Volltext Seite (XML)
Nr. 378 Donnerstag, den 27. 3uli 1S1« F.ralpr.ch-Anschlub Nr. 1469^ 14893 »nd 14894 Schriftl.Itung und Geschäftsstelle 3»dannI4gast« Nk. 8 JeiiWe Mißerfolge m Westen nnd Osten Der deutsche Heeresbericht Das Wölfische Bureau meldet amllich: Großes Hauptquartier, 27. Juli. Westlicher Kriegsschauplatz Zwischen Anere und Somme bis in die Nacht hinein starke beiderseitige Artilleriekätigkeit, feindliche Handgranaten angriffe westlich von Pozi dres worden abgewiesen. Südlich der Somme ist ein französischer Angriff nordöstlich von Varleux gescheitert. Diese Nacht wurden in Gegend Kalte Höhe —Fleury mehrere starke französische Angriffe abgeschlagen. An einigen Steuen dauern die Kämpfe noch am Starke englische Erkundungsabkeilungen wurden an der Front südwestlich von Warneton, Patrouillen bei Riche- bourg abgewiesen; ein französischer Handstreich nördlich von Vienne le CHLteau (Westargonnen) ist mißlungen. Unsere Patrouillen haben bei Ville-aux-Bois und nord östlich von Prvnay in -er französischen Stellung rund SO Gefangene gemacht. * . * Im Luftkamps wurde ein französischer Doppc-deckec vei Seine (östlich von Reims) abgeschoffen. Oestlicher Kriegsschauplatz Gestern abend stürmten die Russen vergebens gegen unsere Stellungen an der Schtschara nordwestlich von Ljachowitschi an. Auch westllch von Berefieczko wurden sie blutig zorückgewiesen. Sonst sind, abgesehen von einem für die Gegner verlust reichen Vorposrengefecht an der Komaika südlich von Widsy, keine Ereignisse zu berichten. Balkankriegsschauplatz Die Lage ist unverändert. Oberste Heeresleitung. Churchill gegen die Heeresverwaltung (r.) Amsterdam. 26. I«li. (Drahtbericht.) Sn der Ilnter- hauSsitzung vom Montag griff Churchill die Heeresverwaltung an, die nach seiner Ansicht in vielen Punkten nicht auf der Höhe sei. Dor allem würden die Verwundeten zu schnell wieder in den Lauf raden geschickt, während sehr viele funge Leute hinter der GefechtS- i,nic bleiben, die niemals lm Feuer waren. Auch verlangte er, daß viel mehr Farbige, wenn nötig, selbst Chinesen für Befestigungsarbeiten kerangezogen werden sollten. Auch die Einrichtung der Laufgräben ist seiner Ansicht nach nicht so, wie sie sein sollte. Die Deutschen richten «ich für einen langen Aufenthalt in den Gräben ein, sagte er. und ver stärken sie deshalb beträchtlich, während die Engländer die Laufgräben nur als vorübergehenden Aufenthalt ansehen. Die Folge ist, daß die Verluste auf der englischen Seite bedeutend höher als auf der deutschen sind, und daß viel mehr Leute zur Bewachung nötig sind. Die Admiralität erhielt von ihm einen Wink, die alten Kriegsschiffe abzuschaffen, die nach den bisherigen KriegSerfah- runaen fast ohne GefechtSwert sind und die Mannschaften nur hilflos großen Gefahren auSsehen. Die Kanonen könnten die Artillerie der Feldtruppen verstärken. («Voss. Zig.') Englands vergebliche Blutopfer vtb. Hamburg, 26. Juli. (Drahtbericht.) Das .Hamb. Fremdenbl.' meldet aus dem Haag: Wiederholt sind kürzlich gutunkerrichkete Nel- 'ende aus Frankreich zurückgekehrt, die einwandfrei feststellen konn ten, daß die Engländer vom Beginn Ihrer großen Offensive bis Mitte iuli zwischen 70006 und 80000 Verwundete aus Frankr eich abtransportiert haben. Auch sei die sehr große Zahl nicht trans portfähiger Schwerverwundeter auffällig, die zum Teil in schleunigst auf- geschlagenen Lazaretten in Frankreich notdürftig unkergebracht seien. Zn gutnnterrichtelen französischen Kreisen schätze man die Verluste der Engländer an Toten und Verwundeten in den wenigen Tagen bis Milke Zull auf weit über 100 000 Mann. Seitdem hat der Aufwand an Truppen nicht nur nicht nachgelassen, sondern es werden allmählich noch umfang- sichere Kräfte eingesetzt, so daß die Verlnskzahl im Verhältnis zu der zunehmenden Schwere der Kämpfe mindestens 150- b l s 170 006 er reicht haben müsse. Ileberall kört man, daß die Begeisterung der Mannschaften völlig nachgelassen habe, weil es der englischen HeereS- cilung trotz größter Anstrengungen nicht gelungen sei, den unbedeutenden Zeländegewtnn von 4 bis 5 Kilometer als einen Erfolg hinzustellen, der den rücksichtslosen und ungeheuren Opfern an Soldaten auch nur einiger maßen entspricht. * Unterbringung invalider Gefangener in Dänemark ^tb.Kopenhagen, 27. Juli. (Drahtbericht.) Nach einer Meldung der .Berlingske Tidende' geht der früher erwähnte Plan der Unter bringung von kriegsuntaugltchen Gefangenen in Dänemark nun seiner Verwirklichung entgegen. Die Angelegen heit, die-jetzt in den Händen deS dänischen Noten KreuzeS liegt, ist unter der Aussicht der Regierung so weit vorbereitet, daß in nächster Zukunft entsprechende Anfragen an die Regierungen der kriegführen den Länder gerichtet werden können. Es wird beabsichtigt, vorläufig insgesamt 2000 Kriegsgefangene und 400 Offizier« in Däne mark aufznnehmen, d!e gi-ichmäßig auf beide Mächtegruppen verteilt werden. Für die Soldaten werden zwei Barackenlager errichtet, eines auf Seeland, daS andere auf Jütland. Die Offiziere erhalten gegen Ehrenwort völlige Freiheit. Zur Aufbringung der erforderlichen Mittel soll daS dänische Volk aufgerufen werden. Es wird jedoch auch auf die Beihilfe der fremden Regierungen gerechnet. (r.) Kopenhagen, 27. Juli. (Drahtbcr'.chl.) Zur Unterbringung verwundeter Kriegsgefangener in Dänemark wurden hier bereits 2 Millionen etngesammelt. Die allgemeine Kriegslage G Berlin, 27. Juli. (Drahtbericht unserer Ber- liner Schriftleitung.) Ein unparteiischer Zeuge, Herr von Wiegand, hat dieser Tage gemeldet, was er mit eigenen Augen gesehen: daß dem ungeheuren Einsatz unserer Feinde auf der Westfront bislang nur ein Erfolg befchleden gewesen ist, der in Wahr- heil kein Erfolg mehr genannt werden kann, lieber dieses zum min desten einstweilige Mißlingen ihrer Pläne suchen sich unsere Gegner nach dem hergebrachten Muster mit Fabeln und Geschichtenerzählen hinweazutröslen. So berichten die Franzosen unterm 26^ daß bei EstreeS eine deutsche Batterie genommen sei, verbreiten auch allerlei Schauermärchen in bezim auf die Champagne. Sn dem einen wie in dem anderen Falle Wehen dl« Franzose» mit der Wahrheit auf ge spanntem Fuße. 3m übrigen ist nach den gewaltigen Anstrengungen und den heftigen Vorstößen der letzten Wochen auf der ganzen West - front jetzt eine gewisse Ruhe elngetreten. Die englisch« Offen sive hat seit dem 24. nachgelassen. Ein Vorstoß bei PozidreS wurde zurückgeschlagen. Derweil sind von unS an verschiedenen Stellen der Westfront erfolgreich« Patrouillenunternehmungen auSgeführt worden. Bei Thia um out wurde lebhaft gekämpft. Alle französischen An griffe, die der Feind den gestrigen Tag über vortrug, wurden abge ¬ schlagen. DaS Gefecht dehnte sich dann noch in bi« Rächt hinein. Deutsche Gegenangriffe sind im Gange. Auch auf der Hlndenborg-Front herrscht Ruhe. Bei Riga konnte von den Ilnsrigen lebhafter Verkehr hinter der russischen Font bemerkt werden. Offenbar handelt eS sich hier um die Auffüllung der russischen Verluste. An der Front Woyrsch wurde gestern ein Angriff unter schweren Verlusten der Russen abgewiesen. Auf der Front Lin - fingen herrscht verhältnismäßig Ruhe, und in den Karpathen flehen die Dinge, wie sie in den letzten Tagen überhaupt standen. Immer noch gilt die Formel: Zu Beunruhigung ist kein Anlaß. Der Funkapparat der „Deutschland- beschlagnahmt? (r.) Berlin, 27. Juli. (Drahtberichk.) Nach einer Genfer De pesche der «Vossischen Ztg.' wird dem Pariser «Journal' aus Baltimore berichtet, die amerikanische Behörde habe die Funkspruchapparate der «Deutschland' unter Siegel gelegt. tu. Genf, 27. Juli. (Drahtbericht.) Das U-Boot-Frachtschiff .Deutschland' hat große Vorräte an Trinkwasser ausgenommen. Die Besatzung der .Deutschland' nahm an Bord deS internierten deut schen Dampfschiffes .Neckar' am Gottesdienst teil. Das Schlepp schiff, das die .Deutschland' bewacht, liegt unter Dampf zur Abfahrt bereit. Zur Haltung Rumäniens tu. Lugano, 27. Just. (Drahtbericht.z Laut einer Bukarester Meldung deS .Giornale d'Italia' erwartet man dort täglich daS Ein greifen Rumäniens gegen Ungarn. Die rumänischen Po litiker nehmen an, daß Deutschland trotz allem Rumänien nicht den Krieg erklären werde, weil die deutschen Finanzintereffen ln Rumänien zu groß seien. (r.) Berlin» 27. Juli. (Drahtbericht.) Der «Lok.-Anz.' ver öffentlicht «in Gespräch des Vertreters der United Preß mit dem ungarischen Abgeordneten Julius Andrassy, in dem dieser sagte, wenn die Mlttelmächt«, wie er bestimmt hoff«, ihre augenblick lichen Linien halten können, so sei darauf zu rechnen, daß Rumänien neutral bleib«. tu. Budapest, 27. Iuli. (Drahtbericht.) Der bekannte rumänische Universitätsprofessor und Russophile Nikolaus Iorga verurteilt« in einer Bukarester Zeitung daS gehässige Auftreten Filt- pescus und seiner Anhänger gegen die Regierung und überhaupt gegen Andersdenkende Iorga sogt: Es beginne sich die offene Über zeugung herauszubilden, daß alle diese Schreier Leute niedriger Sorte seien. Es sei traurig und skandalös, daß alles dies jetzt geschehe, da all« Kräfte det Landes sich zu gemeinsamem Vertrauen verbinden lallten. Rumänien P.K. Noch find dle Dinar in Bukarest nach den Meldungen, die uns von dort zugingen, durchaus nicht so weit gediehen, oatz mit einen, unmittelbar ocvorstehenden Eingreifen Rumäniens in den Weltkrieg an der Seite unserer Gegner mit einer Wahrschein lichkeit gerechnet werden muh, dle, wie die französischen Blätter glauben machen wolle,i, nahe an Sicherheit grenzt. Trotzdem hieße es Vogel-Strauß-Politik treiben, wenn man seine Augen vor dem Ernst der für die Zentralmächke recht ungünstigen Lage in Rumänien verschließen und SturmeSzeichen, wie die plötzliche Rückkehr des Königs von Slnaja nach Bukarest und die Abreise des GeneralstabschefS an die bulgarische Grenze unbeachtet lassen wollte. Das Land durchlebt wieder einmal Tage der höchsten Spannung, und die Situation ist ähnlich der im April vorigen Jahres: sehr starke Kräfte sind an der Arbeit, u« die Regierung zu zwingen, endlich gegen Oesterreich-Ungarn loä- zuschlagen. Unter den unverantwortlichen Politikern hat die Partei der Entenkefreunde von neuem Oberwasser bekommen, und das Kabinett Bratianu wird mit äußerster Geschicklichkeit vor gehen müssen, wenn eS seine bisherige Politik weiter aufrecht erhalten will. Wir haben diese Politik des klugen Abwartens an dieser Stelle schon mehrfach gekennzeichnet. Rumänien, das infolge der Riesensummen, die es für seine Ausfuhrwaren bezieht, während des Weltkrieges sehr gute Geschäfte macht, hat ein außerordent liches Interesse daran, seine Neutralität so lange als möglich auf rechtzuerhalten; aber es würde für das Land im Ergebnis dem Verlust eines Krieges gleichkommen, wenn es ohne Gebiets zuwachs aus den jetzigen Wirren hervorgehen würde. Eine solche Erweiterung der Staatsgrenzen muh das Donau- Königreich noch mchr seit dem Tage erstreben, wo sein verhaßter Nebenbuhler um dle Vorherrschaft auf dem Balkan, Bulgarien, durch die Niederwerfung Serbiens auf eine Verglühe- rung seiner Macht rechnen kann. Da Rumänien nun in der glück lichen Lage ist, sowohl von Rußland als auch von Oesterreich-Ungarn bei einer etwaigen Niederlage dieser Staaten Gebiete mit national rumänischer Bevölkerung erlangen zu können, ergab sich ohne weiteres für die Regierung als eftyig mögliche Politik die des Zögerns, bis man mit möglichst geringem Risiko und möglichst kleinen Opfern sich auf die Seite des Siegers schlagen kann. Den Sieger rechtzeitig zu erkennen, ist daher die Haupt- avsgabe and die einzige Schwierigkeit der Regierung Bratianus. Es kann darüber kein Zweifel bestehen, daß man in Bukarest stets eher geneigt war, an eine Niederlage der Zentralmächte zu glauben, und daß die Mehrheit der Männer, die für die sogenannte Volks stimmung in Betracht kommen, mit dem Herzen stets auf feiten Frankreichs gegen Oeflerretch-Ungarn gestanden haben. Diese Bewunderung für die Franzosen und der Haß gegen die Ungarn sind von Anfang des Krieges an der ruhende Pol im Auf und Ab der wechselnden Sympathien für die eine oder andere Mächtegruppe gewesen. Mochten auch zuweilen, je nach der Kriegslage, die Anhänger des Deutschen Reiches, von dem man fast überall mit der größten Hochachtung spricht, oder dieAusfo - philen (von der Gegenpartei meist zwar etwas bösartig, aber nicht mit Unrecht «R u b l o phtl e n' genannt) äußerlich mehr hervortreten: der «Zug über die Karpathen' war doch stets ein viel ersehntereS Ziel als der Einmarsch ln Beßarabien, mit dem man sich eben nur dann begnügen würde, wenn das andere Ziel, die .Befreiung' der siebenbürgischen Rumänen, nicht durchzusetzen wäre. Es ist sechstverständlich, daß man bei dieser Stimmung der aus schlaggebenden Kreise die Erfolge der russischen Offensive mit un- verboylener Freude begrüßt hat. Denn wenn man sich in Bukarest auch darüber klar ist, daß das eigentliche Ziel der Russen, die Durchflößung der deutsch-österreichischen Front vom Meer bis zu den Karpathen an irgendeiner Stelle, nicht gelungen ist, haben doch die Besetzung der Bukowina und das Miederauftauchen der Russen in den Karpathen ihren Eindruck auf das Land nicht ver fehlt. Vor ollem deshalb, weil Rußland damit bewiesen hat, daß es trotz der schweren Niederlage und der gewaltigen Verluste an Menschen und Geschühmakerial im vorigen Sommer doch wieder imstande ist, mit einem durchaus schlagfertigen Heer den Zentral mächten ernste Schwierigkeiten zu bereiten. Bratianu hat infolge dessen mit den Vertretern des Vierverbands unter Führung des russischen Gesandten Poklewski Koziell Besprechungen begonnen, die zweifellos zu gewissen Ergebnissen geführt haben, als deren äußeres Zeichen wohl das Eintreffen der bisher von Rußland zu- rückgehalkenen Munition angesehen werden kann. Indessen wird von eingewcihten Kreisen bestritten, daß für dieses Zugeständnis Rumänien irgendwelche bindenden Versprechungen gemacht hak. Auch bei den fetzigen Verhandlungen soff es sich nur um ein Eoentualobkommen handeln für den Fall, daß die Russen die Karpathen überschreiten und die Armee des Generals Earrall von Saloniki aus in Bulgarien eindringt. Wir glauben ntcht, daß die theoretischen Beweise, di-e von deut scher Seite aus durch die «Köln. Zeitung' der rumänischen Regie- rung für dle Unbesiegbarkeit der Zentralmächte vor Augen ge führt werden sollen- einen großen Eindruck in Bukarest machen: denn die Erörterung dieser Fragen steht in Rumänien schon seit langer Zeit im Mittelpunkt des politischen Interesses, und man wird kaum geneigt sain, sich in diesen Dingen, wo nun einmal alle Neu tralen sich ein ungetrübteres Urteil als die Beteiligten zutrauen, von Deutschland belehren zu lassen. Nur das Gewicht militärischer Erfolge fällt hier wirklich in die Wagschale, und deshalb hoffen wir darauf, daß sowohl die große Niederlage (wir glauben mit vollem Recht dies Wort gebrauchen zu können) der Engländer und Franzosen in der Pikardle, als auch eine günstige