteilt." Auf solche massvollen Urteile, die vom Streben nach Gerechtigkeit getragen sind, werden hoffentlich die Ver nünftigen im Ausland mehr Wert legen als auf die im mer noch andauernde Hetze unbelehrbarer Kritiker. Aber auch in Deutschland sollten diese wohlgemeinten Urteile Beachtung finden, und die heute den Staat beherrschende Bewegung dürfte Wert darauf legen, daß die Züge der nationalen Revolution, die auch den Freunden Deutsch lands jenseits der Grenzen als „krankhaft" und „wider wärtig" erscheinen können, restlos verschwinden. Und die christlichen Gewerkschaften? Das ist die Frage, die sich jedem weiter denkenden Beurteiler bei der Betrachtung der gegen die Freien Ge werkschaften gerichteten Aktion aufdrängt. Wir haben schon gestern an leitender Stelle betont, datz die christ lichen und Hirsch-Dunkerschen Gewerkschaften durch die Aktion unter der Führung Dr. Leys in eine Zwangs lage geraten sind. Dr. Ley selbst hat sich am Dienstag zu dieser Frage geäußert: „Sic werden fragen, was nun mit den christlichen Gewcrk- fchaslen und anderen Gewerkschaften geschieht. Sie werden f i ch von selbst g l e i ch s ch a l t c n. Ihre Vertreter waren bereits bei mir. Hier sind keine Gewaltaktionen nötig. Schalten sie sich nicht gleich, dann werden sie dem Auflösungsprozeß ent gegengehen." Au Deutlichkeit läßt diese Stellungnahme nichts zu wünschen übrig. Der Nationalsozialismus wünscht eine völlige einheitliche Gestaltung des Gewerkschaftswesens, und er hat die Macht, die Erfüllung dieser Forderung zu erzwingen. Das „Wie?" der Erfüllung ist allerdings noch unklar. Es wäre sehr erfreulich, wenn man das nationale Verdienst, das die christlichen Gewerk schaften sich durch ihren Kampf für das deutsche und christliche Wesen unserer Arbeiterschaft errungen haben, anerkennen würde, indem man ihre Erfahrung bei der Durchführung der Gewerkschastsreform in führender Weise nützte. „Christliche Unduldsamkelt.- Unter dieser Ueberschrift lesen wir einen Protest gegen die Wiederherstellung des christlichen Religions unterrichts in Sachsen. Nicht in einer Freidenker-Zeit schrift — die sind ja verboten — sondern in Luden dorffs Volksmarte (Folge 17 vom 30. April 1933). Dort wird in einer Zuschrift aus Sachsen dagegen pro« Ein Festabend vor den Katholiken Bautzens beschloß die Veranstaltungen des Sonntags. Trotz dichtgestellter Stuhlreihen wollte der Platz nicht reichen: denn die Gemeinde nahm regen Anteil. Exz« l- lenz Bischof Legge war in Begleitung Domdekan Hartmanns u. a. Herren des Domkapitels zu aller Freude erschienen. Einige Scharlieder, die sich mit ihrem bedeutsamen Texte und den alten Melodien dem Gedächt nisse gut einprägen, leiteten ein. Daun sprach der Diöze- sanleitcr I. Henke. Er entbot Sr. Exzellenz unter seiner Begleitung namens der Jugend und Gäste ehrfurchtsvollen Gruß und hob die Wichtigkeit der Diözesantagung in kurzen Sätzen nochmals hervor. Sein Gruß galt auch einem warmen Freunde des Verbandes, Landtagsabge ordneten Amtmann Müller-Dresden, der in kurzen anfeuernden Worten die katholische Sachsenjugend auf forderte, von ganzem Herzen im nationalen Deutschland schöpfend aus unserer Weltanschaung mit Gott und un serer Kirche für das deutscl)« Vaterland zu wirken. Dann fesselte V e z i r k s p r ä s e s Kaplan Dr. Tilmann die Hörer. Dio Worte eines Liedes der Feldgrauen von 1914 „Deutschland, mein Deutschland, du kannst nicht un tergehn" seien auch heute jedes hoimatlictxmden Deutschen hofsnungsfrohe Zuversicht. Ost schien Deutschland am Ende seiner Kraft. Als einst die Hunnen des Reiches Ge filde überschwemmten, als viele Jahrhunderte später van Norden her die Schweden kamen und als Herren sich ge bärdeten, als Napoleon uns zu Frankreichs Kolonie machen wollte, schien das Vaterland zu sterben — aber es lebt. Und die Kämpfe im Innern spalteten das Volk — und doch Deutschland lebt. Die Idee vom recht gefühl ten Deutschland so groß und schön, tapfer und innerlich stand zu allen Zeiten und steht auch heute im Herzen der Jugend. Sie muß dies Deutschland nur zu finden wissen und sein Wachsen und Reifen begreifen lernen. Einst dichte Wälder mit Einsamkeit und verträumten Seen, mit Nixen und Kobolden, mit Geisterraunen und Irr lichtern über der Heide. Dann leuchtet die wärmende Sonne des Christentums auf, aus deutschen Steinen wachsen die herrlichen Dame, in ihnen leuchtet die Ma- nenminne. Und Deutschland weitet sich und strömt sein Herz aus in die Grenzlande, die zusammengefaßt sind im Kaisertums voll Macht und Gewalt. Künstler, Dichter, Geistesherren, Ingenieure und Erfinder formen am Bilde testiert, daß „Deutschvolk-Kinder" am christlichen Reli gionsunterricht teilnehmen müssen: „Man ist im Begriff, unsere Kinder — die DeuNck ge boren sind — zum christlichen Religionsunterricht zu zwingen. Man greift damit — jedenfalls in diesem Punkte — zu Me thoden, wie sie dem Mittelalter eigen gewesen sind. Man tut dies ohne jede Achtung vor der heiligen religiösen Ueberzcugung anderer. Ja, man tut es — allem Anscheine nach — ohne die geringste Prüfung, ob die andere religiöse Ueberzcugung das Deutschsein des Kindes nicht viel mehr entfalten als das Chri stentum dazu in der Lage ist, und ob sie nicht eine Sittlichkeit enthält, die der des Christentums mindestens gleich ist." Der Einsender legt dann in mehr als drei Zeitungs spalten seine eigene religiöse Auffassung dar, die auf Ele mente des germanischen Heidentums zurückgeht. Betont sein Recht, dem Kinde seine — des Vaters — Gottes erkenntnis zu überliefern. Durch die Teilnahme nm christlichen Religionsunterricht gerate nun das Kind in einen schweren Konflikt: des besseren Deutschland. Co wuchs aus den Edelkräf ten der Nation ans der Heiligkeit des Christenglaubens empor das Deutschland der Helden und Heiligen. Die rauhe Wirklichkeit zeigt uns freilich oft ein anderes Deutschland bitterster, elendhafter Not. Es breitet sich aus in den Elendsguartieren der Großstädte, starrt uns entgegen aus hungernden von Not und Sünde gezeich neten Gesichtern. Tie katholische Jugend steht zwischen beiden Deutschland, steht auf dem harten Boden der Wirklichkeit, die Augen erhoben zu den leuchtenden Sternen der Vergangenheit. Wir müssen ringen um un ser Vaterland und uns für diesen Kampf schulen mit den Mitteln des Iungmännerverbandes. So wollen wir Bau leute sein, in den Augen einen Schein heiliger Liebe, auf den Lippen das Dichterwort „Deutschland mein Deutsch- land, du kannst nicht untergehn". Herzlicher, dankbarer Beifall lohnte dem Redner seine Anspraci)«.. Exzellenz Bischof Legge knüpfte an die „Struktur des Gewordenen" an wie es Dr. Tilmann so anschaulich geschildert hatte. Dies Rück besinnen auf die Schönheit des Vaterlandes mache uns stolz und froh. Aber die Jugend fühle sich auch verpflich tet dem deutscizen Lande und der Regierung in Liebe zu dienen. Ein Schlußwort von Pfarrer Sprentzel, der Ton film vom Neichstresfen der Sturmsäzar in Koblenz und der aufrüttelnde sehr würdig vorgetragene Sprechchor „Slater unser" rundeten den Festabend ab. Am 3. Tage fand wieder eine Gemeinschastsmesse statt, es folgten die Präsides- und Präsekten konferenz, in denen die gesammelten Erfahrungen ausgetauscht wurden. In 3 Arbeitskreisen wurde noch fleißig gearbeitet. Die geschäftsordnende Hauptversammlung brachte die Berichte, Antrag, behandlung usw. Dann war der Verbandstnq zu Ende, alle Teilneh mer nahmen inneren Gewinn mit nach Hause, das dan ken sie ihrer Diözesanleitung, die ihnen so trefslicke geistige Kost vermittelte. Nun ist's im Kolpinglzause zu Bautzen, das den lieben Gästen aus dem ganzen Lande nach besten Kräften diente, wieder still. Miige es allen im 1000jährigen Bautzen gut gefallen haben. „Bisher haben wir es sorgsam vermieden — und cs ja auch vermeiden können —, dem Kinde irgendwelche Werturteile über das Christentum zu geben. Diesbezügliche Fragen ließen sich leicht und taktvoll abwenden . . . Ganz abgesehen davon, daß. wenn nunmehr das Kind zur Teilnahme am Religions unterricht gezwungen wird, seine Seele hin und her gerissen werden muh, indem sie zum Streitplatz zweier gottgläubiger Weltanschauungen wird, ist cs auch verständlich, das; nunmehr eine solche rücksichtvollc Abgrenzung gegenüber den christlichen Anschauungen uns nicht mehr möglich märe, ohne daß wir un sererseits moralischen Selbstmord begingen. Ebenso selbstver ständlich ober ist es auch. daß. wenn wir nunmehr — und das in erzwungener Weise— genötigt wären, das Kind in unserer Gottanschäuung zu unterweisen, darüber die Autorität der Schule zum mindesten während der Stunde des christlichen Re ligionsunterrichts zu Schaden kommen muß." Dos sind sehr interessante, wenn auch in schlechtem Deutsch vorgetragcne Einwendungen. Sie verdienen durchaus ernste Prüfung und zeigen Schwierigkeiten, die bei einer endgültigen Regelung der Schulfrage auszuräu- men sein werden. Steine und Schicksale Rom«« von Olsri- von «anstein (Nachdruck vrrboten) ' (2. Sorliekuny) Sle tll auch eine Art Fremdkörper diese große Bijouteriesabrik von Groß L Leute, aber ein Fremdkörper, der Gutes geschaffen hat. Als nach dem großen Weltkriege in allen Ländern das Geld knapp wurde, als es keine Ab nehmer mehr gab für Brillanten und echten Schmuck, als niemand Geld hatte, kostbare Kunstwerke aus Achat zu er werben, da hatte Herr Groß seine Fabrik gegründet und gibt nun mehr als sechshundert fleißigen Menschen gut bezahlte Arbeit. Mit ihm noch mancher andere. Statt echten Schmuckes werden Halbedelsteine und zum Teil Kunstprodukts verarbeitet. Eimiliketten und Ringe von den teuersten bis zu den Massenartikeln der Groschen basare. In großen Fabriksälen sitzen vor ihren Maschinen Frauen und Männer. Da flechten sich automatisch Drähte zu billigen Uhrketten. Da wird gepreßt, gestanzt und ge nietet. Da entstehen die kleinen vergoldeten Filigranketten ans zierlichen Kugeln, di« in Oporto als portugiesisches Er- zeugnis verkauft werden. In einem dieser Säle zwischen vier Maschinen, di« ohne menschliche Hilfe di« Majsenwar« billiger Uhrketten aus vergoldetem Draht znsammensügen, sitzt Johaninr Melzer. Klein ist sie und zierlich, das dunkle Haar und di braunen lebhafte» Augen geben ihr etwas Südländisches. Sie ha tdie Arbeit der vier Maschinen zu bewache» und nur dann einzugreifen, wenn der Zufall es will, daß etwas an den unzähligen kleinen Hebeln und Fangarmen, Schneidemessern oder Zangen des genial erdachten Ar beiters in Unordnung gerät. Es ist ein bevorzugter Posten, den sonst Männer betreuen, aber Herr Groß weiß, datz er sich auf Johanna Melzer verlassen kann. LVährend sie in ihrer etwas abseits der großen Ar beitstische gelegenen Ecke sitzt und ihre Augen mechanisch alles beobachten, schweifen ihre Gedanken umher. Wie schlecht doch di« Geschäfte gehrni. Mit wir schweren Sor gen kämpfen TZater und der Bruder um ven eigenen, klei nen Betrieb! Bis vor wenigen Wochen war auch sie noch daheim gewesen, jetzt wurden die sechzig Mark Wochen lohn, die sie bekam und die fünfzehn Mark, die sie noch in abendlicher Heimarbeit dazu verdiente, wenn sie die Ket ten mit rascher Hand auf die Kartonblntter nähte, not wendiger gebraucht, als ihre Kraft in des Vaters Werk statt, deren wenige Maschinen fast still standen. Dann huschten andere Gedanken durch ihren Kopf- Sie ist ja ein siebzehnjähriges junges Mädel! Hanna lacht unwillkürlich auf. Wie verliebt hatte sie der blondlockige August Ark angeschaut, als sie am letzten Sonntag, wie es üblich war, in Oberstein in ihrem büntleuchtenden Sonntagskleid mit den lustigen Freun dinnen in der Hauptstraße promenierte. Ein hiibscl>er, frischer Junge, der August! Mrs er sür große Pläne in seinem Kopf hatte! Was er nicht alles in sie hinein sprach! Und dann? Dann war der andere ge kommen, Wilhelm Wald, der magere Diamantenfchleifer, der fast anssah, wie ein Italiener, und in dessen heißen Augen so schnell der Jähzorn loderte. Mit wie bösen Augen der Dreiundzwanzigjährige den Achtzehnjährigen anblitzte und sich an ihre Seite drängte, bis sie endlich hell auflachend davongelausen «Ir in die Vorstellung im Popkino gegangen war. Irgend etwas knirscht, und eine Maschine steht still. Johanna tritt heran und beseitigt rasch mit geschickten Fin gern das Hindernis. Nock hatte sie keine Zett, an dumme Liebesgeschichten zu denken, aber es machte ihr Freude, datz zwei der hübschesten jungen Männer hinter ihr her waren . .. Wieder einige Straßen entfernt, in einem anderen großen Fabriksaal, halb auf dem Wege nach Idar, schafft Wilhelm Wald, der Diamantenfchleifer. Zweihundert fünfzig Arbeiter hat die Fabrik in früheren Jahren be schäftigt, jetzt sind es kaum noch vierzig. Bis vor dem Kriege waren die Diamantenfchleifer von Oberstein und Idar selbst auf den großen Diamanten börsen in Amsterdam und Antwerpen gewesen und hatten auf eigene Rechnung kostbare Steine gekauft. Mit dem Kriege ivar alles wie abgeschnttten, und die Holländer rich. teten eigen« Schleifereien ein. Aber bald kam. die Er kenntnis, daß man nicht lernen kann, was tn Jayrhun- derten ererbt wurde. Nun sind die Lohnschleis«reien, die für das Ausland arbeiten, die einst selbständigen Großunternehmer Knapp ist das Geld geworden in der ganzen Welt. Die russischen Großfürsten, die einst mächtige Abnehmer waren, sind selbst verarmt, auch der Amerikaner hält mit dekt Dollarnoten zurück. Mit sechs anderen jungen Männern sitzt Wilhelm Wald an dem Schleiftisch. Kaum stecknadelgroß ist der winzige Diamant, auf den er vierundfünzig Fassetten zu schleifen hat, die noch dazu nach ganz bestimmten Regeln der Lichtstrahlen angeordnet sein müssen. Mit nacktem Oberkörper sitzen sie da. die Lötlampe neben sich, an deren heißer Flamme sie den Klebstoff er- rvarmen, mit dem sie die kleinen Diamanten an Hand griffen befestigen, um sie schleifen zu können. Angespannt arbeitet Wilhelm Wald, der geschickteste Schleifer des Werkes. Angeboren ist ihm jeder Handgriff, und selten nur blickt er durch die Lupe, um sich selbst zu kontrollieren. „üvald!" Der Besitzer hatte die Tür seines Kontors geöffnet. „Morgen wird eine Gruppe von Amerikanern unseren Betrieb besichtigen. Ich muß nach Trier, und Sie werden die Herren führen." „Jawohl, Herr Horn." Dann beugte «r sich wieder über seine Arbeit. ck Mit langsamen, wuchtigen Schritten gebt Heinrich Ark durch den Abend auf das kleine Haus zu, in dem er wohnt. Bei der Schleife hatte er sich von dem Bruder ge trennt, sie hatten kaum noch miteinander gesprochen. Nur beim Abschied sagte er zum Bruder: „Bleib daheim, Georg, frage einmal den Arzt —" „Was soll der mir sagen! Aber daheim bleiben werd« - ich wohl bald müssen." Dann sieht der Kranke auf die verwitterte Hütt«, und in feinen Augen ist saft etwas wie Haß. — „Warum soll sie nicht verfallen? Werden wir es nicht auch und früher al» sie?" (Fortsetzung folgt.)