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Nummer 2V5—34. Jahrg Erscheint S «as wSchentllch. vlsnatlicher Bezugspreis durch Träger einschi N Psg. bzw. tv Psg, Trägerlohn 1,70; durch die Post 1,70 einschlirglich Poslüberiueilungsgebiihr, zuzüglich SS Psg Post-BesteNgeld. ikinzelnummer 1V Psg., die Sonnabend-, Sonntag, und Jesttagnummer LV Psg. Sächsische volksseuung Beriagsort Dresden. Pnzeigenprets«: di« Isp-ltig- » mm breit« 3'»« » VK sür gamilienanzetgen b Psg. Jür Piatzwünsche tSnn«» wir t«>»« Teuiähr leist«». Echristleltung: Dresden-«., Poli«rstr. 17, Fernruf 10711 u. 1101» EeschSstsstell«, Druck und B«rlag: Eermania Buchdrucker«» und Beilag Th. und <S. Wink«!, Polierstrah« 17, F«rnrus 11011, Postscheck: Nr. ISIS, Bank: Stadtban« Dr«^«n Nr. «7«7 Donnerstag, S. Sepkember 1933 Zm Fall« oon höherer Eewalt, B-rdot, eintretend«, Veirled» stärungen hat der Bezieher oder Werbungtreibende keine «We spräche, satt, di« Zeitung in beschräntlem Umsange, oerspätet oder nicht erschein«. — Erjuilungsort Dresden. — — — „ Sm abessinische pacht - Vertrag Mülritt der Slandard-Vacuum-Oll-Lompany vom abessinischen Konzessionsvertrag Auf Betreiben des Washington, 4. Sept. Ans dringende Vorstellungen des Staatsdepartementes beschlosi die Standard Va cuum Oil Co. den Rücktritt vom Abessinischen Konzessions vertrag. Nach wiederholten Besprcchnngen mit dem Prä sidenten und dem Vizepräsidenten der Standard Vacuum Oil Co. gab Aussenminister Hnll die Rückgängig machung des Pachtvertrages bekannt. Hüll teilte die Rückgängigmachung auch telephonisch dem ans sei nem Landsitz Hydepark weilenden Präsidenten Roose»" velt mit. Der Präsident gab seiner Vesriedignng über diesen Entschluss Ausdruck, da er im Pachtverträge eine Gefährdung des Weltfriedens gesehen habe. Sine Erklärung des Kaisers von Abessinien Paris, 4. Sept. Der Berichterstatter des Journal in Addis Abeba wurde vom Kaiser von Abessinien empfangen, der ihm folgende Erklärung übergab: Wir sind der französischen nnd der britischen Negierung für die von ihnen zugunsten des Frie dens entfalteten Anstrengungen dankbar. Wir freuen uns auch, die beim französischen und beim englischen Volk vorhandenen Strömungen zugunsten Abessiniens feststellen zu können. Un ser Land hat niemand bedroht und bedroht niemanden. Alle seine Anstrengungen zielten aus die Aufrechterhaltung des Frie dens ab. Wir werden unsere friedliche Haltung bis zum letzten Augenblick aufrcchlerhallen. Wenn wir aber aus unserem Ge biet angegriffen werden, werden wir uns auch bis zum äussersten verteidige». Sine Entschließung der All-Gesellschaft London, 4. Sept. Die Nil-Gesellschaft, aus der am Diens tagabend der abessinische Gesandte Tr Martin eine Rede hielt, nahm einstimmig eine Entschlietznng an, in der es heisst: „Aixst- sinien ruft das britisclze Reich aus, ihm bei der Aufrechterhal tung der Heiligkeit der Vertrüge und seiner eigenen Unab hängigkeit Beistand zu leisten." — Vor Annahme der Ent- Staatsdepartements schliessting halte ein ägyptischer Vertreter noch erwähnt, das; die englandseindliche Propaganda Italiens gegenwärtig in Aegypten sehr lebhaft am Werk sei. Die Aegypler hätten viel leicht manche Beschwerde über Grohbritannien, aber dies be deute nicht, das; Aegypten der italienischen Freundschaft vor der britischen den Vorzug gebe. — Ten Vorsitz der Tagung führte Oberst Lord Sempill. Unter den Anwesenden bemerkte man u a. den brasilianischen Botschaster, die Gesandten Schwedens und Lettlands, die Geschäftsträger von Finnland, Bolivien, Ku ba, Jugoslawien und Polen sowie die britischen Oberkommis sare für Südafrika, Nhodesia und Neufundland. Keine Unterredung Aloifi-Valdwin London, 4. Sept. Eine in Gens verbreitete Nachricht, das; Baron Aloisi in Air-les-Bains bei Baldwin einen Besuch abge- statlet habe, wird von Reuter sür unzulrejsend erklärt. Ter italienische Delegierte habe nur die Nacht in Aix-les-Bains zu gebracht und sei vormittags 10.30 Uhr nach Gens weitergereist. Baldwin habe erst am Nachmittag Kenntnis davon erhalten, das; Baron Aloisi in der Stadt geweilt habe. Engt. Vorbereitungen aus Mlta London, 4. Sept. Reuter meldet aus Malta: Aus nicht amtlicher. aber zuverlässiger Quelle verlautet, das; die Be satzung des britischen Vermessungsschisjes Ormonde, das nm Montag in Matta eingetrossen ist, sofort ihre Löhnung erhal ten hat und jetzt an Bord von Minensuchschisfen gegangen ist. Am Dienslaguachmittag sind polizeiliche Bestimmungen ver öffentlicht worden, die es jedem Krastwagenbesitzer zur Pflicht machen, bis zum 12. September der Polizei Nummer und Art seines Wagens mitzuteilen. Alan glaubt, das; die Bestimmung sich auf die Möglichkeit einer Registrierung der Kraftwagen durch die Regierung bezieht. Aus der ganzen Insel werden Gottesdienste für den Frieden abgehalteu. In der St. Pauls- Kathedrale wurde am Dienstagabend ein solcher Gottesdienst vom stellvertretenden Gouverneur Sir Harry Luke veranstaltet. Ferner wird berichtet, das; binnen einer Woche an die 6000 Dockarbeiter in Malta Gasmasken verteilt werden sollen. Dr. Ley vor -en Saar-Industriellen Kaiserslautern, 4. Sept. Die, Bezirksgruppe Saarland-Psalz der Reichsgruppe In dustrie veranstaltete am Dienstagabend in der Fruchthalle in Kaiserslautern eine Arbeitstagung, die von dem bekann ten Saarindustriellen Röchling geleitet wurde. Dr. Ley ergriff sofort das Wort zu einer fast zweistün digen Rede, die sich Uber den örtlichen Rahmen der Tagung hinaus an die gesamten Betriebsfiihrer nnd Un ternehmen Deutschlands wandte und damit auch für die Gefolgschaften aller deutschen Betriebe eine Kundgebung programmatischer Bedeutung wurde. Dr. Ley führte u. a. aus: Die Menschen müssen begreifen, das; bei aller Unterschied lichkeit in der Ansicht über irgendeine Sache ein Glaubenssatz alle beherrschen mutz. Wir bilden eine Gemeinschaft! Der Betrieb ist ein« Einheit. Wer sich dagegen sträubt, den mus; man belehren, zunächst im Guten. Wenn er dann noch nicht will, mutz man ihn hart an- sasscu. Und wenn er schliesslich und endlich überhaupt nicht will, mutz man ihn vernichten. Wie für die Kirche das Dogma gilt: Der Papst ist unsehlbar, so gilt für uns im neuen Deutsch land der Sah: Der Betrieb ist eine Einheit. Wir werden eifer süchtig darüber wachen, datz diese Einheit von keiner Seite angetastet oder zerstört wird. Wir sind eine unzertrennbare Kameradschaft von treuen Kämpfern. Kein Land jenseits un serer Grenzen kann sich rühmen, den Klassenkainpf überwunden zu haben. Wir haben uns gesagt: Wollen wir den Klassenkampf überwinden, dann müssen wir dort unten beginnen, ivo die Menschen schicksalhaft beisammen sind, wo sich keiner dieser Gemeinschaft entziehen kann, selbst wenn er wollte. Dort müs sen wir beginnen: Im Betrieb! Drei Zellen sind es, in denen sich das menschliche Leben cntsaltet und abspielt: Der Betrieb, die Familie und die Gemeinde! Diese drei Urzellen sind eine Einheit, und man darf sie nicht zerstören. Nie! Und einem zweiten Gesetz mutz man zur Geltung verhelfen: Alles, was die Menschen innerhalb dieser Gemeinschaften, innerhalb der un tersten Gemeinschaften ordnen können, müssen sie untereinander ordnen. Man darf sich nicht elnnstschcn. Jeder Mensch emp- findet es als etwas hätzliches, wenn ein Familienmitglied etwas hinausträgt. So mutz es auch im Betriebe sein. Im Betrieb darf man nicht nötig haben, den Treuhänder, die Arbeitsfront, die Partei oder sogar den Staat damit zu belasten, weil dort im Betrieb Hemmungen und Schwierigkeiten ans- trelen. Der ist mir ein netter Betriebssichrer, der damit nicht fertig wird oder ein netter Betriebsamster, der die Schwierig keiten nicht meistert. Gewitz, es gibt Dinge, die über dem Be trieb liegen, etwa wenn im Textilbetrieb Rohstoffmangel herrscht oder im Bergbau Härten in die Erscheinung treten, die autzerhalb des Betriebes liegen, dann mutz es auch hier Stellen geben, die es ordnen. Aber an sich mus; der Schwer punkt der sozialen Ordnung, des sozialen Lebens nicht an der Spitze oder in Berlin oder in der Provinz liegen, sondern im Betrieb. Das frühere System zeichnete sich dadurch aus, das; man alles aus dem Betrieb hinauslrug. Wenn irgendein Meister mit seinen Gesellen Krach hatte, dann gab es eine Staatsaktion, dann wurde der Reichstag damit beschäftigt. Man entzog vieles der Ordnung der Menschen. Heute mutz man den umgekehrten Weg gehen. Selbstverständlich könnte das dazu führen, das; sich dann allmählich auch eine Kliguenwirtschaft einstelltc, ein Vertuschen und Tarnen. Doch cs sind viele Stel len von Partei, Staat. Arbeitsfront und allen Gemeinschafts ordnungen auf dem Posten, die wachen. Immer wieder mutz ich sagen: Ihr miitzt Euer Schicksal selbst ordnen. Wir sind keine Amme, die die Menschen trocken legen will. Dadurch erzieht man nur Knechte und nichts anderes. Wir aber wollen Herrenmenschen, allüberall. Unternehmer und Ar beitnehmer werden solange mit ihren Dingen beschäftigt, bis sie sie selbst gelöst haben. Und wenn sie sagen, es geht nicht, wir werden nicht einig, dann antworten wir: Ins Zimmer, schliesst ab. Ordnet Eure Sachen. Ihr könnt Euch da drinnen so viel streiten, wie Ihr wollt. Das macht nichts, das; Ihr zunächst verschiedener Meinung seid, und streitet Euch. Aber kommt nicht früher heraus. Ihr habt Euch lange genug, Jahre lang, bekämpft zum Schaden des Volkes. Jetzt müsst Ihr Euch eini gen. Nicht des einzelnen wegen oder der Masse wegen, oder eines Berufes oder einer Klasse wegen sondern der Nation wegen. (Fortsetzung aus Seil« 2.) Duett in Genf Alljährlich, wenn die Septemberjonne das Laub der Genfer Terrassen bunter särbt, versammeln sich am Genfer See die Staatsmänner der Völkerbundsmächte, um über den Lauf der Welt und die Anliegen des Bundes zu reden. Den Auftakt bildet der Kongretz der Minderheiten, - s folgt die Tagung des Völkerbundsrates und anschliessend die all» gemeine Völkerbundsversammlung, in der die Delegierten mehr oder minder inhaltsreich und rhetorisch wirkungs voll über das Schicksal des ewig kränkelnden europäischen Friedens zu sprechen haben. Cs gab sogenannte Blüte zeiten der Völkerbundspolitik, in denen es an Stoss und an Erfolgen nie mangelte und ganze Stötze von guten Vor sätzen und Paktentwürfen die Völker'oundsstadt beim Tagungsabschlutz verliehen. Daun kam die grotze Flaute, die geschwellten Segel der Siegerhofsnungen sanken schlaff herab, und man fing an zu zweifeln, ob Eens wirklich das geignetste Instrument fei, um seine geheime Ausgabe, die Niederhaltung des Reiches, zu erfüllen. Der Mandschurei konflikt enthüllte vor der ganzen Welt die Aktionsunfähig keit des Bundes, das völlige Scheitern aller Abrüstungs bemühungen zwang ehrliche Anhänger des Abrüstnngs- und Friedensgedankens in Deutschland, aus dem Böllerbunds schiff aiiszusteigeu. Nun hat der Völkerbund ein neues Leck bekommen, das auch grösste diplomatische Geschicklichkeit kaum wird verstopfen können. Die Augen der ganzen Welt sind in diesen Septembertagcn nach Gens gerichtet. Es geht nicht um die 27 Hauptpunkte der Völkerbundsversammlung, denn wen kümmert schon das Schicksal der Sludicnkom- mission sür die Europäische Union, d'c Anpassung des Völ kerbundpaktes an den Kelloggpakt, das platonische Verbot von Waffen- und Kriegsgerätclicferungen an Kriegfüh rende, die Eintreibung der rückständigen Völkeichundsbei- träge und wie diese Schcinwichtigkeitcn heitzen mögen. Sie verblassen völlig vor der alle Köpfe beherrschenden Fragen Was wird der Völkerbund tun, um im Wirbel des abessi nischen Konfliktes seine eigene Existenz und vielleicht sogarden Weltfrieden zu retten? Nicht dem Völ kerbund als Institution gilt die Aufmerksamkeit der Welt, sondern den Staatsmännern, die als geschickte Jongleure mit den Völkerbundseinrichtungen eine Magiesitzung vor atemlos gespanntem Zuhörerraum veranstalten wollen. Nur sehr ungern und zögernd hat der Völkerbund das glühende Eisen dieses Konfliktes in die Hand genommen. Es war ihm nicht unwillkommen, datz Mussolini seit Be ginn dieses Konfliktes um die Jahreswende mit Nachdruck die Fiktion vertrat,.es handle sich um einen Streitfall von l o k a l e r B e d e u t u n g, der aus dem direkten Wege der Schiedsgerichtsbarkeit beigelegt werden könne. Der abessi nische Antrag vom 18. März, den Konflikt aus die Tages ordnung des Völkerbundsrates zu setzen, ries in Nom wie in London peinliche Ueberraschung hervor. Nachdem die Schiedsversuche ergebnislos abgebrochen worden waren, trat am 6. April der Generalsekretär des Völkerbundes, Avenol, für Einschaltung des Rates ein. der sich am 19. Mai zum ersten Male offiziell mit der abessinischen Frage befatzte. Der Rat beschlotz, für das schiedsgericht liche Verfahren eine Frist bis zum 23. Juli zu setzen, von diesem Verfahren jedoch die Frage der Grenz ziehung auszuschliehen. Nach Ablaus der Frist solle der Rat spätestens bis zum 23. August erneut zusam mentreten. Inzwischen hatte Italiens Truppenkontingent in Ostafrika das erste Hunderttausend überschritten, die Spannung zwischen Italien und England war offen her vorgebrochen, und man sprach zum ersten Male von einer etwaigen Sperrung des Suezkanals. Am 23. Juni bietet Eden Mussolini in Nom den bekannten Austausch des Hafens Zella gegen die abessinische Provinz Ogaden an, wird aber abgcwiesen, da Mussolini das Land ganz und ungeteilt fordert. Wieder tritt aus abessinischen Antrag der Völkerbund am 31. Juli zusammen, nachdem ein abessi nischer Appell an Amerika auf Grund des Kelloggpaktes eine kühle Aufnahme gefunden hat. Diese Ratstagung beschliesst Fortsetzung der Schiedsverhandlungcn und An« setzung des Abesstnienkonfliktes auf die Tagesordnung der am 4. September beginnenden ordentlichen Ratstagung. Die Schiedskommission, der es unter italienischem Druck verwehrt worden ist, Uber das eigcntlicho Thema, nämlich die territoriale Zugehörigkeit der Schauplätze der ersten Zwischenfälle, zu verhandeln, hat ihre Scheinexistenz bis zur nunmehrigen Fertigstellung eines Abschlutzberichtes fortgesetzt. Italien entschlotz sich nach einigem Zögern, einen Vertreter in den Rat zu entsenden, der aus die abessinischen Anklagen in öffentlicher Rede auf der Grund lage einer umfangreichen Anklageschrift antworlen wird. Dieses Rededuell wird voraussichtlich den äutzcren Höhe punkt der Ratstagung bilden. Aber entscheidend wird nur