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223 24. September 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 9563 bei Ablehnung des Antrags auf Festsetzung einer einheit lichen Schutzfrist kaum Aussicht auf Annahme haben wllrden. Die letztere Ansicht läßt ja auf schöne Verhältnisse schließen. Nicht also auf die Güte und Berechtigung der Sache selbst kommt es an, sondern nur auf ein Change geschäft: Nimmst du meinen Vorschlag an, nehme ich den deinigen an, tust du es nicht, stimme ich auch gegen deinen Vorschlag! Das ist ja auch ein Standpunkt! — Die Antworten, die der Herr Minister von den Handels kammern bekommen hat, lauten fast einstimmig dahin, daß die bei uns geltende Schutzfrist von 30 Jahren nach dem Tode des Autors beizubehalten sei. Auch der Börsenverein der Deutschen Buchhändler hat der sächsischen Regierung kurz und bündig erklärt (Börsenblatt 1906, Nr. 263), daß »eine Ausdehnung der zurzeit reichsrechtlich geltenden Schutzfrist nicht im Interesse des deutschen Buch- und Kunsthandels liegt«. Aus der Zahl der Handelskammer-Äußerungen hebe ich diejenige der Kölner Handelskammer heraus, die sich auf den Standpunkt stellt, daß eine einheitliche Fest setzung der Schutzfrist zwar wünschenswert sei, daß aber einer solchen Vereinheitlichung deutscherseits »nur dann zu gestimmt bezw. eine solche angestrebt werden sollte, wenn diese einheitliche Schutzfrist auf die in Deutschland wie auch in einigen andern Kulturstaaten (Österreich, Schweiz) geltende Frist von 30 Jahren normiert wird. . . Falls dies nicht zu erzielen ist, würden wir es für richtiger halten, auf die gedachte Vereinheitlichung zu verzichten, selbst auf die Gefahr hin, daß die deutscherseits in Aussicht genommenen Vorschläge in betreff der Vereinfachung der Voraussetzungen des internationalen Schutzes und der Rechtsverfolgung dann keine Annahme fänden. . . Unsers Erachtens ist die deutscher seits gewährte Schutzfrist von 30 Jahren reichlich bemessen. Sie gewährt den Nachkommen des Urhebers für die Dauer einer vollen Generation den ausschließlichen Genuß des geistigen Eigentums des Urhebers. An einer weitern Aus dehnung der Schutzfrist mögen Autoren und Verleger ein gewisses Interesse haben, die Sortimentsbuchhandlungen und Druckereien dagegen nicht. Am wenigsten aber kann der Allgemeinheit mit einer solchen Maßregel gedient sein, die vielmehr wünschen muß, möglichst bald zu mäßigen Preisen an dem Genuß der betreffenden Werke teilzunehmen. Jede Erleichterung in dieser Hinsicht ist ein unleugbarer Vorteil für die Entwicklung der geistigen Kultur in unserm Lande. Aber auch die berechtigten Interessen des Autors und Verlegers sprechen durchaus nicht für eine Ver längerung der jetzigen Schutzfrist; denn für beide, und namentlich für die Autoren, sind die Verhältnisse heute ungleich günstiger als zu der Zeit, wo die Schutzfrist uns zum erstenmal auf 30 Jahre festgesetzt wurde. Das An wachsen der Bevölkerung, die Verbreitung von Wohlstand und Bildung, die Zunahme des Verkehrs, die Ausbreitung der Zeitschriften und des Zeitungswesens, das Aufblühen der graphischen Gewerbe sichern dem Autor heute eine weit größere materielle Ausnutzung der Schutzfrist als früher, alles Mo mente, die eher eine Herabsetzung als eine Erhöhung der Dauer der Schutzfrist angezeigt erscheinen lassen.... Da somit eine Verlängerung der Dauer der Schutzfrist aus schwerwiegenden Gründen für das Deutsche Reich nicht in Frage kommen kann, sollte unsers Erachtens auch auf der demnächstigen internationalen Konferenz deutscherseits dahin gestrebt werden, eine internationale Vereinheitlichung auf der Grundlage der dreißigjährigen Schutzfrist zu er reichen, um so mehr, als auch in manchen andern Staaten, die z. Z. eine längere Schutzfrist bei sich festgelegt haben, die Verhältnisse ähnlich liegen werden wie in Deutschland, so daß für diese Staaten eine Herabsetzung ihrer Schutzfrist keineswegs als hartes Opfer erscheint. ^Sollte dies^, jedoch nicht zu erreichen sein, so ist zu bedenken, daß auch ohne einheitliche Schutzfrist der Wert der internationalen Überein kunft nach wie vor ein sehr großer bleiben wird.« Nun wollen wir abwarten, welche Wirkung solche Dar legungen der Handelskammern auf die Haltung der deutschen Regierung haben werden. Die deutschen Vorschläge zur Kon ferenz, die angeblich durch die Nichtannahme der halbhundert jährigen Frist nach dem Tode des Autors gefährdet werden, sind noch nicht bekannt gegeben, sondern nur in einer ge heimen Konferenz in Berlin im vorigen Jahre beraten worden. Weshalb diese Geheimtuerei damit getrieben wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Meines Wissens sind deutscher seits wesentliche Klagen über Mißstände bezüglich der Berner Konvention nicht bekannt geworden. Wenn aber die deutsche Regierung solche entdeckt hat, so haben doch auch wohl die andern Staaten ein Interesse daran, sie zu heben. Für den Herrn Minister liegt also durchaus kein stichhaltiger Grund vor, eine andre Stellung einzunehmen als die, die der Staatssekretär Or. Nieberding bei Beratung des Urheber rechtsgesetzes in der Kommission eingenommen hat. Die deutsche Regierung möge also an der bewährten Schutzfrist von 30 Jahren nach dem Tode des Autors fest- halten. Gehen die Uniformierungsfreunde nicht darauf ein, daß diese unsre Frist als Norm angenommen wird, so müssen wir dankend auf die Mitwirkung an der Uniformierung verzichten! Übrigens ist nicht zu erwarten, daß z. B. England auf den Vorschlag eingehen wird. Es hat sich schon von der Deklaration zu der Berner Konvention von 4. Mai 1896 ausgeschlossen; um so weniger wird es für diese einschneidende Änderung zu haben sein. G. Hölscher. Die Akademische Auskunftstelle an der Königlichen Friedrich-Wilhelms-llniversität zu Berlin. Von Prof. vr. Wilhelm Paszkowski, Leiter der Akademischen Auskunststelle. Die Akademische Auskunftstelle wurde auf Veranlassung Seiner Exzellenz des Ministerialdirektors Ur. Althoff im November des Jahres 1904 im llniversitätsgebäude eingerichtet und eröffnet. Ihr innerer Ausbau nahm den Winter in Anspruch, so daß sie erst mit dem 1. April 1905 in volle Wirksamkeit trat. Die Akademische Austunftstelle hat die Aufgabe, eine Zentrale für alle Auskünfte zu bilden, die Gelehrte und Studierende bei ihren Studien zu fördern geeignet sind. Insbesondre war von vornherein auch in Aussicht genommen, den zahlreichen aus ländischen Studierenden und Gelehrten, die zu Studienzwecken nach Berlin kommen, bei der Erreichung ihrer Ziele behilflich zu sein und ihnen die Mühen langen und oft vergeblichen Suchens nach den verschiedenen Bildungsmöglichkeiten und Bildungs mitteln zu ersparen. Eine ähnliche Einrichtung war kurz zuvor in dem Lursau äse Rsv8sigvswsnts in Paris unter wesentlicher Beihilfe der Stadtverwaltung von Paris an der Sorbonne ge troffen worden; es will hauptsächlich die Fremden, die die fran zösische Hauptstadt besuchen, über die dort bestehenden Einrichtungen für Kunst und Wissenschaft unterrichten. Bei der Gewohnheit der deutschen Studenten, während ihrer Studienzeit mehrere Universitäten des In- und Auslandes zu be ziehen, und mit Rücksicht auf die zahlreichen fremdländischen Ge lehrten, die außer Berlin auch andre deutsche Bildungszentren besuchen wollen, war es angezeigt, die Berliner Auskunftstelle auf eine breitere Grundlage zu stellen und in ihren Wirkungs kreis alle bedeutenderen wissenschaftlichen Anstalten des In- und Auslands hineinzuziehen, alles Material zu sammeln, das sich aus Einrichtungen und Lehrbetrieb an diesen Anstalten und aus die gesetzlichen Bestimmungen für die einzelnen Berufe bezieht. 1245*