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Nr. S3S Freitag, den 22. Oktober ISIS SchrisllrNung a»d SrlchSItlsttll«. 3ohan»l«ga!s« Rr. 8 8«rnIpk«ch-Ln,chlub Nr. 11892, 11SS3 unk l««S^ Kumanowo genommen Der deutsche Tagesbericht Das Wolffsche Bureau melde! amtlich: Gröhes Hauptquartier, 22.Oklober. Westlicher Kriegsschauplatz Keine besonderen Ereignisse. Oestlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe des GeneralfeldmarfchallZ vonHindenburg. Starke russische Angriffe gegen unsere Stellungen in den Seen-Engen bei Sadewe ssüdlich von Kosjany) wurden abgewiefen. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern Auf breiter Front griffen die Russen nordöstlich, östlich und südöstlich von Baranowitfchi an. Sie sind zurück- gesch'agcn; östlich Baranowitfchi wurden in erfolgreichem Gegenangriff acht Offiziere, 1140 Mann gefangengenommen. Heeresgruppe des Generals von Linsingen. Unser umfassend angesehter Gegenstoh westlich von Lzartorysk halte Erfolg; die Russen sind wieder zurtick- geworfen. Die Berfolgung ist angeseht. In den Kämpfen der letzten Tage fielen dort IS russische Offiziere, über 3 600 Mann in unsere Hand, ein Geschütz, acht Maschinen- gewehre wurden erbeutet. Der gestern gemeldete Berlust einiger unserer Geschütze wurde dadurch veranlaßt, daß russische Abteilungen Nachbarlruppen durchbrachen und im Rücken unserer Artillerieiinie erschienen. Es sind sechs Geschütze verloren gegangen. Balkan-Kriegsschauplatz Don der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls ».Mackensen hat die Armee des Generals v. Köveh die allgemeine Linie Ar na je wo bis Slatina-Berg erreicht. Die Armee des Generals v. Gollwitz drang bis Selevac, Savanovac und Trnovca sowie bis nördlich Rano- vac vor. Die Armee des Generals Bojadgeff ist nördlich Knjazevac im weiteren Borgehen, von den übrigen Teilen der Armee sind die Meldungen noch nicht eingetroffen. Bon anderen bulgarischen Heeresteilen ist Knmanovo beseht, Beles ist genommen; südlich von Strumica ist der Feind über den Bardar geworfen. Beschießung von Dedeagatsch Telegraphischer Bericht Sofia, 22. Oktober. Laut Meldung der Bulgarischen Telegraphen- Agentur hat die englische Flotte heute Dedeagatsch be schossen, ohne wesentlichen Schaden anzurichlen. Paris und London rechnen mit einer serbischen Katastrophe Drahtbertchk "tb. Paris, 21. Oktober. Die Presse, die schon durch Telegramme ihrer Rischer Korre spondenten die ernste Lage, aber auch den heldenmütigen Wider stand des serbischen Heeres hervorhob, erklärt setzt in Erörterun gen über die militärische Lage, daß nur schleunigste Hilfe die ser bische Armee vor einer Katastrophe retten könne. Die Unter brechung der Eisenbahnlinie Saloniki — Risch sei die schwerste Gefahr, weil der Nachschub für das serbische Heer in Frage gestellt werde, da den Serben die Verbindung mit den Verbündeten nur noch über Mitrowitza offen stehe, die über kurz oder lang gleichfalls abgeschnitten werden könnte. Diese Ver bindung sei jetzt schon nur ein R o t b e h e l f, denn nicht die ganze Strecke besitze Eisenbahnverbindungen. Der .Temps' erklärt, der Rückzug des serbischen Heeres nach Südwestserbien sei eine unbedingte Notwendigkeit. Man müsse damit rechnen, daß nördlich von Risch nur noch Nachhutkämpfe statkfinden und daß Risch selbst geräumt werde. — Herve sagt in der .Guerre Sociale', alles Interesse richte sich auf die serbische Front. Man vernachlässige in Frankreich sogar den französischen Heeresbericht, der nach dem halben Siege in der Champagne keine aufsehen erregenden Nachrichten mehr bringe. Serbien aber bereite die ernstesten Sorgen. Man habe keine Stunde mehr zu ver lieren, wenn man den Niederbruch vermeiden wolle. London, 22. Oktober. Der militärische Mitarbeiter der .Times' schreibt: Da Griechen land und Rumänien nicht mtttnn, so ist es nicht klar, ob die französischen and englischen Verstärkungen, die in Saloniki gelandet sind, rechtzeitig Hilfe bringen können. Die serbische Armee steht der grössten Gefahr gegenüber, die sie bedrohen kann. Die Lage ist nicht verzweifelt, solange dir serbische Hauptarmee nicht geschlagen ist, aber sie ist natürlich höchst ernst und die Serben verteidigen sich unter äußerst nachteiligen Um ständen. Die Krise kann nicht lange dauern. General Sarrallkann im Strumiha-Tale wenig ausrichten. Das Beste, was die französisch-britischen Truppen tun könnten, wenn sir nicht sofort ver- stärkt werden, wäre, die bulgarischen Kolonnen in Ischkip und Skrumitza aufzuhalten, aber Voraussetzung wäre, dah sich die gesamte Truppenmacht in Gewgheli versammelte und für den Kampf in dem höchst schwierigen Gelände ordentlich ausgerüstet würde, worüber leider wenig Nachrichten volliegen Der serbische Thronfolger für Trieben , Eigener Drahtbertchk fr.) Wlen, 22. Oktober. Der Budapester «A Rap' erfährt aus Saloniki: Laut Nach richten aus Monasttr fand gestern im serbischen Haupt- quartier ein Kronrat statt, in dem der Thronfolger aus führte, dah der Kampf gegen dte Zentralmächte und Bulgarien vollständig aussichtslos sein. Nur ein Weg der Rettung sei möglich; wenn man um jeden Preis mit den Zentralmächten und Bulgarien Frieden schließe. Putnik und Pasitsch schlossen sich der Ansicht des Thronfolgers an, und aus Beschluß des Kronrats richtete der Thronfolger an den König von England, den Zaren und Präsident Poincars ein Telegramm des Inhalts, dah endlich Griechenland gezwungen werden müsse, den cssus toeäeris anzuerkennen oder Serbien ohne Obligo gelassen und ihm anoertraut werde, sein Schicksal allein zu lenken. Trotz des Widerstandes der Gesandten gingen die Telegramme ab. Bisher ist aber keine Antwort darauf eingetroffen. Zwischen Pasitsch und den anwesenden fran zösischen Generalen sind inzwischen grohe Gegensätze entstanden, da Pasitsch in nicht mißzuverstehender Weise eine Andeutung machte, daß Serbien die verbündeten Generale ohne die verbünde ten Truppen nicht nötig habe. Die Umklammerung der Serben Telegraphische Berichte tu. Wien, 22. Oktober. Der .Pcster Lloyd' meldet: Mit der Eroberung der Linie Bojevac-Obrenovac durch die Armee Gallwitz haben wir die zweite starke Stellung dem Feinde entrissen. Der zurückgehende Feind verfügt aber über mehrere vorbereitete Stellungen, jedoch sind die weiter zurückliegenden nur unvollkommen ausgebaut und auch die Front verengt sich stufenweise. Außerdem fehlen alle Verkchrsmöglichkeitcn. Im Morawatal haben die Serben kaum irgendwelche Verteidi gungslinie und sind von den Bulgaren vollständig abgeschnitten. Unter den Gefangenen befinden sich sehr viele Frauen. Nach dem .Verl. Tagebl.' vollzieht sich die Umklammerung der Serben planmäßig und schnell. Durch seinen vor zeitigen und kühnen Einbruch habe Mackensen den serbischen Auf marsch zweifellos überrascht, aber auch der Durchbruch des bulgarischen Heeres durch das östliche Grenzgcbirge werde noch in später Zeit bewundert werden müssen. Von der Armee Gallwitz heißt es in verschiedenen Berichten, es zeige sich täglich mehr, dah die serbische Armee unfern Vormarsch wohl zeitlich aufhalten, nicht aber hindern könne. Das Welter ist freundlicher und wärmer geworden. — Nachrichten aus Sofia zufolge haben die Verbündeten bisher ein Achtel von Serbien besetzt. Wechsel im serbischen Oberkommando Telegraphischer Bericht la. Berlin, 22. Oktober. Der Berliner .Morgenpost' wird aus dem k. k. Knegspressequarlier gemeldet, General Putn'k soll nicht mehr serbischer Gcncralslabsches sein. Sein Nachfolger sei General Gurko Pavlowitsch. Als Be rater sind ihm betgegeben der französische Generalstabsoberst Four niers, der russische Oberst Ataman oss und der englische Militär attache Oberstleutnant Harrison, der aber weniger hervortritt. Die Verteidigung non Belgrad leitete General Z i f k o w i t s ch. Unsere ^I-Doote im Mittelländischen Meer Telegraphischer Bericht tu. Haag, 22. Oktober. Die .Depechc de Toulouse' meldet, daß in den letzten 14 Tagen im Mittelländischen Meer englische, französische und italienische Dampfer von insgesamt mehr als 85 000 Bruttotonnen durch deutsche und ö st erreichisch-ungarische Unterseeboote versenkt worden seien. Mehr als .10 Dampfer, für Häfen des Mittelländischen Meeres bestimmt, seien bereits acht bis vierzehn Tage überfällig. NWenWes zur Ernöhrungsstage H Die Not des Landes, die durch das Treiben gewisser Kreise zu einer Krisis gesteigert ward, über deren Bedenklichkeit wohl niemand mehr im Zweifel ist, hat den Reichskanzler nach Berlin geführt, um mit fester Hand zuzugreifen und, wie in diesen Blättern schon gesagt wurde, der Politik des Gehen- und Geschehenlassens ein Ende zu bereiten. Was weitsichtige Männer, auf deren Schultern in den Ministerien der einzelnen Bundesstaaten die schwere Verantwortung ruht, eine ausreichende Ernährung des Volkes zu angemessenen Preisen sicherzustellen, seit Monaten immer und immer wieder betont haben, hat sich nun auch im Reichsamt des Innern zu unumstößlicher Ileber- zeugung verdichtet: Nur von Berlin aus läßt sich die ebenso umfangreiche wie wichtige Frage lösen, die Regelung durch die einzelnen Bundesstaaten führt zu unüberwind lichen Schwierigkeiten. Man hat in den letzten Tagen, um nur ein Beispiel für die Schwierigkeit des ganzen Problems anzuführen, den bayerischen General kommandos reichliche Lorbeeren gespendet, weil sie mit fester Hand zugegriffen und den Butterpreis auf 1.80 -// für ihre Bezirke festgesetzt haben. Für den Verbraucher in Leipzig, dem man 3.20 -L für ein Pfund Butter abnahm, mag es bei oberflächlicher Betrachtung scheinen, als hätten die bayerischen Generale ein großes vorbildliches Werk getan. Sieht man aber näher zu, so gewinnen die Dinge ein ganz anderes Gesicht. Bayern ist in der beneidenswerten Lage, an Getreide und Vieh, an Milch und Butter und was sonst zu des Leibes Nahrung und Notdurft gehört, im eigenen Lande so reichliche Mengen zu erzeugen, dah es nicht nur den eigenen Bedarf decken kann, sondern auch noch Ueberschuh hat. Wie nun, wenn dieses Ileberschuhland, um für eine ausreichende billige Ernährung seiner Bevölkerung zu sorgen, seine Grenzen sperrt und den anderen Bundesstaaten, wie Sachsen, die auf die Einfuhr in reichem Maße angewiesen sind, nicht das ge ringste mehr abgibt? Das ist die gerade für unser Sachsen land höchst bedenkliche Kehrseite des Vorgehens der bayerischen Generalkommandos, die zugleich mit der Festsetzung ihrer Butterhöchstpreise ein Ausfuhrverbot für Butter, Milch und Käse in andere Bundesstaaten erlassen und damit die Not bei uns noch mehr gesteigert haben. Mögen sich die Staatsrcchtslehrer in späteren Friedens zeiten den Kopf darüber zerbrechen, ob ein solches Verhalten der Ileberschuhstaaten berechtigt ist oder nicht, jetzt, während des furchtbaren Krieges, scheint uns die Errichtung von Zollgrenzen zwischen den einzelnen Bundesstaaten recht wenig angebracht, ja geradezu gefährlich zu sein. Das Königreich Sachsen braucht Einfuhr von Lebensmitteln von allen Seiten, cs darf deshalb erwarten, daß ihm von dort, wo Ileberfluh vor handen ist, Bedarf zugeführt wird, und muh sich dagegen wehren, dah man ihm die Zufuhr absperrt. Wie schwierig die Verhältnisse bei uns liegen, zeigt am deutlichsten die Butter frage, die augenblicklich ja am brennendsten ist. Der Bundesrat wird heute in Berlin den Höchstpreis für Butter auf 2.40 <-// festsehen, und in dieser Voraussicht hat das General kommando inDresden gestern bereits diesen Preis auf 2.80-// für allerbeste Ware normiert, so dah nach unten ein Spielraum bleibt. Zu dem gleichen Satz wird heute wohl auch das General kommando in Leipzig greifen, ebenso wie es in Magdeburg bereits geschehen ist. Die sächsische Regierung und die sächsischen Generalkommandos konnten nicht früher mit der Festsetzung eines Höchstpreises vorgehen, als bis feststand, dah das Reich ein greift und die ganze Frage einheitlich regelt. Hütten sie vorher Höchstpreise festgesetzt, so wäre uns jede Zufuhr unmöglich ge wesen, und die letzten Dinge wären schlimmer geworden als die ersten, da dann der Handel in freier Konkurrenz lohnendere Absatz gebiete gesucht und Leipzig und Dresden unversorgt gelassen hätte. Das alles bestätigt, dah nur von Reichs wegen eine durchgreifende Regelung der ganzen Ernährungsfragc möglich ist. Aber auch das Reich hat bei der Durchführung der einmal beschlossenen Mahnahmen mit so viel Schwierigkeiten zu Kämpfen, die in den einzelnen Bundesstaaten sich wiederholen, dah man ruhig einmal darauf Hinweisen darf, ohne damit Fehler, die gemacht worden sind, entschuldigen zu wollen. Alle Maßnahmen, die ge troffen werden, stoßen auf einen hartnäckigen, latenten Widerstand der in Frage kommenden Kreise. Der Zcnkrumspolitiker Dr. Bachem hat im .Tag' den landwirtschaftlichen Orga nisationen den Vorwurf gemacht, daß sie es an Aufklärung ihrer Mitglieder haben fehlen lasten, und ein so maßvolles Blatt, wie die . Köln. Ztg.', muh der Landwirtschaft den Vorwurf machen, dah sie .diesen Krieg viel mehr als Geld einbrinaende Konjunktur auffaßr als zuk sstg ist', und daß die letzten Erfahrungen mit der neuen Kartoffelernte auch alte Freunde gegen die Landwirtschaft aufbringcn, so sehr man auch die Schwierigkeiten, mit denen sie zu Kämpfen hat, anerkennen und ihre Leistungen trotz der Schwächung der Arbeitskräfte durch die Einberufungen zum Heere achten mag. Das ist auch unser Standpunkt. Das entbindet uns aber nicht von der Pflicht, die Landwirtschaft auf das Gefährliche