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7^6^ /^Mr/e /^/^rcro Nerectillgte Oebcr»rtrung aus 6cm 8p»n!zcben von kaula 8aatmaoa » Oop^eigtzt d> klar! liöbler Sc Lo„ Lerlin-2clilcn6»rt 12. Forisetzung. „Ah, du hast sie ihm geschenkt?" rief Marti und wandte sich dann zu Castell: „Aber Heinrich, wie soll dir denn Ribot diese Nelke verkaufen, wenn ich, der ich doch ihr Eatte bin, falls sie sie mir geschenkt hätte, sie dir um dein ganzes Vermögen nicht überließe!" Dabei warf er seiner Frau einen unendlich liebevollen Blick zu. Die Einfalt und der Adel dieses Mannes rührten mich. Christina muhte es bis ins Herz dringen. Sie lieh den Kopf wieder sinken und sagte dann in verhaltenem Ton: „Darum bist du auch du!" In diesen schlichten Worten lag eine Welt von Zärt lichkeit. „Ich weih zur Genüge", fuhr Castell mit derselben Lästigkeit fort, „dah es Dinge auf der Welt gibt, die man nicht mit Geld kaufen kann und soll. Leider haben wir Menschen dafür keinen Vergleichsmahstab und sehen uns genötigt, einen materiellen Gegenstand heranzuziehen zum Vergleich, und sei er auch noch so weit hergeholt." „Nun, das kann ich nicht finden", sagte Sabas; „mir scheint, das Geld genügt recht gut für fast alle vorkommen- dcn Fälle. Hier haben Sie eine noch schönere Nelke als die andere: eine Dame hat sie mir geschenkt. Nun gut, Castell, ich gebe sie Ihnen für zwei Peseten!" Die Gäste lachten, Christina tat so. als sei sie böse: „Du bist ein Grobian, ein Flegel! . . . Mathilde, sei so gut und nimm diesem Grobian die Nelke weg; denn von hier kann ich nicht dran!" Sabas hielt die Hände darüber. „Nur Geduld, Mäd chen, Tiur Geduld! Wenn Castell nicht die zwei Peseten zahlt, dann geb' ich sie dir; bis ich das weih, nicht." „Hier!" sagte Castell, nahm zwei Peseten aus der Börse und legte sie aus den Tisch. „Also gut", erwiderte Sabas, nahm die Nelke und übergab sie Castell. Dieser Scherz erregte lautes Gelächter am Tisch; ich iemerkte jedoch, oah er Christina peinlich berührte. Sie chalt ihren Bruder ganz gehörig und schwur, in ihrem tanzen Leben würde sie ihm nicht wieder eine Blume chenken. Inzwischen hatte ich Zeit, mich von der seltsamen Be stürzung zu erholen, in die Castells Worte mich verseht hatten. Das Mahl ging fröhlich zu Ende. Aber Christina war nicht mehr so heiter und gesprächig wie vorhin. Zwei Stunden später bestieg ich den Zug nach Barce lona, wo meine Anwesenheit unerlählich war. Marti und Sabas begleiteten mich zur Bahn. Jener nahm mir das Versprechen ab, sie ein andermal länger zu besuchen. „Nach der gegenwärtigen Reife", antwortete ich, „hatte ich vor, von der Reederei die Erlaubnis zu erbitten, solange die nächste Fahrt dauert, zu Hause zu bleiben; das wäre so etwa anderthalb Monat. Dann werd' ich von Alicante kommen und ackt oder oierzebn Taae mit Ihnen verleben." „Wollen sehen, ob Sie auch Wort halten," sagte er und drückte mir herzlich die Hand, während sich der Zug schon in Bewegung setzte. VI. Ich weist nicht, was das salzige Meerwasser mit Liebe zu tun hat. Aber die Erfahrung hat mich gelehrt, das; jenes eine geheimnisvolle, anregende Kraft besitzen must. Zu Lande kann ich zuweilen meiner heftigsten Gefühle Herr werden; aber einmal an Bord, bin ich ein verlorener Mann. Jede unbedeutende flüchtige Neigung nimmt einen riesigen Umfang an und beherrscht mich nach kurzer Zeit völlig. So kam es, dast, nachdem ich mir in Valencia vorgenommen hatte, keine noch so schmeichelhafte Einladung mehr anzu nehmen und in meinem Leben Donna Christina nicht wieder vor Augen zu kommen, und nachdem ich diesen löblichen Entschlust die ganze Zeit, die ich in Barcelona blieb, auf rechterhalten hatte, dieser Vorsah, sobald ich auf dem Wasser schwamm, wie ein Rauch verflog und ich ihn geradezu liicher- lich sand. Daher schrieb ich von Hamburg aus an die Reederei und bat um Urlaub für die Zeit einer Reise des Schiffes, um zu Hause Familienangelegenheiten zu ordnen. Als ich bei der Heimkehr an Valencia vorübersuhr, mischten sich in meine Freude über das bevorstehende Wiedersehen Ge wissensbisse. Ich fürchtete einen abweisenden Empfang Donna Christinas und fürchtete auch den liebevollen, herz lichen ihres Gatten. Ich nahm mir vor, nicht bei ihnen zu wohnen, um mein schlechtes Gewissen ein wenig zu beruhigen. Nachdem ich sechs Tage in Alicante verlebt hatte, fuhr ich nach Valencia mit einem Freunde, den mir ein glücklicher Zufall in den Weg schickte, damit ich eine Ausrede hatte und es vermeiden konnte, bei Martini zu wohnen. Ich ging nicht sofort hin, sondern schob es für später auf, und ging zunächst, einen Spaziergang durch die Stadt zu machen. Doch als ich durch eine der Hauptstrasten schritt, sah ich drei Damen am Schau fenster eines Modengeschästes stehen, und sogleich erkannte ich in einer von ihnen Christina und in den beiden anderen Donna Amparo und Donna Clara. Ich trat von hinten an sie heran und begrllstte sie. (Hätte ich cs nie getan!) Christina wendet sich um, stützt einen Schrei aus, als ob sie etwas Schreckliches sähe, und läuft hastig ein paar Schritte weit. Ich war bestürzt, und auch die Damen waren nicht wenig erstaunt. Da ihr sogleich zum Bewusstsein kam, wie sonderbar sie sich benahm, fasste sich Christina beschämt, und bcgrüstte mich sehr liebenswürdig. Sie erklärte den Schrei und die Flucht damit, dast vor ein paar Minuten ein übel aussehender Bettler sie um ein Almosen angesprochen und dast sie sich in jenem Augenblick eingebildet hätte, der Bettler sei ihnen gefolgt und wolle sie angreisen. Donna Amparo und Donna Clara gaben sich damit zufrieden und schrieben es den Nerven und den besonderen Umständen zu. tn Venen sie sich befand; sie wären gern mit ihr in eine Apo theke gegangen, um ihr ein Beruhigungsmiltel geben zu lassen. Aber Christina wollte nicht. Ich wusste besser, was ich davon zu halten halte, und das machte mich traurig. Marti empfing mich mit lebhafter Freude; dann wollte er böse werden, weil ich nicht in seinem Hanse absteigen wollte; doch ich, mit meiner Ausrede gewappnet, blieb fest und es war mir nicht leid. Auch Sabas ireute sich, mich wiederzusehen. Welchen Eindruck meine Ankunst aus Castell machte, tonnte ich nicht herausbetommen. Seine zeremo nielle, eisige Höflichkeit liest derartige Beobachtungen nicht zu. Jedoch schien cs mir, als wäre die leichte Gering schätzung, mit der er alle Welt behandelte, mir gegenüber noch ein wenig mehr betont. Vielleicht war es Einbildung, aber ein heimliches Gefühl sagte mir, dast jener Mann mich schon Hatzte, und ich zahlte ihm mit gleicher Münze. Obwohl ich nicht in Martis Haus wohnte, veranlassten mich doch seine Liebenswürdigkeit und mein heimlicher Wunsch, fast den ganzen Tag bei rhnen zu verleben, mit ihnen zu essen und spazieren zu gehen. Bei jeder Gelegen heit suchte ich Christina meine Ergebenheit zu beweisen und zeigte in bezug aus alles, was sie anging, lebhaite und besorgte Anteilnahme, die mir von Herzen kam. Sie nahm diese Aufmerksamkeiten mit ernstem, zuweilen scheuem Wesen hin; aber ich bemerkte, dast sie nicht die kleinste übersah, und das genügte mir. Bald entdeckte ich, dast allster der seltsamen Mischung von Unbefangenheit und Schüchternheit, ausgelassener Fröhlichkeit und abweisendem Stolz in ihrem Wesen ein Schah von Empfindsamkeit lag. den sie sorgfältig und fast scheu verbarg. Die Schamhaftigkeit ihrer Gefühle war so grost, das; jeder äustere Zärtlichkeilserweis sie beschämt machte. Sie wollte lieber als kalt gelten, als das; sie andern in ihr tiefstes Wesen Einblick gewährt hätte. Im Gegen satz zu ihrer Mutter, die nur zufrieden war, wenn sie andere hätscheln konnte oder sich von ihnen hätscheln liest und alle Welt abk.iisste, erwies sie ihrer Familie nie Zärtlichkeiten und vermied es nach Möglichkeit, dast man ihr selbst solche erwies. Selbst ihr Mann, wenn er einmal zärtlich wurde, bekam einen entsprechenden Wischer, den er fast immer lachend hinnahm. Trotz dieser ihrer Herbheit liebten alle sie innig und betrachteten ihre scheue Sprödigkeit als eine anmutige Eigenheit und zogen sie gern ein wenig damit aus. Eben wegen dieses ihres Charakters hatte jede liebe volle Aeuherung aus ihrem Munde unschätzbaren Wert. Aber man musste so tun, als merkte man es nicht. Wenn man daraus achtete und es sie merken liest, war es vorbei; augenblicklich fiel sie wieder in ihr sprödes Wesen zurück und schnitt die Dankbarkeit mit einer ironischen oder gering schätzige» Autzerung ab. Sie hatte überhaupt einen ziemlich ausgeprägten Widerspruchsgeist; in diesem Falle jedoch pflegte sie den andern gegenüber ihren eigenen Kops durch zusetzen nicht aus Hochmut oder Launenhaftigkeit, sondern weil es ihr, die selbst in bezug aus ihre Gefühle so zurückhaltend war, widerstrebte, wenn jemand sie riick- haltslos zur Schau trug. Und dabei habe ich sonder barerweise nie einen Menschen getroffen, dessen Züge deutlicher Regungen seiner Seele, die feinsten Schattie rungen seiner Gedanken widergespiegelt hätten. Was sie im Augenblick bewegte, gegen ihren Willen und trotz der starken Schlösser, hinter denen sie cs zu bewahren strebte, sprang es ihr aus den Augen, aus jedem Zug ihres Ge sichtes, aus jeder ihrer Veweaunaen- sForlietzung folgt.) Der Skfache Ausbrecher. Von Zeit zu Zeit taucht Immer wieder einmal ein besonders talentierter Verbrecher auf, der von sich behauptet, der beste Ausbrecher der Welt zu sein. Und doch dürste cs sich um einen Irrtum handeln, denn der wirkliche Wellrcliord wurde vor rund 130 Jahren ausgestellt und ist seitdem nie übertroffen worden. Das weis; man aus Akten, die man jetzt in Toulon lm Staatsgefängnis sand. Es handelt sich um einen Sträfling George Salva dor, der nicht weniger als!>6mal aus französischen Gefängnis sen entkam. D h. 82mal entfloh er aus Gefängnissen und 14mal von der Galeere. Als es dann den französischen Be hörden zu dumm wurde, verurteilten sie ihn zum Tode und ließen ihn enthaupten, weil doch kein Gefängnis gebaut werden könne, das ihn endgültig zu halten vermöge. Salvadors letzter Wunsch war übrigens, ihn wenigstens noch sechs Monat« leben zu lassen. In der Zeit versprach er noch viermal auszubrcchcn, um seine 100 voll zu bekommen. Für letzte Wünlckw dieser Art hatte man aber in Toulon ganz und gar kein Verständnis. Das Geheimnis der alten Geigen. Man hat oft die Ansicht geäußert, daß der befand >s schöne Ton, den die allen italienischen Streichinstrumente besitzen, auf die eigentümliche Behandlung zurückznsühren sei. die die da maligen Geigenbauer dem Holz zu geben verstanden und daß auch die Art der Lackierung das ihre dazu beigetrazen babe. Jetzt haben aber Röntgenuntersuchungen einer Anrahl berühm ter Geigen gezeigt, daß mehr die Wahl der Holzsorte als die Behandlung des Holzes und die Lackierung bei der Herstellung der Geigen die wichtigste Roste gespielt haben. „Rcichsverband verschuldeter Bürger" in der Tschecho slowakei. Der Neichsnerband verschuldeter Bürger In der tschechoslo wakischen Republik, der seinen Hauptsitz ln Prerau in Mähren hat, will — wie das Fachblatt dieser Organisation mitteilt — Im Herbst in der Landeshauvtstadt Prag einen Ummg veran stalten, „an dem sich alle verschuldeten Bürger der Tschechoslo wakei mit ihre» Familienmitgliedern beteiligen werden". Im Lause der Veranstaltung sollen Abordnungen zu allen einfluß reichen Stellen entsendet werden, so insbesondere zum Präsi denten der Revublik, zu den Mitgliedern der Regierung, na mentlich zum Finanzmlnister. und zu den Direktoren der größe ren Banken, um hier die Notlage der Schuldner zu schildern. Die Verbandsleitung erklärt, daß es sich um keine politische Angelegenheit handie. Sie schätzt die Zahl der verschuldeten Personen in der Tschechoslowakei auf über eine Million. Es soll streng darauf geachtet werden, daß bei dieser Niesendc- monstration keinerlei Ausschreitungen vorkommen. Ein Dieb mit Hemmungen. In Hindenburg O.-S. ist rin überaus höflicher Taschendieb Ausgetreten. Er stahl einer Geschäftsinhaberin eine Handtasche, die insgesamt 430 RM. in Papiergeld, zwei Börsen mit Hart geld und ein Schweizer Fünsfrancstück enthielt. Der begreif liche Schreck der Bestohlenen milderte sich aber, al» sie nach einer halben Stunde von einem Schüler besucht wurde, er die Tasche im Garten eines nahegelegenen Grundstücks gesunden hatte. Der Dieb hatte nur einen Hundertmarkschein und das Schweizer Geldstück gestohlen. Ob er die Tasche nur „ange brochen" weggeworfcn hatte, um einen „redlichen" Finder zu erfreuen, oder ob er damit rechnete, daß sie in den Besitz der Bestohlenen zurückkehren würde, bleibt zunächst ungeklärt. Verkehrssünder auf der „Schulbank". Die Polizei in Pforzheim wendet neuerdings ein er folgreiches Verfahren an, um die Verkehrssünder zu erziehen. Jeden Freitag alwnd zwischen 0 und 7 Uhr müssen die Rad- sahrer, die sich iin Lanie der Woche eine» Berstoß zuschulden kommen ließen, im Vortragssaal der Polizeidirektion sich ein finden, wo ihnen ein umfassender Vortrag über die für Rad ¬ fahrer geltenden Bestimmungen der Reichsverkehrsordnung ge halten wird. Dieser Unterricht für Verkehrssünder sand jetzt zum ersten Male unter freiem Himmel, im Hofe des Bezirks amtes, statt. Aus Stühlen saßen tist meist iünaere Männer, Mädchen und Knaben. Sie waren gekommen, um hier die ver diente Strafpredigt zu hören. Man ging jedoch viel netter mit ihnen um, als sie es eigentlich erwarten dursten. Ain Schluß des Unterrichts gab es nicht einen, der sich nicht mit einem „Dankeschön" verabschiedet hätte. Verkehrsteilnehmer, die ge bührenpflichtig gewarnt werden, erhalten künstig mit der Ver warnung zugleich eine mündliche Anssordcrnng, zum Vortraas- abend zu erscheinen. Wer zu 'vät in die „Schule" kommt. un7> seien es nur fünf Minuten, darf am Vortrag nickt mehr teii- nehmen und muß nm nächsten Freitag wieder er'ckemcn. G'.eiche Vorträge sollen auch für Kraftfahrer eingerichtet werden. > Dle Geschichte einer Mnrrchenbeäeqnuna / und eines Vertrages. Von L. Sc-l'KterS Am 24. Juli, vor nunmehr dreißig Jahren, begab sich diese historische Entrevuc, wie es da mals hieß, zu Vjörtö und wurde der nach dieser im finnischen Meerbusen gelegenen Insel benannte Vertrag zwischen Deutschland und Rußland vom Kaiser und vom Zaren unterzeichnet — ein Vertrag, welcher der gesamten euro päischen Mächtekonstellation der ersten entscheidenden andert halb Jahrzehnte unseres Jahrhunderts rin gänzlich anderes Gesicht gegeben, den Ausbruch de» Weltkrieges unmöglich gemacht und namenlose Katastrophen verhindert hätte, wenn Rußland und sein Zar nicht wortbrüchig geworden wären! Die Geschichte „Björkö" schreiben, heißt: den Friedens willen des Vorkrirgsdcutschland auszuzeigen, die Lüge von unserer Alleinschuld an der Welt- lriegskatastrophe vernichten und erweisen, von welcher Seite aus in dieser entscheidenden Entwicklungsphase der europäischen Politik Frontstellung genommen wnrde wider den Frieden der Welt! Dao Erbe Bismarcks. Die Grundlage der Politik des Eisernen Kanzlers ist seit Schmiedung des Deutschen Kaiserreichs die Erhaltung des europäischen Frieden« gewesen, besten mächtigste Bedrohung die französische Nevanchebewegung darftellte. Diese französische Be drohung auszuschalten, baute Bismarck sein Vilndnissystem auf und ans, das einem angreisenden Frankreich niemals gestatten sollte, Bundesgenosten zu finden. Neben der Schaffung des Dreibundes Deutschland-Oesterreich-Ungarn-Jtalicn — unter ge wisser Einbeziehung Rumäniens — war es vor allem Rußland, das der Kanzler den deutschen Interessen zu attachieren trachtete. Ein Zusammengehen Rußlands und Frankreichs hätte schon eine grundsätzliche Aendcrung de» politischen Gleichgewichts bedeutet: so kam es zu dem sogenannten „Rückvcrsicherungsvertrag" zwischen den beiden Kaiserreichen, der für Deutschland das Opser der Anerkennung der russischen Balkan- und Orient- KsterrLrn, aber auch den Gewinn jeglicher Gesahrenausfchallung von Osten her im Falle eines im Westen losbrcchendcn Krieges mit sich brachte. Dieser „Rückvcrsicherungsvertrag" war ein wichtiges Erbe, das Bismarck seinen Nachsolgcrn hinterließ, als er der jugend lichen Selbstherrlichkeit Wilhelms II. weichen mußte — und dies Erbe hat man verschwendet wie so manches andere: als der Vertrag abgclaufcn war, hat ihn Deutschland nicht er neuert . . . das war das erste Anzeichen eines „neuen Kurses"! Als Rußland auf irgendeine schriftliche Abmachung In dieser Hinsicht drängte, lehnte man das Eingehen einer Bindung mit dem allerdings absolut ehrlich gemeinten Hinweis ab. daß die deutsch-russischen Beziehungen auch ohne Abkommen gleich freundschaftlich wie bisher bleiben könnten. Ein wichtiger Grund für diese Ablehnung war der Gegen satz zwischen Rußland und Oesterreich in der Balkanpolitik — man hielt darum in Berlin eine neuerliche Anerkennung der russischen Balkan- und Oricntinteressen für unvereinbar mit der „Nibelungentreue" gegen Oesterreich, die später Mitschuld trug an Deutschlands Hineingleiten in die Wcltkriegskalastropbe . . , Einer der Hauptgegncr der Erneuerung dieses „Rückoersiche rungsvertrages" ist der Vortragende Rat im Außenministerium zu Berlin, der Geheimrat Fritz v. H o l st e i n gewesen — einer der geheimnisvollsten, begabtesten und . . . intrigantesten Köpfe der deutschen Politik. Feind Bismarcks, setzte er alles daran, um eine Wiederkehr des mächtigen Kanzlers zu verhindern, und brach so auch mit seinem Erbe... Er ist, immer mnstisch sich im Hintergrund haltend, bis zu seinem Abgang im Jahre 1006, seit Bismarcks Scheiden der eigentliche,pir,t»8 rectoc der deut schen Außenpolitik gewesen, der gefährliche und gefürchtete „Freund" vor allem des doppelzüngigen Kanzlers Bülow, den er wie eine Puppe aus dem Dunkel heraus lenkte — eine Tatsache, dl« ihm den Beinamen „die grau« Eminenz" ein brachte. Immerhin: kn Holstein und Bülow präsentieren sich uns bereits zwei gewichtige Mitspieler tn dem weltgeschichtlichen kpectacului» .Björtö", besten Bedeutsamkeit erst über ein