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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 04.08.1915
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1915-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19150804017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1915080401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1915080401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-08
- Tag 1915-08-04
-
Monat
1915-08
-
Jahr
1915
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Mvrgen'Msgabe. »»uatUchl.LSM., vtertrl)»hrlich 3.7S M. Vit »er OeKH»K»pell«, unser» ZNIale» un» »««gadeNeUen adgekottr monatlich lM.,»I«rt«l)»hrUch SM. vurch «aser« »««»artigen ZUialen ins hau» gedracht: monatlich 1.S0 M., »ierteijühriich ».so M. vurch »>, Post: innerhald veutsch- lau»« und »er »rutschen Kolonien monatlich l.Z0 M., vierteljährlich ».so m.» ausschließlich postbesteUaei». Preis »er Einzelnummer 1» Vf. 3» Leipzig, »en Nachbarorten un» Sen Orten mit eigene» Malen wir» »t« stdenüauogade noch am stden» »es Erscheinen» in» Hou» geliefert. Nr. 39l. HcmdelsFeiturrs ArrrtsblrM des Rockes und despollreuuntes der Stadt Lcrpzrg «eöaktlo» un» O»schSft»st»ll»r 7»ha«ni»,ass« Nr.». S r»rusprech.flns«luß Nr.,«»«, «»»3 un» «»»». los. Jahrgang kür stazeigea au» Leipzig un» Umgebung öl« Ispaltlgepetltzeilersp^,SieNeklam»,eiletM.. o»n au»«art»30pf., Neklamen t.2S M., Klein, »n,eigen »iepetltzeii« nur r»ps.,b.wle»«rh»l.Nab.,Nnz«ig»nvon0«hör»en im amtlichenir,il»iepet>i« zeil, »o ps. 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Dann hatte der -trieg uns gezwungen, mit den baltischen Dingen angelegentlicher uns zu be- scdäftigen, und nun rückt die Einnahme von Mitau, die die Eroberung Kurlands ungefähr abschließt, das Problem uns ganz nahe: Wie stellen wir uns zum Baltikum? Was kann es, zumal in völkischer Beziehung, uns bedeuten? Man kann die Verhältnisse dort am ehesten denen in Kram und den jetzt tschechischen Ge- bieten Böhmens vergleichen. Ueber eine Urbe völkerung, die in Kurland und dem südlichen Livland aus Letten (einem den Litauern nahe verwandten halb slawischen Stamm), im nörd lichsten Livland und in Estland aus den zur finno- ugrischen Völterfamilie gehörigen Esten besteht, halt eine dünne deutsche Oberschicht die Wacht. Hält diese deutsche Wacht im Osten unter harten und wechselvollen Schicksalen, während den zusammeugebrvchenen deutschen Orden Dä nen, Schiveden, Polen und Russen in der Herr schaft ablösen, durch volle sieben Jahrhunderte. Im 16. und 17. Jahrhundert sind sie das Schlachtfeld aller Völker, die um das Imperium an der Ostsee, dem Mare Baltikum, ringen. 1721 im Rhstader Frieden fallen Livland und Estland an die Russen, 1795 wird Kurland, das sich am längsten als deutsches Herzogtum unter polnischer Lehnshohcit gehalten hat, durch frei willige Unterwerfung russische Provinz. Das russische Regiment, das dem gequälten Land endlich Schutz vor dem äußern Feinde gewährt, wird anfangs wie eine Er lösung empfunden. Peter der Große und seine Nachfolger bis auf Alexander I. trachten nicht da nach, die Eigenart des Baltikums anzutasten. Das liefert ihren Kriegszügen die Heerführer, liefert ihnen für die große Politik Diplomaten und Staatsmänner von europäischer Kultur und unbestechlicher Gesinnung. Erst unter dem ersten Nikolaus beginnen die Unterdrückungen. Die lettischen und estnischen Bauern — die Re formation hat in diesem hart lutherischen Lande Wurzeln geschlagen wie, von Skandinavien ab gesehen, kaum irgendwo anders — werden durch Versprechungen an Geld und Gut, die hinterher dann doch nicht gehalten werden, reihenweise zum Uebertritt zur griechisch-katholischen Kirche ver führt; es wird auch — freilich zunächst nur in der schonenden Form der Empfehlung der russi schen Sprache sür den Verkehr der Behörden — der Versuch gemacht, das feierlich beschworene Sprachenprivileg zu durchbrechen. Aber im Grunde bleibt es bei diesen Versuchen und ge legentlichen Anläufen. In der Hauptsache führen die drei Provinzen ein beschaulich-behagliches Sonderdasein, in regem geistigen — und auch persönlichen Aus tausch mit dem Mutterlande. Jin 18. Jahrhun dert waren die Balten, die Kurländer allen vor an, als fröhliche ausdauernde Zecher und kühne Fechter an allen deutschen Universitäten bekannt gewesen. Das hatte seit der Neugründung der einst von Gustav Adolf geschaffenen Universität Dorpat in diesem Umfange ausgehört. Da für lehrten dort Professoren aller deutschen Stämme, und aus all ihnen floß — nicht gerade üppig, aber stetig und regelmäßig — den Ost seelanden frisches Blut zu. Im übrigen war das Sonderdasein nie zur pflichtvergessenen Syba- ritenexistenz ausgeartet. Schon zwischen 1817 bis 1819 hatten diese drei aristokratischen Stände staaten die Leibeigenschaft aufgehoben und in den sechziger Jahren von sich aus und völlig spontan eine vielfach schlechthin muster gültige Reform der Agrarverfassung zuwege ge bracht, wie sie Preußen bis heute noch nicht ge- lungen ist. Um die nämliche Zeit aber begann die „russi sche Volksseele" zu erwachen. Allrußland forderte kategorisch, das „russische Staatsprinzip" rück sichtslos durchzusetzen (worunter man damals wie heute die geistlose Uniformierung verstand), und der -weite Alexander war zu schwach, solchem Rufe sich zu entziehen. Neue Sprachenverord- nunaen folgten; man trieb verehrte Männer, an die sich die Hoffnung des geängstigten Landes klammerte, aus Amt und Heimat und säte den Samen der Zwietracht zwischen die deut sche Herrenschicht und die lettische und estnische Urbevölkerung. Noch einmal schien dann das Zerstörungswerk -um Stillstand gekommen zu sein. Bis unter Alexander III., diesem beharr lichen Trinker und finsteren Deutschenhasser, um die Mtte der achtziger Jahre der Feldzug von rreuem ausgenommen und nun so gründlich durch- Lagebericht Her Obersten Heeresleitung Das Wolfssche Büro meldet amtlich: GroßesHauptquartier, 3. August. Westlicher Kriegsschauplatz. Die am 30. Juli bei Hoooe genommene eng lische Stellung ist entgegen dem amtlichen Bericht des englischen Oberbefehlshabers vollständig in unserer Hand. Zn der Champagne besetzten wir nach erfolg reichen Sprengungen westlich von Perthes und westlich von Sona in die Trichterränder. Zn den Ar gönn en wurden nordwestlich von Four de Paris einige feindliche Gräben genom men und dabei KO Gefangene gemacht. Bei dem gestern gemeldeten Bajonettangriff sind im ganzen vier Offiziere, 183 Mann gefangengenommen und zwei Maschinengewehre erbeutet worden. Zn den Bogesen ist bei den Kämpfen in der Nacht vom 1. znm 2. ein kleines Grabenstück am Schratzmännle (zwischen Lingekopf und Barren kopf) an den Feind verlorengegangen. Am Linge - köpf ist ein am 1. und 2. August vollständig zusam- mengeschossener Graben von uns nicht wieder besetzt worden. Ein vom Gewittersturm losgerissener französischer Fesselballon ist nordwestlich von Etain in unsere Hände gefallen. Oestlicher Kriegsschauplatz. Bei den Kämpfen in der Gegend von Mitau wurden 500 Gefangene gemacht. Oestlich von Poniewicz gab der Gegner, zum Teil aus mehreren Stellungen geworfen, den Wider stand auf und zog in östlicher Richtung ab. Unsere Truppen haben die Straße Wobolniki — Subocz überschritten. Gestrige Eefangenzahl hier 1250 Mann; zwei Maschinengewehre wurden erbeutet. Zn Richtung auf Lomza wurde unter erfolg, reichen Kämpfen Raum gewonnen, rund 3000 Russen wurden gesangengenommen. Zm übrigen fanden auf der Narew-Front und vor Warschau kleinere, für uns günstig verlaufene Gefechte statt. Unsere im Osten zusammengezogenen Luft schiffe unternahmen erfolgreich.' Angriffe auf die Bahnlinien östlich von Warschau. Südöstlicher Kriegsschauplatz. Generaloberst von Woyrsch hat mit seinen deutschen Truppen die Brückenkopf st ellung am Ost ufer der Weichsel erweitert; es wurden 750 Gefangene gemacht. Die ihm unter stellten österreichisch-ungarischen Truppen des Gene rals von Köreß vor der Westfront von Zwan gs rod erreichten einen durchschlagenden Erfolg. Sie machten 2300 Gefangene und erbeuteten 32 Ge schütze, darunter 21 schwere, und zwei Mörser. Vor den Armeen des Eeneralfeldmarschalls von Mackensen hielt der Gegner gestern noch in der Linie Nowo Alexandri a—L enczn a—Z alin (nordöstlich von Cholm) stand. Am Nachmittag wur den seine Linien östlich von Lenczna und nördlich von Cholm durchbrochen. Er begann deshalb auf dem größeren Te il der Front in der Nacht, seine Stellungen zu räumen. Nur an einzelnen Stellen leistet er noch Widerstand. Oestlich von Lenczna machten wir gestern 2000, zwischen Cholm und Bug am 1. und 2. August über 1300 Ge fangene; mehrere Maschinengewehre wurden er obert. geführt ward, daß nach zwanzigjährigem Willen nur noch ein Lrumincryanfen, in dem vernich tete Existenzen, zerstörter Wohlstand und meder- gemähte Kulturgüter durcheinander lagen, übrig blieb. Trotzdem haben die Balten, als Nito- aus II. zum Dank für die während der russi- chen Revolution ihm geleisteten Dienste die Fes- eln ein wenig lockerte, mit dem unerschütterlichen Optimismus, den ihnen als eine glückliche Stam- mesgabe das Schicksal an die Wiege band, auf dem vulkanischen Boden von neuem gepflügt, ge ackert und gebaut. Es war nicht mehr das alte Deutschtum der Ostseelande, das sich wie etwas Selbstverständliches nahm und empfand, aber ein bewußteres, kernhafteres, trotzigeres, das im bitteren Kampf die baltische Art vertieft und geläutert hatte. Die beiden Kern übel der Deutschen, von denen die Balten bisweilen heimgesucht wurden wie alle unsere Volksgenossen — die Neigung zum Klassenhochmut und zum partiknlaristischen Behagen —, waren in der schweren Zeit der Not von ihnen abgcfallen. Jetzt gingen sie ins Volk und rangen um jede einzelne Seele. In jeder der drei Provinzen wurde — dem Deutschen Schulverein für Oesterreich vergleichbar — je ein Deutscher Verein begründet. Zweignieder lassungen dieser Vereine überzogen nun das ganze Land und halfen zu ihrem Teil die Stammes- genossen zusammenzuhalteu, sie geistig und ma teriell zu kräftigen und vor dem Versinken in das fremde Volkstum — weniger das russische als das lettische und estnische, das Handwerkern und kleinen Leuten oft genug gefährlich gewor den ist — zu bewahren. Die Vereine hatten höhere, mittlere und niedere Schulen geschaffen, Lehrlingsheime für Handwerker und Kaufleute, hatten Spar- und Leihkassen begründet, Arbeits nachweise und Arbeiterkolonien, hatten die Armenfürsorge in die Hand genommen und nebenher noch für gesellschaftliche Veranstaltun gen aller Art, für Bildungsvorträge, gemein schaftliche Wanderungen Theatervorstellungen und Konzerte gesorgt. Am höchsten stand daoei vielleicht die Arbeit für die deutsche Schule. Am höchsten, weil sie die meisten Opfer ver langte. Diese Gymnasien, Real- und Bürger schulen konnten nämlich nur durch die vornehme Liberalität der Ritterschaften erhalten werden, die ohne Besinnen Jahr für Jahr den größten Teil der erforderlichen staatlichen Summen her gaben. Das furchtbare Jahr, das hinter den Balten liegt, hat das meiste von solchem Mühen freilich wieder zerstört. Aeußerlich wohl fast alles. Aber unter der Oberfläche lebt die alte Gesinnung und die Zähigkeit im nationalen Beharren. Und in einem Stück haben die Verhältnisse gegen früher lvesentlich sich gebessert: die Letten und die Esten (wir sprechen hier auf Grund ganz be stimmter und zuverlässiger Mitteilungen, die ein zutreffenderes Bild geben dürften, als die Schil derungen der mit Land und Leuten wenig ver trauten Kriegsberichterstatter) haben erlannt, daß auch ihnen Rußland den Untergang bedeutet, und beginnen nun langsam von ihm abzurücken. ökriegsziele sollen nicht erörtert werden; ge wiß nicht. Aber will man dem Sohne baltischer Erde es verdenken, wenn an dem Tage, oa über der einstigen Residenz der kurländischen Her zöge zum» erstenmal wieder deutsche Fahnen wehen, weihevolle Stimmungen von ihm Be sitz nehmen und die frohe Hoffnung ihn nicht verläßt: das Schicksal seiner durch Jahrhunderte gehetzten Stammesgenossen müßte endlich, end lich nun sich wandeln? Mmtliche öestätigung üer Kapitulation Ser Schutztruppe von Veutfch-SüSwestafrika wtb. Berlin, 3. August. (Amtlich.) Dem Kaiser haben der Gouverneur von Deutsch-Süd- westafrika Dr. Seitz und der Kommandeur der Schutztruppe Oberstleutnant Franke durch Vermitt lung der Botschaft der Vereinigten Staaten von Nord amerika nachstehende telegraphische Meldung erstattet: „Eurer Majestät melden wir allernntertänigft, daß wir gezwungen waren, den Rest der bei Korab zwischen Otavi und Tsumrb »am Feinde mit vielfach überlegenen Kräften eingeschlossenen Schutztruppe in Stärke von rund 3400 Mann an Botha z »übergeben. ZedeAussichtanserfolg. reichen Widerstand war ausgeschlossen, da, nachdem di« Orte Otavi, Sarub, Grootfontein, Lsumeb und Namutoni vom Feinde genommen waren, wir von unserer Berpflegungsbasi, ab geschnitten und jeder versuch eine» Durchbruch, bei dem hernntergekomme- nenZustandderPserde.sürdie seit Monaten kein Hafer «ehr vorhanden »ar, »»»-glich »ar. Alle Personen de» Beurlaubtenstande» und de» Land sturms, anch die in Südafrika Kriegsgefangenen, »er- de, aus ihre Farmen und zu ihre» verusstätigkeiten entlassen. Die Offiziere behalten ihre Waffen und Pferde und können auf Ehrenwort frei im Schutz, gebiet bleiben. Die aktive Schutztruppe, noch rund 1300 Mann stark, behält ihre Sewehre und wird an einem »och z» bestimmenden Platze im Schutzgebiet konzentriert. tgez.) Seitz. (ge^) Franke? Ein ^ahr Seekrieg Von Konteradmiral z. D. Kalau vom Hose. Der Ablauf des ersten Kriegsjahres ist gewiß ein geeianeter Moment, um einen Rückblick zu tun auf die Wechselfälle des Krieges, sich zu erfreuen an den glänzenden Heldentaten und Erfolgen unserer See leute und, aus den Erfahrungen lernend, einen Standpunkt zu gewinnen für die Aussichten der fort gesetzten Krieashandlung. Der Seekrieg hat uns viele Ueberraschungen gebracht, glücklicherweise mehr angenehme, als unangenehme. Diesen Umstand dürfen mir der angeborenen Hochachtung vor dem Nimbus (auf deutsch: Dunst) der englischen Welt macht zuschreiben, der sich auch die kritischen Geister bei uns nicht entziehen konnten; auch hat es uns bis her an Gelegenheit gefehlt, unsere Kräfte in der Praxis der großen Seekriegführung zu erproben. Die Engländer besitzen in moderner Seekriegsllhrung zwar nicht viel mehr Erfahrung als wir, aber sie hatten doch schon vor hundert Jahren eine mächtige, sieg gewohnte Flotte und das, was man Tradition nennt. Bei uns wird sehr viel von der wundersamen Kraft dieser Tradition geredet; sie ist vorhanden, aber wir wollen bedenken, daß ihre Wirkung nicht zuverlässig ist und schwindet, wo nicht frisch und ernst geschafft wird, so daß ihre einschläfernde Nebenwirkung nicht aufkommen kann. So war es denn kein Wunder, wenn unsere Kriegsmarine in allen ihren Gliedern zu Wasser und zu Lande die englische Kriegserklärung als ein unabwendbares Geschick hinnahm und ohne feste Hoffnung auf endlichen Sieg in ernster Stim mung lediglich an die „verdammte" Pflicht und Schuldigkeit bis zum Aeußersten dachte. Von der englischen Tradition, dem Geiste Nelsons, haben wir Wunderbares in diesem Kriege noch nicht gesehen. Es ist nun mindestens sehr sonderbar, daß die Engländer nicht sofort über unsere Flotte und Küstenplätze mit aller Macht hergsfallen sind. Eng land führt den Krieg gegen uns in der Art, die es selber am meisten fürchtet und gegen die es sich mit seiner großen Kreuzerflotte sowie durch die Armierung seiner Handels- und Fischerflotte mehr als genügend gesichert glaubte, wobl auch gesichert gewesen wäre — wenn nicht die deutschen H-Boote sich so recht- zeitig und so kräftig bewährt hätten. Alles Bluffen, Verleumden, Lügen, Schelten hilft nichts; das Auf gebot von tausend armierten Dampfern genügt nicht, um die Sicherheit der Schiffahrt in den englischen Küstengewäfsern herzustellen und die deutschen II-Boote abzuschütteln. Wohl gelingt es noch bei der jetzigen Zahl unferer H-Boote den englischen Kreuzern und Zerstörerflotten, die wichtige Verbindung zwischen England und Frankreich an der engsten Stelle des Kanals aufrecht zu erhalten; es liegt uns vielleicht gar nicht so viel daran, sie zu unterbrechen, solange sich andere, leichtere Ziele genügend bieten. Aber die starke Verminderung des Bestandes der verfügbaren englischen Handels flotte, der Ausfall der deutschen Handelsflotte und der sonst durch den Krieg behinderten Schiffe und die Unsicherheit des Handelsverkehrs stören sehr empfindlich das englische Wirt schaftsleben, das auf einen fortwährenden, massenhaften Zu- und Abfluß von Rohmaterial, Nahrungsmitteln und fertigen Waren eingestellt ist. Es herrschen infolgedessen in England soziale und wirtschaftliche Schwierigkeiten, die wir bei uns nicht zu befürchten brauchen, trotz der englischen Gewalt maßregel gegen den Handel der Neutralen mit uns. Es ist uns gelungen, den Spieß umzudrehen; wir ver hungern keineswegs, und England sieht mit der steigenden Teuerung aller Lebensmittel und der Ab wärtsbewegung seines Wirtschaftslebens sehr trübe in die Zukunft. Zn überraschender Weise hat auch unsere Luft flotte ihre Kriegsbrauchbarkeit dargetan und so wohl in der Aufklärung zur See als auch zum An griff gegen die englischen Flottenstützpunkte Hervor ragendes geleistet. Bekanntlich rühmten sich die Eng länder sehr mit ihren Wasserflugzeugen. Seit dem wirkungslosen Vorstoß unter dem Schutz des trüben Dezemberwetters am letzten Weihnachtstage gegen die deutsche Flotte und Cuxhaven haben sie sich in der deutschen Bucht nicht wieder sehen laßen. Dor den deutschen Luftschiffen haben die Engländer min destens ebensoviel Angst, wie vor den ll-Booten; sie wißen, daß sie noch viel mehr leisten können als bisher, wenn sie einmal im Ernste losgelaßen werden sollten. Auf englischer Seite kann von einer Ueber- legenheit in der Luft ebensowenig die Rede sein, wie im Minen- und Torpedowescn oder in der schweren Schiffsartillerie. Das Gefecht der beiderseitigen Schlachtkreuzer am 24. Januar 1915 bet der Dogger bank hat darüber Klarheit geschaffen. Ueberhaupt haben wir aus dem Verlauf des ersten Seekriegs jahres die Ueberzeugung gewonnen, daß in der Qualität der Massen und in der Kunst ihrer Hand habung die Engländer nicht den geringsten Vor sprung haben. Die deutschen Führer zur See haben unter den selten schwierigen Verhältnissen des diesmaligen Kreuzerkrieges und bei den Unternehmungen in der Ost- und Nordsee glänzende Eigenschaften bekundet, die in wirkungsvoller Harmonie zu dem prächtigen Geiste ihrer Schiffsbesatzungen stehen. Es ist dies um so erfreulicher, als die dauernde An spannung. die die verhältnismäßige Nähe der feind lichen Hauptflotte dem Personal auferlegt, sehr schwer zu ertragen ist. Die deutsche Hauptflotte beherrscht die Nord- und Ostsee, sichert unsere Küsten gegen die Schrecken des Krieges und kält die Häfen offen, aus denen die so erfolgreiche Offensive unserer leichten Streitkräfte gegen die feindlichen Küsten und den feindlichen Handel hervorgeht. Die englische
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