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kksdÄmes und die Hosenträger Line rUlinencle Oesckicdte vc)n I^ranx I.avLncjoI Die Feittkosthändlerstochter Barbara schwärmt« für den Hcldentenor des Stadltheaters Oberhupsivg, Willibald Som« lnera-Eaknlyptiis. Ihr Verlobter Emil Schul-« fehl« zwar alle Hebel in Bewegung, um fi« von ihrem „Eukalyptus-Wahn" zu heilen, ober Barbara beharrte mehr denn f« auf ihrem eigen« sinnigen Standpunkt, >a, sie löste sogar die Verlobung. Ihr einziges Sinnen und Trachten war, den Tenor Sombrero« Eukalyptus persönlich kennenzulernen. Was hatte ihr doch der dicke Naltlzasar, der alte Chorist, von diesem Künstler be richtet I Er war ein dümonischer Mann. In seiner Wohnung, hiesi es, wurden tätlich die tollsten Feiern veranstaltet, wobei allerhand gemunkelt wurde. Jedesmal, wenn Cntalyplus sang, fas, Barbara in der letzten Reihe des Parkettes, und wenn das hohe C wie «tu« Rakete aus der Kehle de» Sängers ansstieg, verschoben sich di« Pupillen des Mädchens in ekstatischer Begeisterung. Der Nlza- damcs war seine Glanzrolle. Barbara seufzte bet dem Gedanken daran, wie herrlich es wäre, als liebende Aida von den heldi schen Armen des Heldcntenors Sombrero-Eukalyptus umfangen zu werden. Da siel ihr Blick einer Tages auf ein kleine» Inserat Im städtischen Generalanzeiger: „Suche hübsche» Dienstmädchen mit mondänen Allüren. Marlene-Dietrlch-Typ bevorzugt Borzu- stellen zwischen neun und elf bei Kammersänger Sombrero- Eukalyptus." Barbara zitterte vor Begeisterung. St« schminkte sich, studierte im Spiegel den elektrischen Blick der Marlene Dietrich, fehle sich einen bratpsannenähnlichen Hut tief in die recht« Pupille und klingelte mit klopfendem Herzen an der Tür, aus der zu lesen war: Sombrero-Enknlyplus Kammersänger und heidenieuor des Stndlthenlers Oberhupsing. Vang« rührte sich nichts. Barbara tat noch schnell einen Blick in den Spiegel, hüllte ihr Gesicht in eine stäubend« Pnderwoike, legte ein Viertelpfund Rouge ans Ihre Lippen und horchte. Non drinnen kam ein brausendes Geräusch Dann plätscherte semand. Dann war ihr. al, ob einer aus vollem Halse gurgeln würde Dann wurde es wieder still, und endlich erklangen im Flur schlürfend« Schrille. „Sic wünschen?" Vor Barbara stand ein wohlanständiger, etwas beleibter Mann tm Hemd und mit Hosenträgern. Er murmelte eine Entschuldigung, das, er in diesem Auszug er scheine. Barbara wurde etwas verlegen. Da ergriff der Mann mit den Hosenträgern Ihre Hand und führte sie tn den Flur. „Rehmen Sie bitte Platz", sagte der Manu mit einer freund lichen Stimme. „Ich komme aus das Inserat," stotterte Barbara. Sie er glühte holdselig unter der Puderschicht. „Könnte Ich wohl einen Moment mit Herrn Kammersänger . " Der Mann mkt den Hosenträgern verbeugte sich, so gut es ihm die rundliche Füllung seines Körpers erlaubte: „Bin ich selbst", lächelte er liebenswürdig. „Und was wün schen Sie. wenn Ich fragen dars?" Barbara erstarrte. Dieser Mann mit den Hosenträgern und dem gutmütigen, vollen Gesicht war also der gefeierte Nha- dames, der allabendlich seine in Tränen aufgelöste Aida mit heroischer Gebärde an seine Hcldenbrust drückte! Cie muhte unwillkürlich die Augen schliehen. Ihre Träume waren mit einem Schlag vernichtet Cie wollte etwa» hernorstnmmeln, aber da ertönte aus dem Nebenzimmer ein sämmerliches Kinder, geschrei: „Papa! Papa!" schrie ein Junge au» vollem Halse. „D«r Tuslao hat mich wieder gezwickt!" Barbara machte immer enlsehtere Augen. „Meine Kinder!" lächelte der Tenor beglückt. „Sie machen wieder ein bihchcn Krach", sügte er hinzu Barbara muhte nicht, was Sie sagen sollte. „Ich komme aus das Inserat", wiederholte sie mechanisch. „Inserat?" Der Tenor schüttelte verwundert den Kops. „Das mich wohl ein Irrtum sein", lächelte er ausmuntcrnd. „Was war es denn für ein Inserat?" Barbara kramte verstört und ans allen Himmeln geschleudert iu ihrer Handtasche und zeigte dem Sänger den Zettel. Sombrero-Eukalyptus brach In ein schallendes Gelächter aus: „So ein Witzbold!" kachle der Sänger „Da hat Sie aber semand tüchtig in den ersten April geschickt!" Richtig, es war sa der erste April! ,,k) entschuldigen Sie!" stammelte Barbara, die lich in ihrem geschminkten und auf gedonnerten Zustand plöhlich urkomisch und lächerlich vorkam. Cie erhob sich mit gesenktem Kops und wollte verschwinden. Aber der Sänger packle ste kurz entschlossen bei der Hand und führte sie in das Wohnzimmer. „Wenn Sie schon mal va sind". Professor John ist „Tawnrisch", Bruder, Kamerad und Ge nosse von Knhenvälcrchen, non Triesnuge und von Sleppenwols. Er liegt nämlich gleich an der Tür des Krankcnsaales, und dieser Platz verpslichtet. Es ist sn so altertet »erboten hier im Kran- kinhausz deshalb ist e, sehr wichtig, dah rechtzeitig gewarnt wird, wenn sich ein Wärter der Tür oder dem Guckloch nähert. Besonders Kahennätcrchcn spricht das Wort „Professor" ans, ivi« man einen kostbaren Wein schlürft, so ganz mit spitzer Zunge. Er ist stolz daraus, sich Genosse eines richtigen Proscssor» nennen zu dürfen. „Ach, Hütte das meine gute Mndka erlebt, mich so niillen tn einem Zimmer zu sehen, in einem Belt, das ein seines Gestell aus Metall hat, und dann noch neben einem echten und lebendigen Proschori .Wassil Wassilowitich', würöe sie sagen, .verzeih mir. dnsz ich ost mit dem Besen nach dir schlug und dich mit Wasser übergosz, wenn du betrunken nm Boden neben den Hühnern lagst und nicht mehr die Stufen zum Ösen hinnusfinden konntest! Verzeih mir, guter Mann, ich wuszte nicht, dnsz du so vornehmen Umgang bekommen würdest, vorneh mer als unser Pope, sogar als der Postmeister aus dem Markt flecken!"' „Sei still, Väterchen, du sagst zuviel! Du freust dich, hier zu sein, wo doch drnuszcn bald wieder der Cihnee schmelzen wird und dein Acker aus dich wartet. Wie denkst du darüber, Vä terchen?" „Ach, Prosessorchen, das verstehst du nicht! Mag der Teufel meinen Acker pslügen, ich bleibe hier. Mas soll ich drangen? Hier habe ich meine Ruhe, mein Essen. Und hier kann man mir meine Katze nicht mehr töten, weil ich keine Katze besitze, hnhahä, verstehst du das, weil ich eben mal keine besitze. Es sing an, als meine Modka starb. Kinder Hal sie mir keine hinterlassen, wohl aber eine Katze, die ich treu »siegte. Die Burschen im Dors behaupteten: .Wassil Wnisiloivilich. deine lächekle er .müssen Sie erb mak meine "tn-g-, georUhen'" >lud nun lernte Barbara den Karl und den Frist kennen, lauter ordentliche, ergnickend unerzogene Jungs Und dann kam auch Frau Eukalyptus höchstperiönlich von ihre» Einkäuien zurück und machte sofort einen würzigen Bnhncnkcsjee der Barbaras Angsttomplere und Minderwerligkeilsgesühle im Nu ver scheuchte Im Verlause der Unterhaltung sand sie cogar, dasz Herr Eukalyptus ein recht liebenswerter und iympathocher Mann sei, aber leider, wie sie immer wieder seststellen mutzte, gar nicht dämoniich. . „Und wenn die Leute wieder mal non mir sprechen", tagte der Sänger beim Abschied mit der ganzen Liebenswürdigkeit seines Doppelkinns, „lagen Sie bitte ja nicht dag Sie mich in Hemdsärmeln angelrossen haben! Es geht nichts über die Illusion, mein Fräulein!" Und die Moral non der Geschlcht: Emil Schulze erhielt tn den nächsten Tagen einen reumütigen Bries und feierte mit der non ihrem Mahn endgültig geheilten Barbara eine Versöhnung, die dauerhnsler war als die härteste Dauerwurst, die sie jemals in ihrem Laden verknust hatte Cs war doch eine blendende Idee, dachte er bei sich, die Id«e mit dem Inserat! Frau ist tn diese Katze gesnhren. Deine Frau mar eine Her«. Patz aus, nachts, wenn du mal wieder betrunken bist, wirs di» das Vieh die Augen auskrahcn.' Ich bin auch ost betrunken gewesen, Prosessorchen, weitzt du, aus lauter Wut Uber ihre Frechheiten. Wie sie mich aber in meine hülle geworsen hatten und ich zmiichen oen Hühnern lag, weil ich nicht mehr aus den Ofen kommen konnte, meinst du, di« Katze halte mir die Augen ausgekratzt? Rein, das hat sie nicht getan, sondern sie hat sich aus mich gelegt und mich gewärmt. Ich habe mich dann noch ast betrunken, aus Freude, weitz du, weil es keine Here, sondern eine brane Katze war, und da haben sie mir meine Katze, meine liebe Katze, abgefangen, dies« Hunde. Ich lief zwei Tage lang herum, van Haus zu Haus, in der ganzen Nachbarschaft, von einem zum andern, ja aqar bis zuiK Dorspolizisten und zum Popen. Habe mir dann einen kleinen Rausch angetrunken und bin nach haute gewankt Vor meiner Haustür, noch blutig und krustig, hängt das Katzenfell. Das Fell meiner lieben Katze, verstehst du, ihr Fell! Jetzt meist ich. was los ist. Der Schnaps macht mich mnlig, und ich renne zurück zum Juden Esim Abrahamowitsch und stelle mich in die Teestube. Die Burschen schreien mich an: .Kntzenvälerchen, komm her! hast dir das Fell mitgekrncht, Knhennälerchen? Hat sein geschmeckt, dein Kätzchen, hahaha!' .hast du ihr zartes Fleisch gesrciien ' frage ich den einen. .Warum nicht?' antwortet er und lacht srech: /Wir haken sie gepackt, deine Katze, und haben sie langiam, ganz langsam in vier Teile gerinen. Sie hat nch gewehrt und hat geschrien, bi» alle Knochen tn ihr gebrochen waren, hahahaha! Er sagt das, und alle lachen wie die Teure! Ja, Pro- sessorchen, wie Teusel lachen sie, die Hunde llnd da kommt di« Verlucbuna Uber micb und der Satan stellt mir eine Flaich« Katzen väteroken, Irielauge und 8tbpp6NTVOlk PÄ0K6N ÄU8 / » "nRd.,u^ 8eknapp8ekÜ886 okne Karnera plaudere! am >Voekenencle Von /^«rralru. „Wer photographiert, hat mehr vom Lebens" Leider photographiere ich nicht. Aber soll ich deshalb weniger vom Leben haben? Mir scheint, man muss nicht »»bedingt ein« Leica besitzen, nm all die kleinen Schönheiten cinzu- sangen, die einem so Tag fiir Tag über den Weg lausen. Mancher sicht sie gar nicht. Aber wer die Gabe hat, diese Idyllen des Alltags für seine Erinnerung einzusangen, der lramt darin in stillen Stunden wie ein Geizhals in seinen Schätzen. Hier habe ich ein paar solche „Schnappschüsse ohne Kamera" sestgehalten. Haben Sie nicht Lust, die sich mit mir ein bitzchen anzuschen? Ersatz für Sommerszeit. Ich besuche meinen Freund Klabautermann, nm ihn zum Spazierengehen abzuholen. Klabautermann ist gerade beim Rasieren. Ich nehme solange aus dem Stuhle neben dem Nachttisch Platz. Wenn man warten mutz, dann sucht der Geist nach Be- schästigung. Also fällt mir auf — was ich bisher noch nie lxtmerkt habe — datz Klabautermann zwei Wecker auf seinem Nachttisch stehen hat. „Nanu!" frage ich „Iwei Wecker? Wozu brauchst du denn die? Schläfst du so fest, datz du einen überhörst?" Klabautermann ist sichtlich geniert. — „Ach", sagt er, „das ist nur deshalb, weil wir keine Sommerszeit haben." „Sommerszeit?" wundere ich mich. „Ach ja, ich erinnere mich: Im Kriege war einmal die Sommerszeit eingesührt. Da wurden ab 1. April die Uhren um eine Stunde vorge ¬ stellt,' auf diese Weise war cs möglich, das früher entset zende Tageslicht auch jür die städtischen Berufe voll «us- znnntzen." „Das ist es!" nickt Klabautermann. „Ist es nicht eine Schande: Um 5» Uhr geht die Sonne aus. und um 7 Uhr liegen viele von uns Slndtuieiijcheu noch im 'Bett!" „Der Wecker ist doch aber aus 7 Uhr gestellt!" be merke ich,' den» ich habe inzwischen den einen in die Hand genommen. „Du mutzt den anderen nehmen!" rüst Klabauter mann. Ich schaue hin, und richtig: Der zweite Wecker hat den Glockenzeiger aus der l>. „Da benutzt du wohl jetzt nur diesen zweiten?" er kundige ich mich. „Aber wieso denn!" ärgert sich Klabautermann, „natürlich benutze ich beide!" „Das verstehe ich nicht!" „Es ist aber sehr einsnch", erläutert nun Klabauter mann antoritativ. „Um T Uhr weckt der erste Wecker, da wache ich auf, freue mich, datz es hell ist und datz ich meine Pflicht tue, bei Tagesanbruch wach zu sein. Dann lege ich mich ans die andere Seile und schlafe iveiter, bis nm 7 Uhr der zweite Ntecker rasselt. Dann stehe ich auf. Denn da wir keine Sommerszeit haben und man also nicht vor l Uhr in« Bett kommt, kann man doch nicht nur -1 Stunden schlafen!" Wachowetter, Grotzer Garten. Palaisteich. Ein fast unnatürlich warmer Morgen. Es regnet, langsam und bedächtig, aber nachhaltig. Ein warmer Negeu —das richtige Wmbsweller' Man fühlt ordentlich, wie Bäume und Sträucher >ui! wahrer Wollust das warme Notz nuiiaugeu Weniger erfreut sind offenbar die Menschen. Der Grosze Garten, der sonst uw dieie Zeit zahlreiche Wanderer auswrist, ist heute wie mit 'Besen re'nw'kehrt stur wenige Passanten, die geduckt unter ihren Schinnen gehen. Um so erstaunter bin ich, als ich hinter der Grosze» Wirtschaft, wo sich die schöne weite Wiese vor der ehrwür digen alte» Eichengrnpne öffnet, einen Herrn gewahre, der barhäuptig dem Regen trotzt. Ich komme näher und staune noch mehr: Es ist wein Freund Kilian. „Morgen, Kilian'" jage ich. „Was machst denn du hier? llnd dazu noch ohne Hut bei dem Regen'" Kilian ist ganz in stille Betrachtung versunken nur» überhört beinahe meinen Grutz. — „Es ist »och allerhand!" murmelt er, „es ist doch wirklich allerhand!" „Das finde ich auch!" n:cke ich. „Aber du solltest mir lieber sagen warum!" „Warum?" entrüstet sich Kilian uns erwacht nun völlig zu seiner gewohnten Grobheit: „Denkst du, die haben mir erzählt, warum sie die Bank hier weggetrage» haben?" Im ersten Augenblick denke ich, dem Guten hat der WiUerungswechjel geschadet Dann aber sehe ich, datz tat sächlich an dieser Stelle einmal eine Bank gestanden hat. Und richtig — jetzt entdecke ich auch, wo die Bank setzt placiert ist: weit weg vom Wege, nm Rande der Wiefe, recht malerisch unter einer Platane. „Das waren kunstsinnige Leute", sage ich. „Dort vorn sieht die Bank viel malerischer aus. Und die Aussicht ist dort sicher auch viel besser. Deshalb könntest du mir ruhig sagen, warum du im Regen ohne Hut herumläufst." „Ohne Hut? Ach so!" meint Kilian und greift ver träumt nach seiner kahlen Platte. „Son Regen ist doch