Volltext Seite (XML)
109. ^ahryaag stberrd-Ausgabe Nr. 603 1918 Freitag, den 26. November F.rnlpr.ch-Anlchluii Nr. 14682, 146SZ und 14684 SchristtrUung und GrlchLsltstell«^ Zol-aanitgos,« Nr. 8 Englische SchilWWhm m SWml Der deutsche Tagesbericht Das Wölfische Bureau meldet amtlich: Gröhes Hauptquartier, 26. November. Westlicher Kriegsschauplatz Auf vielen Stellen der Front Artillerkampf. Sonst nichts Wesentliches. Oestlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe des Gen eralfeld marschalls von Hindenburg: Ein Versuch der Russen, die Misse bei Pulpe zu überschreiten, wurde vereitelt. Feindliche Angriffe bei B eres münde und auf der Westfront von Dünaburg sind abgeschlagen. Heeresgruppen des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern und des Generals von Linfingen: Nichts Neues. Balkankrregsschauplatz Südwestlich vonSjenica und von Mitrowica wurden feindliche Nachhuten, die sich an diesen Stellen noch vor der Front der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen hielten, geworfen. ' Englische Schutzmaßnahmen am Suezkanal Eigener Drahkbericht (r.) Budapest, 26. November. Der «Pestcr Lloyd" bringt vom 10. d. M. von Santander in Spanien folgende Mitteilung: Der Kapitän eines spanischen Dampfers teilt mit, dah er gelegentlich der Durchfahrt durch den Suezkanal in 3smaila außerordentlich fieberhaft be triebene militärische Vorkehrungen bemerkt Hobe, die England unternimmt, um das Konalgebiet und die Küsten strecken westlich El Ka ntara gegen einen anscheinend dort befürchteten Angriff deutscher Truppen und England feindlicher arabischer Beduinenstämme zu sichern. In El Kankara dürften allein 60 000 Mann englische Truppen konzentriert sein. Der Karawane »handel in der Wüste ist durch die Beduinenstämme gestört. Ueberfälle auf englische Vor posten kommen fast täglich vor. Entlang der Küste lagern weitere 35 000 Mann englischer Truppen. Der Kanal selbst ist gleich einer einzigen großen Festung. Die durchfahrenden Dampfer neutraler Staaten haben sich den schärfsten Durchsuchungen und die Passagiere großen Drangsalierungen auszusehen. Durch Minen sind bereits mehrere Dampfer verunglückt. Verstimmung über die OrientLage in Paris Eigener Drahkbericht (r.) Wien, 26. November. Die ..Mittagszeitung" meldet ans Genf: 3m Kammeraus schuh für Aeuheres in Paris haben Briands neue Erklä rungen über die Orientlaqe tief verstimmt. Die Er regung der Deputierten ist sehr groß. Humbert und Ger vais sehen ihre Kritik gegen die Anzu'änaNchkeit der franzö sischen Artillerie fort. Auch aus dem Lande selbst wird eine wach sende Mißstimmung infolge der fortdauernden Fehl- schlage im Orient gemeldet. Die deutschen Vorbereitungen für den russischen Winter Aus Kopenhagen wird der ,.T. R." berichtet: Der .Rußkoje Slowo" hebt in einem langen Artikel die bewundernswerten und umfassenden deut schen Vorbereitungen für den Winterfeld zug hervor, die alle russischen Hoffnungen auf die Hilfe des Frostes als neuen Verbündeten zuschanden machen müßten. Die deutschen Soldaten sind mit Wollsachen und warmer Unterklei dung so gut versorgt, daß die Kälte ihnen keinen Schaden mehr zufügen kann. Vielfach sind sie auch mit Schlafsäcken versehen, so daß sie den ganzen Minter ohne Obdach zubringen können. Die Schützengräben sind mit Strohmatten ausgepolstert und nut beweglichen Wärmeräumen ausgeskattct. Ferner ist für schneeweiße Mäntel gesorgt, so -aß die Soldaten sich vom Echnee nicht unterscheiden. Auch die Wälle vor den Schützen gräben sind mit weißen Tüchern bedeckt. Es verlautet, Kaiser Wilhelm und Hindenburg hätten gesagt, daß kein einziger deut scher Soldat unter der russischen Kälte leiden solle. Der rus sische Winker sei somit sozusagen auf deutschen Befehl aufgehoben. Für die deutschen Soldaten sei bis ins kleinste, ja bis zur Pedanterie gesorgt. Hätten die Russen etwas in dieser Beziehung von den Deutschen gelernt, so wäre manche unangenehme Ileberraschung ausgeblieben. Das Blatt schließt mit der Ermahnung an alle russischen Patrioten, dem Heere weißes Leinenzeug in großen Mengen zur Verfügung zu stellen. Skuludis über die Neutralitüt Griechenlands Telegraphischer Bericht Mb. Paris, 26. November. .Petit Parisi en" bringt eine Unterredung seines Athener Korrespondenten mit dem griechischen Ministerpräsidenten Sku ludis. Danach ermächtigte Skuludis den Korrespondenten zu fol genden Mitteilungen: Die griechische Negierung wird alles daran sehen, um das Miß verständnis, das zwischen den Alliierten und Grie chenland entstand, zu zerstreuen. Unser größter Wunsch ist, die Beziehungen freundschaftlichen Vertrauens aufrecht zu erhalten, die die Erinnerung an die Vergangenheit und die Sorgen um aktuelle Inter essen uns aufcrlegen. Griechenland ist neutral und wird neutral bleiben, was auch kommen mag. Wir werden fortsahren, alle Vorschläge, dah wir uns aktiv am Kriege beteiligen sollten — von wo sie auch Her kommen —, zurückzuweisen, weil diese Politik die einzige zu sein scheint, die den Wünschen des Landes, das nach zwei Kriegen friedens- durstig ist, entspricht. Unsere freundschaftliche und woblwollende Haitunggegcn die Alliierten nach der Landung ihrer Truppen in Sa loniki hat sich darin gezeigt, daß wir ihnen freien Durchgang durch unser Gebiet sicherten, was bereits eine Ab weichung von den strikten Regeln der Neutralität in sich schloß. Heute wollte man von uns die Verpflich tung erlangen, die alliierten Armeen, die in Serbien operieren, üvcr die griechische Grenze zurückgehen zu lassen, das griechische Gebiet zur VerpflegungsbasiS und zum Gebiet militärischer Aktionen machen zu lassen, was von unserer Seite eine aktive Teil nahme am Kriegs darslcllcn würde. Ich müßte antworten, daß, wenn eine derartige Eventualität sich ereignen würde, die Anwendung der Haager Konvention eintrctcn könnte, die Neutralen erlaubt, durch Entwaffnung der kriegführenden Armeen, die auf ihrem Gebiete operieren, der Tatsache enkgegenzutreten, dah ihr Land zum Kriegsschauplätze werde. Ich fügte hinzu, daß ich diese Be merkung nur in theoretischer Form ausgestellt habe, um der Rechtslage willen, ohne tatsächlich der Zukunft vorausgrcifen zu wollen, da die Um- stände oft zwingender als Rechtsprinzipien sind. Die Bemerkung, die ich machen mußte, rief bei den Alliierten eine ungerechtfertigte Miß stimmung hervor. Man anwortetc daraus durch eine Art Blockade, die Griechenland auszuhungern drohte. Man schützte vor, daß die strategischen Punkte, die von unseren Truppen an der Grenze in der Nähe des Landungskorps besetzt sind, für diese eine wirkliche Gefahr darstellcn. Ich meinerseits würde dazu bemerken, daß die Kanonen eurer Kreuzer aus der Reede von Saloniki sehr viel drohender sür unsere Truppen sind, als unsere Feldgeschütze für die eurigen sein können. Aber ich will all diese Umstände vergessen. Da Sie mich um genaue Angaben drängen, autorisiere ich Sie, folgende Worte unserer Unterredung zusammcnzufasfcn: 1. Griechenland ist neutral und wird neutral bleiben, trotz aller Pressionen, woher sic auch kommen mögen. 2. Diese Neutralität wird gegenüber den Alliierten und im be sonderen gegenüber Frankreich ihren wohlwollenden Cha rakter bewahren. Trotz der gerechtfertigten Bemc>kung, die zu machen ich verpflichtet war, wird niemals in Griechenland ein Finger gegen die alliierten Truppen erhoben werden. tu. Kopenhagen, 26. November. Nach Londoner Meldungen ans Athen soll die Stellung des Ministeriums Skuludis erschüttert sein. Es wird angenommen, daß RhalliS eine neue Regierung bilden wird. Der Zug des Elends Eioener Drahtbericht (r.) Lugano, 26. November. Der Kricgskorrespondent des „Corriere della Sera' meldet in einem neuen aus Mona stir datiertem Telegramm das furchtbare Elend des serbischen Rückzuges. Die Bevölkerung kommt vor Hunger um. wahrend im Heere selbst ebenfalls Lebcnsmittclnot herrscht. Die Soldaten erhalten bei ihren Nachhutgescchten nur ganz ungenügende Nahrung. Das ganze Land mache eine Massen- sluo-t mit. Wahrend die Mohammedaner und Bulgaren in den Dörfern Zurückbleiben, ziehen alle Serben auS. Viele Dörfer fallen fast wie ausgeslorben dem Feind in die Hände Die Schlacht auf dem Amfelfeld Von Major a. D. von Schreibershofen Mit der Eroberung von Mikroviha und Pristina haben die Zentralmächte und Bulgarien auf dem nordserbischen Kriegsschau plätze einen neuen bedeutenden Erfolg erzielt. Die Heeresgruppe Mackensen hatte in den vorhergehenden Tagen im siegreichen Vor marsche die Linie Nowa-Varos, Sienica und Novibazar erreicht, gleichzeitig hatte sich im Westen eine österreichisch-ungarische Truppe den Uebergang über den unteren Limfluß erkämpft, so daß eine zusammenhängende geschlossene Front entstanden war, die vom unteren Lim bis in die Gegend südlich Novibazar reichte. 3m Süden dagegen, bei Mitroviha—Pristina und weiter südlich stan den noch starke serbische Streitkräfte. Die Truppen der Zentral mächte und Bulgariens waren von diesen Orten noch weiter ent fernt, so daß ihre Front hier einen nach Osten ausspringcnden Bogen aufwies. Wie stark die in ihin stehenden serbischen Trup pen waren, ließ sich nicht genau feststellen, sie müssen aber ziemlich bedeutend gewesen sein, da die Serben aus zwei verschiedenen Richtungen, sowohl von Norden her durch die Heeresgruppe Mackensen, als auch von Osten her durch die erste bulgarische Armee Bojadjess dahin zurückgeworfen wurden. Gegen sie drangen die deutschen, österreichisch-ungarischen und bulgarischen Truppen gleichzeitig von drei Seiten aus vor, und es entwickelten sich auf dem Amselfclde mehrtägige, sehr heftige Kämpfe, die jetzt mit der Eroberung von Mitroviha und Pristina zu einem ge wissen Abschluß gekommen sind. Ein endgültiges Urteil über sie läßt sich aber auch jetzt noch nicht fällen, da alle Einzelheiten über ihren Verlauf fehlen. Auch was sich im Süden von Pristina in den Kämpfen mit den dort vordringenden bulgarischen Truppenteilen ereignete, ist noch nicht gemeldet. ES läßt sich deshalb auch noch nicht erkennen, ob große Teile des serbischen Heeres doch den Rückzug nach Montenegro angelrelen haben oder ob sie nach Süden abge- ürängl worden sind. Auswärtige Blätter sprechen von neuen Kämpfen, die am K a t s ch a n i k - P a h entstanden sein sollen. Dies würde mit einer früheren Nachricht übercinstimmen, wonach die Serben einen großen Durchbruch über den Katscho rik-Paß nach Süden versuchen wollten, um sich auf diesem Wege den Abmarsch nach Süd-Mazedonien zur Vereinigung mit,den dort flehenden Truppen und den Abteilungen der Westmächte zu ermöglichen. Eine Verzweiflungstat, die ohne jede Aussicht auf Erfolg ist. Erst die nächsten Tage werden volle Klarheit über die wirkliche Lage bringen können. Jedenfalls steht jetzt schon fest, daß bis auf un bedeutende Grenzgebiete ganz Nordjerbien von den Zcnlralmäch- ien und Bulgarien erobert ist, und daß die Serben auch die letzten dor: befindlichen Stützpunkte verloren haben. Die Zahl der bisher gefangcngenommenen Serben wird in einer Mitteilung aus dem österreichischen KriegSprcsscquartier auf über 100 000 Kopfe ver anschlagt. Es würde dies weit über den dritten Teil der Gesamt stärke deS serbischen Heeres bei Beginn der Operationen betragen. Rechnet man nun noch etwa 50 000 blutige Verluste, was sehr gering angcsetzt ist, so hätte daS serbische Heer die volle Hälfte sei nes Bestandes verloren und von dem Reste muß auch noch ein be trächtlicher Teil abgezogen werden, der sich selbständig entfernt und seine heimatlichen GcbirgSdörfer wieder ausgesucht hat. 3n S ü d - M a z c d o n i e n scheint eine gewisse Ruhepause eingetreten zu sein, wenigstens ist bisher von einer Fortsetzung der bulgarischen Offensive gegen Monastir nichts gemeldet worden. Trotzdem sich die Bulgaren bereits vor mehreren Tagen der Stadt bis auf wenige Wegstunden genähert, und die serbischen Behörden und Einwohner den Ort schon geräumt haben, ist die eigentliche Besetzung noch nicht erfolgt. Worauf dieser Stillstand zurückzu führen ist, läßt sich von hier aus nicht übersehen. Da aber gleich zeitig von neuen Kämpfen gegen die am L e r n a s l u s s e stehenden französischen Lruppenabtcilungcn berichtet wird, ist eS wohl mög lich, daß die Bulgaren zunächst ihre Kräfte zu diesen Vorstößen verwendet haben. Auswärtige Blatte bezeichnen die Lage der Franzosen als außerordentlich gefährdet, da sie gleichzeitig in der Front und in ihrer westlichen Flanke angegriffen wurden. 3m Falle einer Niederlage bliebe ihnen nur der Rückzug über die grie chische Grenze möglich, und dann stände Griechenland vor der schwierigen Frage, was es mit diesen Truppenteilen machen sollte, u.n ein Uebergreifcn der Verfolgung auf griechisches Gebiet zu ver meiden. Es ist daher begreiflich, daß die Westmächte jetzt bedeu tende Anstrengungen machen, um Griechenland zu bestimmten Er- Klärungen sür diesen Fall zu veranlassen und möglichst die grie chischen Truppen aus der Nähe von Saloniki zu entfernen. Die Verhandlungen sind noch Ni-.bt abgeschlossen. Mag sich Griechen land nach der einen oder anderen Richtung hin entscheiden, wie eS für seine eigenen Interessen am vorteilhaftesten erscheint, die all gemeine Lage wird dadurch nicht wesentlich beeinflußt. Sowohl in Frankreich als auch in England sind die Ansichten über die Zweckmäßigkeit und Wetterführung des Saloniki unternehmens stark geteilt. Welche von den Parteien schließlich die Oberhand gewinnen wird, läßt sich noch nicht er kennen. Auf der einen Seite wird berichtet, daß fortgesetzt neue Verstärkungen in Saloniki gelandet werden, und Asquith soll der serbischen Regierung telegraphiert haben, daß England den festen Plan habe, die Balkanezpcdition fortzusetzen. Er hat dabei gleichzeitig auf Ueberrasch ungen hingewiescn, die Frank reich und England auf dem Balkon vorbereitet hätten, und die in nächster Zeit zur Ausführung gelangen würden. Ein serbisches RegierunoSmitglied hat sogar gesagt, Serbien beabsichtige in nächster Zeit die Wiederaufnahme der Offensive. Wie die ser bische Regierung sic aussühren will, ist allerdings gänzlich schleier haft, wenn man die jetzige militärische Lage auf dem Balkan be trachtet. Auf der anderen Seite wird in zahlreichen französischen