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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.09.1916
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1916-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19160920026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1916092002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1916092002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-09
- Tag 1916-09-20
-
Monat
1916-09
-
Jahr
1916
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Aut solchen Erwägungen ist dl« neu« D«utsche ArbeilS - gemelnschaft erwachsen, dle ln der Vorwoche tn Wien be- gründet worden ist. Sie ist nicht ganz das geworden, wat man zwischen Ollern und Pslnasten geplant hatte: nicht eine Partei außerhalb d«S Deutschen Nalionalverbandes, sondern ein« Gruppe in ihr. die auch dle deutschen Männer, die ihm bislang nicht an- gehörten, ihm nun anschließt. Aber vielleicht wird sle gerade in dieser Gestalt alt Sauerteig sich erweisen, der dem allgemach etwas müde gewordenen Nationalverband neuet Leben einhaucht. Der diet schreibt, hat vor acht Tagen in Wien den Besprechungen bet- gewohnt, die der Gründung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft vorausgingen, und er hat den Eindruck mit hinweggenommen, daß hier ein gutes Werk in guten, soll heißen, gut österreichischen, aber nach gut deutschen Händen ist. * * Dle Annahme der ungarischen Regierungsvorlagen. Das unga- rische Abgeordnetenhaus setzte gestern die auswärtige Debatte fort. Die Verhandlung dürste heule nach den Schlußreden Anbrassyt und Apponyis mit der Ablehnung ihrer Anträge durch die Majorität beendet werden. Dl« Ausschüsse des Magnatenhauscs nahmen nach kurzer Debatte alle Regierungsvorlagen an. Krieg und Klatsch Dle Veröffentlichung des Briefwechsels, der zwischen dem Reichskanzler und dem Großadmiral v o n Tirpth in Sachen des U-Bootkrieges statlgcfunden hat, führt dem deutschen Volke vor Augen, wie leidenschaftlich die Gemüter in jener An gelegenheit sich erhitzt haben, und in welchem Maße verdächtigen der Klatsch bei der Stellungnahme zum U-Bootkriege beteiligt ge wesen ist. Dem Großadmiral von Tirpih wird jedermann die Em pörung darüber nachsühlen, daß ihm unterstellt worden ist, falsche Angaben in der U-Boot-Angelegenheit gemacht zu haben. Aber auch der «Reichsleitung" muß das Recht auf die gleiche Empörung zuerkannt werden, wenn aus der umgekehrten Richtung derselbe Vorwurf gegen sie erhoben wird. Dabei möge ganz aus sich be ruhen, was in dieser Beziehung, nach der Angabe des Professors Dr. Valentin, der Aeichsleitung in München vorgeworfen wurde. Tatsache ist, daß auch in Berlin und andcrSwo nach dem Rücktritt des Großadmirals von Ttrvttz gegen die Aeichsleitung von An hängern des verschärften U-Bootkrteges Angriffe gerichtet worden sind, die sich mit den Münchener Vorwürfen vollkommen decken. Im Gegensatz zu diesen Ausstreuungen vom Reichskanzler sest- aestellt zu sehen, daß sowohl Großadmiral v. Tirpih als auch Staats sekretär von Capelle die Zahl der frontberetten U-Boote überein stimmend angegeben haben, darf mit Genugtuung als ein gewich tiger Umstand begrüßt werden, der auf den Wert der fraglichen Ausstreuungen ein charakteristisches Licht wirft. Großadmiral von Tirpih hat .in dieser ernsten Zeit' gegen den Urheber der ihn selbst berührenden Verdächtigungen kein anderes Mittel anwenden wollen, als der innere Dienstbetrieb an die Hand zu geben schien. Die gleiche Rücksicht auf den Ernst der KriegSzeit sollte ln allen Lagern bewirken, daß verdächtigender Klatsch nirgends mehr so willige Ohren findet, wie cs nicht nur betreffs des U-Bootkrleges, sondern auch tn bezug auf andere Dinge der Fall war. Die Nei gung. auf sensationelle Ausstreuungen anzubeihen, kann feindlichen Ränkeschmieden nur zu sehr ihr Spiel erleichtern. Norwegen soll hungern! Am Tage Les Beginns der Konferenz von Lhrtstianta traf die Meldung auS London ein, daß England jetzt tatsächlich Norwegens gesamte Korn- und Mehlzufuhr ab chneidet. Nor wegen soll hungern! Das norwegische Volk soll Aindenbrot essen, wie schon einmal, im Jahre 1908, aus Englands Geheiß. Man sage nicht, daß das Zusammentreffen der neuen Sperrmaßnahmen mit dem skandinavischen Kongreß Zufall sei. Man sage auch nicht, -atz der neue Blockadepfetl ja im Grunde nur gegen Deutschland ziele. Nein, England hat ganz bestimmte Absichten auf Norwegen, und ein listiger Schachzug ist auf das .dritte Malmö', auf die Kon- erenz von Lhristiania berechnet. Dort soll der Druck so unerträg- ich werden, daß man nichts beschließt, was England unangenehm ein könnte. Benehmen sich die Vertreter der Nordstaaten in Lhristiania brav und englandzahm, so kann die Getretdesperre sa wieder in Gnaden aufgehoben werden. S o ist es gemeint! Ein Bruder dieses BrotkriegeS gegen Norwegen ist der .Konservenkrteg'. Zum Export der Fischprodukte bedarf die norwegische Konserventndustrie Bleche und Oel. Der hierfür in Frage kommende Oellteferant ist das neutrale Spanien, und das neutrale Amerika ist der Blechlicferant. Aber sowohl sämtliche Oel- als auch Blechiieferungen, die den Wasserweg gehen, also an England vorbei müssen, werden von den englischen Behörden seit langem jedeSmal kurzerhand mit Beschlag belegt. England ist Herr der für alle Nationen freien atlantischen Zufuyrstraßen. lind wer nicht so will wie England befiehlt, der tst übel daran. Nach Schwe den. Dänemark und Holland, die doch nicht zu Englands Gegnern gehören, dürfen die norwegischen Fabrikanten ebensowenig liefern. Zu den Kämpfen bet Hatszeg wie nach den mit England im Kriege befindlichen Ländern, also be fiehlt England. Es dürfte interessant sein, das Instrument kennen zu lernen, mit dem England die norwegischen Industrien knebelt. Dieses Instrument ist ein Schriftstück, das der englische Gesandte in Ehrtstianla im Auftrage seiner Regierung sämtlichen norwegi schen Ftschkonserven- und Konservenbüchsenfabrikanten zur Unter schrift zugeftellt hat und das sie verpflichtet, keine Büchsen her zustellen, die voll oder leer bestimmt sind zum Verbrauch in irgend welchem Lande, das sich jetzt mit Großbritannien und Irland oder mit einem der Verbündeten dieses Landes in Krieg befindet. Zwei oder drei Dutzend Fabrikanten haben unterschrieben. Die übri gen, weitaus die Mehrzahl, wurden von England auf die Schwarze Liste gesetzt. Aber auch von denen, die unterschrieben, sind manche nachträglich gemaßregelt worden. Denn der britische Gesandte in Lhrtstianta ist in Norwegen mächtiger als selbst der norwegische Ministerpräsident, Herr Gunar Knudsen. Die Stunde scheint jetzt gekommen zu sein, in der sich Norwegen entscheiden muß, ob es ein .Griechenland im Norden' werden oder im Bunde mit den skandinavischen Schwesterstaaten der englischen Willkür endlich einmal einen neutralen Damm setzen will. Die nordische MinifterLonferenz vtd. Kopenhagen, 19. September (Drahtbericht.) In einem Ar tikel zur Ministerkonserenz tn Lhristiania macht .BerlingSke Ti den de' zunächst darauf aufmerksam, daß ein bestimmtes Ar- beitsprvgramm für die Konferenz nicht vorliege. Von end gültigen Beschlußfassungen und eingehenden Erörterungen könne schon mit Rücksicht auf die zur Verfügung stehende kurze Zeit nicht die Rede sein. Das Blatt schreibt ferner: .Selbst wenn man die Fragen, die in den kommenden Tagen im Staatsrattsaal des Schlosses tn Lhrtstianta erörtert werden, nur erraten kann, wird man nicht irren, wenn man anntmmt, daß die für sämtliche drei Länder zugleich wichtigste Frage der Arbeit für die fortgesetzte Aufrechterhaltung ihrer Neutralität eine hervorragende Rolle spielen wird. Für all« drei Länder hat nämlich eine Reihe von Umständen diese Hauptfrage stark in den Vordergrund gerückt. Demgegenüber wird eS wohltuend wirken, daß die verantwortlichen Staatsmänner der drei Länder von neuem ge meinsam den einstimmigen festen Willen der drei Völker verkünden, sich vollkommen neutral verhalten zu wollen." Das Blatt begrüßt schließ lich die Verhandlungen als ein wichtiges, für die Zukunft der Länder glückbringendes Ereignis. Der dänische und der schwedische Wlnl.sterpr.ks.t- dent, sowie der dänische und der schwedische Minister des Aeußern sind tn Lhristiania eingetrvffen. Kurz nach ihrer Ankunft wurden sie vom König ln Audienz empfangen. "w. Lhrlstlaala, 20. September. (Drahtbericht.) Der König und die Kvnigin gaben gestern abend für dle Teilnehmer an der Konferenz oernordischen Minister ein Mahl. Der König begrüßte dabei die dänischen und schwedischen Minister in einer Ansprache und hob hervor, daß dle Bevölkerung der Mtntsterkonferenz Vertrauen und Sympathie entgegenbringe. Er sprach ferner darüber sein« Freude aus, daß die Anregungen König Gustavs zur Königs Zusammenkunft inMalmü nicht nur zur Fortsetzung der Ministerkonferenzen geführt, sondern auch in allen Schichten der Bevölkerung des Nordens Anklang ge funden haben. ES sei dies ein Beweis dafür, daß die Gedanken des auf der Neutralität ruhende n Z usammen- wirkens und die Arbeit hierfür innerhalb der Bevölkerung der drei nordischen Länder Erfolg gehabt haben. Der König sprach sodann den Wunsch aus. Laß die Verhandlungen die besten Er gebnisse zum Wohle der drei Länder haben mögen, und schloß mit einem Hoch auf die Könige von Schweden und Dänemark und das Wohl der nordischen Völker. Politische Nachrichten -- Der Reichskanzler nach de» Großen Hauptquartier ab- gerelft. Der Reichskanzler von Bethmann Holl weg hat gestern mit dem Nochtzug Berlin verlassen, um sich nach dem Hauptquartier zu begeben. Der Kriegsausschuh der sächsischen Industrie trat unter dem Vor sitz des Geheimen Kommerzienrats Lehmann zu einer Sitzung in Dresden zusammen. Als Vertreter des sächsischen Finanzministerium; nahmen die Ministerialdirektoren Wirkt. Geh. Rat Exzellenz Dr. Schroeder, dle Geheimen Finanzräte Dr. Böhm«. Dr. Dähn«, Dr. Hoch, Geheimer Rat Dr. Otto, Geheimer Baurat Schmidt und Finanzamt mann Dr. Leyser, als Vertreter des sächsischen Ministeriums des In nern Geheimer Regierungsrat Dr. Morgenstern, die Oberregierungsräte Krantz und Dr. Kupperl, des sächsischen Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten die Gesandten von Leipzig und Legattonsrat Dr. Stein bach, des sächsischen Kriegsministeriums Major Auerbach an den Ver handlungen teil. Die Beratungen betrafen die Frage des Elbe — Donau-Kanals, über die der Direktor der Vereinigten Elbschisf- fahrtsgefellschaften, Herr Gustav Petters, berichtete, der in diesem Zusammenhang« die Frage der etwaigen Erhebung von Schiffahrts abgaben erörterte, lieber die Wahrnehmung der Interessen der sächsi schen Industrie bei dem llebergang in die Friedenswirtschaft unter Berücksichtigung des neugeschafsenen Reichskommlssars für dieses Amt berichtete der Reichstagsabgeordnete Dr. Stresemann. Im Anschluß an die frühere Stellungnahme der sächsischen Industrie zu der Frage der jetzigen Kriegs steuer behandelte Geheimrat Marwitz die Frage der Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz, namentlich unter Berücksichtigung der vorzunehmenden Bilanzierungen der unter das Gesetz fallenden Gesellschaften. Herr Dr. März und Fabrikdirektor Schneider von der Mechanischen Weberei in Zittau berichteten über die Frage der Entschädigungen bei Beschlagnahmen und Enteignungen von Rohstoffen. Die mehrstündigen Verhand lungen, an denen sich neben den Mitgliedern des Krlegsausschusses auch die Vertreter der Ministerien eingehend beteiligten, führten in allen Fragen zu einer Ilebereinstimmung in der grundsätzlichen Stellung- nähme. * Zur Beschlagnahme von Pflaumen und Aepfeln. Beim KriegSernährungsamt gehen so viele Anträgeauf Be willigung von Ausnahmen von den Bestimmungen der mili tärischen Beschlagnahme von Pflaumen und Aepfeln, oft für ganz kleine Mengen ein, daß es nicht möglich ist, alle Anfragen schnei zu beantworten. Grundsätzlich müssen alle Ausnahmen zugunsten von Privatpersonen abgelehnt werden. * Milchkarten iu Baden. Die badische Regierung hat, wie unser Mitarbeiter drahtet, beschlossen, Milch Kar len ein zuführen. -- SV Millionen Kriegsanleihe. Man schreibt uns: Das Direktorium der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte Hal beschlossen, sich auch an der fünften Kriegsanleihe mit einer Zeichnung von 60 Mil lionen Mark zu beteiligen. Damit beläuft sich die Gesamtsumme der Zeichnungen der ReichSverstcherungsanstalt auf die Kriegsanleihen auf 260 Millionen Mark. * Ein Liebeswerk für Südwefiafrika. In Amsterdam hat sich ein Komitee gebildet, das sich zur Aufgabe stellt, deutsche Frauen und Kinder in Südwestafrika und in de.' Kapkolonie, die durch den Krieg und Feldzug ln Not geraten sind, zu unterstützen. — Das holländische Budget für 1917 sieht 800 000 Gulden vor als erste Ausgabe für den Bau von drei Unterseebooten, von denen jedes eine Million Gulden kosten soll, und von Minenlegern, die für 700 000 Gulden veranschlagt sind. Die Gesamtausgaben werden für 1917 auf 300 Millionen veranschlagt. Zur Deckung der Unter- bilanz der gewöhnlichen Ausgaben, die ungefähr vier Millionen be trägt, soll eine Zuschlagsteuer von zehn Prozent auf Vermögen und Einkommen erhoben werden. Die Einnahmen hieraus werden auf drei Millionen geschätzt. * Zeituugsgründung in Medina. In Medina wird demnächst eine groß» mohammedanische Zeitung, die erste in dieser heiligen Sladt.,dcs Islams, gegründet werden. * Amerika gegen die Schwarzen Listen vtd. New Bork, 13. September. (Verspätet eingetrvffen. Funksoruch des Vertreters von W. T. B.) In einem Zeitartikc: über die englische Politik der Schwarzen Listen fragt .Evenina World': «Beabsichtigt England in aller Form den Handelskrieg gegen die Vereinigten Staaten zu erklären, oder soll der amerikanische Handel nur eingeschränkt und auf einsame Ecken beschränkt werden, bis dle britischen Handelsinteressenten ihre zu künftige Vormachtstellung für gesichert halten?' Der Leitartikel sagt weiter: «ES ist die höchste Zelt, daß unser Land sich klar darüber wird, was England vor Hal. Kriegerische Methoden können im offenen Handelswettbewerb zwischen zwei befreundeten Völkern nicht lange geduldet werden. Der Kongreß hat soeben den Präsidenten mit aus reichenden Vollmachten für Wiedervergellungsmaßregeln auSgestattct. Wenn wir sie anwenden, so wird es der Weg sein, so schnell wie möglick herauSzufinden, für wie leicht es das britische Handelsamt Halle, uns beisettezudrücken.' Auf ein goldenes Zeitalter behäbigen Genusses > darf die Menschheit trotz aller Kulkurfortfchrikte nicht rechnen; der Natur gegenüber wird sie sich ln der Zukunft nur mit steigender Anspannung der ihr durch die Kultur verliehenen Kräfte be haupten können. Wilhelm Lexis. August Leskien -s- Geheimrat August Leskien, Direktor des Indogermanischen Instituts der Universität, ist heute morgen in Leipzig nach längerer Krankheit im 77. Lebensjahr verstorben. Wieder ist einer von den Senioren unserer Leipziger Universität heimgegangen: August Leskien, der nächst Wundt der drittälteste Ordinarius unserer vierten Fakultät war. Seit dem Juni 1876 gekörte er ihr in dieser Eigenschaft an, und zwar mit dem Lehrauftrage für die slawischen Sprachen. Außerdem war Leskien Direktor am Indo germanischen Institut, an dessen Leitung außer ihm noch Ernst Windisch und Karl Brugmann teilnahmcn. Geboren am 8. Juli 1840 zu Kiel, wo er auch das Gymnasium absolvierte und die Universität besuchte, um dann seine Studien tn Leipzig fortzusetzen, hatte sich Leskien zunächst der klassischen Philo logie zugewendet. 1864 erhielt er eine Lehrerstellung an unserer alten ThomaSschui«, doch gab er sie schon zwei Jahre später auf, um sich tn Jena unter Schleicher dem Studium der slawischen Sprachen zu widmen, mit dem er sich schon vorher angelegentlich beschäftigt hatte. Be reits 1867 habilitierte er sich tn Göttingen als Privat dozent für dieses Fach; 1869 berief ihn die Universität Jena als außerordentlichen Professor der vergleichenden Sprachwissenschaften, und im nächsten Jahre kam er in gleicher Position als Extraordinarius für slawische Sprachen hierher nach Leipzig. Mithin gehörte LeSkten unserer, Universität als Lehrer bereit» sechs Jahre lang an, als seine Anstellung al» Ordinarius erfolgte. LeSkten war Ehrendoktor der Universität Lhristiania und Ehren mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften tn Wien, Mit glied der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, der Fürstlich IablonowSkyfcheu Gesellschaft, der Akademien ln Berlin, München, Prag, Lhristiania u. a. Schwer übersehbar ist die Zahl seiner Schriften: sic betreffen nicht bloß sein eigenstes Arbeitsgebiet, das weite Feld der slawischen und der so genannten baltischen Sprachen, sondern auch andere Glieder der indo- aermanilchenSprachfamille.namentlich da-Griechische unddaSGermantsch«. Es tst ihm vergönnt gewesen, auf den Entwicklungsgang zweier Wissen schaft«» bestimmend «inzuwirken. Zunächst hat er wie kaum ein anderer zur Begründung der exakten Methode der modernen Indogermanistik detgetragen. In dieser Richtung tst besonders sein« im Jahr« 1876 erschienene Schrift „Die Deklination im Slawisch-Litauischen und Germanischen" zu nennen, die wohl tn höherem Maße al» jede andere sprachwissenschaftliche Veröffentlichung der damaligen Zett zu einer umfassenden Revision der Methode der sprachgeschichtlichen Forschung Anstoß gab und an deren Leitsätze dle sogenannten „Jung grammatiker", d. h. die unter den Indogermanisten allmählich zur Herr schaft gekommene und noch heute herrschende Richtung, immer wieder angeknüpft haben. Ebenso hat er dle slawische Philologie auf bedeut same Höhe aebrackt. August Leskienä Andenken wird tn der wissen schaftlichen Welt für immer tn hohen Ehren bleiben. Der auferstandene Schelmuffski Eine der seltsamsten Gestalten der neueren deutschen Literatur geschichte feiert durch eine vom Insel-Verlage vorbereitete Neuausgabe ihre Wiederauferstehung. Dies ist Christian Reuter, jener der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert angehörige sächsische Satiriker, dessen Schriften Professor G. Witkowski in einer Gesamtausgabe vorlegk. Reuters Leben und Schaffen können mit Fug ein Roman genannt werden. Ein Bauernsohn aus Kütten bei Halle, wo er am 9. Oktober 1665 gelaust worden war, zog er als Dreiundzwanzigjähriger gen Leipzig, um Goltesgelahrtheit zu studieren, und wurde dort ein reich lich bemoostes Haupt, einer jener ewigen Studenten, an denen unse-e Hochschulen dazumalen Aeberfluß zu haben pflegten. Mit seinem Kumpan, dem Pommern Johann Grel, der ein noch älteres und ver- bummeltereS Semester war, genoß er ausgiebig die Freuden, die das Burschenleden solcher Art bot. Er wohnte im Hause zum «Roien Löwen" bet einer Witwe Müller, die zwei Söhne und zwei Töchter hatte. Di« Familie war leidlich wohlhabend, litt aber unter Hochmut und Eitelkeit, wollte mehr darstellen als sie war und schielte selbst nach dem Adel. Eines Tages setzte Frau Rosine ihre beiden Studenten an die Luft, und Reuter schwor ihr Rache hierfür. Er wählte einen damals in Pleiß-Athen sehr üblichen Weg, indem er beschloß, die unbarmherzige Skudentenmutter durch eine öffentliche Satire an den Pranger zu stellen. So entstand sein satirisches Lustsp'.:l .Di« ehrliche Frau zu Plissino", worin die arme Müllerin als Frau Schlampampe figurierte. Das Stück, das übrigens wohl bereits sich an Molidrc geschult hat, würde literarisch nickt weiter viel bedeuten, fesselte es nicht durch seine grimme Satire und durch eine höchst merk- würdige Mischung von hanebüchener Derbheit mit einer gewissen Ober- flächencleganz. worin sich der Widerstreit deS ungeschlachten alten BurschenwcsenS und des eben am sächsischen Hofe neu einziehenden feinen französischen Tones spiegelt. Reuter hatte seine Widersacherin nebst ihren Angehörigen so deutlich geschildert, daß sie unmöglich zu verkennen waren, zum Ued'.r- fluss« aber auch noch die Stellen, auf di« er die Aufmerksamkeit d«S LeserS besonders lenken wollte, durch eigenen Druck hervorgehoben (was die neue Insel-Ausgabe wiederholt). Die Folge dieser Satire war ein Schwanz von Prozessen; Reuter wehrte sich, indem er seiner Frau Schlampampe noch eine Nachfolgerin gab. Immerhin vermochte er der Relegation nicht zu entgehen, aber es gelang ihm, sich in den Schutz des HofeS zu flüchten, und der gewesene Theologe tauchte nun als Mitglied der juristischen Fakultät wieder auf. Unter den Gestalten seiner Satiren hatte die eine besonderen An klang gesunden, das war Schelmuffski, den er als den Sohn der .ehr- lichen Frau" auftreten lieh. Diesen Erfolg nutzte Reuter aus, indem er Schelmuffski zum Helden seiner 1696 veröffentlichten «Luriosen und sehr gefährlichen Reisebeschreibung zu Wasser und zu Land' machte. Diese Reisebeschreibung ist Reuters Meisterwerk: in ihr ist eS ihm gelungen, die Gestalt des verlogenen Abenteurer-, wie sie für jene Zeit typisch war, mit scharfen Strichen zu zeichnen. Schelmuffski ist ein plumper Kerl, der sich aber ein alamodisches Air zu geben weih und der das Blaue vom Himmel herunterlügt; aber da der Leser weiß, dah er ein Erzschwindler ist, so machen ihm seine Aufschneidereien nur Vergnügen. So ist es gekommen, daß die deutsche Literatur als Folge eines albernen Studentenkrawalles um ein nicht belangloses satirische» Werk bereichert wurde. Merkwürdig wie diese Anfänge ist dann auch Reuter» Ende. Er verschwindet so schnell wie er erschienen war, und taucht nur noch im neuen Jahrhundert unter den preußischen Hof- und Gralulationsdichtcrn auf, unter denen er aber nur als einer der vielen und vielzuvielen neben den Lanitz, Besser und Genossen steht. Und unbekannt, rühmlos läuft dann dieses seltsame Leben aus, das jetzt in der Neuausgabe von Reuters Schriften der Gegenwart wieder nahegerückt wird, nachdem Reuter erst vor etwa einem Menschenalter durch die Forschungen Zarnckes aus dem Schutte der Vergangenheit ausgegrabcn worden war. Aunst rrn- Wissenschaft In der Erstausführung des Lustspiels von Rudolf Schanzer und Ernst Weiisch: ^der sieoenle Tag', am Sonnabend, den 23. Sep tember (Altes Theater), wirken mit: Margarethe Schwarzer-Paschke, Llarissa Linden, Anka Kernic, Martina Otto, Mari« Schippang, Käte Huth, Victoria Strauß, Isolde Felden, Hermann Rudolf, Han» Zeise- Gött, Emil Mamelok, OSkar Ingenohl, Kurt Felden, Paul Hepner. Wilhelm Hellmulh-Bräm, Willi Engst, OSkar Berger. Die Bühnen leitung hat Paul Prina. Am 11. Oktober d. I. wird der Leipziger Lehrergesang verein zum 75. Geburtstage Friedrich Hegars einen Hegarabend veranstalten, an dem nur Werke dieses Meisters ausgeführt werden sollen. Wir machen schon heule auf dieses Konzert, das in der Albert- Halle zum Besten der sächsischen Kriegersiedlungen (Kriegerheimstäklen) stattfindet, aufmerksam. Es werden die wirkungsvollsten Männerchvre HegarS, «in Violinkonzert, vorgelragen von Herrn Hofkonzertmeister Rek, Weimar, und Lieder, gesungen von Fräulein Else Siegel, zur ' Aufführung kommen
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