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Mittwoch» 28. September 1SL8 SchrlsN-Itung: Dresden.«., Pollerstr. 17, Fernruf El u. ri0U Eeschüstsstell«, Druck ui» Berlag: Eerinanla Buchdruck««! und Verlag Th. und <S. Winkel, Pollerstrab« 17, Fernruf riOU, Postscheck: Nr, 10LS, Bank: Etadtbank Dresden Ar. «707 Zm Falle von HSH-rer Tewatt, verbot, einlrelendr, «elrlebne stSrungen hat der Bezieher oder Werbungireibend« kein« ««- fpiüche, fall, die Zeitung In beichränktem Umsonge, oerfpllkt oder nicht erscheint. - Eriiillungsott Dresden. Erfcheint S mal wiichenMch. Monatlicher Vezugsprei, durch Trüget einschl. iw Psg. bzio. «0 Psg. Trügerlohn 1,70; durch die Post 1.70 einschliesslich Postiiberweisungsgcbiihr, zuziiglich 88 Psg Post-Bestellgeld. Llnzelnummer 10 Psg. die Sonnabend-. Eonniag- und Festtagnumme« A> Psg. «erlagsort Dresden. Inzeigenpreife: »I« IspaMge rr mm breile Zeil« 8 Psg.f illr Familicnanzeigen S Plg Für Piatzwünsche können »i« leine Tewiihr leiste». E Nummer 222 —34. Iattra LachstMe Uolksseiluny Besuch Äcummonds bei Mffolini persönliche Botschaft Außenminister Hoares Nom. 23. Sept. Mussolini empfing am Montagabend den engli schen Botschafter Sir Eric Drummond. Die Unter redung dauerte fast eine Stunde. Der englische Botschafter, der in der letzten Zeit nur mit Staatssekretär Suvich ver handelt hatte, überbrachte Mussolini eine persönliche Botschaft des englischen Aussenministers. Zu dem Besuch des britischen Botschafters Sir Eric Dru m m ond am Montagabend bei Mussolini meldet Neu ter aus Nom, man glaube, dass der Bot schafter die Zusicherungen wiederholt habe, die er am Frei tag voriger Woche dem italienischen Staatssekretär des Aensscrn, Suvich. über die Bewegungen britischer Kriegs schiffe im Mittelländischen Meer gegeben habe. Ward Price meldet der Dailn Mail, Suvich habe ihm mitgcteil^, der britische Botschafter habe nicht nur die. neuliche Zusicherung wiederholt, sondern auch Mussolini erklärt, dass die britische Negierung keinerlei Feindselig' leiten gegenüber Italien empfinde; sie bekümmere sich lediglich um die Aufrechterhaltung des Ansehens des Völ kerbundes. Die Frage unmittelbarer Verhandlungen .swischen Großbritannien und Italien sei nicht aufgewor fen worden. * Am Vormittag hatte der französische Botschafter Ehambrun mit Staatssekretär Suvich eine Besprechung. Französische Mitteilungen über die VMchungen Eden-5cwal Paris, 24. Sept. Jin Zusammenhang mit der Unterredung, die der französische Ministerpräsident am Montag mit dem englischen Minister Eden Halle, wird in der hiesigen Presse hervorgehoben, das; die französische Anfrage über die Haltung Englands im Falle einer europäischen Gefahr dabei ein gehend besprochen worden sei. Die Genfer Sonderberichterslallerin des Ouevre glaubt zu wissen, das; die englische Ant w o r t auf die diesbezügliche französische Note bereits im Lause des heutigen Dien s- tag er iv artet werde. Der Jour fügt hinzu, das; man besonders eingehend über den Abschluh eines Lu ft Paktes und über die .österrei chische Unabhängigkeit" gesprochen habe. Der eng lische Minister habe, so behauptet das Blatt. Laval mitgeteilt, das; seine Regierung bereit sei, eine ganze Reihe von Abkom men mit Frankreich zu treffen, um eine dauernde und aktive französisch-englische Zusammenarbeit in Europa zu gewährlei sten. Eden habe zugegeben, das; die englische Diplomatie im Lause der letzten Jahre eine Reihe von Irrtümern begangen hätte. England, so habe er im grossen und ganzen erklärt, habe zwar lange gebraucht, um den Wert der kollektiven Sicherheit zu erkennen, die letzten Ereignisse hätten ihm jedoch die Augen geöffnet, und man erkenne jetzt die Notwendigkeit einer solchen Politik sowohl in Afrika als auch in Europa an und sei bereit, in dieser Richtung sehr weitgehende Perpflichtungen zu über nehmen. Abessinien folgt -en Völker-un-svorfchlägen Die italienischen Geaenvorfchlage für Abessinien unannehmbar Paris, 24. Sept. Havao lässt sich aus Addis Abeba melden, daß man In dortigen amtlichen Kreisen die italienischen Gegenvor schläge für unannehmbar halte. Die abessinische Regierung weigere sich, Gebietsteile abzutreten, die eine Verbindung zwi schen Italienisch-Somallland und Eritrea ermöglichen. Sie wei gere sich ferner einer Abrüstung der abessinischen Streitkräfte zuzustlmmen. Am Montag, so schreibt der Sonderberichterstatter der Agentur Havas weiter, habe in Addis Abeba eine M i - nlfterbesprechung unter dem Vorsitz des Negus stattge funden. Hierbei sei festgestellt worden, datz die abessinisch« Re- gierung den Wunsch hab«, dem vom Völkerbund vorgeschlagenen Weg zu folgen. Sie werde sogar im Fall« eines ita lienischen Angriffes die Truppen weit von der Grenze zurücknehmen, um durch diese Matznahme den Beweis ihres guten Willens abzulegen. Selbstverständllch schlieh« eine solch« Haltung eine spätereVerteldigung nicht aus. ZtalienisKcr Kurier in A-esflnim kestgchalken Addis Abeba, 24. Sept. Ein italienischer Kurier, der ohne Erlaubnis der abessinisägen Regierung nach Adua und von dort weiter nach Asmara (Eritrea) reisen wollte, wurde von den abessinischen Behörden aufgehalten. Der italienische Ge sandte hat bei der abessinischen Regierung wegen dieses Vorfalls Protest erhoben. Wichtige Veschlüffe des Öberllen Landesverteidl- gungsrates Griechenlands Athen, 24. Sept. In den letzten Tagen hat der Oberste Rat für Landesver teidigung mehrere Sitzungen abgehalten. Den Vorsitz führte Ministerpräsident Tsaldaris. An den Drainagen nahmen teil: der Kriegsminister, der Marineminister, der Lufn'ahrtmini- ster, der Finanz- und der Aussenminister sowie die Cl>ess der drei Generalstäbe. Der Oberste Rat fasste sehr wichtige Be schlüsse, die streng g e he i m ge h a l t e n werden. Ans guter Quelle verlautet jedoch, dass unter anderen Massnahmen die Versorgung der bewaffneten Macht mit Kriegs mal e- rickl und Munition sowie 7!> Flugzeugen, Zerstö rern und Unterseebooten beschlossen worden sei. Fer ner seien die Lieferungsfristen von einem Jahr auf 3 Monate und darunter herabgesetzt worden. Ausserdem sei eine bessere Ausbildung der Mannschaften des Heeres verfügt worden. Aus diesem Grunde sei die normalerweise jetzt erfolgende Entlas sung der Neservistcn auf u n b e st i m ui t e Zeit ver - schoben worden. Staatsfeindliche Betätigung und Ausschluß vom Wehrdienst Berlin, 24. Sept. Zu den Fällen, In denen nach dem Wortlaut des Wehr gesetzes ein an sich für den Wehrdienst in Betracht Kommender von der Erfüllung der Wehrpflicht wegen Wehrunwürdigkeit ausgeschlossen wird, gehört auch die „staatsfeindliche Betäti gung", die gerichtlich bestraft worden ist. Der Gesetzgeber hat jedoch, wie der Referent im Reichskriegsministerium Geheimer Kriegsrat Dr. Wagner In dem Organ der Verwaltungsjuristen „Deutsche Verwaltung" seststellt, eine nähere Umreitzung der „staatsfeindlichen Betätigung" unterlassen. Man werde also zur-Auslegung greisen und annehmen müssen, dass nur die Fälle getroffen werden sollen, in denen ein Angriff gegen die 2 taatokörpcr oder gegen die Führung des Staa tes beabsichtigt ist, z. V. Fälle von Hoch- und Landes verrat. Vielleicht würden auch Verstösse gegen das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien oder Straftaten nach Pa ragraph k» Abs. L Nr. l der Verordnung zum Schutze von Volk und Staat oder nach Artikel l Paragraph 2 des Gesetzes gegen heimlüchlsche Angriffe aus Staat und Wrtei sllntergrab>>ng des Vertrauens des Volkes zur volitischen Führung durch ös- sentliche gehässige Aeusserungen ulw) hierunter fallen. Bei der Bestrafung mit Zuchthaus folge ein Ausschluss vom Wehrdienst für immer. Neuer Zwischenfall in Belfast Katholisch« Frau angeschossen. London. 24. Sept. Wie aus Belfast gemeldet wird, hat sich am Montag abend dort schon wieder eine politische Schreckenstat ereignet - die dritte im Laufe von vier Tagen. — Eine Fran namens Sophia Mc. Gabey wurde im Flur ihres Hauses von einem Unbekannten durch einen Revolverschuss schwer verwundet, so dass sie ins Krankenhaus gebracht werden musste. In später Abendstunde teilte die Polizei auf Anfragen mit. dass eine Verhaftung nicht erfolgt sei und auch nicht in Aussicht stehe, da niemand den Vorfall beobachtet habe bzw. darüber aussagen wolle. Frau Mc. Gabe») ist r ö m i s ch k a I h o l i s ch. ihr Ehe mann Protestant. Beide leben in einem protestantischen Vier tel. — Bei den beiden vorangegangenen Anschlägen hatte es sich einmal um «inen Protestanten gehandelt, der am Freitag erschossen wurde sowie um einen katholischen Schankwirt, der in seiner Gaststube getötet wurde. Bei den Begräbnissen der beiden Opfer gaben sich nach Mitteilung der Polizei keinerlei Zwischenfälle ereignet. Zeitgewinn Mussolini hat zugelernt. Als die Pariser Dreimächte- Konferenz in mühsamer Arbeit einen Kompromissvorschlag zustande brachte, der ossensichtlich für England ein Höchst angebot war, wurde dieser Vorschlag von Nom aus in brüsker Form als völlig undiskutabel zurüctgewiesen. Auch bei seinem Erscheinen in Genf trug der italienische Vertreter eine sehr entschiedene Haltung zur Schau, weigerte sich mit dem Vertreter Abessiniens am gleichen Tisch zu sitzen, und die römische Preise nahm achselzuckend von der Einsetzung des Fünfer-Ausschusses Kenntnis. Gleichzeitig liehen die italienischen Kundgebungen keinen Zweifel darüber, dah man unbeschadet des Ausganges der Genfer Verhandlun gen eine Totallösung sordere. Aber auch die Tonart in England wurde zusehends besiimmter, und die Flotten bewegungen im Mittelmeer machten es der römischen Re gierung klar, dah es England mit seinem Einspruch gegen italienische Einzelattionen todernst sei. England, das bis her sorgfältig die Fiktion aufrecht erhielt, lediglich im Na men und im Interesse des Völkerbundes seine Vorberei tungen zu treffen, hat nunmehr durch seinen römischen Bot schafter ausdrücklich erklären lassen, dah es sich um Mah nahmen vorbeugender Natur handelt, dah somit die bri tischen Neichsinteressen unmittelbar aus dem Spiel stehen. Nun kann an dem Willen Mussolinis, zu marschieren, füg lich kein Zweifel mehr bestehen Es muh ihm aber viel daran gelegen sein, die öffentliche Weltmeinung nicht un nötigerweise gegen Italien in Harnisch zu bringen, und Voraussetzungen zu schassen, um die moralische Allein schuld an einem Kriegsausbruch von Italien abzuwälzen. Offensichtlich will der Duce ein, inen Völkerbundsmächten wie Frankreich die Tür offen lassen, um einer gemeinsamen Verurteilung Italiens auszuwetchen, die bei einer Miß achtung der Völkerbundsinstitutionen und Formalien un fehlbar eintreten mühte. Die Artikel 12 bis 1t> des Völ kerbundspaktes enthalten so viele Auslegungsmöglichkeiten, dah es — wie frühere Beispiele zeigen —, nur der sorg fältigen Wahrung aller Formalien bedarf, um dem Völkerbund eine klare Entscheidung in der Schwarz-Weih- Manier arg zu erschweren. Dieser Fall dürfte einlreten, wenn sich buchstäblich in letzter Minute Mussolini durch Eingehen auf konkrete Verhandlungen und Vorschläge in den Genfer Geschäftsgang aktiv einschaliet. Die von Baron Aloisi zusammen mit der höflichen Ab lehnung des Ausschuhberichles überbrachten konkreten Vor schläge des Duce variieren die bisherige Totalforöerung dahin, dah 111117 ein Teil Abessiniens, nämlich die „unter jochten Provinzen", ein Benandteil des italienischen Kolo nialreiches werden sollen, währens die eigentlichen Hei matprovinzen der herrschenden Amharas nur unter mili tärische, polizeiliche und wirtschaftliche Kontrolle durch Italien gestellt werden sollen. Man spinnt also in Nom den Gedanken weiter, dah Italien auserscben sei, der abessinischen Sklaverei ein Ende zu machen, und zwar min destens durch eine völlige Beherrschung einzelner Landes teile. Italien berusl sich darauf, dah es bereits auf Grund des Dreimächtevertrages vom Jahre 1!kM> eine Land- brücke zwischen Eritrea und Somalilaud zu fordern habe, und man rechnet vielleicht noch darauf, die Zustim mung der Mächte mit der Aussicht auf eigene territoriale Vorteile erlangen zu können. Man weih, dah England niemals seine Sonderinieressen am Tana-See preisgeben wird, man hat sich andererseits von Laval bereits im Januar das französische Desinteressement zusichern lassen. An dem Kernpunkt der Genfer Schwierigkeiten gehen aber diese römischen Gegenvorschläge vorbei: Man wird in Genf keine Lösung durchsetzen können, welche die abessinische Unabhängigkeit nicht mindestens der Form nach gewährleistet. Wir haben wiederholt in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, dah das Gewissen des Völkerbundes lebendig wird, wenn seine Mitglieder in grösserer Zahl in Genf versammelt sind, dah vor allem die kleinen und neutralen Mächte im Sinne des Schieds gerichtsgedankens ein starkes Gewicht bedeuten. Das geht so weit, dass man in Genf die Pariser Zugeständnisse als bereits zu weitgehend empfand und sich erst beruhigt hat, seitdem man weiss, dass der Negus den in Genf modifi zierten Vorschlägen seine grundsätzliche Zustimmung er teilt hat. Es ist dadurch eine Lage entstanden, die Musso lini bei geschickterer Taktik sicherlich hätte vermeiden kön nen: Alle g e g e n eine n. Gewiss ist die Nachdrücklich- kett der Stellungnahme sehr verschieden und nicht jede Macht ist wie England bereit, seine ganze Flotte, sein gan. zes Prestige in den Dienst dieses Kompromisses zu stellen Aber auch Frankreich wird sich nicht völlig ausichliessen können, wenn es zum offenen Bruch kommt, und selbst kleine Machte, wie Griechenland und die Türkei, sind angesichts de» moraiijcgen Drucks und der eigenen Interessen zu inebr als vlottcu Temonztlatioueu ciujchlojjcn. Es dnrs nicht vcr»