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Sächsische Volkszeitung : 08.09.1935
- Erscheinungsdatum
- 1935-09-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193509080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19350908
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19350908
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1935
-
Monat
1935-09
- Tag 1935-09-08
-
Monat
1935-09
-
Jahr
1935
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 08.09.1935
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Christentum heute Briefwechsel zwischen Graf Reventlow u. Wilhelm Stapel In der letzten Nummer des „Deutschen Volks, tu ms" ist ein interessanter Briefwechsel zwischen dem Herausgeber des „Reichswart", Graf Reventlow. und dem bekannten Publizisten Dr. Wilhelm Sta pel, dem Herausgeber des „Deutschen Volks, tu ms", veröffentlicht, den wir hier in seinen Haupt» teilen unseren Lesern zur Kenntnis geben möchten. Sehr verehrter Herr Doktor Stapel! In der Aprilnummer des „Deutschen Volkstunis" bcschäs- tigten Sie sich mit dem „Neuheidentum", und in dieser Ver- bindung auch mit meiner Person. Sie schreiben von mir: „Seine Gegnerschaft gegen das Christentum hängt eng mit seinem Anti semitismus zusammen." Das ist unrichtig und niemals richtig gewesen. Gedanken, Aussprüche, Lehren, Grundsätze, deren Wert und Bedeutung ich anerkenne, würde ich niemals verwerfen, weil sie meiner Meinung nach oder tatsächlich jüdisch wären. Gerade dieser Standpunkt wird in meinem Buch: „Wo ist Gott?" ausführlich dargclegt, besonders in dem der Persön lichkeit Jesu geltenden Kapitel. Auch ist mir die innere und äutzere Geschichte des Christentums genügend bekannt, um zu wissen, das; es mit dem Schlagwort „jüdisch" nicht abgefertigt werden kann. Ich glaube nicht, datz Jesus heute sich zum Christentum bekennen würde. Um das religiöse Moment kreist seit meiner Kindheit mein innerliches Leben, ohne den Ruheausblick („inquietum est etc.") des Augustin. Oesfentlich habe ich nach einem kleinen Versuch vor dem Kriege, von dem Rcligionsstand in Deutsch land ergriffe», ein umfangreiches Buch: „Für Christen, Nickt- christcn nnd Antichristen. Die Gottsrage der Deutschen geschrie ben, mich seitdem publizistisch lebhaft betätigt und jetzt das Buch „Wo ist Gott?" geschrieben. Zu dem Kampf, an dem ich nunmehr beteiligt bin, habe ich mich Anfang des Jahres 1933 entschlossen, als die Kirchen, ins besondere die „Deutschen Christen", einen sehr starken, mich empörenden Druck aus Nichtchristen auszuüben begannen, aller „Privatsrömmlgkeit" den Krieg, alle Nichtchristen für getarnte Freidenker, Bolschewisten, Marxisten usw. erklärten, kurz, ver suchten, unter Benutzung des Staates Gewissenszwang auszu üben. Ich trat darauf für Sicherung der Gewissensfreiheit öffentlich ein und gelangte im Laufe dieses Kampfes mit Pro- fetor Wilhelm Hauer in Fühlung und Verbindung, welche dann im Hochsommer desselben Jahres die Gründung der Deut schen Glaubcnsbewegung herbeiführte. Soweit das Aeutzcre. Innerlich bewegte mich von Jahr zu Jahr mehr die in meinem Buch „Für Christen. Nichtchristcn usw." ausführlich be handelte, immer mehr Millionen Deutsche ergreifende Ent fremdung nicht allein dem Christentum, sondern der Religion überhaupt gegenüber, und damit die Frage: Ist es — und wie — möglich, in ihnen den religiösen Funke» wieder zu ent zünden? Ich glaube, im Laufe der Jahre durch Stichproben fest gestellt zu haben, datz in jenen zahlreichen Deutschen religiöse Sehnsucht aus einem Gefühl der inneren Lehre besteht, und zwar in den verschiedensten Schichten. Sie wollen aber nicht mehr zum Christentum zurück, und dieses hat unter dem Kaiser reich, während der Weimarrepublik und jetzt bewiesen, datz ihm die nötige religiöse Halte- und Werbekraft fehlt. Wäre dem anders, so würde für mich keine Veranlassung gewesen sein, in den jetzigen Kampf einzutrctcn, schon, weil mir das Be dürfnis nach gemeinsamer Religionsübung fehlt. Religions form ist mir Pcrsönlichkeitssache. Fühlt jemand sich in einer Irorm und Gemeinschaft religiös befriedigt, so ist es ein Ver brechen, ihm das nehmen zu wollen. Christlichcrseits sagt man: Wartet ab, das Christentum wird seine Lebens- und Werbekrast wieder bewähren! Bis jetzt erblicke ich kein Anzeichen. Und selbst, wenn man diese Mög lichkeit nicht bestritte: wie lange soll gewartet werden? Wie viele deutsche Generationen sollen dem Materialismus, der Re ligionslosigkeit überlassen werden, weil das Christentum sie als Brachland für sich beansprucht, für das ihm der Pflug fehlt? Sic, Herr Doktor Stapel, meinen, Hauer und ich seien keine Religiansstiftsr. In meinem Buch: „Für Christen usw." habe ich ausführlich dargclegt, was Sic in der Aprilnummer sagen: „Ein solches Zeitalter kann keine Religion mehr hervor bringen". Ich verstehe Ihren Ausdruck im Sinne von „Stiftung" einer Religion. — Ich stelle mir lediglich die Aufgabe, am Wecken des religiösen Sinns, am Glauben an das „Unsicht bare" und der Hingabe an dieses, am Ankurbeln innerlicher, religiöser Dynamik zu arbeite». Frage ich einen Handarbeiter, warum er das Christentum verlassen hat, und ob er nicht wie der hinein will, so sagt er: Latz mich zufrieden! Frage ich ihn aber, wie er sich den Ursprung der Welt vorstellt, wie er über die „Materie" denkt, ob er unsere Welt des Augenscheins für das Wirkliche hält, wie er sich das Gewissen erklärt, so öffnet sich beinahe immer die Tür. und religiöse Sehnsucht strömt einem entgegen. Das Woher? Wozu? Wohin?, das platonische Staunen lassen ihn nicht mehr los und führen ihn zum religiösen, zum verlorenen Glauben an das Transzendente. Darauf aber kommt es an. sonst gibt cs nicht Religion. Form ist spätere Sorge: mit dem Anfang mutz angefangen werde». Christliche Reden u»d Blätter halten uns seit zwei Jahren vor: Ihr bietet den Leute» ja nichts! Ich erwidere: Vom Christentum wolle» sic nichts mehr wissen, also geben wir ihnen dach auf alle Fälle mehr Religiöses, als das Christen- Ium ihnen geben kann, weil sie es eben nicht mehr wollen. Vieles ist eine Tatsache, die das Christentum nicht ignorieren darf. Die materialistische Strömung, von der Weltanschauung ausgehend — ich unterscheide Weltanschauung und Religion — ist im Steigen, ein neuer Naturalismus zumal in den jüngeren Generationen in Blüte. Ich glaube, datz dieser neuzeitliche Materialismus zunächst nur durch immer eindringlicheres Auf werfen der religiösen Frage als solcher mit Erfolg durch Unterordnung unter das Gefühlte, ersehnte Unkennbare aufgelöst werden kann. Die religiöse Fragestellung mutz auch durch Volk und Land, Blut und Nasse von oben hindurch leuchten. Der bis zum Ende ruhelose, borstige Eros der sokratisch- platonischcn Diottma bittet nicht, wie Faust, den Augenblick zu verweilen, weil er so schön ist, als er seinen Koog beinahe fertig hat, und der Sumpf bald trocken sein wird. Dieser ruhelose Eros verlangt vielmehr wie der Faller in der „Seligen Sehn sucht" Goethes unaufhörlich nach Flammentod und „höherer Begattung". Das alles soll heitzen: Ich glaube, datz religiöses Mecken und Wachhalten der dem Christentum entfremdeten Deutschen nur durch den Drang nach oben, im beständigen Gefühl der eigenen Unvollkommenheit denkbar, aber auch möglich ist und den eigenen Weg bildet. Das bedeutet keine „Brofessoren- Religion", sondern wendet sich an das Beste im Menschen, in einer Sprache, die jeder versteht, und durch das Medium der iuneren und nutzeren Anschauungsformcn des Deutschtums, mi weiteren Sinne Ariertuists. Heute weist der Gedanke des Volkstunis In der ganzen Vielseitigkeit seiner Erscheinungsformen in hochgesteigerter Pasivstkit dem deutschen Leben seine Wege. Als eine vornehmste Ausgabe sehe ich an, die Erkenntnis zu fördern, datz das, sozu- saften: Metazentrum, eben das Ziel der Persönlichkeit inner- halb dieses völkischen Lebens im Transzendenten liegt; datz uns van oben die Aufgabe geworden Ist. In solchem Sinne während Unseres Lcbans hier to make the best os us, durch Schuld und Leiden hindurch, datz wir immer viet unvollkommener sind al» Oer Künserausschuß in Genf gebildet England und Frankreich doch darin vertreten — Ztalienische Stimmenthaltung Gens, 7. Sept. Der Bölkerbundsrat hat Freitag nachmittag in öfsentlicl>er Sitzung beschlossen, ein Ratskomitee von fünf Mitgliedern ein zusetzen, das die Gesamtheit der italienisch-abessinischen Be ziehungen prüfen soll, um eine friedliche Lösung zu suchen. Dem Komitee gehören England, Frankreich, Polen, Spanien und die Türkei an. Die Einsetzung dieses Komitees, dessen Zusammensetzung der Ratspräsident vorschlug, wurde ohne Aussprache beschlossen. Der Ratspräsident gab dabei bekannt, datz Ihm der ita lienische Delegierte seine Stimmenthaltung mitgeteilt habe. Der italienische Vertreter hatte erklärt, datz Italien gleich falls Im Ausschutz vertreten sein müsse, wenn Frankreich und England ihm angehören sollten. Baron Aloisihat an den nichtöffentlichen Vorbesprechun gen, die zu diesem Beschlutz führten, teilgenommen, ist aber der öffentlichen Sitzung wiederum ferngeblieben. Vor dem Beschlutz des Völkerbundsrates hatte lediglich der mexikanische Vertreter das Wort ergriffen, uni an di« Erklärung der lateinamerikanischen Staaten vom 3. August 1932 über die Nichtanerkennung gewaltsamen Gebietserwerbs zu erinnern. Unter allgemeiner Interesselosigkeit ivendete sich der Rat nach dem Beschlutz in der italienisch-äbessinischen An gelegenheit kleineren Fragen seiner Tagesordnung zu. Eine amtliche Erklärung Abessiniens Paris, 7. Sept. Die abessinische Regierung hat am Freitagvormiltag eine längere amtliche Verlautbarung zu dem Schiedsspruch des Ual- Ual-Ausschusses veröffentlicht, in der u. a. festgestelll wird, datz der Zwischenfall von U a l - U a l. der den Anlatz zu dem gegenwärtigen italienisch-abessiniscl)«» Streit und zu den militärischen Vorbereitungen Italiens gegeben habe, erle digt sei. Dessen ungeachtet bleibe das italienisch-abessinische Problem weiterhin be stehen, da Italien die Anwendung des Vertrages ablchne, der die Grenze zwischen Somali und Abessinien sestsetze. Es sei nnn Anigabe des Völkerbnndsrales. den zweiten Teil seiner Enlschiietzung vom 4. August 193', durchzusiihren, ans Grund deren er sich mit dem gesamten abessiniich-Ualient- scken Streitfall zu befassen hol'«. Abessinien als Mitglied des Völkerbundes ersuche den Völkerbundsrat, über die gesamten Streitfragen, die beide Länder trennen, Beschlug zu fassen. Politisch« Fragen dürsten das rechtliche Problem nicht In den Hintergrund drängen, und Zweckmätzigkeitcerwä- gungen über die Aufrechterhaltung des Friedens dürsten die Würde und das internationale Recht nicht verletzen. Die Aufrechterhaltung des Friedens dürste nicht durch Mittel erzielt werden, die eine Verletzung der wichtigsten Grundsätze des internationalen Zusammenlebens bedeuten dürfen: der souveränen Unabhängigkeit und der gebielsmätzigen Unantast barkeit der Völkcrbundsmitglieder. Zweite Verlustliste aus Ostafrika Rom, 7. Sept. Amtlich wird in Rom eine zweite Namensliste der >m Dienst in Ostasrika ums Leben gekommenen Truppen veröf fentlicht. Danach sind vom 29. Juni bis 3t August insge samt 130 Mann gestorben oder tödlich verun glückt. nämlich 14 Offiziere, darunter ein Oberstlcnlnant, ein Fliegermajor, zwei Hauptleute und ein Arzt, sowie em Militärkaplan und 79 Unteroffiziere, Korporale und Soldaten Die erste Verlustliste hatte den Tod von 37 Mili tärs verzeichnet. Die Geburtstagsfeier Peters n. in Belgrad Belgrad, 7. Sept. In Belgrad wurde am Freitag mit grossem Prunk der Geburtstag des jungen Königs Peter ge feiert. In den frühen Morgenstunden fand auf dem Truppen übungsplatz Banjitza eine grotzartige Parade statt, die Peter II. im Beisein des Prinzregenten Paul und der beiden Regenten Stclnkowitsch und Perowitsch abnahm. Zu dem militärischen Schauspiel waren auch Ministerpräsident Stojadinowitsch. Mit glieder der Regierung, hohe Würdenträger der militäriscl)«n und zivilen Behörden, das Diplomatische Corps, die ausländi schen Militärattaches und eine riesige Mensclienmeng« erschie nen. Die Parade vollzog sich in voller Ordnung und machte auf die Anwesenden einen Uesen Eindruck, die dem Prinzen ein« lebhafte Kundgebung bereiteten. Anschlietzend wohnte Peter II. dem Gottesdienst in der Belgrader Kathedrale bei, der zu Ehren des jungen Königs vom Patriarcl-cn Barnabas abgehalten wurde. Auch hier waren dl« Spitzen der jugoslavischen Regierung, des Militärs und der Behörden anwesend. Prinzrestent Paul zum Vrisadeaeneral ernannt Belgrad, 7. Sept. Aniätzlich des Geburtstages des Königs Peter II. veröffentlicht das amtliche Nachrichtenblatt einen Ukas, demzufolge der Prinzregcnt Paul, der bisl)«r den Rang eines Obersten bekleidete, zum Brigadegenerct! befördert wurde Ausserdem wurden ein neuer Vizeadmiral nnd 23 neue Bri gadegenerale ernannt. Tie Bcfördeungsliste weist auch die Na men zahlreicher Stabs- und Truppenoffiziere aus. Der Prinzregent wohnte am Freitag in der Uniform eines Kavallerieobersten der grotzen Trup;>enschau bei, die alljährlich am Geburtstag des Königs stattsindet. Sie Toten der „Eisenach" hcimaekehrt Trauerfeier aus dem Schnelldampfer „Bremen" Bremerhaven, 7. Sept. Die Leichen der bei dem Zusammenstotz des Lloyddampsers „Eisenach" mit dem englischen Schlachtschiss „Ramillies" töd lich verunglückten drei Besahungsmitglieder Hinrichs, Kupka und Besser trasen am Freitagvormittag mit dem Schnelldampfer „Bremen" in Bremerhaven ein. Die drei Särge waren in der mit reichem Blumenschmuck gefüllten Gesellschaftshalle Erster Klaffe der „Bremen" aufge- bahrt, in der sich mittags die Angehörigen der Verstorbenen und die Vertreter der Regierung, der Partei, der DAF., dl« Mitglieder des Vorstandes des Norddeutfchen Lloyd sowie die gesamte Besatzung der „Bremen" zu einer schlichten Trauer- feier versammelten. Die Trauerrede hielt Seemannspastor Janssen. Anschlietzend sprach der Betriebssichrer des Nord deutschen Lloyd Dr. Firle in bewegten Worten den Angehöri gen der toten Seeleute das liesst« Mitgefühl der Reederei aus. Senator Bernhard legte im Namen des Breinischen Senates und der Bevölkerung Bremens einen riesigen Lorbeerkranz mit Dankesworten an die toten Kameraden der Arbeit nieder. Als Vertreter der Deutschen Arbeitsfront, Gau Seefahrt, nnd der Auslandsorganisation der NSDAP.. Abteilung Seefahrt, überbrachte Dr. Gerold, Bremerhaven, die letzten Grütze. * Nach der Trauerfeier wurden die Särge durch das Ehren spalier der Echisfsbesatzung von Bord gelrctgen und auf die mit Blumen und Grün geschmückten Wagen gesetzt Tie drei Verunglückten werden am Sonnabend in ihrer heimatlichen Erde bestattet, Hinrichs in Bremen. Besser in Wesermünde und Kupka in Vegesack. unser, auf die Spur Gottes treibender Eros uns will; datz wir die dein Auge unerträgliche, göttliche Sonne im Rücken „am farbigen Abglanz des Lebens" <Faust) haben; datz die schmerz volle Spannung zwischen dem Sein und dem Seinwollen und die durch sie bedingte ruhelose Unbe^riedigtheit weder durch Er lösung noch durch den lächerlich pampigen Anspruch einer „Sclbsterlösung" aufgehoben wird. — Ich glaube, datz -in solcher Weg auch die jüngere Generation aus dem Naturalis mus zum Religiösen führen kann. Die an sich gesunde religiöse Gärung und Seelenbewegung, ist da. Sie führt an der Kirche vorbei und hat Massen aus ihr herausgeführt. Sie darf nicht in irgendeiner Form des Ma terialismus oder Rationalismus verstunden, nicht in zufriedene Selbstspiegelung umschlagen. Im Grauen vor dem Nihilismus versuchte Nietzsche vergeblich, sich durch seine Lehre von der ewige» Wiederkunft des Gleichen zu retten. Die vielen in Deutschland, denen der Gott und die Lehre des Christentums tot sind, können dem Nihilismus nur dann entgehen, wenn sie anstatt 'Nietzsches: „Die Welt ist das einzige, was es ^ckt!" das Vergängliche al» ein Gleichnis erkennen, sich in Platons Höhle empfinden und mit dem Vedanta „»ungewandten Auges" eigene Zeitlosigkeit ahnen. Ich habe nicht daran gedacht, Wesen und Weg der Deutschen Glaubensbewegung zn zeichnen sondern lediglich versucht, aus die Wendung von der „aristokalischen Liebhaberei" hin mein „Leitmotiv" zu skizzieren. Die Deutsche Glanbensbewegung ist eben eine Bewegung, vielgestaltig und reich. Ihre Zukunft wird sich danach bestimmen, ob sie in voller Durchdrungenheit mit tätigster Lebensbejahnng den Weg religiöser Vertiefung weiter beschreitet oder nicht. Gras Ernst Reventlow. Die Antwort Sehr verehrter Herr Graf! Für Ihre Worte bin ich Ihnen schon deshalb dankbar, weil sie überhaupt an mich gerichtet sind. Einer der Mitarbeiter Ihres „Reichsivartcs" hatte mich der jungen Generation, die nicht nur die Zukunft, sondern auch die Gegenwart hat, ent hoben. Ich danke Ihnen, datz ich nicht zu alt bin. Den Zusammenhang zwischen Ihrer, sagen »vir: kritischen Stellung zum Christentum und dem Antisemitismus, ja zur ganzen deutschen Atmosphäre getraue ich mir aus Ihrem Werk „Für Christen, Nichtchristen und Antichristten", das ich seinerzeit mit lebhafter Teilnahme las, zu belegen. Der Einsatz für die ,.G4a u b e n s b c >v e gu n g" ist un vermeidlich ein Einsatz gegen das Christentum. Das Bestreben, die Nichtchrissen zu sammeln, führt nach dem „ewigen" Freund-Feind-Gesetz zu einem Wider st reit wider das Christentum. Wenn Sie das persönlich zu vermeiden suchen, werden Ihre Anhänger Sie dazu zwingen. Das Schicksal der Nicht-als-Nichtchristcn ist, zwischen Christen und Antichristen wählen zu müssen oder unterzugehen. Der Satz „Ich glaube nicht, datz Jesus heute sich zum Christentum bekennen würde", ist von einer autzerchrist - lichen Position aus gedacht- Er schliesst ein: „Ich glaube, datz Jesus heute sich zu meiner Auffassung von sich selbst beken nen würde. Damit ist aber andie Stelle dcsChristen- tums ein Reventlowtum gesetzt. Wie können Menschen „nicht zum Christentum zurück" wollen, die nie das Christentum gekannt haben? Erst müssten die Menschen kennen, ehe sie zich verantwortlich ent scheiden könnten, ob sie zu ihm hin snicht „zurück"! oder van ihm weg snicht „vorwärts"! »vollen Dunkle Erinnerungen an mitzverständlichen und »nitzverstanden'u Religion»- und Kon- sirmandenunlerricht genügen nicht als llrtcilsgrundlage. Hier liegt ein Mangel vieler Anhänger der Glaubensbewegung vor. Datz „Religionssorm Persönlichkeilssache sei", kann nur von einer a u tz e r r e l i g i ö s e n Position aus behaup tet werden. Religionssorm und Religionsinhalt sind nicht zu trennen. Religion ist nicht Persönlichkeitssache, sondern eines GottcsSache. Religion ist eine objektive Wett. „Per sönlichkeitssache" ist — Religionsph-losvphie Ihe Stellung scheint mir die eines Religion«, p h i l o - sophen, nicht die eines „Gläubigen" zu sein. Alle Fragen, die Sie auswersen, sind philosophischer Art. Ich gebe zu. datz die Fragen Volk und Jugend stark beschäftigen. Aber dadurch werden sie nicht zu „religiösen" Fragen. Sie wenden sich an philosophische G e m ü I e r. Solche Menschen lesen Bücher und hören Borträge. Solche Menschen aber bilden nicht Gemeinden, treiben keinen Kult und er regen sich nicht in propagandistischen Versammlungen. Das ist die Tragik Ihrer Bewegung: sie bekommt nicht die Menschen, an die sic sich wendet, sondern eine andere Art Menschen, die einen» anderen Gesetz folgt. Sie werden vor das Problem ge zwungen: Führer oder Getriebener? Aber ich bin von der Reinl-eit Ihrer Gesinnung und vor» dem Ernst Ihres persönlichen Einsatzes überzeugt. Es ist merk würdig, wenn sachlicher Gegensatz und persönliche Zuneiguim sich mischen. Es gibt diese Merkwürdigkeit. Wilhelm Stapel.
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