Volltext Seite (XML)
Rr. 588 Echrisllrilung und <S«tchäsljst«ll^ Zohannitgassc Nr. 8 Donnerstag, den 18. November grrnIprrch-LnIchlub ^Ir. 14E. I4S9Z und NKS4 ISIS ------SSW» Einzug in Kurfumlija Der deutsche Tagesbericht Das Wolffsche Büro melde! amtlich: Gröhes Hauptquartier, 18. November. Westlicher Kriegsschauplatz Die Engländer versuchten gestern früh einen Handstreich gegen unsere Stellung an der Skrahe Messines —Armen kid res; sie wurden abgewiefen. In den Argonnen wurde die Absicht einer französischen Sprengung erkannt und der bedrohte Graben rechtzeitig geräumt. Oestlicher Kriegsschauplatz Die Lage ist im allgemeinen unverändert. DalkanLriegsschauplatz Die verbündeten Armeen haben in der Verfolgung die allgemeine Linie Iavor — nördlich Raska—K ursum- lija—Radon—Oruglica erreicht. Unsere Truppen fanden Kurfumlija von -en Serben verlassen und ausgeplündert vor. Es wurden mehrere hundert Gefangene und einige Geschähe eingebrach!. Der Verfall der serbischen Armee Telegraphischer Bericht tu. Sofia, 19. November. Der Verfall der serbischen Armee ist im Zunehmen be griffen und vollzieht sich mit aroßer S ch ne lligkcit, obwohl die Serben den aussichtslosen Kampf nicht aufgcben. Die Angreifer forcieren die Verfolgung der serbischen Armee, um diese unter dem starken Druck zu einer entscheidenden Schlacht oder zur Flucht nach Albanien oder nach Montenegro zu zwingen. Die bulgarische Armee steht in engster Fühlung mit der A r m e e Mackensen, um vereint die Durchbruchsversuche über Ka- lschanik nach Kalkandcle und Uesküb zu verhindern. Die bei Kos- sowopolje kämpfende serbische Armee ist bestrebt, Stellungen bei Kalscha- nik zu besehen und sich hier einen Weg nach Uesküb zu öffnen. Die bulgarische Armeeleitung hakte damit gerechnet, dah die Serben bei Prizrend und Pristina starke Kräfte konzentrieren würden, um zu der selben Zeit, wo ihre Nachhuten danach streben, die Armeen Macken- s e n und Bosadfeff aufzuhalten, den Versuch machen, den Vormarsch der Bulgaren nördlich und nordöstlich von Kossowopolje einzudämmcn und die nördlich von Kalschanik und bei Tcllovo stehenden bulgarischen Kräfte zurückzudrängen. Gegen diesen Plan wurden bereits strategische Gegenmaßnahmen getroffen, so dah nunmehr auch der Rückzug der ser bischen Armee nach Albanien und Montenegro deiart von Katsckanik und Teltovo gefährdet ist, dah, wenn es dem serbischen Armeekommandanten Bojowitsch nicht gelingt, die Bulgaren zurück- zudrängcn, oder wenn die Bulgaren westlich von Kossowopolje vor- dringen sollten, die serbischen Truppen, die von Prokuplje und Plozzo auf die Richtung von Pristina halten, gefangen werden. Die französisch englischen Truppen sind bisher noch nicht einmal am Wabuna-Fluh süd lich von Weles angelangt und befinden sich noch am Zrna-Bach, 20 Kilo meter vom Babuna-Abschnitt entfernt. Ungeheure Verluste der Franzosen bei Strumitza Eigener Drahtbericht (r.) Basel, 18. November. Beim letzten Kampf bei Strumitza gegen die Bulgaren erlitten die Franzosen ungeheure Verluste. Schweizerische Blätter schätzen die Verluste auf fast ein Drittel der angceifenden Fran- zosen. Saloniki ist von Verwundeten überfüllt und immer neue Transporte treffen mit der Bohn von der Front ein. br. Amsterdam, 18. November. „Daily Mail' meldet, dah es den Engländern unmöglich sei, mehr als 5000 Mann täglich in Saloniki zu landen. Es wären also drei Monate er forderlich, um 300 000 Mann zu landen. Die Wirkung des griechisch-bulgarischen Abkommens Telegraphischer Bericht tu. Genf, 18. November. Pariser Blätter melden übereinstimmend aus angeblich sicherer Quelle, daß Bulgarien fast alle seine Truppen an der griechi schen Grenze zurückziehe und sich nur auf einen dünnen Kordon beschränke. vtb. Paris, 18. November. Die französische Presse vertritt Griechenland gegenüber noch immer denselben Standpunkt. Griechenland müsse sich entscheiden. Eine Entwaffnung der etwa auf griechischen Boden übertretenden Truppen der Serben und Alliierten dürfe vom Vierverband nicht geduldet werden. Die Verhandlungen des Vierverbandes mit Griechenland hätten schon zu lange gedauert. Das in Matta re.sammelte Ge schwader solle nach Griechenland gesandt werden und mit der Beschießung beginnen, falls Griechenland sich nicht in allerkürzester Frist entscheide. Dolksprotest gegen Asquith und Grey vtd. London, 18. November. Eine grohe Protestversammtung sollte in der Albe rth alte am Donnerstag stattfinden. Pankhurst sollte präsidieren, unter den Rednern sollten sich Lord Willoughby de Broke, der liberale Abgeordnete Bryce und die Anhängerin des Frauenstimmrechts Kenney befinden. Die Anzeige sagte: «Der Verrat an Serbien ist ein endgültiger Beweis, dah die Ehre und die Interesten Englands in den Händen der Regierung nicht sicher und namentlich Asquith und Grey für ver antwortungsvolle Posten ungeeignet sind." — Die Versammlung wurde abgesagt. Im Unterhause sagte Sir John Simon, die Regierung verbiete die Versammlung nicht, aber die Eigentümer der Alberthalle würden sie wohl verhindern. Schwere Anklagen gegen den englischen Generalstab "tb. London, 17. November. In der gestrigen Sitzung des Oberhauses erklärte Lord Davids, in Berichten der Presse seien vie'« Klagen über das Verhalten des Generalstabes bei den letzten Kämpfen in Frankreich enthalten. Der Generalstab sei übermäßig groß. Offiziere erhielten Kommandos auf Grund von Familienbezie hungen. Die Arbeit des Generalstabes sei schlecht, weshalb mehrfach Siege ausgeblieben seien. Der britische Gcneralslab sei 5- oder 6mal so groß wie der französische. Viele Offiziere wurden angeblich gegen den Willen des Feldmarschalls French in den Generalstab berufen. Das Hauptquartier habe Damen besuche erhalten. Ein Zivilist, der in Geschäften in das Haupt quartier kam, habe vor 10>4 Uhr vormittags niemand im Bureau angekroffen, da die Offiziere bis spät in die Nacht hinein Bridge gespielt hätten. Als einen Fall grober Nachlässigkeit führte der Redner an, dah die britische Armee erst letzten Juni eine zweite Verteidigungslinie angelegt habe, die sich 300—400 Tards von der deutschen Front entfernt befand. Am 25. September hätten englische Truppen drei deutsche Verteidigungs linien durchbrochen, was zu einem grohen Siege geführt haben würde, wenn der Generalstab besser gearbeitet hätte; aber es seien keine Verstärkungen zur Stelle gewesen, so dah der An griff nicht fortgesetzt werden konnte. Derartiges sei nicht einmal, sondern wiederholt vorgekommen. Lord Haldane bedauerte die Angriffe des Vor redners, der eine Art Kritik übe, wie sie in jedem Kriege vor käme. England habe inbetreff des Generalstabcs sich in grohcm Nachteile gegenüber Deutschland befunden, aber jetzt besitze cS einen Generalstab ersten Ranges. Es sei ungerecht, die Fehler, die gemacht wurden, weil die genügende Anzahl voll kommen ausgebildeter Generalstäbler gefehlt hat, zu verallge meinern. Mit Bezug auf die Offensive vom 25. September er klärte Haldane, es seien Reserven vorhanden und bereit gewe sen, in den Kampf einzugreifen. Dah er nicht erfolgreich war, sei eine Sache, die nur diese Divisionen selbst betreffe; jedenfalls sei die Nachlässigkeit des Marschalls French nicht schuld daran gewesen. Lord Sydenham sagte: Die Zensur hat die Veröffentlichung der Nachricht erlaubt, dah im September bei Loos ein großer Sieg beinahe errungen worden wäre. Dann müssen Gründe begehen, weshalbernlchtgewonnenwurde. Die Tapferkeit war sicher nicht der Grund. Es hieß, daß zwei Divisionen, die bisher nicht im Feuer gewesen waren, hungrig und müde nach einem langen Marsche in die Schlacht geführt wurden. Das war augenscheinlich ein Fehler des Generalstabes. Das Vorgehen bei Loos ähnelt dem Vorgehen bei Neuve Chapelle und an der Suvla - Bai, wo ebenfalls aus gewis sen Gründen kein Sieg errungen wurde. Lord Crewe erklärte, dah die mahgebenden Stellen mit der Untersuchung über die Angriffe bei Loos beschäftigt feien. Das englische Hospttalschiff „Anglia" ans eine Mine gelaufen Telegraphischer Bericht London, 18. November. Das Reutersche Bureau meldet amtlich: Das Hospital- sch'ff „Anglia" lies heute im Britischen Kanal auf eine Mine und sank. Es hatte 385 Mann an Bord; ungefähr 300 sind durch ein Patrouillenboot gerettet worden. Ein anderes Schiff, das helfen wollte, stieß ebenfalls auf eine Mine und sank auch. Ein späteres Telegramm besagt: Als die .Anglia' auf die Mine lief, setzte das Kohlenschiff 'Lusitania', das sich in der Nähe befand, sofort zwei Boote aus. Während die Leute nach der .Anglia' ruderten, sahen sie, wie ihr eigenes Schiff in die Luft flog. Sie waren jedoch imstande, den Rest der Besatzung zu retten. Torpedoboote haben zahlreiche Ueberlebende der .Anglia" gcretket. Die .Lusitania' hatte 1834 Brutto- Tonnen. Englands Schwierigkeiten in Indien Von Dr. Hermann Vernecker. England hat zu Beginn des Weltkrieges alles mögliche getan, um die Au »st a n d s g c f a h r für Indien einzudämmcn. In aller Stille, und ehe überhaupt genaue Nachrichten über den Aus bruch des Krieges nach Indien gelangt waren, wurden die Sol daten der kriegerischsten Stämme, bei denen die Gefahr des Auf ruhrs besonders nahe lag, nach Europa transportiert. Die in Indien zurückgebliebenen Truppen werden fast ganz von Offizieren eng lischer Herkunft befehligt, die Artillerie befindet sich vollständig in den Händen englischer Offiziere. Die Unzufriedenheit der Eingeborenen mit der englischen Herrschaft ist zweifellos sehr groß und sie hätte schon längst zu einer Katastrophe für England ge führt, wenn eine richtige Organisation vorhanden wäre. Bis jetzt ist der Neid und die Eifersucht der einzelnen Stämme unterein ander der beste Heller für England gewesen. Fanden sich einmal in dem ungeheuren indischen Reiche mehrere Stämme zusammen, die gegen England rebellieren, schlossen sich sofort die unbeteiligten Rachbarstämmc zusammen und machten gemeinsame Sache mit England. Es ist schwer, die augenblickliche Lage in Indien richtig zu beurteilen, denn die Nachrichten, die von dort kommen, haben alle den englischen Zensor passiert und geben natürlich ein ganz falsches Bild von der Wirklichkeit. Aber durch die Berichte von Reisenden aus neutralen Ländern und aus Nachrichten aus den holländischen Kolonien kann sich der Kenner der Verhältnisse doch ein ungefähr zutreffendes Bild macken. Es steht zunächst fest, daß Indien durch den Krieg einen großen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat. Nachdem der ganze Umfang der euro päischen Katastrophe in Indien bekanntgeworden war, hat sich die wirtschaftliche Panik, die auch in anderen Ländern zu spüren war, in Indien mit großer Schärfe gellend gemacht. Die Soarkasten haben fast 50 Prozent ihrer Sparbcskände auszahlen müssen, und der englische Sovereign wurde mit beträchtlichem Agio gehandelt. Allein die kriegerischen Unternehmungen der heldenhaften .Emden' haben dem indischen Handel einen Schaden von fast acht Millionen Rupien zugesügt. Diese wirtschaftlichen Schwierig keiten haben natürlich die schon immer vorhanden gewesene poli tische Gärung bedeutend verstärkt. InSingapore fand in der Zeit vom 15.—23. Februar ein gefährlicher Aufstand statt, bei dem bekanntlich die Japaner ein greisen mußten, um die Aufständischen niederzuringen. Im Dezem ber sanden in Kalkutta, im April in Singapore, im Mai in R a n g o o n bei Truppcnvcrfchiffungen nach Europa große Re volten statt. Anfang Juli wurde einige Meilen von Kalkutta ent fernt eine ansehnliche Schlacht geliefert, kurze Zeil später bei La hore, bei welcher Gelegenheit die Aufständischen etwa 20 000 Mann stark gewesen sein sollen. Im Dezember vorigen Jahres haben in Meerut zwei indische Regimenter gemeutert, bei dem Kampfe sollen 2300 Engländer und 1700 Aufständische gefallen sein. In Madras ist es zu blutigen Zusammenstößen zwischen den Ein heimischen und australischen Truppen qekonimen, die Straßen- käwofe haben hier mehrere Tage anqcdauert Zu heftigen Kra wallen ist es ferner in Nagpur, Allahabad und Mlrsa - pur gekommen. Hier versuchten die Rebellen den Ausmarsch ein heimischer Truppen zu verhindern. In Mirsapur ging ein ganzes Regiment von Sikhs zu den Aufständischen über. In den Straßen entspann sick do-n ein heftiger Kampf zwischen den Aufständischen und regierungstreuen Truppen, bei denen die letzteren sehr schwere Verluste erlitten und in die Flucht geschlagen wurden. Die Re bellen setzten sich in den Besitz der Kasernen und Maffenarsenale und zerstörten den Bahnhof und die Bahnlinien. Große Unruhen ereigneten sich auch in Dschalour, in Gwalior und in der Provinz Haiderabad. Die englische Regierung mußte ungeheure Opfer avfwenden, um der revolu tionären Bewegung Herr zu werden. Es wurden etwa 80 000 Sol daten an den verschiedensten Kvslenskädtcn Indiens gelandet und ins Innere des Landes befördert. Die australischen Truppen kontingente wurden fast vollständig vernichtet, und die Regierung war genötigt, aus Aegypten frisches Soldatcnmaterial heranzu schassen. Den Höhevunkt der revolutionären Bewegung bildete der blutige A u f st a n d : n M i r a h. Die indischen Truppen wur den gegen die Aufrührer geführt, sie machten aber mit diesen ge meinsame Sache und ermordeten ihre Offiziere. Die aufrührerischen Truppen bekommen ständigen Zulauf durch die Revolutionäre. Man gewinnt immer mehr den Eindruck, daß die Mohammedaner in ganz Indien organisiert seien, zn dem Zwecke, die englische Herr schaft zu vernichten. Beunruhigend muß es für die englische Re gierung auch sein, daß Mohammedaner einerseits und die Buddhi sten und Brahmanen anderseits sich nicht mehr wie früher blutig befehden, sondern sich vollkommen verständigt haben, um ein Ziel zu erreichen: die Abschüttclunq des Joches, das ihnen von England aufgezwungen war. An der Spitze der England feindlichen Be wegung steht der R a d s ch a h von BH a g a l p u r, der als einer der wenigen indischen Nabobs gilt, die sich nicht von England bestechen ließen. Er genießt bei der Bevölkerung großes Ansehen und ist vermöge seines ungeheuren Reichtums imstande, eine Armee von mindestens 30 000 Mann aufzustcilen. Wenn man ein Gesamtbild von der jetzigen Lage in Indien geben will, so kann man wohl sagen, daß die Zugehörigkeit Indiens zum englischen Weltreich sehr in Frage gestellt worden ist. Be sonders muß man konstatieren, daß die Wucht der revolutionären Bewegungen mit der Länge des Krieges zugenommen hat. Die indische Bevölkerung ist in der letzten Zeit auch stutzig geworden über das langsame Tempo der „englischen Erfolge' in Europa. Sie wundert sich, daß die Gnrkhas nicht sckon längst in Berlin einge zogen sind. Der englischen Regierung ist es auch nicht möglich ge-