Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.08.1915
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1915-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19150821028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1915082102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1915082102
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1915
-
Monat
1915-08
- Tag 1915-08-21
-
Monat
1915-08
-
Jahr
1915
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
vette 2. nr. 424. Nvenü-Nusvavr. Leipzig« Tageblatt. Lonnavenü, 2l. «uguv l9is Mit der Eroberung der Festung sind alle diese Hemmnisse beseitigt. Die Verbindungen sind ge öffnet und die Belagerungsarmee ist frei geworden und sieht der deutschen Heeresleitung wieder zur Verfügung. Es ist dies der treffendste Beweis für di« Rede des Reichskanzlers, in der er sagte: ..Starke Armeen haben wir frei -u neuen Schlägen." Rechnet man nun noch die grosse Siegesbeute hinzu, die den deutschen Truppen in die Hände gefallen ist, und die allein an be fangenen über 85 000 Köpfe betrug, so muh man die Eroberung von Nowo Georgiewsk als einen bedeu tenden großen Erfolg der deutschen Waffen be- zeichnen. Ebenso hoch wie der militärische ist aber auch der moralische und politische Einfluh zu bewerten. Es ist das äuhere Zeichen des völligen Zusammenbruchs des russischen Widerstandes. Daß Festungen, die im Rücken des Heeres liegen und gänzlich cingeschlossen sind, einmal fallen müssen, liegt in der Natur der Dinge und läht sich nicht vermeiden-, ausfallend ist es aber, dah der russische Widerstand nur so kurze Zeit angehalten hat, und dah die Besatzung nicht imstande war, den deutschen Angriff längere Zeit aufzuhalten. Dies ist einer seits der Ueberlegenheit der deutschen Führungs kunst und der Tapferkeit der Truppen, anderseits aber auch der geringen inneren Kraft des russischen Heeres zuzuschrciben. Es machen sich jetzt immer mehr die Folgen der vornngegangenen fortwähren den Niederlagen und des allgemeinen groszen Nück zuges bemerkbar. Als solch ein typsiches Zeichen der nachlassenden russischen Kraft wird auch das Ausland das Ereignis auffasscn müssen. Bon be sonderem Einfluf; kann diese Ueberzeugung auf du: Entscheidung aller Staaten sein, die in ihrer Haltung noch unschlüssig sind. Sie werden sich jetzt immer weniger der Ueberzeugung «erschlichen können, dah auf eine russische Hilfe und Unterstützung auf lange Zeit hinaus nicht mehr gerechnet werden kann. Es kommt noch hinzu, dah die Verbündeten auch auf allen übrigen Teilen des weit ausgedehnten Kriegs schauplatzes weitere bemerkenswerte Fortschritte ge macht haben. Im Süden hat die Armee Mackensen die Festung Brest Litowsk aus dem Westuser zwischen Bugunterstrom und Bugobcrstrom bereits gänzlich eingeschlossen. Die Russen pflegen vor ihren Festungen noch über die Linie der Anhenwerkc her aus befestigte Feldstellungen anzulegcn, die eine er weiterte Verteidigungsstellung darstellen. Es hängt dies einerseits mit dem Bestreben zusammen, dem Gegner die Eroberung des Dorgcländes möglichst lange streitig zu machen und dadurch den eigent lichen Anguss auf die Festung hinauszuschieben. Anderseits soll dies den Nachteil der zu geringen Ausdehnung der Festung ausgleichen. Bei den mei sten russischen Festungen liegen die Forts zu nahe an dem Kernpunkt der Festung, sind nicht weit ge nug vorgeschoben und schützen deshalb das Innere nicht genügend gegen eine Beschießung Derartige Vorstellungen waren auch bei Iwangorod unv Warschau angelegt. Sic finden sich auch bei Brest- Litowsk. Der Angriff gegen sie ist bereits einge leitet und erfolgreich durchgeführt. Die deutschen Truppen drangen bei Rokitno, 20 Kilometer westlich der äuszercn Fortlinie, siegreich ein. Die Erfahrung hat bisher immer gezeigt, dah, wenn diese Vor stellungen erst einmal an einer Stelle durchbroä>en sind, es dem Gegner nicht möglich ist, die übrigen Teile noch lange zu halten. So konnte auch jetzt die Einschliehung «ns der Westseite immer näher an die eigentliche Festung herangeschoben werden. Nördlich von der Armee Mackensen haben die übrigen Heeresteile ihren Vormarsch nach Osten in erfolgreicher Weise fortgesetzt, ohne im geringste» durch feindlichen Widerstand aufgehaiten zu werden. Der Bugabschnitt ist nunmehr in seiner ganzen Ausdehnung bis in die Gegend von Brest-Litowsl überschritten. Besonders wichtig ist es. dah sich die Armeen Scholtz und Gallwitz im Norden den Narewübergang, westlich Tykozin, erkämpft haben. Zwischen Bialystok und Lomza flieht der Narew un mittelbar von Osten nach Westen. Da Tykozin öst lich des Bobr liegt, hat die Erkämpfung des Narew- überganges den grohen Vorteil, dah dadurch die Wege nach Norden auf das Ostufer des Bobr in der Richtung auf Ossowiec geöffnet sind, das noch in russischem Besitz ist. Weiter nach Süden haben die Mitte und der rechte Flügel der Armee Gallwitz di« Bahn Btalystök—Brest-Lttowsk in der Gegend nörd lich von Bjelsk erreicht. Damit haben die Deutschen ihre Hand auf diese wichtige Querverbindung gelegt. Von der Heeresgruppe des Prinzen Leopold von Bayern ist der linke Flügel nur noch 15 Kilo- meter von der genannten Bahnlinie entfernt. Mitte und rechter Flügel haben sich ebenfalls den Ueber. gang über den Bug erkämpft. So dringen die Ver bündeten unaufhaltsam auf der ganzen Front vor- wärts. Der Fall von Nowo-Eeorgiewsk wird ihrer Offensive neue Kraft zufllhren und die Veranlassung zu weiterer tatkräftiger Ausnutzung der bisherigen Erfolge sein. Spaltungen im belgischen Lager Unter d-n in Holland weilenden flämisch belgischen Gruppe ist eine Spaltung ein getreten, die sich darin äuszcrt, dah aus der Redaktion des Hauptblattes dieser Gruppe, der „Vlaamsche Stem", der Gründer des Blattes, der Advokat Alberick Deswarte, sowie einige andere Redak teure ausgetreten sind. An die Spitze des Blattes sind die beiden Journalisten Ren«'- de Elarcg und Dr. Jacob getreten. Die „Vlaamsche Stem" hatte vom ersten Tage ihres Bestehens an die Absicht ver folgt, eine aetrennte Verwaltung der flämisck>en und der walloni'chcn Landesteile Belgiens zu befür worten. Nun stellt sich die Gruppe Deswarte auf den Standpunkt, dah vorläufig die bedingungs lose Hingabe an Belgien das erste Ziel der Belgier, auch der Flamen im Auslande, bleiben müsse. Die kleinere Gruppe de Clarcg-Iacob dagegen hält es gerade für die Zukunft Belgiens für unbe dingt nötig, dah die getrennte Selbstverwaltung der beiden Landestcile durchgeführt und die Erörterung darüber nicht zum Schweigen gebracht werde. In einer Erklärung, die die neue Redaktion der „Vlaamsche Stem" veröffentlicht, wird gesagt: „In der zentralisierenden Wirkung der Zentral verwaltung hatte der südbelgische Imperia - lismus stets eine scharfe W^asfe gegen den Norden gefunden. Generation aus Generation der Flämen haben an ihrem eigenen Leibe die Wirkung dieser Zentralregierung gespürt, und an Stelle der früheren Zentralisotion muh das Bundessystem treten. Alle Zweige der Verwaltung, alle Organismen des öffentlichen Lebens müssen deshalb in Flandern voll kommen flämisch sein, sowohl in Flanoern als auch in Walloaien muh mit der Zweisprachigkeit gebrochen werden. Das Zentrum der Französierung in Flan dern, die Genter Universität, muh durchaus nieder ländisch werden." Zu bemerken ist, dah die Gruppe zu dieser Stellung gedrängt worden ist durch die unnachsichtlichen An sprüche zahlreicher Wallonen, die direkt auf ein französisches Bündnis hinsteuern und am liebsten das Flämische überhaupt verdrängen möchten. Hierfür ist ein Artikel kennzeichnend, den Raymond Eolley deWeerdt in der letzten Nummer der englischen Monatsschrift „Nineteenth Century" schreibt. Es l>eiht hier: „Die Flumen mögen sich in der Sprache ansdtücken, in der es ihnen gefällt, die Wallonen dagegen werden fortfahren, sich der Sprache des Moliöre und des Chateaubriand zu bedienen. Aber die offizielle Sprache in Belgien, diejenige des Staates und seiner Verwaltung muh das Französische sein. Französisch wird übrigens oon mehr als zwei Drittel der bel gischen Bevölkerung gesprochen. (Diese Behauptung ist durcknius falsch, denn weitaus die Mehrheit der Belgier spricht flämisch.) Dank dem Schulzwang werden morgen alle flämischen Belgier französisch sprechen, und die französisch-belgische U n i o n wird stets neue Beziehungen zwischen Frank reich und Belgien stiften. Das Belgien von inorg e n wird lateinisch sein oder es wird über haupt nicht sein." von -er Duma wlb. Petersburg, 20. August. (Heber Kopen hagen.» „Rjetsch" ist unzufrieden mit dem Beschluß der Duma, der die ganze Macht in der Munitions kommission dem Kriegsminister übertrug und ihm die Dumamitglieder gleichzeitig als Beirat und als Aufsichtsrat beiordnete. Das Blatt führt an, datz diese beiden Wirksamkeiten unvereinbar seien. Da» Blatt betont, daß da» Zusammenbleiben der Duma bei der jetzigen Lage ein unbedingte» Erfordernis sei. Am 14. August fand die erste öffentliche Ar beitssitzung der Duma statt. Sie war von demselben Geiste der Kritik durchdrungen, wie die Eröffnungssitzung. Der Kadettensührer Adschemow sagte, mit neuen Gesetzen sei nichts gewonnen, wenn deren Ausführung stets in den Händen derselben Bürotratie bliebe. Bemerkens wert ist ferner die Rede des Sozialisten Tschen- keliw, der der Dumamehrheit vorwarf, dah sie Verrat am Volke übe, da sie keinen Versuch zur Einführung politischer Freiheiten mache. Die Er gebnisse des Krieges seien fürchterlich, aber im Hin blick auf das russische System selbstverständlich. Der Redner wurde wegen seines Angriffs auf die Duma für die Dauer von drei Sitzungen ausgeschlos sen. Sehr scharf sprach sich auch der Vertreter der revolutionären russischen Bauernschaft, K a - rentzko, aus. Der Unterfeekrieg wtb. London, 21. August. (Reuter.) Der Damp fer „Gladiator", 3959 Tonnen Bruttogehalt, und der Dampfer „Benvrackie", 3908 Tonnen Bruttogehalt, sind versenkt worden. Die Besatzungen sind ge rettet. Nach einer Lloydsmeldung sind der Dampfer „Samara", 3173 Tonnen Bruttogchalt, und der Dampfer „Bittern", 1797 Tonnen Bruttogehalt, ver senkt worden. -cvtb. Amsterdam, 21. August. Das Reuterfche Büro meldet: Der Frachtdampser „Bovic", 5083 Re gistertonnen, von der White-Star-Linie sei versenkt worden. In einer späteren Meldung wird die An gabe widerrufen, denn das Schiff soll in Mersey angekommen sein. vtb. London, 21. August. (Reutermelduna.) Aus dem versenkten White-Star-Dampfer „Bratie" be fanden sich 2813 Postsäcke, darunter Hunderte aus Schweden, Norwegen, den Niederlanden und der Schweiz. wert -er H-öoot-Seute in einer Woche (r.) 's Eraoenhage, 21. August. (E ig. Drahtnachricht.) Die „Shipping Gazette", das Organ der englischen Reedereien, veranschlagt den Wert der seit Beginn dieser Woche versenkten englischen Dampfer aus 54 Millionen Mark. MiUeran-s vertei-igungsre-e vtd. Paris, 21. August. (Meldung der Agence Havas). Die Kammer setzte gestern die Debatte bezüglich der Kredite für die neuen Kriegs- unterstaatsjetretariate fort. Kriegs minister Milierand hielt eine bedeutsame Rede, in der er zeigte, welche Kraft anstrengungen von den verschiedenen Abteilungen des Kriegsministeriums seit Kriegsanfang unter nommen wurden, welche Ergebnisse erzielten, die zu vollem Vertrauen in die Zukunft berechtigen. Die Munitionsversorgung sei derart gesichert, dah allen Bedürfnissen des Oberkommandos vollauf nachgekominen werden könne. Millerand hob im be sonderen die Hingebung und den Heroismus des Ober kommandos hervor. Das Haus brach hier in ein mütigen Beifall aus. Millerand legte sodann dar, welche Fortschritte im Sanitätswesen erzielt würden, die ein Verhältnis von hundert zu zehn ergaben und im ganzen durchaus befriedigend leien. Der Kriegsminister schlog: In Kriegszeiten muh alles den einzigen Gedanken, der der Ge danke aller Franzosen ist, untergeordnet jein: näm lich „Sieg". Unsere Verbündeten rechnen mit Recht aus unsere Klugheit, während unsere Feinde nur auf unsere Zwistigkeiten Hoffnung haben. Bis zum Ende, bis zum Siege werden wir klug und einig jein (einmütiger Beifall). Die Fortsetzung der Debatte wurde auf Donnerstag verschoben. Zrie-ensbewegungen in Frankreich (?.) Genf, 21. August. (Eigene Drahtnachricht.) Nach Pariser Meldungen untersagte der Militär kommandant von Paris den franzö sische.« Gewerkschaften, sich auf ihrer am nächsten Sonntag in Paris stattfindenden Gewerk- schaftstagung mit dem Antrag der nordfranzö sischen Gewerkschaften zu befassen, der oon der Regierung den Abschluh eines bal digen Friedens verlangt. Der Militärkom mandant verfügte, dah der Beratung des Kongresses polizeiliche Kontrollbeamte betziuoohnen haben. Wie französisch« Blätter behaupten, war der Antrag nur von einer kleinen Gruppe von Oppositionellen (?) ge stellt, das Präsidium der Gewerkschaftsverbände stehe nach wie vor auf dem Standpunkt der Politik des Durchhaltens. (?) Die „Union sacree" selbst habe eine Erklärung hierzu nicht erlassen. öelgifches Ersuchen an -le hollän-lsche Negierung -cvtb. Lyon, 21.August. „Progrds" meldet aus Le Havre: Das belgische Kabinett ersuchte die holländische Regierung, sie möge in ihrer Eigenschaft als moralischer Bürge des Haager Ab kommens dagegen Einspruch erheben, dah Deutschland belgische Arbeiter für H e e r e s b e d ü r f n i s s e verwenden wolle, was dem letzten Haager Abkommen zumiderlaufe. Man fragt sich, ob sich die holländische Regierung in Berlin direkt zum Dolmetscher dieses Protestes machen wird. Gegen -en Dilettanten Churchill wtd. London, 21. August. Der Marinemitarbeitei der „Morning Post" wendet sich gegen die Zu ziehung Churchills zum Kriegsrat, der zum gröhten Teile aus Politikern und nur aus einem Soldaten, einem Seeoffizier, bestehe. Die Lage sei viel zu ernst, als dah die Nation sich weitere Eingriffe Churchills in die Kriegführung leisten könnte. Verschlimmerung von Greps Mgenlel-en (2.) Rotterdam, 21. August. (Eigene Drahtnach richt.) Nach Zeitungsmeldungen aus London hat sich das Augenleiden Greys durch Ueberan- strengung wieder verschlimmert. Die „Morning Post" schreibt, dah Grey nach Erledigung der Balkanfragen einen längeren Urlaub antreten werde. Kana-as Getrei-eernte für Englan- (2.) 's Eraoenhage, 21. August. (Eigene Drahtnachricht.) „Times" melden aus To ronto, dah die britische Regierung voraussichtlich die gesamte Getreideernte Kanadas auf taufen werde. Der Aussuhriiberschuh Kanadas wird auf 175 Millionen Bushels geschätzt. Die neutralen Staate« un- ihre Gesan-ten bei -er belgischen Negierung (L.) Wien, 21. August. (Eigene Draht nachricht.) Einer Meldung des „Volksblattes" aus Rotterdam zufolge erwägen die neu tralen Regierungen die Rückberufung ihrer Gesandten bei der belgischen Re gierung in Havre. T 0 <75 L 17 05 Leine Z^okka. . . » L Lll T Lttk.-8t^e^,c e«te1<7 >75 Lein Lamek^cr»^ . 11,1ch 1 7^e.,k«s 0 05 Linckenöy., 6«>nnrr«(.-'Oc- L <7 <75 aus ÄeAensc/ti>niseickc l, / ch äkan §peria(-/>eistt«/e 1c UI,12 M kW ilberm Heine... Roman von 100) > Erica Srupe-Lörcher. (Nachdruck verboten.) Lilian antwortete nicht gleich. Sie hörte Schritte hinter sich. Als sie sich umwandlc, sah sie ein junges Mädchen, das ihnen in kurzer Ent fernung folgte. (LS ging langsam, das; es ent weder hier am einsamen Staden jemand er wartete oder sic beide belauschen wollte. Ta lehnte sich alles in ihr auf. „(Ls ist besser, wir trennen uns, Charlot. Ich will unter keinen Umständen, das; man mich mit dir zusammen sieht, und das; es heisst, ich träfe mich abends mit Herren am Staden. Also leb wohl!" Sie wurde plötzlich ganz fest und bestimmt, denn sie dachte au die Warnung von Hortense und .an den Stolz ihres Bruders. Auch der Kummer und die Tränen stiegen vor ihren Ge danken wiener auf, die sie um (Lharlot in den einsamen Sommernächten in ihrer Wohnung ge weint. Doch (Lharlot war nicht zufrieden. ES war wieder alles voller Unklarheit in ihm. Jetzt, wo er Lilian wieder in feiner Nähe sah, wo er ihr ins Ange geblickt und ihre Stimme gehört, Halle er von neuem das Gefühl, oas; er sie im Grunde doch nicht ausgcbcn konnte. Ihre Zurückhaltung und ihr Benehmen von leisem Ablehnen, oaS sie heute abend innegehaltcn, schürte seinen Ver dacht, das; sic Ebeling doch zu lieben begann und die Episode mit ihm überwunden hatte. „Wir können doch noch einige Augenblicke hier auf und ab gehen und uns besprechen." Aber Lilian blieb fest. „Nein, ich will nicht. Tort drüben auf dem Landgericht liegen die Akten zu dem Prozes;, den ich gegen dich ange strengt habe wegen deines böswilligen Verlassens und um eine Trennung unserer Ehe herbeizu führen." „Dann erlaube, dah Ich dich tm Palais Montelet aufluche." „Ich werde dich empfangen. Ob allein oder in Gegenwart von Hortense, das weiß ich noch nicht." Sie blieb stehen, nm absichtlich die junge Tame an sich voriiberzulassen, die sich bisher immer in ihrer Nähe zu halten gesucht. Tas Bewusstsein, von dieser Fremden ständig be obachtet zu fein, war ihr peinlich. Im Schein einer nahen Gaslaterne fixierte sie das junge (Mädchen. TaS Gesicht war ihr nicht fremd. Einen Moment erwog sie die Möglichkeit, das; sie das Gesicht schon gesehen hatte, vorhin als sie Madame Grnböre beim Verlassen des Theaters gegrüßt hatte — „Also gute Nacht, Herr Doktor, es freut mich, das; auch Sic oas gleiche Urteil über Sarah Bernhardt haben wie ich. Leben Sic wohl!" Charlot stutzte einen Moment, da er sich Lilians Aensterung nicht erklären konnte. Doch da Lilian ein ourchaus reserviertes Gesicht machte, wagte er keine iveitere Einwendung, son dern sagte zum Schluß: „Ich werde kommen, gute Nacht." Er lüftete den Hut, und sie schritt an ihm vorüber, indem sie die entgegengesetzte Richtung einschlug. Erregt und in tiefen Gedanken ging sie nach Hause. Oben erwartete Hortense sie noch voller offenbarer Unruhe. Sie wagte Lilian nicht nochmals zu warnen. Tie beiden lvaren ja durch die beobachtende Neugierde dieser jungen Fremden unterbrochen worden. Es war nicht klar, was Charlot Wcacrls eigentlich gewollt hatte. Hortense war noch immer die Skeptische, und sie bedauerte im stillen Lilian, die über diesem ganzen Hin und Her ihre seelische Ruhe nickst fand. Sw sah aber auch deutlich, das; Lilian (Lharlot Wegerl« noch immer liebte, sonst hätte sie ihm nach allem Vorgcsallcnen schon vorhin im Theater ein kurzes, festes Nein ent- aegensetzen müssen. Tann wäre jeder weitere Annäherungsversuch für Lharlot abgcschnitten gewesen. Slian aber hatte das nicht über sich vermocht. Sic hoffte noch immer, weil sie ihn liebte. Lilian fand nach Stunden noch keinen Schlaf, und als ihr endlich die Augen zusanken, träumte sie. Sie sah sich wieder mit Charlot in der Wintcrnacht am verschneiten Staden entlang gehen. Tann stand sie plötzlich wieder in ihrer Wohnung. Sie war vor einigen Wochen dort gewesen. Tic Fensterläden waren geschlossen. Kein Sonnenstrahl war mehr in die Zimmer gedrungen, seit sie oic Wohnung hinter sich ab geschlossen hatte und wieder zu Monteletü über gefiedelt war. Ein feiner, feiner Staub lag über den blanken Mahagvnimöbcln. Ueber oie Polstermöbcl lvaren die Bezüge gespannt und die kostbare alte Uhr unter dem Glassturz war längst stehen geblieben. Eine Atmosphäre ivar cs gewesen, wie man sic auf alten Schlössern fand, oie nicht mehr bewohnt werden. Auch oa standen die Möbel einer vergangenen Zeit wie träumend und leblos da. Auch in ihrer Wohnung war es still ge worden. Tas Glück und das Leben war aus diesen Räumen hinausgeschritten, und die Fensterläden schlossen sich zum Tunkel. Alles das sah Lilian jetzt im Traum wieder vor sich. Sic träumte weiter, sie ginge zum Fenster, um den Fensterlaocn zu öffnen, und von neuem Licht hcrcinzulassen — — Ta wachte sie plötzlich auf und sic fühlte, daß sie geweint hatte. D. Nach zwei Tagen lieh, Charlot WegerlS sich im Palais Montelet melden. Er war ziemlich erregt, und in dieser Stimmung ärgerte eS ihn doppelt, oaß der alte Jean ihn beim Empfang an der Haustür uicht so höflich bchanoclte, wie Charlot meinte, baß es ihm znkäme. Zum Ueber- fluß blieb der Alte zögernd stehen, als Charlot ihm feine Visitenkarte auf das silberne Tablett legte. „Ich glaube nicht, datz die Herrschaften heute annehmen werden. Frau Baronin sinv jn die Stadt gefahren, und die gnädige Frau sind noch immer nicht ganz wieder hergestellt." Tas war Charlot lieb, und er sagte des wegen ziemlich von oben herab: „Tann melden Sie mich bei den jungen Tarnen." In das bartlos gehaltene runde Gesicht von Jean grub sich eine Falte. Es ärgerte ihn im stillen, das; dieser Tr. Wegerls sich wieder zeigte. Jean hatte die ganz bestimmte Ansicht, daß er cs nicht gut mit Fräutein Lilian meinte. Er hatte damals aus dem Gespräch im Rap- Poltsweilcr Landhaus genug gehört, um Bescheid zu wissen. Ganz sicher erwies er Fräulein Lilian nur einen Gefallen, wenn er den Besuch gar nicht vorließ. „Ich glaube, daß auch oie jungen Damen gar nicht annehmen, da sic beschäftigt sind." Ta riß Charlot die Geould. Er hatte sich mit dem alten Jean nie besonders gut zu stellen gewußt, da der Alte durch feine langjährigen Dienste eine ganz besondere Stellung im Palais Montelet einnahm. „Sie haben überhaupt nichts zu denken, Domestiken haben überhaupt keine Meinung! Sondern Sic haben einfach meine Karte her- cinzutragen und mich zu melden." Ta wurde der alte Jean wütend. In diesem Tone hatte ihn noch niemand angefahren, seit er im Palais Montelet in Diensten stand. Selbst die alte Baronin behandelte ihn immer voller Höflichkeit. „Ich weiß gar nicht, was Sie wollen, Herr Wegerich ich bin so lange hier im Hause, um die Gewohnheiten zu kennen." „Ich bin nicht Herr Wegerich sondern ich bin Herr Tr. Wegcrlv für Sie, merken Sie sich das. Wenn Sie so lange in einem vornehmen Hause angestcllt sind, wie Sie sagen, so werben Sie auch wissen, wie Sic die Besucher anzureoen haben." , 1-«ch«tzung tvder Sonntags-««gab«.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)