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Nr. 220. Sächsische Volkszeitung Seite 2 Eden über die Minderheitenfrage Genf, 21. Sept. Freitag vormittag wurde in der Politischen Kommission die Aussprache über den polnischen Vorschlag auf Verallgemeinerung der Minderheitcnschußvcrträge von neuem eröffnet. Zuerst wandten sich je ein Vertreter Bulga riens und Australiens gegen die von Polen vorgeschlagene in ternationale Konsercnz. Beide Redner erklärten es sei nicht angängig, sich einseitig von einer Minderheitcnschutzverpjlich- tung loszusagcn. Darauf ergriff für Großbritannien Lordsiegelbe wahrer Eden das Wort. Es handele sich, so sagte er, bei der Frage der Schußvcrträge, wie auch Briand seinerzeit fest gestellt habe, um eine in jeder Hinsicht begrenzte Frage. Einige Staaten, deren Gebiet außerordentlich vergrößert wor den sei, hätten auch bestimmte Bürgschaften aus sich nehmen müssen. Der begrenzte Charakter dieser Frage sei auch im Jahre 1929 vom Völkerbundsrat aus Grund eines Berichtes des Dreicrkomitees ausdrücklich bestätigt worden. Man müsse sich, so fuhr Eden fort, daran erinnern, daß die Minderheitenfrage allein aus der Tatsache entstanden sei, daß bei dem terri torialen Wechsel aus Grund der Fricdensver- träge diejenigen Staaten, die große, neue Gebiete erhalten hätten, gleichzeitig große Mengen einer Bevölkerung über nommen halte, die rassenmäßig nicht mit dem neuen Staat verwandt gewesen sei, sondern mit den benaächarten Staaten, mit denen das neue Land in den meisten Fällen soeben noch im Kriege gestanden hatte. Eden nannte zwei Hauptziele des geltenden M i n d e r h e i t e n s y st e m s: 1. Europa Ruhe zu verschassen durch die Gleichberechtigung der Minderheiten und 2. zu erreichen, daß Streitfragen, die aus der Zuteilung dieser Minderheiten zu einem Lande entstehen könnten, nicht zu Slreisragen zwischen den zwei benachbarten Ländern wür den, sondern in einer unpersönlichen Weise durch eine neue internationale Organisation innerhalb des Völkerbundes ge löst würden. Daraus geh« hervor, daß auf uns allen hinsichtlich dieser Minderheiten, die infolge der Fricdensvertrüge einem anderen Lande zugeteilt worden seien, eine besondere Verantwortung ruhe. Eden fuhr dann fort: Es gibt kein ähnliches Weltproblem, das die Ausdehnung dieses ganz besonderen Problems aus die ganze Welt rechtfertigen wüiÄe, schon deshalb nicht, da anders wo keine derartige Verpflanzung einer Bevölke rung von einem Staat i_n den anderen stattgefun- den hat oder in Aussicht genommen ist. Wenn der Mechanis mus, der für diesen ganz besonderen Zweck geschaffen worden ist, in anderen Ländern angewandt werden müßte, wo zwar Minderheiten vorhanden sind, wo aber nicht das gleick)« inter nationale Problem besteht, so würde eine wirkliche Gefahr be stehen, daß allein die Tatsache dieses Mechanismus das Pro blem dort erst schasst, wo es nach gar nicht bestanden hat und ohne diesen Mechanismus niemals austauchen würde. Eden kam dann auf die Juden frage zu sprechen. Es sei berechtigt, in bestimmten Staaten den Juden Minderheiten rechte zu gewähren, aber in der Mehrheit der Staaten sei diese Frage unbekannt. Natürlich, so führte Ede» weiter aus, träge jede Regie rung auch da, wo die internationale Frage nicht bestehe, die Verantwortung für die Bevölkerung aller Rassen, Sprachen oder Religionen. Tatsächlich müsse jede Regierung auch nach der Behandlung beurteilt werden, die sie jedem Teil ihr r Untertanen zuteil werden lasse. Das sei ein Element der Zi vilisation und daraus gründe sich der gute Name eines Staates. Dann wandte sich Eden noch gegen den Vorschlag, eine in ternationale Konferenz mit dem Ziele einer Verallgemeinerung des Minderheitenschutzes einzuberusen. Berlins größte (Linbrecherorganifation ausgehoben 60 Einbrecher und Hehler gefaßt — Mer soo Geschäfts- und Wohnungseinbrüche aufgeklärt Berlin, 21. September. Im Verfolg einer mehrmonatigen umfangreichen Aktion hat die Berliner Kriminalpolizei jetzt einen neuen ganz großen Schlag gegen die Berbrechcr.velt der Reichs hauptstadt zum Abschluß gebracht. Mit diesem Erfolg wurde endgültig einer »veitverzweigten Einbrccherorga- nisation das Handwerk gelegt, die in den Annalen der Berliner Kriminalgcschichte bisher ohne Beispiel dasteht und die in ihrem Ausbau nur mit den organisierten ame rikanischen Berufsverbrecherbanden verglichen werden kann. Nach zmölfwöchigen ununterbrochenen Ermitte lungsarbeiten konnten nach und nach über 60 Einbrecher und Hehler, darunter mehrere Frauen, sestgenommen werden, denen bis heute etwa 13 0 zum Teil bis in das Jahr 1932 zurückliegende Ge s ch ä f ts e i n b r ü ch e aller Art und etwa 180 W o h n u ng s e i n b r ü ch e in Groß-Berlin einwandfrei nachgewiesen wurden. Darüber hinaus aber kommen aus das Konto der meist schon er heblich vorbestraften Banditen, die durchschnittlich 20 bis 30 Jahre alt sind, noch etwa 200 weitere kurz vor der Aufklärung stehende W o h n u n g s e i n b r ü ch e. Trotz ihrer Jugend haben es einige von ihnen nach eige- nemGeständnis fertig gebracht, an über 100, in einem Fall sogar an mehr als 200 Einbrücl-en beteiligt zu sein. Wenn man bedenkt, daß bei fast jedem Einbruch Beute im Durchschnitt von 1000 bis 4000 Mark gemacht worden ist, so kann man sich eine Vorstellung machen, welche Vermögenswerte der Volksgemeinschaft durch diese Schädlinge verloren gingen. Jetzt konnte Diebesbeule im Werte von rund 20 000 Mark wieder herbeigeschasst werden. WW versucht, uns glauben zu machen, daß der Durchschnitts amerikaner viel zu nüchtern denke, als daß er sich revo lutionären Tendenzen hingeben könne. Aber die wach sende Not und die Aussichtslosigkeit, angesichts des star ken Widerstandes der Wirtschastskapitäne wieder zu Wohlstand und zu Arbeit zu kommen, könnte schließlich doch — und zwar in absehbarer Zeit — dahin führen, daß der Kommunismus und mit ihm der politische Bol schewismus zu einem Faktor im öffentlichen Leben der Vereinigten Staaten würde, der die Gefahr einer gewalt samen Entladung in sich birgt. Das Schlagwort von der „Prosperity", das zwei Jahrzehnte lang die Vereinigten Staaten beherrscht hat, hat längst einen bitteren Beigeschmack bekommen. Es geht heute schon nicht mehr darum, diese Prosperity auf leben zu lassen, sondern es beginnt — deutlich sichtbar —, der Kampf gegen den Untergang, der Kampf um eine völlige Wandlung des überkommenen Systems. Relchsminlster Dr. Frick an die Deutschen Christen Berlin, 21. September. Zu der bevorstehenden Reichstagung der Deutschen Christen hat der Reichsmini ster des Inner» Dr. Frick ein Geleitwort geschrieben. Darin heißt es u. a.: „Die derzeitigen Spannungen in der deutschen evangeli schen Kirch« erfüllen mich mit ernster Sorge. Ich begrüße des halb jeden Anlaß, der die Möglkhkeit bietet, die Befriedung der Lage in der deutschen evangelischen Kirche zu fördern. Nach Abschluß der organisatorischen Neuordnung werden alle Kräfte eingesetzt werden müssen, um zu einer Verinner lichung des religiösen Lebens zu gelangen. Nur auf diesem Wege kann ein für Bolk und Staat in gleicher Weise gedeihlicher Ausbau der evangelischen Kirche vollzogen werden, bei dem alle kirchenpoliliscl)en Bestrebungen einzelner Rich tungen unterbleiben müssen, wenn es zur Gestaltung einer Kirche in des Wortes tiefster Bedeutung kommen soll." Arbeitsausschuß gegen die Linfaltgefahren bei der Reichsbahn Berlin, 21. September. In ihrem ständigen Bestre ben zur Herabminderung der Unsallgefahren im Eisen bahnbetrieb hat die Deutsche Reichsbahngesellschast einen wichtigen Schritt vollzogen. Es wurde nämlich zur Nach prüfung dr Handhabungen des Betriebsdienstes ein be sonderer Arbeitsausschuß eingesetzt mit der Aufgabe, unter anderem zu prüfen, ob und wo es an der nötigen Betriebsaufsicht fehlt. Aus dem Mrinedienst scheiden aus Berlin, 21. S«pt. Der Führer und Reichskanzler hat ver fügt: Aus dem Marinedienst scheiden mit dem 30. September aus: Vizeadmiral Freiherr von Freyberg-Eisenberg-Allmendin- gen, Leiter der Gruppe sür Seekonferenzen; Vizeadmiral Groos, Dr. phil. h. e., Ches des Marine- kommandoamtes; Konteradmiral Kolbe, Befehlshaber der Aufklärungsstreit- kräste; Kapitän zur See Krafft, Kommandant von Pillau; Kapitän zur See Wehr, Kommandant des Marinearse nals Kiel, Kapitän zur See Gebhardt, Vorsitzender des Erprobungs ausschusses sür Schisssneubauten; Kapitän zur See Haeker, Direktor des Torpedo- und Navigationsressorls der Marinewerft Wilhelmshaven; Kapitän zur See des Marincingenieurwesens Strauch, Stationsingenieur bei der Marinestation der Ostsee; Kapitän zur See des Marineingenieurwesens Schuh macher, Direktor des Ausrüstungsressoris der Marinewerft Wil helmshaven; Flottenarzt Dr. Krauß, Arzt beim Flottcnkommändo. Brandstiftung in Klein-Hennersdorf Spritzenwagen in einen Bach gestürzt. Landeshut (Schief-), 21. September. In Klein-Hen nersdorf (Kreis Landeshut) wütete in der Nacht zum Frei tag aus dem Anwesen des Scholtisei-Besitzers Otto Teich mann ein Großfeuer. Infolge böswilliger Brandstiftung sindzweigroßeScheunenmitfaKdergesam- ten Ernte der über 500 Morgen grossen Wirtschaft, viele landwirtschaftliche Maschinen und Geräte vtr- brannt. Eine Spritzenmannschaft aus Görtelsdorf Kleine Okronile Kein Zugendlicher vom Osterjahrgang beschästlgungslos Berlin, 21. Sept. Der Sachrcserent in der Reichsanstalt sür Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Obcr- regicrungsrat Dr Handrick, macht in der „Arbeitslosen hilfe" die erfreuliche Mitteilung, daß es den Bemühungen aller beteiligten Steilen gelungen sei, das Problem der Unter bringung der schulentlassenen Jugendlichen in der Wirtschaft sür den so stark übcrsütlten Entlassungsjahrgang Ostern 1934 zu lösen. Englischer Tank explodiert London, 21. Sept. Bei den gegenwärtig in der Nähe von Ewindc» stattsindenden Felddienstübungen verunglückte am Donnerstag ein 16-Tonen-Tank der ersten englischen Tank- Brigade. Aus noch nicht aufgeklärter Ursache geriet der Bcn- »nvorrat der Kriegsmaschine in Brand und brachte seine Ge- chütz- und Maschinengewehrmunition zur Explosion. Die Mami- chäft konnte sich rechtzeitig durch Abspringen retten. Der ührerlose Tann, aus dem zehn Meter hohe Flammen empor- chossen, rollte unter sorlwährendcn Explosionen und Dctona- ionen einen Hügel abwärts. Ein aus seinem Wege -befind licher anderer Tank wurde von seinem Führer zur Seite gc- verunglückte auf der Fahrt zur Brandstätte schwer, da sich kurz vor Klein-Hennersdorf von dem Spritzcnwagen auf unerklärliche Weise die Stcuerungskette des Handpferdes löste. Die Deichsel zerbrach. Die Pferde konnten nicht zum Stehe» gebracht werden. Die Spritze geriet ins Schleudern und stürzte mit einer Besatzung von 5 Mann über die etwa 2 Meter hohe Böschung in den Ziederbach 3 Personen wurden schwer und 2 leichter verletzt. Schweres Krastwagenunglück bel Eisenach Bier Schwerverletzte. Eisenach, 21. September. Freitag früh ereignete sich am Eingang des Ortes Sättelstädt aus der Brücke Uber die Hörsel ein schwerer Krastwagenunfall, bei dem vier Personen schwer verletzt wurden. Ein Kraftwagen, der aus München kam, konnte offenbar infolge zu großer Geschwindigkeit die Biegung vor der Brücke nicht mehr nehmen und fuhr gegen das eiserne Brückengeländer, an dem er hängen blieb. Ein Herr, der durch die zertümmerte Schutzs<l)eibe des Wa gens kletterte», ohne zu ahnen, daß der Wagen in der Luft hing, stürzte in die Tiefe, wo er mit schweren Ver letzungen liegen blieb. Die übrigen drei Insassen trugen schwere Gehirnerschütterungen davon, Alle vier wurden Asien und zerbrach dabei einen Tclegraphenmast. Der durch gegangene Tank blieb schließlich in einer Hecke hängen und brannte vollständig aus. Der mißhandelte Bergmann Schulz erst jetzt untersucht Saarbrücken, 21. Sept. Die Regierungskommission hat gestern eine amtliche Untersuchung des bei dem Uebersall bei Münchwies von Polizeibcamten schiver mißhandelten Berg manns Anton Schulz ausnehmen lassen. Es ist also außer ordentlich ausfällig zu bezeichnen, daß diese Selbstverständ lichkeit erst am b. Tage nach der Tat angeordnet wurde. Begleitet Prälat Kaas den Kardinalstaat-, sekretär pacellt nach Buenos Aires? Die holländische katholische Zeitung „De Tijd" berichtet aus Rom, daß Kardinalstaatssekretär Pacelli, der bekanntlich als päpstlicher Legat an dem Eucharisti schen Weltkongreß in Buenos Aires teilnehmen wird, auf dieser Reise von Prälat Dr. Kaas begleitet werde. Eine amtliche Bestätigung der Meldung liegt nicht vor. in das Eisenacher Krankenhaus gebracht, wo sie bewußt los darniederliegen, so daß ihre Personalien bisher noch nicht sestgestellt werde» konnten. Vermutlich handelt cs sich um zwei Bayer» und zwei Amerikaner. Der Un- gliickswagen befand sich auf der Fahrt nach Bremen, wo eine Dame, die zur Reisegesellschaft gehörte, heute einen nach Neuyork abgehenden Dampfer benutzen wollte. Der Wagen hat die Erkennungsnummcr ll A 26824. Grubenunglück bei Aachen Ans der Grube Adolf bei Mcrksicin ereignete sich am Donnerütagnachmittag gegen 4 Uhr ein schwerer Unfall, bei dem zwei B e rg l e uT.e getötet und zwei schwer verlebt wurden. In einem 80 Meter tiefen Stapel der Ncvicrc 3 und 8 hatten Bergarbeiter Holz ans einen Korb gesetzt. Beim Fahren des Korbes legten sich die Stangen gner, so daß die Holzträger ineinandergerieten und der Boden ans dein Korb herausgedrückt wurde. Ter Hauer Torck aus Schreis feld kam dabei zu Tode, seinem Arbeitskameraden Beul, ebenfalls aus Schreisfeld, wurden beide Beine abgc- guctscht. Er erlag seinen schwere» Verletzungen auf dem Wege zum Krankenhaus. Tie Verletzungen der beiden an deren Bergleute sind ebenfalls schwerer Natur. Dresdner Vörse vom 21. September Ruhig. Im allgemeinen lagen die Kurse bei ruhigem Geschäft nur wenig verändert. Einige in letzter Zeit stark gefragte Papiere waren heut« wesentlich niedriger. Anleihen lagen uneinheitlich. — Wunderlich stellten sich 2,75 Proz., Großenhainer Wcbstuhl 2 Proz., Rosenthal 2,5 Proz., Wanderer 5,5 Proz. und Vereinigte Bautzncr Papier 1,4 Proz. nied riger. Mehrere Papiere verloren je 1 Proz. Etwas fester waren Kraftwerk Thüringen (plus 2 Proz.), sowie Residenz» Baubank, Deutsche Eisenbahn-Belriebsgesellschast und Hansa- Brauerei je plus 1,5 Proz. — Ain Anleihenmarkt waren Dresdner Schatzanmeisungen 1929 um 0,4 Proz. fester, Dresdner Schätze 1928 1 Proz. Dresdner Altbesitzanleihen büßten 2 Proz. ein, Dresdner Neubesitz notierten gegenüber 7. S. um 1,5 Pro-, niedriger. Pfandbriefe ruhig und wenig verändert. Kursnotierungen: Reichsanleihe Altbesitz 96,25; Reichs« bctnk 150; Sächs. Bodencreditanstalt 83; Chem. Fabr. v. Heyden 95,25; Chem. Fabr. Heisenberg 93; Dresdner Gardinen 58; Elektra 162; Erste Kulmba6)er V5; Felsenkeller 83; Kulm bacher Rizzi 106; Miinosa 172; Peniger Patentpapier 33; Polyphon 17; Radeberger Exportbier 178; Neichelbräu 127,5; Schubert u. Salzer 169,25; Soc.-Brauerei Waldschlößchen 78; Wanderer 128; Zciß-Ikou 80. Witterungsausflchlen der Dresdner Wetterwarte WMerungsaussichten: Rasch wechselnde Bewölkung mit kurzen Aufheiterungen. Meist lebhafte Winde aus SUdwest bis West. Kühl und strichiveile leichter« Regen» schauer.