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und den ganzen Banat sollen sie erhalten, sowie einen Teil der Bukowina mit Czernowitz- und das, auch wenn die rumänischen Truppen die ihnen zugewiesenen Gebiete btt zum FriedenSschluh noch nicht besetzt haben sollten. Dagegen sträuben sich die pansla wistischen Blätter, da in diesen Gebieten mehr Russen (lies: Ruthenen) alt Rumänen wohnen, und sie finden dafür auch in London Verständnis. Die «Nation' meint, auf dem Balkan könnten erträgliche Zustände nur einkehren, wenn die Rechte der Nationalitäten gewahrt würden. In diesem Falle müßte aber Rußland auch Bebarabien an Rumänien abtreten. Würde Ru mänien sich bis zur Theiß auSdehnen, dann kämen mehr Madjaren, Serben und Deutsche «unter fremdet Joch', alt Rumänen. «Solche Dinge zusammen mit Italiens Ansprüchen auf Dalmatien und denen Serbiens auf Mazedonien und Albanien er öffnen üble Aussichten für den Rassensrieden Osteuropas nach dem Kriege. Ls würden ebensoviel NattonalitSltfragen neu geschaffen, wie gelöst.' Doch die .Nation' weiß einen Ausweg aus dem Wirrwarr und den Widersprüchen. England soll ruhig eingestehen, .daß cs beabsichtigt, die Welt zu beherrschen und zu beaufsichtigen'. Diese Aussicht kann eS damit rechtfertigen, daß sie wie die eines wohlwollenden Schuhmanns anderen gegenüber tolerant ist und jedem Volke gestatten wird, seine Kultur und Eigenart so zu entwickeln, wie es die deutsche Vorherrschaft nie tun würde. Die überwältigende, wenn auch stille Macht Englands allein — der auch Rußland in Konstantinopel nicht mehr gefährlich werden könne — vermöge den Frieden der Weit in Zukunft aus rechtzuerhalten. Es sind herrliche Aussichten, denen Englands Bundesgenossen enkgegengehen. Man könnte, wenn Europa den Frieden, und zwar einen langen Frieden, nicht so dringend brauchte, eigentlich einen Sieg des BlcrverbandeS nur wünschen, um zu sehen, wie die «heutigen Genossen sich nachher um so grimmiger selbst zerfleischen. Doch das wird zum Glück für Europa und die Welt das scharfe, siegreiche deutsche Schwert verhindern. Trotzdem dürfen wir mit stiller Genugtuung die Entwicklung verfolgen, die infolge der in den Reihen des Bierverbands klaffenden Widersprüche die Dinge dort noch nehmen werden. Englische Dankbarkeit lieber vorsätzliche Verstümmelung eines briti schen Soldaten bringt eine englische Zeitung einen Aufsatz, worin behauptet wird, der auSgctauschte Engländer William »Fletcher von den London Highlanders habe über seinen Aufent halt im Gcfangenlaaer Kassel erzählt, daß auf Grund der wider gesundheitlichen Zustände in diesem Lager an einem Tage im .'uni 1915 349 Todesfälle an Flccksieber vorgekommen seien. ^Trotzdem er selbst einen schweren Armschuß hatte, sei er gar nicht gehandelt worden, so daß seine Wunde durch die Vernachlässigung vollständig vereiterte. Kurz vor dem Austausch sei Fletcher aber doch noch operiert worden. Ein Londoner Hospilalchirura habe die Operation für vollständig überflüssig gehalten. Dem Manne seien dadurch nur wichtige Nerven zerstört worden. Demnach, folgert die englische Zeitung, sieht es so auS, als ob der Mann vorsätzlich verstümmelt worden sei, ehe er ausgetauscht wurde. Auf Grund angestellter umfangreiche-. Ermittelungen ist festgestellt worden, daß diese Auslassungen des englischen Blattes wieder einmal nichts anderes sind als eine der bekannten englischen Hetzereien, uni Deutschland in den Augen der Welt herabzusetzen. Die «Norddeutsche Allgemeine Zeitung' teilt mit, daß dem Fletcher gleich bet seiner Aufnahme in das Lazarett eine Operation angeraten wurde. Er lehnteeine solche stets ab, bis die Schmerzen so stark wurden, daß er sogar für einen Austausch nicht mehr transportfähig war. Dem behandeln den Arzt gegenüber äußerte er nach der vorgenommenen Ope ration, daß er es sehr bereue, sich einer solchen nicht früher unter zogen zu haben. Nach seiner Rückkehr nach England sandte Fletcher dem Arzt ein Schreiben, in dem er ihm dankt und die Versicherung abgibt, er werde der ihm bewiesenen Liebens würdigkeit stets dankbar gedenken, und das in der Uebersetzung folgendermaßen lautet: London, den 1V. Mai 1918. Geehrter Herr! Ich schreibe Ihnen, um Sie zu benachrichtigen, daß es mir ganz gut geht und daß ich zu meiner Arbeit zurückgekehrl bin. Doch muß ich jeden Tag im Lazarett vorsprechen, und es ist so, wie Sie sagten, cs wird nie mehr gut werden (d. h. die Versteifung des ArmeS). Ich muß Ihnen für Ihre Güte, die Sie mir nach meiner Operation bewiesen haben, danken, und ich werde stets von Ihrer Liebenswürdig keit zu mir sprechen. Indem ich hoffe, daß eS mir möglich sein wird, Sie wiederzusehen, wenn Sie je einmal nach dem Kriege herüberkommen sollten, schließe ich nun und verbleibe hochachtungsvoll Ihr ergebener gez. W. Fletcher, Briefträger 703 Oistrict Office Mmpoie Street, Louclcm Vl^. Zar Ferdinands Deileid -um Heldentode des Prinzen von Hessen "td. Lronberg (Taunus), 18. September. (Drahtbcricht.) Anläßlich des Heldentodes des Prinzen Friedrich Wilhelm vonHessen sandte derKönigvon Bulgarien den hohen Eltern folgend« Depesche: Lief erschüttert von der schrecklichen Kunde, di« ich soeben erfahre, sag« ich Eurer Hoheit und der Prinzessin mein tiefstes Beileid. Der Heldentod Ihres tapferen Sohnes gehl mir sehr nahe, und sein An denken wird b«t mir und del meiner Armee unvergänglich bleiben. Ferdinand, I. k. Die Kriegslage S Berlin, 18. September. (Drahtbericht unserer Berliner S ch r i ft l e t tu n g.) Die etwas allgemein gehal tene Meldung über den großen Erfolg in der Do- brudscha hat, was im Grunde selbstverständlich ist, den Wunsch geweckt, Näheres und Ausführlicheres über diesen schönen Erfolg unserer und der verbündeten Waffen zu erfahren. Einstweilen aber wird diesem Wunsch wohl keine Erfüllung wer den können. Ein großer Schlag im heutigen Kriege seht sich aus vielen einzelnen Vorgängen zusammen, und bis diese sich ganz übersehen lassen, muß notwendig immer einige Frist verstreichen. Vorderhand können wir unS jedenfalls an der Versicherung ge nügen lasten, daß eS sich hier um einen entscheidenden Erfolg der verbündeten Heere handelt, wobei man im Auge zu halten haben wird, daß «entscheidend' noch nicht ohne weiteres Kriegs handlungen wie etwa Sedan oder Tannenberg bedeutet. Der artige Vorgänge bleiben immer Ausnahmen allerscllenster Art. Von einem entscheidenden Sieg kann man in der Regel reden, wenn der Feind vollständig an der Weiterführung seines ur sprünglichen Planes gehindert ist und gezwungen wird, das Gesetz seines Wollens und Handelns von uns an zunehmen. Das ist in der Dobrudscha der Fall gewesen. Der Feind kämpft jetzt nicht mehr mit der Aussicht, in Bulgarien eindringen zu können. Er ist in die Verteidigung ge drängt und von unserm Millen abhängig. Auch ist zu berücksich tigen, daß unsere und unserer Verbündeten Truppen jetzt zunächst damit beschäftigt sind, ihren Erfolg restlos auszunutzen- erst dann kann ein ausführlicher Bericht in die Heimat gelangen. Die ver bündeten Truppen befinden sich ja, wie der Heeresbericht des deut schen und des bulgarischen Generaistabes mehrfach gemeldet hat, aus der energischen Verfolgung des Feindes. Die Lage ist jetzt dort so, daß den Russen und Rumänen durch die schnelle und geschickte Meilerführung der Operationen die Mög lichkeit genommen ist, die allgemeine Linie Cuzgun -Mangalia zu kalten. In den Kämpfen, die sich vorwärts dieser Linie abgespielt haben, ist der Feind überall geschlagen worden. Er ist auf eine vorbereitete Stellung 18 Kilometer südlich von Medzidia zurück gegangen. In Mazedonien ist es westlich vom Ostrowo-See dem Gegner gelungen, in die Stellung bei Malconiza einzubrechen. Die Bul garen haben deshalb ihre Stellungen östlich und westlich von Florina räumen müssen. An die neue Linie ist der Feind vorerst nur mit Vortruppen herangekommen. In den Karoathen haben am Sonnabend und Sonntag vereinzelte Kampfhandlungen stattgefunden, die für uns günstig verliefen. Gefechte vorgeschobener Abteilungen in Siebenbürgen an der Alt blieben ohne wesentliches Ergebnis. Gefechte bei Hötzing verliefen für uns günstig. — Lebhafter ist es an den an deren Teilen derOstfront zugegangen. Dort haben die Russen am Sonnabend drei Angriffe an drei verschiedenen Stellen an gesetzt, in der unverkennbaren Absicht, durchzubrechen. Die erste Durchbruchsstelle sollte südwestlich von Luzk sein gegen die Front von Ustomiki. Nach starker Artillerievorbereitung stürmten dort die Rusten morgens und abends mit starken und guten Kräften, unter denen sich auch Gardedivisionen befanden. Die Rusten wurden aber mit sehr großen Verlusten abgewiesen. Am Sonntag morgen gingen sie dann zu neuen Artillericangriffen vor; aber diese blieben erfolglos. Infanterieangriffe waren nur an einer Stelle festzustellen. Des weiteren hakten die Russen dann einen Durchbruch in der Gegend des oberen Sereth, am Oberlaufe der Strypa, in der Nähe von Zalozce geplant. Auch diese Durchbruchsversuche mußten sie mit schweren Verlusten be zahlen. Außerdem hatten sie einen Angriff in der Gegend von Kukotori, 5 Kilometer westlich von Brzezany, angesetzt. Dieser war mit ungeheurer Munitionsverschwendung gepaart. Er hatte zunächst vorübergehend Erfolg. Es gelang dem Feind, unsere Linien etwas einzudrücken. Am Sonntag aber erfolgte dann ein deutscher Gegenstoß, der die aufgegebenen Stellungen wieder in unseren Besitz brachte. Türkische Truppen hatten hieran hervorragenden Anteil. Im Westen dauert die Schlacht an der Somme fort. Nörd lich der Somme fanden am Sonnabend nur getrennte Teilvorstöße statt. Am Sonntag herrschte an der Somme und Ancre gestei gerte Arttllerietätigkeit. Angriffe, die in der Abendstunde an »er Front zwischen Thiepvol und Llery erfolgten, wurden abge- chlagen. Südlich der Somme dagegen mußte die Gegend Züri chs» Barleuz und VermandsoillerS dem Feinde überlasten werden. Die Heimreise der Bukarester Deutschen rvtb. Berlin, 18. September. (Drahkbericht.) Die «Nord deutsche Allgemeine Zeitung* bringt die Namen von 99 Deut schen und zwei Schweizern, die ebenso wie 33 Türken mit dem Sonderzuge des Gesandten Frelherrn v. d. Bussche in Haparanda eingetrosfan sind, und führt u. a. auS: Weitere Mitglieder der deutschen Kolonie sollten mit einem der beiden nachfolgenden Züge herauSgelassen werden. Die rumänische Regierung hat außerdem R e i s e e r l a u b n i s für alle Reichs- deutschen zugesagt, die von unserem oder dem die deutschen Interessen wahrnehemenden amerikanischen Gesandten benannt werden würden. Freiher v. d. Bussche hat deshalb dem amerikanischen Gesandten ein«! Liste von mehreren hundert Reichsdeutschen übermittelt, die in erstrr Linie für die Abreise in Frage kommen, und den amerikanischen Gc- sandten ersucht, prinzipiell für alle Deutschen, die Heimreisen wollen, die Reiseerlaubnis zu erwirken. Alle Deutschen über 16 Jahre wurden interniert, doch wurde unserem Gesandten versichert, daß diese Maßnahme keine dauernde sein würde. Entgegm der ursprünglichen Verabredung auf Austausch des Gesandt- schaftspersonals an der bulgartscyen Grenze wurde am 4. September der Sonderzug des deutschen Gesandten über Rußland geleitet und vom 7. September ab an der russisch-schwedischen Grenze fest gehalten. Die rumänische Regierung wollte die Weiterreise des deut schen Gesandten erst gestatten, wenn sämtliche rumänischen Beamten Berlin verlassen hätten. Herrn Bel di man war es seil Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern freigestellt, jeden Tag abzureisen. Wenn er von dieser Erlaubnis keinen Gebrauch gemacht bat, hatte das Gründe, die im Interesse seiner Staats angehörigen seine Anwesenheit in Berlin noch notwendig machten. Der Gesandte hat dies auch zum Ausdruck gebracht. Daraufhin traf am 17. September endlich die Nachricht ein, daß die rumänische Regierung die Weiterfahrt der an der russischen Grenze stehenden Züge angeordne' habe. Die russische Regierung hat eS sich nicht nehmen lassen die Reisegesellschaft aus Bukarest nochmals in Tornea festzu hal ten und den Versuch zu machen, sie entgegen der ausdrücklichen Zu sage des Ministers Bratianu und des russischen Gesandten in Bukarest nach Hab und Gut gründlich zu durchsuchen. Bei den im Zuge des Gesandten befindlichen Rcichsangehörigen ist daS tatsächlich geschehen. Die Abreise der in Rügen versammelten rumänischen Ge sandten aus den uns verbündeten Staaten und dem Grsandlschastspei sonal wird nunmehr in normaler Welse erfolgen. V Stockholm, 18. September. (Drahtbericht des ,B. T.'.) Der deutsche und der türkische Gesandte in Bukarest sind gestern mit dem Gcsandtschaftspersonal von Haparanda ans weitergereist. Der österreichische Ge sandte wurde jedoch bis auf weiteres 'n Tornea zu rück geh alten. Die Ursache ist unbekannt. Vielleicht handelt es sich nur um eine längere Srenzvisitalion, so daß der Zug versäum! wurde, zumal da der österreichische Diplomalenzug infolge der Zu rückhaltung in Petersburg später als der deutsch-türkische Diplo matenzug in Tornea einlief. Die Passagiere des deutsch-türkischen Flüchtlingszuges sind überglücklich, daß sie sich auf schwedischem Boden befinden. Die Nomadenvölker Rußlands Von Professor Dr. R. Stüde. 1. (Nachdruck verboten.) Den trügerischen Eindruck der Einheitlichkeit Rußlands hat dieser Krieg auch für weitere Kreis« zerstört. Trotz der von der russischen Regierung mehrfach gefälschten Statistik der Bevölkerung Rußlands können wir heute sagen, daß von ihr nur 44,30 v. H. wirkliche Rusten sind. Die größere Hälfte bestehl aus anderen slawischen Völkern (Polen, Weißrussen, Ukrainern) und aus den sog. «Fremdstämmigen'. Nicht nur die Rusten, sondern auch die Kulturstufen innerhalb Rußlands weisen große Verschiedenheiten auf. Allgemein, und mit Recht, gilt Rußland für ein Bauernland- tn der Tat bildet die bäuerliche Bevölke rung über 80 v. H. Trotzdem ist Rußland ein klassisches Land des No madismus, d. h. einer Lebensform, die noch nicht den festen Zusammen hang des Menschen und seiner Arbeit mit dem Boden kennt, in der «Ine stetig« Bewegung und Verschiebung statlftndet. Weitausgedehnt« Räum« von gleichförmiger Naturgestalt, die dem Wandern keine Hem- mungen bereiten, sind der Boden, auf dem das Nomadentum gedeiht. Rußlands Natur fordert förmlich zum Wandern heraus, und dis heut« sind die Rusten als Siedler wie als Pilger ein stetig wanderndes Volk. Auf allen Straßen des großen Reiches begegnet man den charakteristi schen Gestalten der Pilger und Wanderer jeden Schlage-. Merkwürdig ist, daß auch der russische Bauer diese Wanderlust be wahrt hat. Er ist bei weitem nicht so tief mit dem Boden verwachsen wie der deutsche Bauer. Leicht verläßt er seine Flur, um auf einem andern Fleck Landes seinen Erwerb zu suchen, leicht geht er auch in die weiteste Ferne, um sich dort anzustedeln. Die Besiedelung des zen- traten und östlichen Rußlands wie die russische Kolonisation der un geheuren Landräume Asien- sind Aeußerungen des halbnomadischen Charakters, der im russischen Bauer nachledt. Erst die Leibeigenschaft, dl« nicht — wie ost behauptet wird — eine urslawische Einrichtung, sondern erst durch di« Entwicklung der großen Grundherrschaften im 16. Jahrhundert entstanden ist, hat den russischen Bauer seßhaft gemacht. Ist so der Nomadismus tief im russischen Boden begründet, so sind zahlreiche Völker deS Russischen Reiches, die orientalischen Rasten an- gckvren, ganz auf der Stufe deS Nomadentums stehengeblieben. Hier gibt «< freilich sehr verschiedene Abstufungen des Nomadentum-. Manch« Völker sind als Jäger und Fischer zu halber Seßhaftigkeit gelangt, an der« — namentlich die Viehzucht treibenden Cteppenvölker — sind In dauerndem Wechsel des Aufenthaltes innerhalb weiter Räum« begriffen. Am europäischen Rußland sitzen zahlreiche Völker von ganz- oder haldnomadischcr Lebensweise. Weit stärker macht sich das Nomaden- tu» ffn asiatischen Rußland gellend. Ein großer Teil des heut« groß russischen Gebietes ist altes finnisches Land. Durch die slawische Kolo nisation ist eine allmähliche Verschmelzung von Slawen und Finnen erfolgt. Die Westfinnen in Finnland (etwa 3 Millionen) sind durch den nordgermanischen Einfluß zu einem Volk höherer Kultur geworden. Neben ihnen aber gibt eS zahlreiche ostfinnische Stämme, die auf der Stufe altertümlicher Jäger- und Fischervölker stehen (etwa 1)4 Mil lionen). Von den Westfinncn unterscheiden sie sich auch körperlich: sie sind von kleinerer Gestalt und zeigen stark mongolischen Typus. Zu ihnen gehören die Syrjänen im Norden (an der Petschora), die Permier und die Wotjaken an der Kama, die Wogulen tm nördlichen Ural, die Tscheremissin zwischen Oka und Wolga, die Nordwinen und Tschuwaschen an der Wolga. Diese Völker leben in ähnlicher Weife wie dl« Indianer Nordamerikas. Es scheint ihnen das Schicksal ,u drohen, allmählich vom russischen Bauerntum, das Ihnen kulturell so nah« stehl, aufgesogen zu werden, wozu die Gemeinschaft des religiösen Glaubens beiträgt. Stärker tritt das nomadische Wesen in den zur Mongolenzeit (13. Jahrhundert) elngewanderten tatarischen Stäm men hervor, die der großen türkischen Dölkerfamilie angehören. Die Sprache der Tataren ist vom Türkischen nicht wesentlich verschieden. Wo der Boden von der Steppe eingenommen wird, da hat sich der Charakter dieser alten Reitervölker erhalten. Im Süden Rußlands Haden sich nur auf der Krlm und tn Taurien Tataren erhalten, viel fach freilich mit Griechen und Italienern gemischt, so daß der schlanke Wuchs und die edle Geflchtsbildung nichts mehr von der mongolischen Raste bekunden. Die Kasan- oder Wolga-Tataren zeigen noch stärkere mongolische Züge; sie sind aber zum Ackerbau, oft auch zu Industriearbeit und Handel übergegangen. Unter Ihnen ist eine Reih« starker Intelligenzen erstanden, die in der tatarischen Preste und Lite- raiur eifrig und geschickt für di« nationale Eigenart ihres Volke« Kämpfen. (Schluß folgt.) Polnische Bibliothek Unter dem Namen «Polnische Bibliothek' ist nach langen Vor bereitungen tm Verlag von Georg Müller in München ein Unternehmen begründet worden, das die Herren Dr. A. v. Guttry und W. v. Koseielskt herausgeben. Unter den Mttwirkenden be finden sich hervorragende Persönlichkeiten der Gelehrten- und Schrifk- stcllrrwelt wie Prof. v. Antoniewicz-Lemberg, Prof. Brückner Berlin. Exzellenz v. Lhledowski-Wien, der Präsident deS Obersten Polnischen Nationalkomttect Prof. v. Jaworski, Prof. Kasprowlcz-Lemberg. Prof. Kopera Krakau, Prof. Voll-München. Hugo v. Hofmanntthal, Ricarda Huch, Thomas Mann, Stanislaw Przyboszewskl, W. St. Reymont, Henryk Sienkiewicz u. a. Ls gelangen im Herbst d. I. zur Ausgabe: Lozinski: Polnisches Leben in vergangenen Zeiten (Leben, Silken und Gebräuche). Gomulicki- Warschau (kullurknlorlsche und geschichtliche Essays). Die Memoiren des letzten Königs von Polen Stanislaw August von Ponialowski, die bis dahin von der russischen Regierun gebeimgehalten und in den geheimen Staatsarchiven in Petersburg unter kaiserlichem Siegel verwahrt lagen und erst kurz vor dem Krieg? zum erstenmal in Petersburg veröffentlicht werden durften. Daran an schließend wird zur Ausgabe gelangen eine Serie polnischer Klassik«' und Romantiker, der letzte Roman von Henryk Sienkiewicz: «Die Legionen' und eine Reihe weiterer Werke polnischer Dichter. Ttnnft NN- Wissenschaft Die neue Oper von Wilhelm Kienzl, «Das Testament', wird im Monat Januar, anläßlich des 60. Geburtstages des Komponisten, die Erstaufführung haben. Die neue Oper ist Peter Rosegger gewidmet und enthält auch einzelne Gesangstexte aus Roseggers «Volksleben in Steier mark'. Die Berliner Volksbühnen haben ihren Vertrag mit Max Reinhardt, der jetzt mit Ablauf dieses Winters erloschen wäre, so eben, wle die „Voss. Zig.- mttkeilt, auf längere Zeit erneuert. Der Jahresbericht des Dresdner Tonkünstlervereins ist, wie uns auS Dresden geschrieben wird, soeben erschienen. Danach ist die Zahl der Mitglieder von 724 auf 782 gestiegen. In den Konzerten wurde eine ganze Anzahl neuer Werke zum erstenmal aufgeführt und alte schöne Tondichtungen unverdienter Vergessenheit entrissen. Außer Mitgliedern wirkten dabei als Gäste mit Frau Rast, Helga Petri, Mari« Goehe, Prof, v. Bauhnern, Prof. Hans Hermann und Liese Wehlig. Auch di« finan ziellen Ergebnisse sind gut. Wie uns auS Dresden gemeldet wird, wurde dort am Sonntag ohne besondere Feierlichkeit die Deutsche Expressionisten- Ausstellung tn der Galerie Richter eröffnet. Di« Ausstellung zeigt wieder, daß der Bearisf Expressionisten für eine Reih« der verschiedensten Richtungen und Schulen Geltung hat. Man sieht Futuristen, Kubisten, Patheliker, Neopalhettker und noch anders geartete Künstler, für die nur dem intim eingewethten Kenner nähere Definitionen geläufig fein können. Neben unbekannteren Mitgliedern der jüngsten Malerschulen sind auch bekannter« wie Willy Jäckel, OSkar Kokoschka, Emil Nolde und Max Bechstein vertreten. Verdienstlich ist es, daß In besonderen Vortragsabenden auch die Expressionisten der Literatur und der Musik vorgestrllt werden sollen. Wie uns aus Dresden geschrieben wird, ist auf dem Felde der Ehre ein junger hoffnungsvoller Tondichter, Johanne» Schmiedgen, gefallen. Er ist nur 30 Jahr« alt geworden. Er hak eine ganz« Anzahl vrchesterwerke, Lieder usw. hinterlassen, vor allem ein großes Neaulem „Das Hobe Lied vom Tode", das er im Felde vollendet bat.