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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.07.1915
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1915-07-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19150703013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1915070301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1915070301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-07
- Tag 1915-07-03
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Monat
1915-07
-
Jahr
1915
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Leipziger Sägeblatt Sonnsdenü, 3. Juli 1915. Nt. 332. Rwrgen-AusljNve. bcttk7. VS!!LN!KW KlMSt Uklä wlLSeNSellgfl Vas ukrainische Problem in -er preußischen Politik ri Von Dr. Rudolf Stütze. Die Idee einer selbständigen Ukraine lebte aber gerade in Preußen seit 1853 wieder auf. Im Krim- kriege wahrte Preußen trotz des Drängens der West mächte eine der politischen Tradition entsprechende wohlwollende Neutralität gegen Rußland. Indes gab es hier einen einflußreichen Kreis, der Preußen an die Seite Frantreict>s und Englands führen wollte. Es war die sog. ..Wochenblatt-Partei'', deren Haupt Moritz August von Verhmann Hollweg war. Zu ihnen gehörten der geistvolle Bunsen, damals Ge- sandter in London. Gras Albert PourtalL-s und der Legationsrat Graf von der Goltz. Bismarck, damals ein Gegner dieser Richtung, hat diese Männer der Wochenblatt-Partei als ..zweifellos kluge Köpfe" (in den „Gedanken und Erinnerungen") bezeichnet. In ihrem Kreise wurde die Abhängigkeit der preußischen Politik vom Zaren stark empfunden. Ihre theoreti schen Grundlagen lieferte der Freiherr von Hart hausen. damals der beste Kenner Rußlands, der auf die tiefen Gegensätze in Rußland hinwies. Würde es gelingen, von Rußland Gebiete selbständigen Charakters loszulösen, so könne dadurch Deutschland von dem Drucke Rußlands befreit werden. Rur wenn eine solche Schwächung Rußlands erreichbar sei, dürfe Preußen kämpfen. Bunsen wies als erster in seiner Denkschrift vom 2. Mai 1854 darauf hin. daß die „orientalische Frage" das Verhältnis Rußlands zu Deutschland bestimmen werde. In diesem Ge dankenkreise wurde auch die Selbständigkeit der Ukraine — zumal von Bunsen — wieder erörtert. Bunsen, dessen Gedanken vielfach als phantastisch galten, hat die Lage der Gegenwart vorausgesagt. Er betonte, daß das russische Machtstreben seilt Ziel in Konstantinopel habe. Als das einzige Mittel da gegen betrachtete Bunsen die Loslösung der am Schwarzen Meer gelegenen Teile, also der Ukraine. Dis Wichtigkeit dieses Gebietes für die russische Machtstellung hat Bunsen richtig erkannt. Mit dem Gedanken einer Abwehr der russischen Machtentwick- lung von Westeuropa war so der Gedanke einer selb ständigen Ukraine früh verbunden. Die traditionelle Freundschaft mit Rußland führte Preußen auf andere Bahnen. Es ist nicht zu verkennen, daß auch reale Interessen einen Bruch mit Rußland widerrieten. Bismarck konnte für die Kämpfe, die er voraussah. die Rückendeckung Ruß lands nicht entbehren, er mußte eine Koalition Ruß lands mit den Westmächten ausschalten. Indes hat Bismarck selbst eine neue Orientierung seiner Politik Rußland gegenüber durchgeführt. In verschiedenen Reibungen der 70er Jahre stellte sich immer schärfer heraus, daß die Balkanpolitik Ruß lands mit der Zertrümmerung Oesterreichs ver bunden war. Sie bedeutete aber die Herabdriickung Deutschlands zu einer Macht zweiten Ranges. So führte Bismarck das Bündnis mit Oesterreich herbei, das dazu zwang, einen Krieg mit Rußland als Mög lichkeit zu betrachten. Als 1887 Rußland die bul garische Krise herbeiführte und damit die Kriegs gefahr in bedrohliche Nähe rückte, trat das ukrainische Problem wieder energisch hervor. DicSituation wurde durch einen Artikel Hartmanns in der „Gegenwart" beleuchtet, der die Auflösung Rußlands und die Er richtung eines ukrainischen Staates empfahl, um Deutschland von dem stetig anwachsenden Drucke Rußlands zu befreien. Dieser Artikel ist wohl von Bismarck inspiriert. Hatte er früher die Bestrebungen der Wochenblatt-Partei als „kindische Utopie" be zeichnet. suchte er auch stetig einen Konflikt mit Ruß land zu meiden, so konnte er sich doch sseit 1876) nicht mehr ..der Ueberzeugung erwehren, daß der Triebe durch Rußland, und ?war nur durch Rußland be droht sei." (Brief an König Ludwig II. von Bayern. 1879.) In die Oeffentlichkeit warf er diese Ueberzeugung mit der großen Rede vom 6. Februar 1888. Der Artikel Hartmanns fiel in diese erregte Zeit. Er wies darauf hin, daß keine natürliche Not wendigkeit bestehe, die Russen und die Ukrainer in einem Staate zusammcnzufassen. Das Gebiet der Russen sei das Stromgebiet der Wolga und des Don; diese Ströme zu besitzen, sei für Rußland eine Lebens notwendigkeit. Das Dnjepr-Gebiet dagegen sei der Sitz des ukrainischen Volkes und vom Stromgebiet Rußlands durch die Wasserscheide der Düna-Doni- schen Landhöhe getrennt. Rußland sei durch die Ströme nach dem Südosten, die Ukraine nach Süd westen orientiert. Das waren freilich nur geo graphische Konstruktionen, die die Macht des staat lichen Wollens verkannten. Hartmann gründete darauf die Forderung, daß ein Dnjepr-Staat, ein „Königreich Kijew", errichtet werden müsse. Daß dieser Staat relative ethnographische Einheit und die materiellen Grundlagen selbständigen Lebens bejah, betonte Hartmann mit vollem Recht. Dieser ukrai nische Staat sollte überdies Lurch ein Bündnis mit Oesterreich gesichert sein. Seither haben die 4 Millionen Rutheneu in Oesterreich eine günstige kulturelle Entwicklung er lebt. Von dort sind Einflüsse in der Ukraine wirk sam geworden und haben das nationale Bewußtsein des fast erdrückten Lölkes neu belebt. Für Rußland bildet das ukrainische Problem, die Verselbsländi- gung von 30 Millionen, eine Schwierigkeit, die von leitender Stelle als die größte Gefahr bezeichnet ist. Um die nationalen Bestrebungen in der Ukraine völlig zu erd.üüen, wurde die Eroberung Galiziens zu einer Forderung der russischen Politik. Hier erst konnte man den Herd des ukrainischen Rational gefühls vernichten. So ist heute die ukrainische Frage zu einem internationalen Problem geworden und wird durch den großen Krieg erst lösbar werden. Nicht nur weil man einem großen Volle das Recht scllständigen Daseins zugestehcn muß, sondern auch um Deutschland-Oesterreich von der russischen Gefahr zu befreien, muß man wünschen, daß der Ukraine ein neues und selbständiges Leben beschieden sei Freilich sind mit ihr so tiefgreifende Lebensinteressen Rußlands verbunden, daß es schwer hält, die poli tische Möglichkeit vorzustellen. Zu einer selbständigen Mitwirkung der Ukraine zu ihrer Befreiung von Rußland scheint bisher wenig Aussicht zu sein. Nur eine völlige Erschütterung Rußlands durch den Krieg und eine einheitliche Erhebung des Volkes könnten dieses Ziel erreichen. Die Arbeit zur Hebung des ukrainischen Volkes har bereits gute Früchte ge tragen. Aber eine staatliche Neubildung fordert staatliche Machtmittel und einheitliche Führung. Die Interessen der staatlichen Macht Rußlands sind das schwerste Hemmnis für eine selbständige Ukraine. Die Loslösung der Ukraine würde den Lebensnerv Rußlands durchschneiden. Darin liegt die politische Schwierigkeit der ukrainischen Frage. * Schauspielhaus. Das lustige Stück „Ein kost - bares Leben, Generalprobe eines Lust- spiels", in dem Anton Franck heute sein Gastipiel beginn:, hat kürzlich auch am Hamburger Thaliathrater einen stürmischen Heiterkectsersolq er rungen und bewährt sich dort als Schlager. Heute findet auch am Kleinen Theater in Berlin die Erst- aufführung statt. — Die Vollsvorstellungen zu Ein heitspreisen bringen morgen nachmittag das Volks stück mit Gesang „'s Nullerl" in der Besetzung der Erstaufführung, am Sonntag, den 11., nachmit tags mit Anton Franck als East «Die spa nische Fliege". Türkische Lehrmeister -eutscher Kunst Wie einst zur Eoethe-Schiller-Zeit erlebt in un seren Tagen die deutsche Silhouettenkunst, für die sich letzt der Name „Schattenrisse" oder „Schattenbilder" einzubürgern scheint, eine neue Blüte. Diese Technik stammt aber nach den Untersuchungen von Prof. Dr. Jakob aus Persien, und sie wurde der europäischen Kultur von den Türken überbracht, bei denen sie, wie der namhafte Orientalist Prof. Dr. I. H. Mordtmann in der „Zeitschrift der deutschen Morgcnländischen Gesellschaft" nachgewiesen hat, seit Jahrhunderten eifrig gepflegt wurde. In den Reisen des Eolija Tschelcbj wird erwähnt, daß die „oimadschian", die Silhouettenschneider, eine besondere türkische Zunft bildeten und bei feierlichen Aufzügen mit den übri gen Zünften defilierten; sie werden auch ausdrücklich in der Beschreibung eines solchen Aufzuges, der im Jahre 1582 vor dem späteren Sultan Mehemed III. stattfand, aufgeführt. Ihre soziale Stellung war denn auch im alten türkischen Reiche, wo das Vorrecht der Geburt wenig galt und der begabte Sohn eines Sklaven die höchste Staffel in Würden und Reichtum erlangen konnte, eine sehr angesehene, zumal die Scbnttenrißkunst sehr volkstümlich war und Pfuscher nicht hochkommen konnten. In dem ausführlichen Be richt eines Augenzeugen, der zuerst in der deutschen Ausgabe von Leundavius' Türken-bronik gedruckt und daraus in der „Hoffhaltung des Türkhischen Keyfers und Othomannischen Reichs" des Nicolaus Höniger von Königshafen (erschienen 1596) wiederholt wurde, heißt es von ihnen unter dem 25. Juni: „Die so allerlei Schniqwerk von Papier machen, nur ihrer zehen, haben dem Sultans einen sehr schönen lustigen Garten und ein Schloß mit Blumenwerk aus Papier mancherley Farben künstlich geschnitzelt, Presentiert." Und Heinrich Friedrich v. Diez, der zu Anfang des 19. Jahrhunderts preußischer Gesandter bei der Hohen Pforte war, notiert in seinen „Denkwürdigkeiten von Asien"; „Jdris Begh, ein reicher Mann, war ein sehr geschickter Maler, besonders für Dosen. Er be saß auch eine ausnehmende Fertigkeit im Ausschneiden allerlei Arten Figuren im kleinen. Er schnitzelte dies« kleinen Figuren mit der Schere in Papier. Er trieb dies nur zu seinem Vergnügen und verschenkte die Figuren aufgetlebt an seine Freunde und Bekannte mit Unterzeichnung seines Namens." Bei der Sammelliebhaberei der vornehmen Osmanen, die sich nicht nur auf kostbare Wasserpfeifen und Edel steine beschränkte — die meisten Sultane betätigten eine Art abergläubischer Scheu vor allem Geschriebe nen und Gezeichneten —, dürften sich noch viele Zeug nisse alttürkischer Sclhouettenkunst finden, aus denen die Geschichte der Wanderungen der Silhouettenkunst aufgehellt werden könnte; jedenfalls ist sie, wie so viel anderes mehr, aus dem Orient zu uns gekommen, und zwar durch Vermittlung der Türken, mit denen schon vor ihrer Festsetzung in Europa ein intensiver Handelsverkehr des Abendlandes bestand. * Alemannischer Friedhof bei Hintschingen in Vaden. Nachdem man in der Rühe der badischen Eisenbahnstatcon Hintschingen bei Vuhnarbei- tcn auf Gräber gestoßen war, ließ, wie die „Kölnische Volkszeitung" mitteilt, die Direktion der Groß- herzogl. Altertümcrsammlung in Karls ruhe Ausgrabungen vornehmen. Diese ergaben einen überraschend reichlichen Fund. Eine ganze alemannische Fricdhofanlage mit 42 Grät>ern wurde freigelegt. In emem Grabe trug der Tote auf der Brust ein 10,5 Zentimeter langes Kreuz aus seinem Goldblech, wie es auch schon in Langoüardengräbern Obcritaliens gefunden wurde. In Deutschland ist diese Art sehr selten. Das Kreuz war reich verziert. An der rechten Hand hatte der Tote einen goldenen Ring, dessen Platte aus einer Goldmünze des byzan tinischen Kaisers Justinus II. (565—578) bestand. Zur Rechten des Bestatteten fanden sich zwei auf- einanderliegcnde Schwerter aus Eisen. Das eine hatte silberne Verzierungen am Griff und war zwei schneidig (Spatha). Das andere Schwert war kürzer und einschneidig (Seramasax). Daneben lag eine schöne Speerspitze, ebenfalls aus Eisen. Vom Schwert gurt fanden sich noch silberne tanschierte Schnallen und Beschläge vor. Ueber dem linken Dein lag der Schiltuckel mit eisernem Griff; zu Füßen lagen Neste von Pferdezaumzeug: Trense,Rosetten, Riemenzungen und dergleichen aus Eisen, reich mit Silber tanschiert. So auch ein schöner Eisensporn. In den übrigen Grä bern fanden sich Schwerter, Speere, Pfeilspitzen, Schnallen und Zierstücke. In den Frauen- und Kin dergräbern große, kreisrunde Ohrringe aus dünner Bronze, zum Teil mit Silber verziert, ferner Hals ketten aus farbigem Ton und Bernstein, Zierstücke, Schnallen und Veinkämme. In einem solchen diente als Schmuck die Porzellanschnecke (Cypraea). Die Gräber waren in der Richtung von Westen nach Osten angelegt. Der gefundene Ring dürfte mit seiner Prägung zur Datierung der Grüber auf das Ende des 6. Jahrhunderts Hinweisen. Daß in der Ansied, lung bereits Christen waren, dafür sprach das Gold kreuz und der Mangel an den heidnischen Tongefäßen. Die aufgefundenen Reste wurden der Großherzog- lichen Sammlung in Karlsruhe einverleibt. hschschnlnachrlchten Aus Straßburg berichtet man : An der hiesigen Universität sino in diesem Semester 515 Studierende ortsanwesend, und zwar: 161 (18 Frauen) in der medizinischen, 100 (21 Frauen) in der philosophischen, 96 (6) in der juristischen, 75 in der katholisch - theo- logischen, 64 11) in der naturwissenschaftlichen und 19 in der evangelisch-rheologischen Fakultät. Als Kriegsteilnehmer sind 1026 Studenten beurlaubt. Ueberhaupt immatrikuliert sind also 1541: 413 in der medizinischen, 335 in der juristischen, 323 in der philosophischen, 239 in der naturwissenschaftlichen, 151 in der tatholisch - theologischen und 80 in der evan gelisch- theologischen Fakultät. Hospitanten sind 20 Frauen und 12 Herren. An der Universität Halle befinden sich, wie man mitteilt, im laufenden Halbjahr 2089 Studierende (gegen 2855 im Vorjahre), darunter 122 (101) weib liche. 2m einzelnen studieren: Evangelische Theologie 370, Rechtswrssenichaft 302, Medizin 319, Zaynherl- kund« 22, Philosophie, Philologie und Geschichte 476, Kameralia 288, Mathematik und Raturwissenlchaften 285, Pharmazie 18. Mit 41 Hörern (darunter 14 weiblichen) betragt die Gesamtbesucherzahl 2121. 2m Kriegs- oder Sanitätsdienst stehen etwa 1500 Stu» dierende. 2n den letzten Kümpfen am Jsonzo ist der Kunsthistoriker Dr. Ostar Pollak, Assistent am österreichischen Historischen Institut in Rom und Privatdozent an der Univerutat W i e n, gefallen. Pollak promovierte mit einer Arbeit über den böh mischen Bildhauer Drotow an der Karl - Ferdinand- Universität in Prag, und widmete seither alle seine Studien dem italienischen Barock. Er galt unter den jüngeren Fachgenossen als einer der besten Kenner dieser Epoche. Sein zahlreiches, mit unermüdlichem Fleiß und höchster Wissenschaftlichkeit gesammelte» Material ist nun verwaist. Die Vunsen-Pettenkofer-Ehrentafel ver- lieh ter Deutsche Verein der Gas- und Wasserfach männer in seiner Hauptversammlung dem Münchener Hygieniker Geh. Medizinalrat Prof. Dr. v. Gruber. Dreie Anerkennung wurde ihm wegen seiner hygienischen Untersuchungen, die sich aus das Gas gebiet erstrecken, zuteil. kleine Mitteilungen * Gutem Vernehmen nach wird die Mannheimer Bühne nach vcrschiedentlichcn Krisen, die durch den bedauerlichen Weggang Gregoris und die nach einem nicht eben bedeutungsvollen Zwischenstadium erfolgte Demission seines Nachfolgers Bernau ent standen waren, in Bälde einen neuen Intendanten erhalten. Wahrscheinlich wird Hagemann, der jetzt noch im Felde steht, an diese Stätte seines erfolg reichen Wirtens zurückkehren. Zuletzt war Hagemann Leiter des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg. * Arthur Schnitzler hat einen neuen Einakter- zytlus, „Komödie der Worte", geschrieben, der im Oktober gleichzeitig in Berlin und Wien zur Ur- aufsührung lammen soll. * Der Direktor der großherzoglichen Museen in Weimar, Dr. phil. Anton Mayer, ist auf jein Ansuchen aus dem weimarrfchen Staatsdienste entlassen worden. Georg Anton Mayer, geboren 1879 in Berlin, erhielt seine Aus- bildung an der Universität seiner Vaterstadt sowie in Halle, woselbst er im Jahre 1906 mit einer Arbeit „Leben und Werke der Brüder Mattheus und Paul Brill" den Doktorgrad erwarb. Dann war er Volon tär an der Nacionalgalerie in Berlin, später am Kupferstichkabinett. Seit 1908 lebte er als Privat- getchrrer in Berlin und unternahm ausgedehnte Studienreisen. In, Herbst 1913 übernahm Dr. Mayer die Verwaltung des Grobherzoglichen Museums und des Museums für Kunst und Kunstaewerbe in Weimar. Eine lange Reihe von kunsthistorischen Auisützen veröffentlichte er in Zeitschriften. In Buch form erichienen „Der Gefühlsausdruck in der bildenden Kunst" (1913! und „Studien zur Kun st Psychologie" (1914). * Eine Büste Gerhart Hauptmanns von dem Bildhauer Mathias Kurt Kleine hat die Stadt Breslau erworben. Der junge, in Breslau ge borene Künstler, ein Schüler des verstorbenen Werner- Schwarzburg an der Breslauer Kunstakademie, hat den Dichter in dessen Landhaus in Agnetendorf 1911 modelliert. Das Modell war bisher nur einmal auf Bestellung des Deutschen Künstlervereins in Rom in Bron,e gegossen woroen Das zweite Gußexemplar ist das von der Stadt Breslau erworbene, das, wie es heißt, im Wandelgange des Stadttheaters auf gestellt werden fall. * Auf Antrag der Städtischen Kunstdeputation be schäftigt sich die Stadt Breslau mit Maßregeln zur Hebung der wirtschaftlichen Lage der Künstler während des Krieges. Cs soll den Breslauer Künst lern und Kunstgewerblern aller Gattungen Beschäf tigung gegeben werden, sei es durch die Erteilung fester Aufträge kleineren Umfangs, sei es durch Ausschreibung von Wettbewerben. Für dieie Zwecke sollen insgesamt 10 000 Mark aus Mitteln des Haup'extraordinariums 1915 bereitgestellt werden. Ludwig Eanghofer wird am 7. Juli seinen 60. Geburtstag feiern Er weilt gegenwältig auf dem östlichen Kriegsichauplatz, wird aber Anfang Juli für einige Zeit nach München zurückkehren. Ali AW liberm Helm... Roman von 8) Erica Erupe-Lörcher. In den Nebensälen war cs stiller geworden. Dafür hatte sich der Große Saal um so mehr ge füllt. Vom Podium bot sich erst jetzt in dem reiz vollen, abwechslungsreichen Bild die bunte Zu sammensetzung der Gesellschaft, die man vorher an den vielen einzelnen Tischen nicht bemerkte. Das heutige Fest vereinigte die sonst so ge trennte deutsche und elsässische Straßburger Ge sellschaft. Man sah die jungen Elsässerinnen in Gesellschaftstoiletten von unverkennbarem fran zösischem Geschmack, unzertrennlich von ihren immer streng modernen, zum Teile sehr großen und eigentlich immer sehr kleidsamen Hüten. Unter den Herren kehrte der Typus des deutschen Offiziers in Zivil sehr häufig wieder. Schlanke, meist großen Figuren, an der Stirn der dunk lere Rand des Helmes. Sie trugen, wenn sie nicht den Frack oder Smoking gewählt, dem Charakter der Faschingsveranstaltung durch einen hochroten Frack und seidene Kniebeinkleider mit Schnallenschuhen Rechnung. Ivette, die längere Zeit bei Montelets ge sessen, brach nun ebenfalls aus. Ihr Gatte würde müde sein und sich zurückziehen wollen. Albert begleitete sie zu ihrem Tisch zurück. Sie fand ihren Mann so vor, wie sie eS fast fürchtete. Er hatte seinen Stuhl an die Wand gerückt und den Kopf leicht zurückgclehnt. Sie machte sich he::::licl)e Vorwürfe, daß sie nicht ganz bei ihm geblieben war. Aber er wünschte das bei solchen Anlässen gar nicht, sondern sie wußte, daß er es viel lieber sah, wenn sie nicht immer fest neben ihm sitzen blieb, sondern sich auch amüsierte. Binsinger schüttelte den Kopf, als sie ihn fragte, ob er müde sei und ob man nun hinaufgehen wolle. „Tie Zeit ist mir gar nicht lang geworden. Ich konnte von hier aus ein Stück vom Tanz saal sehen. Und die Leute dort drüben an, Tisch machten so viel Spaß!" „Aber jetzt bin ich müde," schützte Ivette vor. „Gut, dann gehen wir!" Als er sich mit beiden Händen auf den Tisch stützte und sich erheben wollte, ließ er sich wieder fallen. Ivette biß sich ans die Lip pen. Es war nicht das erstemal, daß sein Kops verhältnismäßig klar war, die Füße aber den Dienst versagten. Unmöglich würde es ihm sein, allein und aufrecht durch den Saal zu gehen, um dann noch die Treppe hinauszukommen. In einer Ecke des Wintergartens sah sie noch Be kannte am Tisch. Vor ihnen konnte ihr Mann sich unmöglich eine Blöße geben. Deshalb sagte sie halb zu ihrem Mann, halb zu Albert ge wandt: „Wir könnten doch noch eine Viertelstunde bleiben. Ich bin durstig. Bitte, bestelle mir noch eine Flasche Karolawasser." Binsinger pflichtete seiner Frau bei und meinte zu Albert: „Setze Sie sich noch e bisjele zu uns, Herr Doktor! Und trinke Sie noch e Tröpfele mit uns!" „Ich danke sehr. Ich sehe soeben, daß meine Flasche kaum zur Hälfte geleert ist." „Tas ist schön von Fhnen, Monsieur West phal, daß Sie wieder zu uns ins Elsaß zurück- gekomme sind. Wenn Sie jetzt nach Kolmar gehe, besuche Sie uns auch einmal. Es wird Ihne wieder in Kolmar gefalle. Es ist doch nun ein mal am schönsten im Elsaß, gelt?" „Stoßen wir an auf unser Elsaß!" Tie drei Gläser klangen zusammen. Unwill kürlich blickten sich Ivette und Albert in die Augen. „Auf uuser schönes Elsaß!" wiederholte sic leise. Und in diesem Moment hatte Albert West phal die Empfindung, daß er sich nie von diesem Stück Erde würde losreißen können. Tann wurde es still zwischen den Dreien und jeder überließ sich eine Weile seinen Gedanken. Durch die geöffneten Türen sah man im Weißen Saal noch tanzende Paare vorübergleiten. Doch cs waren nur noch vereinzelte. In allen Sälen wurde es leerer. Eine Stimmung von Müdigkeit und Ermattung legte sich über alle Räume. Es war, als ob die Lebenslust sich in der Müdig keit verflüchtigte. Auch an den einzelnen Tischen begann die Mehrzahl der Gäste aufzubrecheu und zwischen den Bleibenden verstummten die lachen den und neckenden Hin- und Herrufe. Selbst die Musik schien müder und weniger prickelnd zu er klingen. Auch die Biumen in den Vasen auf all den Tischen begannen zu welken und sanken zu sammen in der warmen, schweren, übersättigten Luft. Nur die unzähligen künstlichen Rosen, die in Girlanden die Säulen und Wände der Säle als charakteristisches Merkmal des TageS um- spannten, leuchteten in unverändertem unver- welkenden Rot. Aber gerade jetzt ließ ihre un veränderte starre Pracht inmitten der welkenden Atmosphäre den Reiz der Lebendigtcit vermissen. Niemand von allen noch Anwesenden war diese Stimmung von gesättigter Lebensfreude und beginnender Müdigkeit mehr bewußt, als Albert. Seiner Feinfühligkeit hatte es immer widerstrebt, den Becher bis auf die Neige aus zukosten. Seiner Neigung entsprach es vielmehr, inmitten einer vollen Freude aufzubrechen, um keinen wehmütigen Nachklang aufkommen zu lassen. Nur kein Leben, das langsam erlöscht! Auf die Höhe des Lebens, auf die Höhe des Glückes wünschte er steigen zu dürfen und dann mochte das Schicksal ihn jäh abrufen — nur nicht verlöschen. Nach einer Weile sah er Ivette sich zu ihm beugen. Die Bekannten vom benachbarten Tisch waren soeben aufgebrochen. „Ich glaube, wir könnten jetzt hinausgehen." Und mit einem Blick bat sie Albert, ihr zu helfen, ihren Mann hinauszugeleiten. „Wir haben den gleichen Weg, Monsieur Binsinger, geben Sie mir Ihren Arm, ich gehe mit hinauf." Er schob seinen Arm unter den von Herrn Binsinger, während Ivette an der anderen Seite ihres Mannes ging. Sie biß heimlich die Zähne zusammen. Der große, starke Mann stützte sich schwer auf die zarte Frau. Es war gut, daß Albert ihn am anderen Arm führte. Doch auch so kamen sie kaum bis zur Treppe. Es war Ivette angenehm, daß sich niemand mehr im Vestibül befand. Nur der Nachtportier saß in seinem Zimmer. Als sic einige Dtufen der Treppe erstiegen, ging es nicht weiter. Binsinger wollte einen Augenblick stehen bleiben, um sich auszuruhen. Doch er kam ins Schwanken und trotzdem Albert sich selbst am Treppengeländer hielt, konnte er ihm keine genügende Stütze, bieten. (Fortsetzung in der Abendausgabe.)
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