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Nr. 99. — 28. 4. 35. Sächsisch« Volkszeitung. Sette L ^Ivtirsn kin U/ort vismriecks Im April dieses Jahres waren 128 Jahre seit der Geburt des Fürsten Bismarck verflossen, dessen protze Gestalt ja in besonderem Sinne in unsere Gegenwart hineinragt. Die deutsche Presse hat eingehend das Werk dieses Gründers der ersten deutschen Reichseinheit ge würdigt. Dabei konnten die romfeindlichen Kreise natür lich nicht nnterlassen, allerhand Ungereimtes über eine angebliche Gegnersclzaft des Papstes gegen das Einigungs werk Bismarcks zu schreiben. Der Papst als Feind deut scher Einheit — das ist ja ein Thema, über das man nach Herzenslust phantasieren kann. Deingegenüber möchten wir an ein Wort Bismarcks erinnern, das gerade heute wieder überaus zeitgemätz erscheint. Bismarck hat auch einmal von einer deutschen Nationnlkirche — freilich auf protestantischer Grundlage! — geträumt, und aus diesem Gedanken l)eraus den Kulturkampf begonnen. Als er aber erkannte, datz er einen falschen Weg ging, besntz er die moralische Kraft, die nur grotzen Persönlichkeiten eigen ist: die Kraft, sein Unrecht offen einzugestehen und entsprechend zu l-andeln. Er schlotz Frieden mit der Kirche, und selten in der Geschichte ist ein Friede so ehr lich geschlossen worden wie dieser. In der denkwürdigen Neichstagssitzung, in der das Bersöhnungsgesetz angenom men wurde, hielt Bismarck eine Rede, die geradezu als Sensation wirkte; denn sie war nichts anderes als eine grotzzügige Würdigung und Anerkennung des Papsttums. Er sagte u. a. folgendes: „Was die angebliche Einmischung in unsere An ge lege nt»ei len ant>el<rngl, sozmeisle ich sehr, obder P a p st in unserm Hause als Fremder behandelt wer den darf. In meiner Eigenschaft als Vertreter der Regierung versichere ich, datz das Papsttuin nicht nur eine aus wärtige und unt »ersnle. sondern auch eine ein heimische Einrichtung für unsere batholischen Mitbürger ist. Ich würde meinem Lände unrecht tun, ivenn ich aus Nationnlslolz die Hilfe eines Souveräns zurückwiese, der so gewissenhaft und mächtig ist, wie der Pch'st, aus dem einzigen (gründe, iveil er in Rom lebt." Diese Marte sollten sich alle ins Stammbuch schrei ben, die glauben, im Namen des Deutschtums dauernd das Papsttum verlästern zu dürfen. Bismarck war Pro testant, und niemand wird leugnen können, datz er ein wahrer deutscher Mann gewesen ist. Weil er aber zugleich auch ein grotzer Mens ch war, vermochte er das Grotze auch dann zu würdigen, wenn er persönlich ihm sremd gegenübersland. Es war vorauszusehen, datz die dentschgläubigen Zeitschriften zum Osterfeste Kommentare schreiben wür den, die ihrem Geiste entsprechen. Welcher Art diese Kom mentare sind, mögen zwei Beispiele zeigen. Im „Nord land" (7. Folge vom 14. 4.) lesen wir: Wenn Ehrislen um die Osterzell deu Tvd, die Auferstehung ihres Herrn feiern, so haben sie die Ewigkeit in der Geschichte kurze Spanne nur herabgezogen. Urewiq ist das Werden und Vergehen schon geivesen, eh' Christus noch nm Kreuze hing Und ewig wird für menschliä-e Begriffe lueilcr ivechs. lu der Sonne Aufstieg und ihr Sinken, ivenn wenige nur noch dran denken, datz einst einer starb aus Golgatha . . . Lassen wir andern ihre Auscrstehung im Jenseits. Wir Heiden lernen in Flur und Feld, in Wald und Wiese die vsterNctp- Botschasl kennen: Und setzet ihr nicht das Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein! Aehnlich schreibt die „Deutsche Bolksschöp- fung" (Folge 8 vom 15. 4 ): „Als lörichter Wahn erscheint es uns, an eine übernatür liche, alle Gesetzmätzigkeit durchslatzende Auferstehung eines Menschen zn glauben: zu glauben, dntz dieser Mensch unwandel bar in dersellien Form bestellen bleibt Die deutsct)e Weltan schauung weitz die Auserslehuug der Natur im Frühling als einen Punkt im gesetzmätzigen Kreislauf des Jahres. Sie be darf zu ihrer lUejahung dieses wunderbaren Werdens da drautzen keines Glaul»ens an eine .Hölle", die „besiegt" wird, an einen „Tod", der „überwunden" wird, denn das Werdende schlicht lein Vergehen in sich, notwendig nicht als Strafe und ohne Schrecken." Das grotze Auferstehen und Neuwerden der Natur zur Ostcrzcit ist vom Christentum stets als ein tiefes Sinnbild des Ostergeheimnisses betrachtet und ausge wertet worden. Datz wir „zur Bejahung dieses wunder baren Werdens da drautzen" keinen übernatürliä)en Glauben brauchen, ist eine kindliche Binsenwahrl)eit. Diese natürlichen Vorgänge aber als das Wesentliche des Osterfestes aufzufassen, bedeutet eine Verflachung des Ostergedankcns, wie sie schon seit Jahrzehnten eine besondere Liebhaberei des internationalen Freiden- kertums gewesen ist. Die wirkliäre Deutsche Welt anschauung ist der Glaube unserer christliä-en Vorfahren, die sich bewusst waren, datz das Geschehen in der Natur nur ein Gleichnis ist für jene Auferstehung zu einem ewigen Leben in Gott, die uns gewährleistet ist durch die Ostertat Christi, des „Erstlings der Entschlafenen". veutscke Xirekenti»eue in kumLnIen besingst Die rumänische Regierung hat im neuen Staats haushalt erhebliche Kürzungen bei den staatlichen Zu wendungen an die verschiedenen im rumänischen Staats gebiet vorhandenen Kirchengemeinschasten vorgenommen Sie begründet die Matznahme mit dem Zwang erhöhter Sparmatznahmcn. Aber die Art und Weise, wie diese Spar maßnahmen durchgeführt und auf die einzelnen Kirchen gemeinschaften abgewälzt werden, trifft die nationalen Minderheiten in Rumänien, vor allem die Deutschen im Banat und in Siebenbürgen, schwer. Nach einer Darstellung des „Ciebenbürgisch-Deutslkfen Tage blattes" wird der bisherige Staatsbeitrag bei der ortho doxen rumänischen Kirche nur nm 11 bis 27 v. H., bei der griechisch-katholischen Kirche um 17 bis 27 v. H. gekürzt. Dagegen beträgt der Abzug bei den Kirchengemeinschaften der nicht deutschen nationalen Minderheiten bis zu 58o. H., also über die Hälfte. Bei den deutschen Volks gruppen aber ist der Abzug noch erheblich höher. Das deutsche Bistum Teureswar im katholischen Banat ist m i t K ü r z u n g e n bis zu 66 v. H. bedacht worden, und bei der deutsch-evangelischen Landeskirche in Siebenbürgen gehen die Kürzungen sogar bis ans 92 o. H. Diese höchst nngleichmätzige Behandlung der nichtrumä nischen Staatsbürger durch die Negierung in Bukarest ist so offensichtlich, datz die Regierung selbst nach einer Be gründung sür diese Zurücksetzung gesucht hat. Sie recht fertigt ihre einseitige Matznahme mit dem Hinweis darauf, datz die materielle Lage bei den deutschen Kirchen gemeinden erheblich besser sei als bei den anderen. Das ist ein offenkundiger „Irrtum". Er ist nur dadurch zu er klären, datz die deutschen Bauern trotz der grotzen wirt schaftlichen Notlage, in der gerade sie sich befinden, in der Zahlung ihrer Kirchensteuern snrze auch ihrer Slaats- steucrnj regelmützig viel pflichteifriger sind als die anderen Bcvölkerungsleile. Die amtliche Statistik hat den Nach weis erbracht, datz in den von Deutschen bewohnten Ge bieten Numäniens die geringsten Stcucrriickständc zn ver zeichnen sind, während in den anderen Gebieten mit Rück ständen bis zu 60 und 7t) v. H. regelmätzig zu rechnen ist. Das liegt nicht an der grötzeren Wohlhabenheit der deut schen Bauern, sondern daran, datz den deutschen Kirchen gemeinden in der nach dem Kriege durchgefiihrten „Agrar reform" der alte Grundbesitz und damit die Einkünfte zum Unterhalt des Gottesdienstes und der Schulen zum aller- grötzlen Teil genommen wurde und der Unterhalt durch freiwillige Beitragsleislungen der deutschen Gläubigen be stritten werden mutzte Diese Beitragszahlungen sind ein M n st e r b e i s p i e l deuischen O p f e rs i n n e s und deutscher Organisation, die in den anderen ru manischen Staatsgebieten in diesem Matze nicht vorhanden sind. Diese Leistungen sind um so holn'r anzuschlagen, als der rumänische Staat durch das Minderheitenschutzgesetz vom Jahre 1919 verpflichtet war, selbst sür den Unterhalt der Kirchen und Schulen der Minderheiten zu sorgen. Wenn er jetzt die pslichtgemätzen staatlichen Zuwcndnngen noch weiter kürzt, so mutz das geradezu als eine Strafe für die freiwillige Hilssbereilschast und den Opsersinn der deutschen Bevölkerung angesehen werden. Einen bemerkenswerten Beilrog zur deulschen Sprachforschung liefert der „Durchbruch" (13. 3. 35). Er weitz die Wissenschaft um folgende Entdeckung zu be reichern. „Früher hietz es z. B. das Golt und I)eute der Gott. Christlici)e Missionare haben das unpersönliche (tzcl-eiwnis in chrsurchtloser Eitelkeit personifiziert. Früher hicfz fromm so viel wie lüchlig: dos äolische sruma entsprich! genau dem laleinischen primus. Heule lreiht es so viel wie kleiner Mucker. Die christlichen Priester behaupten einfach, das; ihre Pereins- milgliedcr tüchtig wären und haben dadurch das Wort srumä in schlauer Aumahung vergewaltigt" In wieweit die christliche Lehre non einem persön lichen Golt der Ausflutz „ehrfurchtsloser Eitelkeit" sein soll, haben wir trotz heftigen Nachdenkens nicht ergrün den können. Verblüffend aber wird für die meisten Men schen die Belehrung sein, datz heute das Wort „fromm" so viel wie „kleiner Mucker" bedeutet. Nicht minder er staunlich ist die Tatsache, datz dieser Bedeutungswandel von den Priestern auf dem Wege über die christlichen Vereinsmitglioder vollzogen worden ist. Und da hat man noch gemeint, man hätte einige Kenntnis von der deut schen Sprache! O Muttersprache, Muttcrlaut! Um die Romers „Eorrespvndenz für Kunst und Wissenschaft" teilt mit: Bei der Aussprache, die am 9. Mai 1934 in der Neuen Aula in der Berliner Universität veranstaltet war, nm über den „Geschichts- und Ouellenivert der Ura Linda- Ehronik", im Anschluss an die werlvollen Vorarbeiten einiger holländischer Gelehrten zu verhandeln, äutzerte sich der ordentliche Professor für deutsche Philologie an der Berliner Universität, A rthur Hübner, dahin, datz es sich nm ein durchaus einheitliches Erzeugnis handelt, das von Anfang bis Ende den Stempel seiner Entslehungszeit trägt. Es ist nicht altgermanischer Geist, der aus diesem Buche spricht, sondern das Gegenteil davon: liberalistisch- rationalistischer, gleichmacherischer, pazifistischer, ireimauer- rischer. ja geradezu deutschfeindlicher Geist. Die meisten deutschen Hauptstämme nutzer den Friesen, aber auch die Skandinavier erhalten fast alle ihr Teil an Beschimpfun gen zugemessen. Die Verwirrung, die Hermann Wirth in Laienkreisen angerichtet hat, indem er sich riir die Quellen echtheit dec Ura Linda Chronik einsetzte, wird neuerdings in einem Buche Arthur Hübners „Herma n n Wirth und die Ura Linda-Ehronik" (Berlin, Mzefantiachrichteli 26. 4. Robert Schlirf, Kaplan an der Hof- und Propsteikirche in Dresden als solcher nach Chemnitz St. Ioh. Nep. 26. 4. Johannes Z i m m erma n n, Neupriestor, bis her als Pfarrverwcser in Markneukirchen i. V., als Kaplan an der Hof und Propsteikirche in Dresden. ———M W. de Gruyler u. Co., 1934) noch schärfer als in dem Vor trage dargelegt. In einer Besprechung dieses Buches in der Deutschen Literaturzeitung (Heft 19) vervollständigt der ordentliche Professor an der Universität Wien, Nndols M u ch, noch die Beweise für die Fälschung der Ura Linda Chronik. Er weist van neuem nach, datz die Handschrist, die von Hermann Wirtb als ein so wichtiges Dokument altgec- manischen Wesens angesehen wird, nur nach 1353 bezw. 1854 geschrieben worden ist. H. Wirths religionsgeschicht licher Beweis für die Ouellenechtheit der Ura Linda-Hand schrift stützt sich nämlich aus lauter Dinge, die dem Buche von Mo nIanns „Die deutschen Volksseste, Jahres- und Familienfeste" entnommen sind, ein Buch das 1854 erschien. Zwar waren die Ueberein- stimmungen zwischen Montanas und der Ura Linda- Chronik bekannt, aber cs ist nicht der einzige Fall, in dem er Dinge, die seine Stellung schwächen könnten, dem Leser vorenthält Aoch keine Verns« Professor Srbiks nach Berlin Die Wiener Blätlermeldungen, die von einer Beratung des Wiener Univcrsilälsprosessors Tr. Heinrich von Srbib als Nachfolger Hermann Onckens nach Berlin wissen wollien eilen den Tatsachen voraus. Wie wir von zuständiger Steile er fahren, ist eine Berufung noch nicht erfolgt Die „United Preh" verbreitete die Nachricht, bist man sich in Kreisen, welche der Wiener Universität nehcslehcn. er ähtt, das; an den jüngst noch durch sein Werk „D e u I' ch e Ein heit. Idee und Wirklichkeit vom heutigen Reich bis Köuig- grah" In die erste Neihe un'erer üeupchen Hislorik.r -«rückte Professor Ritter von Srbik einen Rus an de Ber liner Universität als Rachsolger des vor einigen Woche- ins feinem Lehramt ausgeschicoenen Historikers Professor O n >l e n bekommen habe Ritter Srbik war immer in Oesterreich als Wissenschaftler tätig. Dor sechs fahren Halle er einmal ogar das österreichische Unterrichtsministerium nrne. Jin Reich !>at er mit feinen zahlreichen Dorträgen, seinem „Mellernich-Buch"; nicht am wenigsten durch den ersten Band ieiner epochemachen den Historie über die deutsche Einheit die Kullureinheit aller Deutschen vertreten. Italienisch — Unterrichtssprache in Oefterreicv Wien, 27. April. In einer Prehekonierenz am Freitag machte der Staatssekretär für Unterricht Mitteilungen ulxr dis geplante Reform des Schulwesens. Mac mein w.:r' F b mit den beiden anderen grotzen Fremd prnchen — Eno! ch und Französisch — gleichgesetzt, so datz der Schüler zwi chen diesen wählen kann Gelehrt werden immer zwei Fremdiproch-n beim rein huinanistisct)en Gymnasium drei, da zu Latein und Grie chisch eine moderne Spracl»e kommen werde. Für ow Hochschule werde ebenfalls eine Reform vorbereitet die eine Verlesung des Studiums und eine stärkere BeeinNuiiung der Hochschul jugend „im Meiste des herrschenden Systems" zum KZegen- stand haben iverde. Verhaftungen von Deutswen in Polen Posen, 27 April. Im Kreits Kempen, im Sude» der Provinz Posen, ist im Lause der letzten Tage eine Anzahl von Mitgliedern der Deutschen Bereuüguna verhalte» worden Als Grund wird von painisclwr Seile „illonale Aaitatian" gegen den polnischen Staat angegeben. Nach den bisher vorliegenden Nachrichten sollen insgesamt l(l polnisci>e Staatsangehörige deutscher Nationalität im Gesängnis sitzen. Im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit sind bisher ungefähr ött Zeugen ver nommen worden. Nähere Einzeil)cüten sind wegen der noch an dauernden dehörülict)en Untersuchung nicht zu erfahren. Die „Deutsche Aationalvartei" 'n der Tschecho slowakei wird „Deutsche Vollspariei" Wie di« „Prager Presse" meldet, hat di« Negierung >mr Freitag den selt einigen Tagen erwarteten Beschlutz geiaht, das am 4. Oktober UM ausgesprochene Verbot der „Deutschen Ncrtionalpartei" in der Tschechoslowakei auizuheben. Die „Deutsche Nnlionaipartei" wird, wie die „Prager Presse" weiter mitteilt, als „Deutsche Dolksparlei" in die be vorstehende Wahl gehen. Mftbischof 9r Vawlilowski-Graz in Aom Graz, 27. April. Fürstbischof Dr. Ferdinand Pamli- kowski ist dienstlich nach Rom abqereist Die Abwesenheit des Fürstbischofs dürfte einige Wochen dauern. ZlalienS Kronprinz bereift Lchven Der italienische Kronprinz steht im Begriff, mit seiner Gemahlin eine Reise ourch Libyen, anznlrekrn. Die Reise sollte mit der Eröffnung der Sahara-Strecke Tri polis—Gadames zufainmenfallen, doch ist ein frühzeitigerer Antritt der Reise erforderlich geworden. Der Kronprinz wird am 29. April in Tripolis landen und von dort nach Gadaines fahren, das dem Verkehr nunmehr erschlossen ist. Nach Möglichkeit soll der Besuch der Kolonie Feccan aus gedehnt weroen. Ob auch die Cyrenaika einbezogen wird, steht noch nicht fest. Die Strecken werden im Automobil und im Flugzeug zurückqelegt werden. ^6 2-4 i/O/V - /--ÄxWcE Hb