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Bausch und Bogen als Werke der Literatur erklärt und ihr Schutz gemäß den Gesetzen über das literarische Eigentum verlangt; das Deröffentlichungsrecht wäre nur unter Zu stimmung beider Parteien und ihrer Rechtsnachfolger aus zuüben. Die Resolutionen beschäftigten sich auch mit dem Mißbrauch, der mit der Veröffentlichung solcher Briefe in Prozessen getrieben wird, mit dem Recht an Briefsamm lungen, mit dem Recht des Veröffentlichers (rechtmäßigen Besitzers) der Briefe. Der Bericht des Herrn Jullien-Genf über die Kon kurrenz, die dem Verlagsgeschäft durch den Staat erwächst, führte zu einem temporisierenden Beschluß, indem das Pernianente Bureau die Untersuchung hierüber weiter aus dehnen soll; eine zu große Verallgemeinerung schien vom Übel, da ja für gewisse Publikationen (z. B. Kartenwerke) der Staat aufkommen muß. Dagegen siegte mit Herrn Orrier-Madrid die schärfere Tonart in bezug auf die Konkurrenz, die dem Verlags geschäft durch die sich als Verleger aufspielenden Drucker und Autoren bereitet wird. Die Sache wurde durch den Referenten von der bibliographischen Seite angepackt und trotz Einspruchs und Hinweises auf die Verschiedenheiten der Preßgesetzgebung die genaue Angabe des Verlegernamens und der Verlegeradresse auf Umschlag und Titel und dann noch Unterstellung der »Auch-Verleger« unter die gleichen Pflichten und Lasten der eigentlichen Verleger gefordert. Gegen alle nicht auf diese Weise bezeichneten Bücher wäre der Buchhandel zu mobilisieren und die Verkaufssperre an zuordnen. Herr Bernhard Hartmann-Elberfeld, für Herrn Schwartz-München sprechend, legte noch die deutsche Kunst bibliographie vor, die sofort lebhaft studiert wurde, und wies auf deren Erfolg, aber auch auf die Notwendigkeit einer weiteren internationalen Ausgestaltung dieses ersprieß lichen Unternehmens hin. Ein motivierter Antrag des Herrn Bonnier-Stockholm, betreffend Abschaffung des Artikels 3 der Berner Über einkunft, welcher Artikel die auf dem Berner Unionsgebiet veröffentlichenden Nichtverbandsautoren wie die Verbands autoren zu behandeln erlaubt, wurde dem Permanenten Bureau zur geeigneten Verwendung im geeigneten Moment überwiesen. Unleugbar neigte eine hauptsächlich gegen die Vereinigten Staaten gerichtete und von verschiedenen Rednern unterstützte Strömung mehr der Ansicht zu, daß von den Nichtunionstaaten unbedingt zum mindesten Gegen seitigkeit im Schutzverhältnisse zu verlangen sei. Sektion U. Buchhandel: Der inhaltreichste und gründlichste aller Berichte war unstreitig derjenige des Herrn Alfred Voerster - Leipzig, der die »praktischen Mittel zur Verbesserung des Zwischenhandels« nach allen Seiten und hinsichtlich der meisten Länder unter Zurückführung der Erscheinungen auf die Verkehrsgrundsätze und Eigentümlich keiten des Landescharakters und der Landeseinrichtungen be leuchtet. Dieser Bericht, der fast 100 Seiten umfaßt und aus dem Herr Voerster einen Auszug verlas, wurde leb haft begrüßt. Einzelne kleinere, von unrichtigen natio nalen Auskünften und ungesichteten statistischen Er hebungen herrührende Ungenauigkeiten vermochten den Eindruck, den die Arbeit machte, nicht abzuschwächen. Als Ergebnis der Diskussion ist der Wunsch zu verzeichnen, das Permanente Bureau solle in Kürze ein (ver kaufbares) internationales Jahrbuch herausgeben — Herr Voerster hat die betreffende Anlage und Einrichtung bereits entworfen und im Schema vorgelegt — und darin die Namen, Adressen und Spezialitäten der Buchhändler auf nehmen, die im Einzelhandel mit dem Auslande stete Be ziehungen unterhalten oder als Verleger im Ausland zu Börsenblatt sür den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. verkehren in der Lage sind. Kommt diese Schöpfung zu stände, woran wir nicht zweifeln, so wird für den inter nationalen Austausch des Buches als Ware ein außer ordentlich schätzbares Hilfsmittel geschaffen sein. »Praktisch«, aber im engern Sinne, war auch der Bericht des Herrn Gallach-Barcelona, der zur Erleichterung dieses Austausches die Beseitigung oder Herabsetzung der Zolltarife auf Bücher in denjenigen Ländern, wo diese Zölle noch bestehen, verlangt, freilich mit der Einschränkung, daß es sich um Bücher in fremden Sprachen und von fremder Provenienz handle, also nicht etwa um Bücher, die z. B. in spanischer Sprache im Auslande gedruckt und nach Spanien importiert werden! Sektion 0. Musikhandel. Auf die Berichte der Herren Enoch, Bertrand und Leduc hin wurde die Frage der Verfolgung des Musikaliennachdrucks in verschiedenen Ländern, speziell in Holland, Rumänien, Griechenland, in der Türkei und in Ägypten, sodann in Kanada und in ganz Spanisch-Amerika, besprochen. Die betreffenden Verhältnisse verdienen spätere eingehende Schilderung. Als Resultat der Diskussion ist die Schaffung einer internationalen, nach Paris einzuberufenden Kommission (ein Mitglied aus jeder Landeskorporation und zwei Mitglieder des ausführenden Ausschusses) zu nennen, die die Grundlagen zu einer inter nationalen Vereinigung zur Bekämpfung des Nachdrucks legen und hierauf in einzelnen gravierenden Fällen gemeinsame Prozesse mit vereinten Mitteln durchführen soll. » * * Am Sonnabend (30. Mai) vormittags wurden diese Sektionsbeschlüsse vor das Plenum gezogen, nachdem noch ein Bericht des Herrn Geo. Haven Putnam-New Jork in französischer Übersetzung zur Verlesung gelangt war, der über den Stand der Oop^rigbt - Revision in Amerika inter essante Aufschlüsse gab. Die hinsichtlich der Revision der Berner Überein kunft auf Vorschlag des Herrn Ricordi-Mailand gefaßte Reso lution der Sektion ^ erfuhr im Plenum wiederum Anfechtung, indem Herr Sellier ° München noch einmal mit Entschieden heit den Standpunkt der deutschen Vertretung für Beibehal tung der dreißigjährigen posthumen Schutzfrist (30 Jahre post mortem auctoris) vertrat, und auch die Anhänger eines reduzierten Übersetzungsschutzcs noch einmal das Wort er griffen. Einzelne Revisionspostulate wurden einstimmig oder doch fast einstimmig, andere aber nur mit Majorität angenommen. Nach den Darlegungen der Herren Albert Brockhaus-Leipzig und Ricordi-Mailand herrschte denn auch Einverständnis darüber, daß jede Landeskorporation vor ihren Behörden nur diejenigen Postulate zu unterstützen habe, für welche sie selbst einstehen könne, daß also jeder Zwang durch Mehrheitsbeschluß hier zu beseitigen sei. Die Schlußsitzung am Sonnabend nachmittag war den herzlichen Abschieds- und Dankesworten der Sprecher der verschiedenen Delegationen gewidmet. Für die Deutschen sprach diesmal (deutsch und spanisch) Herr Voerster und nebst den anderen Vertretungen nun auch ein Portugiese (Herr Guedes-Lissabon), ein Österreicher (Herr Hertzka- Wien) und ein Schweizer (Herr Froereisen-Genf). Als Kongreßort für 1910 wurde Amsterdam gewählt, für 1912 wird Stockholm als Bewerberin auftreten, wie Herr Bonni er in Vorausnahme der Einladung erklärte. Am Sonntag fand noch ein Ausflug nach dem hoch interessanten Escorial statt, der einer genauen Besichtigung unterworfen wurde. Dann stoben die Kongreßteilnehmer, von denen viele übrigens schon am Sonnabend Madrid verlassen hatten, nach allen Richtungen der Windrose auseinander. Der Kongreß ist dank guter Vorbereitung der Arbeiten 828