Volltext Seite (XML)
wiegend für die Kinder erfolgt sein dürften. Die Kinder sind alle unter fünfzehn Jahren. In rund zwei Drittel aller Familien sind sie schulpflichtig. Der Aufwand für den Schulbesuch der Kinder beansprucht im Gesamtdurchschnitt etwa 10"/» des gan zen Kulturetats der erfaßten Arbeiterhaushalte (4.11 bzw. 6.70 bzw. 7.82 RM jährlich). Nur ein Sechstel bis ein Fünftel ent fällt dabei auf Schulbücher, das meiste auf sonstigen Schulbedarf und Schulgeld, übermäßig ist das nicht. Es wird nun nach allem, was sonst schon bekannt ist, nicht überraschen, aber es ist eben doch bezeichnend, daß !m Gesamtdurchschnitt nur in rund I0°/° der erfaßten Familien — die Auswahl ist aber repräsen tativ, sodaß die Feststellung Allgemeingültigkeit beanspruchen darf — Aufwendungen für Musik im Haus irgendwelcher Art (einschließlich Schallplatten) verzeichnet sind. Und dabei handelt es sich — je Gruppe — um Jahresbeträgc von 0.58 bzw. 1.50 bzw. 1.10 RM! Auch der Sport (Sportgerät, Sportkleidung, Besuch von Sportveranstaltungen, Vereinsbeiträge) beansprucht keine großen Beträge (2.25 bzw. 3.03 bzw. 4.88 RM im Durch schnitt), spielt aber bcteiligungsmäßig eine größere Rolle. Das gilt noch mehr für den Besuch von Theatern und Konzerten, an dem im Gesamtdurchschnitt über die Hälfte der Familien be teiligt waren, allerdings nur mit durchschnittlichen Beträgen von 1.13 bzw. 1.22 bzw. 3.21 RM. Hier wirkt sich ebenso wie am Posten Reisen und Ausflüge der Einsatz von »Kraft durch Freude» aus. Von den erfaßten Familien konnten teilnehmcn an In Gruppe I II III Gesamt durchschnitt KdF.-Veranstaltungen . - 38.0°/, 30.6°/, 4S.3°/> 36.8°/, KdF.-Reisen >3.2°/, 13.8°/, 12.9°/, >3.4°/, Der Aufwand für Reisekosten (ohne Verpflegung) betrug im Durchschnitt je Gruppe 7.43 bzw. 10.21 bzw. 12.44 RM im Jahr. Beteiligungsmäßig spielt eine noch größere Rolle der Kinobesuch — immerhin sind im Gesamtdurchschnitt noch ein Drittel aller Familien daran nicht beteiligt —, auch hier aber ist der absolute Aufwand bescheiden (3.64 bzw. 4.43 bzw. 9.35 RM), bescheidener jedenfalls als der Reiseaufwand, doch fast so groß, teilweise größer als der Schulaufwand für die Kinder. Der Durchschnittsaufwand insgesamt ist hier mit 5.21 RM ermittelt worden. Das ist je Familie ungefähr gleich den vom Statistischen Rcichsamt für 1938 festgestellten Durch schnittsaufwand je Kopf für die deutsche Gesamtbevölkerung (5.10 RM). Bei einem durchschnittlichen Eintrittspreis von 0.80 RM entspräche der Aufwand in der niedersten Gruppe rund vier bis fünf Kinobesuchen in, Jahr, in der Mittelgruppe fünf bis sechs und in der oberen Gruppe elf bis zwölf. In Wirk lichkeit wird hier ein durchschnittlich niedrigerer Eintrittspreis in Frage kommen, sodaß sich entsprechend häufigere Besuche im Jahr oder die Teilnahme von mehreren Familienmitgliedern ergeben. Darin wirkt sich die Tätigkeit der NS.-Gausilmstellcn aus. Für das ganze Reich ist der durchschnittliche Kinobesuch je Kopf der kinofähigen Bevölkerung für 1938 bekanntlich auf 8.4 mal im Jahr berechnet worden. Das Bild, das die Erhebung zahlen mäßig für den Rundfunkaufwand ergeben hat, bleibt unstreitig hinter der Wirklichkeit zurück, denn die gebührenfreie Beteili gung kommt nicht zum Ausdruck. Das wird auch durch die Zahlen sür den Aufwand für Unterhaltung der Geräte nicht berichtigt. Denn die Erhebung beschränkt sich aus ein Jahr, und es brauchten in diesem Jahr nicht in allen Fällen Ausgaben da für entstanden zu sein. Es wird also mit mehr als 50"/° Hörern gerechnet werden können, um so mehr, wenn die inzwischen er folgte weitere Zunahme der Gesamthörerzahl in Rechnung gesetzt wird. Der Aufwand, der durch den Rundfunk laufend verursacht wird (Gebühren und Gerätunterhaltung), ist schon so recht be trächtlich (13.02 bzw. 12.32 bzw. 26.69 RM). Er steht absolut genommen an zweithöchster Stelle. Die erste Stelle nimmt aber doch die Lektüre ein (18.03 bzw. 21.60 bzw. 28.85 RM). Den größten Teilbetrag beansprucht dabei für sich die Zeitungslektüre (9.87 bzw. 11.11 bzw. 14.64 RM). Dann folgt die Zeitschrift (7.68 bzw. 8.41 bzw. 11.66 RM), wobei diese als Lesestoff noch verbreiteter ist als die Zeitung. Darin wirken sich vor allem die Versicherungszeitschriften aus. Bezeichnenderweise sind anteils mäßig die Zeitschriftenbezieher in den beiden niederen Einkom mengruppen sogar noch stärker vertreten als in der obersten. Fast 90"/» aller Familien sind Zeitschriftcnbezieher. Bücher- käufer — von den Schulbüchern für die Kinder abgesehen — sind im Gesamtdurchschnitt nur wenig mehr als 25"/». Die Be träge, um die es dabei durchschnittlich geht (0.23 bzw. 1.78 bzw. 1.35 RM), beweisen zudem, daß es sich hier nur um gelegent liche Einzelläufe fast zufälliger Art handeln kann. Das Bllcher- leihen gegen Entgelt spielt eine noch untergeordnetere Rolle. Auf den ersten Blick möchte man hieraus die Folgerung ziehen, daß cs hier noch einen Markt zu erobern gälte, für den Buch handel sowohl wie für die Leihbücherei, handelt es sich doch um Hunderttausende von Familien dieser Art. Es wird auch in der Tat sehr sorgsam erwogen werden müssen, wo und wie solche Bemühungen mit Aussicht auf Erfolg eingesetzt werden könnten. Organisation kann dabei mancherlei tun. Wird sich aber das Buch gegen Zeitschrift, Zeitung, Rundfunk und Film zugleich durchsetzen können, die ja ihrerseits doch ihren Anteil auch noch zu steigern versuchen werden? Zu bedenken ist, daß die Familien der hier erfaßten Art überhaupt nur 54.93 bzw. 67.13 bzw. 105.08 RM im Jahr durchschnittlich für ihren Kulturetat bcreitzu- stellen in der Lage scheinen. An dieser Decke ist nicht viel herum- zuzcrren. Es handelt sich dabei um ziemlich gleichmäßig rund 3"/» des Gesamteinkommens. Erhöht sich dieses bei steigendem Volkseinkommen und -Wohlstand absolut, so fiele selbst bei gleichbleibendem Prozentsatz natürlich für den Kulturetnt auch ein größerer absoluter Betrag an. Große Verschiebungen sind jedoch in dieser knappen Gesamtspanns wohl nicht zu erwarten, zumal auch sür Tabak durchschnittlich nur 2"/» des Einkommens verwandt wird (allerdings bei nur 4"/» Nichtrauchern) und für Getränke nicht ganz so viel. Wie ich schon in meiner «Kultur wirtschaft» (Leipzig 1933) im Zusammenhang von Überlegungen dieser Art glaube nachgewiesen zu haben, wird hier wohl immer die unentgeltliche Gcmeinschaftsversorgung mit Lesestoff helfend einspringen müssen, um diese Volksgenossen an dem Genuß der Nationalliteratur tcilnehmen zu lassen. Anders werden die Wer- bungs- und Vcrtcilungskostcn untragbar. Der oben nachgcwic- sene geringe Anteil der Leihgebühren (0,25 bzw. 0.30 bzw. 1.20 RM) deutet ohnehin schon an, daß Volks- und Werkbüche reien an der Versorgung mit Lesestoff hier stark beteiligt sein müssen. Denn daß gerade auch die hier in Frage kommenden Familien zu mehr als durchschnittlich 15°/» Bücherleser sind, darf wohl ohne weiteres vorausgesetzt werden. Diese Einrich tungen gewinnen nach diesem unter allen Umständen lehrreichen Einblick in die Lebenshaltung eines großen Teiles unserer werk tätigen Bevölkerung, der hoffentlich bald durch weitere Ver öffentlichungen von Ergebnissen jener Erhebung noch ergänzt werden wird, auch für den Buchhandel erhöhte Bedeutung. Uber den derzeitigen Stand des städtischen Volksbücherei wesens unterrichtet eben der Direktor des Statistischen Amts der Stadt Königsberg (Pr.) I)r. R. Lawin in der Zeitschrift »Die Kulturvcrwaltung» auf Grund einer Erhebung des Deutschen Gemeindetages für 1938. In den erfaßten 273 Gemeinden gab es am 31. März 1938 insgesamt 279 Volksbüchereien mit 355 Zweigstellen. 132 befinden sich in Gemeinden mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern, 39 in solchen mit 50 000 bis 100 000, 28 in solchen mit 100 000 bis 200 000, 20 in solchen mit 200 000 bis 500 000 und 36 in solchen mit über 500 000; dazu über 20 allein in Berlin und über 4 in Hamburg. Der Gesamtbuchbestand wird mit 5 176 458 Bänden angegeben. Davon sind fast 28°/° -- 1.5 Millionen Bände seit der Machtübernahme angeschafft worden. Bei den Gemeinden mit über 500 000 Einwohnern (ohne Berlin und Hamburg) waren es sogar 36"/°, in den Mittelstädten (30—40 000 Einwohner) 32"/°. Die Ausleihungen waren 1937/38 auf 13.6 Millionen Bücher angestiegen. Jedes Buch wurde also durchschnittlich 2.63 mal im Jahr ausgelichen. Die Leserzahl be trug 1935 etwa 993 000, 1937/38 aber 1.1 Million. Der Anteil der jugendlichen Leser stieg in derselben Zeit von 12°/« auf säst 17"/» Die Ausgaben stiegen in diesem Zeitraum von 8 auf 9.2 Millionen RM. Dabei stieg der Anteil der Personalausgaben von 43 aus 57"/»; der Anteil der Sachausgaben sür Buchanschaf- S17 Nr. 64 Donnerstag, den 16. März 1039