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12692 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ,11 271, 22. November 1913. sten und künstlerischsten, gegen die die deutschen m. E. ziemlich ab fielen. Die zweite Ausstellung enthüllte uns in unserem Kollegen Lamertin einen Sammler erster Bedeutung, der nicht nur über die ausgestellten Werke, Stiche, Kataloge, Probedrucke, darunter Unica und seltene Drucke wie z. B. den unvergeßlichen Katalog der Bibliothek Fortsas und die ihn behandelnden zeitgenössi schen Schriften, sondern über weit größere Bestände in seiner Privatbibliothek verfügt, aus der die ausgestellten Proben nur eine kleine Auswahl bilden, und die die leider sehr vernachlässigte, offizielle Bibliothek unseres Buchhändlervereins um ein Viel faches übertrifft. Der dem dlusve cka Bivre ungefähr gegenüberliegende Llarobe de In Nadeleinv beherbergte gleichzeitig die erste belgische Aus stellung moderner Bureaumöbel und -Apparate »8alon cku Bureau moderne«, in der die Rechenmaschinen verschiedenster Systeme im Preise von 15 bis 4000 krs. besonders stark vertreten waren. Brief ordner, Shannonregister, Kartotheken, Kopiermaschinen und alle nur erdenklichen Hilfsmittel des heutigen Kaufmanns wurden jedem Besucher auf Wunsch vorgeführt, und der Buchhändler konnte beim Anblick all dieser Herrlichkeiten nur bedauern, daß seine sonstigen Geschäftsunkosten und der böse Kundenrabatt es ihm nur in ganz geringem Matze gestatten, sich diese Erzeugnisse des nimmer ruhenden Erfindungsgeistes selbst zunutze zu machen. Schreibmaschinen waren charakteristischer Weise nicht ausgestellt, da sie offenbar bereits zu sehr in den eisernen Bestand jedes kauf- männischenBetriebes übergegangen sind, um noch einer besonderen Propaganda zu bedürfen. Dagegen ist noch zu erwähnen, datz die Buchhandlung Nierstrasz in Lüttich einen großen Stand mit Bü chern und Zeitschriften über Geschästsorganisation und -Betrieb er richtet hatte, aus dessen Inhalt man ersehen konnte, wie umfang reich diese, uns aus Amerika und Deutschland vermachte Literatur nun auch in Belgien und Frankreich geworden ist. Unsere Übersicht über die belgischen Novitäten der letzten Monate fortsctzend, sei vor allem auf eine demnächst erscheinende Prachtausgabe von de Costers Ulenspiegel aufmerksam gemacht, die als eines der größten Ereignisse des belgischen Buchhandels die Bibliophilen aller Länder seit längerer Zeit mit Neugierde erfüllte. Der belgische Maler Amedse Lynen, der sich bereits durch die Illustrationen zu den geschichtlichen Romanen von Carton de Wiart (Ba eite ardente — Bes vertns bourgeoises) als graphi scher Künstler einen Namen gemacht hat, soll sich bereits seit 30 Jahren mit der Illustration des blämischen Eulenspiegels befas sen, der jetzt im gemeinschaftlichen Verlage von Henri Lamertin und Paul Lacomblez, dem Original-Verleger der Textausgabe, erscheinen wird. So haben wir denn endlich auch in Belgien eine des großen Werkes würdige Ausgabe, das der kürzlich verstor bene Lemonnier die Bibel der belgischen Literatur genannt hat, nachdem der deutsche Verlagsbuchhandel in den letzten Jahren eine ganze Anzahl schön ausgestatteter, wenngleich nicht Luxus ausgaben auf den Markt gebracht hat. Sie enthält 235 farbige Textillustrationen und 15 Vollbilder und wird auf verschiedenen Luxuspapieren in einer Gesamtauflage von 350 Exemplaren ge druckt, von denen zwei Drittel bereits subskribiert sind und die 100 krs. (für die gewöhnliche Ausgabe auf Velinpapier) bis 250 krs. kosten. Unser großer Dichter Verharren hat eine neue Vorrede dazu geschrieben (diejenige der Texiausgabe stammt aus der Feder Lemouniers), die diese neue Ausgabe der Welt der Bücherfreunde noch besonders wert machen wird. Auch von einem anderen belgischen Meisterwerke haben wir jetzt endlich eine bessere Ausgabe: Maeterlincks »Iw Tresor des lmmblss« ist im Verlage des dleivure de Trance in einer typogra phisch mustergültigen Oktavausgabe mit schönen großen Lettern erschienen (7 krs.), andererseits ist Verhaerens letzter Gedicht zyklus »Bes dies mouvants« nunmehr zum Preise von 3 krs. 50 o. dem großen Publikum zugänglich gemacht worden. — Da wir gerade bei der belgischen Literatur sind, seien zwei neue literatur geschichtliche Handbücher erwähnt, die sich ergänzen und bei dem bisherigen Mangel an modernen belgischen Literaturgeschichten auch in Deutschland willkommen sein dürften: Henri Liebrecht,! Uistoire de In litterature belAe d'expression krnnqaise, 2. editiu», avee prekaee d'Ldinond kieard (8", 481 Seiten, Verlag der Buch handlung Vandarlinden; Preis 4 krs ) und »Uistoire de In iittera- ture klainande«, Oonkersnees oiAauisäes par la Bixue de 1'enseigns- ment (8°, 131 Seiten, Verlag von I. Vanderpoorten, Gent; Preis krs. 1.50). Das erstere, aus der Feder eines bekannten jüngeren Literaten und Dichters, geht auch auf die nicht belletristi sche Produktion ein (Geschichtsschreibung, Philosophie, National ökonomie usw.) und bringt außer einer kleinen Anthologie eine umfangreiche, systemathisch geordnete Bibliographie; die flämi sche Literaturgeschichte bringt abgerundete Vorträge in französi scher Sprache von dem auch in Deutschland Wohl bekannten flämischen Dichter Pol de Mont, den Professoren Paul Frsdericq und A. Vermeylen, von C. Huysmans, M. Sabbe, A. Michot und CH. Buls. Die älteste Gesellschaft der belgischen Bibliophilen (8oeivte dos bibiroplnles belßes seant tt Uans) feierte vor einiger Zeit ihr 75jähriges Jubiläum zu dessen Erinnerung sie jetzt eine Denk schrift herausgegeben hat, die manches Interessante für Biblio philen und Biographen enthält, so z. B. die Biographie ihres berühmtesten und verdienstvollsten Präsidenten Rene Chalon, des gelehrten Verfassers des Auktionskataloges der Bibliothek Fort sas, einer der gelungensten und köstlichsten literarischen Mystifika tionen, über die der Artikel nach mehr als einem halben Jahr hundert noch Neues zu sagen hat. Preis 5 krs., Verlag der Druckerei L. Dequesne in Mons, einer der bedeutendsten und älte sten Druckereien des Hennegaus, die auch die zwei folgenden Werke verlegt hat: E. Poncelet et E. Matthieu, Bes imprimeurs moutois (gr. 8", 300 Seiten auf Büttenpapier, mit vielen Vignetten, Druckerzeichen, Exlibris usw., ebenfalls eine Veröffentlichung der Loeiete des diblloplüles belZes, Prs. 20 krs.), und Jules Becker, ün etadlissemsnt d'enseiAnement inoven L dlons depnis 1545 (gr. 8", 619 Seiten, Preis 7 krs. 50 o.), eine reich dokumentierte Geschichte des Königlichen Gymnasiums in Mons seit dessen Er richtung im 16. Jahrhundert. Hierher gehören noch folgende Novitäten: Jean Denucö, Ond-dledorlandseks Xnrrrtmakers in be- trelrlrillA met klantijn (8°, 311 Seiten mit Illustrationen, Preis 7 krs., Verlag der Niederländischen Buchhandlung in Ant werpen), mit interessanten Mitteilungen über die Beziehungen von belgischen und anderen Geographen und Kartographen zu dem Buchdrucker Plantin, und Const. Pache, B'art d'imprimer (4°, 134 Seiten mit Jllustr., A. Leempoel, 6 krs.), Buchausgabe einer in den Lnnales de 1'imprnnerie veröffentlichten Artikelserie über die Geschichte des Buchdrucks. In Antwerpen erschien fer ner zur Erinnerung an das Conscience-Jubiläum vom August v. 1. : Hendrik Oonseisnee, 8tudisn an Kritislren van Mauritz Sabbe, Rena de Clcrcq, Pol de Mont etc. (8°, 270 Seiten, hübsch ausge stattet, 5 krs., Drukkerij Jan Boucherij, Antwerpen), und in Mons, ebenfalls bei Dequesne, die Gedenkschrift an das Jubiläum des Historikers Pirenne: dlanikestation en l'konneur de dl. Io prokes- seur Ilenr! Birenne, Bruxelles, le 12 Nai 1912 (8", 232 Seiten, 5 krs.). Ebenfalls in der Provinz, deren verlegerische Bedeutung in erfreulichem Aufschwung begriffen ist, erschien ein bemerkens werter, preiswerter Beitrag zum belgischen Nationalitätenhader, von dem bekannten katholischen Geschichtsschreiber Godefroid Kurth: Ba nationnlite bel^e (8°, 231 Seiten, 1 krs. 50 e., Picard- Balon, Namur). Ein anderer Geschichtsschreiber, E. Gossart, gibt uns eine neue Schilderung der spanischen Herrschaft in Flan dern, in Geschichte und Poesie: Bes Lspassnols en Tlandre (16", 330 Seiten, 3 krs. 50 e., Henri Lamertin, Brüssel). Zur flämischen Frage nimmt auch folgendes umfangreiche Geschichtswerk Stel lung: Maurits Josson, Tranlrrijk de eeurvenonde vijand va» Vlaandoren en >Vallonie, 1843—1913 (gr. 8", 880 Seiten mit Kartenbeilagen, 6 krs., Niederländische Buchhandlung, Antwer pen), während eines der Hauptwerke über diese Bewegung: Lode- wijk De Raet, Over vlanmseke Volkslcraebt, Vlaanderens 6ul- tunrrvnnrden (8", 690 Seiten, 8 krs.) im gleichen Verlage soeben in 2. Auslage erschienen ist. Brüssel. Jos. Thron. ftfortsetzung ans Seite 1276-3.)