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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.06.1916
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1916-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19160616012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1916061601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1916061601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-06
- Tag 1916-06-16
-
Monat
1916-06
-
Jahr
1916
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Hrettaa, 16. 3uni 1916 Kunst * Jemand, der et darauf an legi, in allen Dinge« moralisch gvl zu handeln, mutz unter einem Haufen, der sich daran nicht kehrt, zugrunde gehen. M a ch i a v e l l l. Die Meistersinger in Lille lieb« die Meistersingeraufführungen in Lille berichtet ein deut scher Mitarbeiter der .Gazette des Ardennes'. Der Artikel läutet iN^deutscher Ilebersehung wie folgt: «Kürzlich hatte ich Gelegenheit, einen Tag in Lille zu verbringen. Sin voHorglicher Freund hatte mich auf die Meistersingeraussührungen aufmerksam gemacht und mir sogar einen guten Platz besorgt, was keineswegs leicht war, da alle Karlen für sämtliche Aufführungen längst öergrifstn waren. Welch merkwürdiges Erlebnis, eine Wagneroper dicht hinter der Fronti In den Straften hört man das dumpfe Grollen der Geschütze, man geht zwischen Ruinen spazieren, und plötzlich steht man vor dem prächtigen Theater. Der Bau war noch nicht fertig, als der Krieg der Arbeit der pamirischen Baumeister ein vorzeitiges Ende bereitete. Das Haus selbst hat durch die Beschießung nicht gelitten, und da setzten sich die .Barbaren' in den Kopf, nahe an der Front in der Großstadt ein eigenes .Deutsches Theater' zu gründen! So wü.dcn die Feldgrauen die angenehme Gelegenheit haben, wenigstens für ein paar Stunden das gefahrvolle Leben im Schützengraben zu vergessen: an Stelle des Kanonen- und Maschinengewchrlärms würden sie Musik hören, und zwar nicht nur ein Konzert, sondern eine ganz richtige Oper, mit allen ihren wohltuenden Illusionen, lind schnKl werden die Arbeiten voll endet: und so geschah es, daft Lille ein prächtiges Mnstertheatcr erhielt. Man versteht ohne weiteres, daft augenblicklich deutsche Künst ler für deutsche Soldaten dort spielen, sei es in Lustspielen, klassischen Stücken oder in Opern. Und die Hingabe der Künstler an die gute Sache ist allen Lobes wert. Zu Hause, im eigenen Lande, ja, da spielt man vor Leuten, die mehr oder weniger verwöhnt sind, aber hier? Begeisterung und Dank barkeit der Zuhörer kennen keine Grenzen! Welche Freude für alle Künstler, vor einem solchen Publikum zu spielen! Den deutschen Be hörden gebührt Dank dafür, daß sic alles getan haben, um den Sol daten solche wirklich künstlerischen Genüsse zu bieten. Ich trete ein in das Theater, überall Soldaten, an der Kasse, in der Borhalle, in den Kleiderablagen, an den Logentüren. Ich habe über- Haupt unter den Angestellten nur eine einzige Frau entdeckt, bas war die .Direktrice' des Erfriscnungsraumes, der sich in dem pracht vollen Foyer befindet. Eingetreten in eine Loge des ersten Banges, musterte ich den Saal. Schnell füllten sich sämtliche Ränge, und alle Augen glänzten in froher Erwartung, ganz gleich ob es Generale oder einfache Soldaten waren. Ich sah ins Programmbuch, um die Namen der Mltwirkenden zu erfahren. Dos Königliche Hoftheater in Stuttgart, also ein Theater allerersten Banges, hatte seine besten Kräfte ins ferne Lille entsandt. Das Orchester begann mit dem Borspicl: ein glänzendes Orchester! Ich vermutete daher daß es das berühmte Stuttgarter Orchester selbst wäre, aber nein! Alle Mitspieler waren in Feldgrau! Und diese Militärmusiker spielten mit einem Schwung, einer Begeisterung, mit einer solchen Reinheit, daft man sich in die Hofoper selbst versetzt glaubte! Was meine „Musikkritik' angeht, so will ich nur feststellen, baß die Aufführung ganz vorzüglich war und auch die verwöhntesten Kenner durchaus befriedigte. Noch bewundernswerter aber war die Haltung der Zuhörer. Selbstverständlich war eS nicht wie bei Galaauf führungen in Berlin, Wien oder Paris. Die glänzenden Toiletten der Damen, der äußere Glanz, das fehlte natürlich. Aber welch' ehrfurchts volle absolute Stille herrschte unter all diesen Männern; und gerade dieses hingcbungsvolle Schweigen beim Anhören dieser göttlichen Musik bewies aufs neue, daß der deutsche Idealismus, daß die Anbetung des Schönen auch durch den Krieg nicht gelitten hat. Und ich dachte bei mir: ganz nahe tobt die Schlacht, ganz nahe herrscht der Tod, hier aber vollständiges Vergessen, die ungestörte Hingabe an die wesenloseste, reinste aller Künste, an die Musik. In den Pausen sah man strahlende Gesichter; war es doch das deutsche Kunstwerk, das man hörte, deutsch, crzdeutsch in Wort und Musik, welch wunderbare Harmonie! Begeisterter Beifall erklang, und als nach -Inständiger Dauer die Aufführung zu Ende war, da standen die vorher durch Anschlag an gekündigten Ertrazüge bereit, um die Soldaten wieder an die Front oder in die verschiedenen Etappenorte zurückzubringen. Diese Aufführung wird niemand jemals vergessen, die Erinnerung daran bleibt, denn diese künstlerische Tat ist ein neuer Beweis für die engen Beziehungen zwischen der Gabe der Deutschen, mit beispiellosem technischen Geschick zu organisieren, und ihrem herrlichen Idealismus, den auch die Gewalt des Todes nicht zu erschüttern vermag. Und ge rade dos ist der tiefere Sinn dieser einzigartigen Wagneraufführungen dicht an der Front. Läuternde Flammen Ein Zeitroman vost Reinhold Orlmann. 20s (Nachdruck verboten.) Er hatte sich nicht getäuscht. Man vernahm, wie Dr. Richard Harmstorff im Nebengemach die beiden anderen begrüßte. Dann traten sie alle drei über die Schwelle. Der Arzt war wohl ungefähr dreißig Jahre alt. Er hielt sich nicht gut; darum erschien er kleiner als er es wirklich war. Der kurze, etwas schüttere Vollbart umrahmte ein mageres, unregel mäßiges Gesicht, das nicht eben verschönt wurde durch die schwarz eingefaßten kreisrunden Gläser einer offenbar sehr scharfen Brille. Wie in seiner Haltung bekundete sich auch in den Zügen seines Antlitzes eine gewisse Müdigkeit und Abgespanntheit. Markig und kraftvoll war nur der Klang seiner auffallend liefen, ruhigen Stimme — einer Stimme, die aus unerklärlichen Gründen Achtung und Zutrauen weckte schon beim ersten Work. Man schüttelte sich die Hände, und Fräulein Eva verschwand, um in der Küche, die schon seit geraumer Zeit die kleine Wohnung mit appetitlichen Düften versorgte, die letzten Vorbereitungen für das Abendesten zu treffen. Oskar von Boddien schaute noch ein paar Sekunden lang auf die Tür, durch die sie sich entfernt hatte, so wie er ihr damals am Eingang des Untergrundbahnhofes nach- oeblickt hatte. Dann kehrte er sich in seiner leichten, heiteren Art gegen den Hausherrn. .Sie glauben nicht, verehrter Herr Harmstorff, wie oft ich in den letzten Tagen nach Ihnen gefragt worden bin. Natürlich nur deshalb, weil ich überall mit dem Vorzug renommiere, Ihrem in timen Kreise anzugehören. Man macht sich die sonderbarsten Vor stellungen von der Persönlichkeit des Mannes, der dies pracht volle .Aufwärts oder Abwärts?' geschrieben hat. Die einen ver muten einen jugendlichen Feuerkopf, der die ganze gegenwärtige Weltordnung umkrempeln möchte — die anderen einen steinalten pensionierten Weltweisen, der aus Wolkenhöhe auf diesen mangel- baftesten aller Planeten herniederschaut. Ich sage selbstverständ lich in sedem Fall: Jawohl, Sie hoben es haargenau erraten! Und ich saqe es aus ehrlichster Ueberzeugung.' Oswald Harmstorfs lächelte belustigt. .Einem Eulenspieqel gleich Ihnen ist das schon zuzutrouen. Ader die Leute sollten Besseres tun, als sich über die Persönlichkeit Leipziger Tageblatt Nr. S61. Morgen-Ausgabe. Sette 11 Wissenschaft. Leben ' Oybiner Waldtheater AuS Zittau wird uns geschrieben: Das Oybiner Wald- tHeater hat am Pfingstsonntag seine diesjährige Spielzeit begonnen. Dem Gemeinderat ist es gelungen, den Gründer und Leiter dieser Na- turbühne, Ferdinand Hesse, Schriftleiter der .Zittauer Nachrichten', der seit Jahren im Felde steht, für diesen Sommer freizubekommen, so daß er die Oberleitung des Waldtheaters wieder übernehmen konnte. Als sein künstlerischer Mitarbeiter wurde Fritz Ebers verpflichtet, der im letzten Winter in Belgien und Nordfrankreich mit einem KreiS rheinischer Künstler eine Reihe wohlgelungener Theateraufführunaen veranstaltete. Die Spielzeit setzte unter großer Beteiligung ein. Am ersten Feiertag wurde Grillparzers Tragödie .Medea' gegeben, die mit Frau Else Grün in der Titelrolle und Herrn Morell! als Jason einen vollen künstlerischen Erfolg erzielte. Am zweiten Pfingsttage gelangten drei Einakter zur Aufführung, und zwar ^)le Laune des Verliebten' von Goethe, Gellerts wenig bekanntes vchäferspiel „Sylvia' und Mol'.eres satirische Posse Der fliegende Arzt', die eine flotte und muntere Darstellung sanden. Um der Stimmung unserer Zeit Rechnung zu tragen, plant Direktor Hesse die Aufführung von Ibsens „Nordischer Heerfahrt" und der drei kleinen Werke .Philotas' von Lessing. Deutsche Treue' von Körner und „Zwischen den Schlach ten" von Björnson. Zum Gedächtnis an Cervantes soll dessen Stück „Die Plapperzungen' aufgeführt werden. Die altdeutsche Bühnen literatur wird mit GryphiuS' .Di« geliebte Dornrose' vertreten sein. Von neueren Dichtern werden Paul Ernsts „Ariadne auf NaxoS' und Franz Werfels „Troerinnen" vorbereitet. Arktische Pflanzen im Thüringer Wald Man schreib! der „Frkf. Zig." aus Thüringen: Im vorigen Jahre brachte der Polarreisende Mar Raebel von einer Nordlanddreise eine große Anzahl arktischer und nordischer Pfanzen ouS Norwegen und Spitzbergen mit nach Thüringen und vfanztc sie dort in der Gegend von Oberhof an. Wie jetzt festgestellt wurde, scheinen sich die Polorwciden und Z'.vergbirken dort recht wohl zu suhlen. Sie sind prächtig angewachsen und gedeihen ohne irgendwelche Spuren von Ent artung. Die meisten Psanzen stammen vcm 79. Breitengrade, sie wurden allerdings erst zwei Iakre aus dem Ui. Breitengrade an ein milderes Klima gewöhnt, ehe sie nach Oberhof geschafft werden konnten. Der gelungene Versuch erweckt in botanischen Kreisen besonderes Interesse. Neue archäologische Entdeckungen in Algier Die Ausgrabungen in Algier sind im verflossenen Jahre trotz des Krieges fortgesetzt und es sind dabei einige recht wichtige Ent deckungen gemacht worden, wie aus dein Jahresberichte hervor geht, den der Leiter der Ausgrabungen, Albert Ballu, soeben ver öffentlicht. In Cherchel!, dem alten Eäsareo, der Hauptstadt Mauretaniens zur Zeit IubaS l>., hat man auf dem großen Ruinenfeld von 2'.- : 1', Kilometer die Orchestra des Theaters sreigelegt, ferner den östlichen Zugang vollständig, zum Teil den westlichen und ebenso die Unterbühne auf eine Tiefe von beinahe 16 Meter. Bei dem Theater sind die Ausgrabungen so weit fort geschritten, daß man sichere Angaben über die Größe machen kann; es muh Abmessungen von 86 :65 Meter gehabt haben. Damit übertraf es das Theater von Pompeji erheblich, blieb aber wesent lich hinter den Theatern von Orange und Arles und hinter dem Marcellus-Theater in Rom zurück Das Theater von Eäsorea weist außerordentlich reiches Baumaterial auf, und dies besonders bei der Bühnenwand: ihre Säulen bestehen aus dunkelgesprenkel tem Marmor, die Simse sind aus weißem Marmor. Viele reiche Ornamente sind verwandt; außer Konsolen mit Laubwerk findet sich ein Wechsel von Eierstäben, Kälberzähnen und fünfteiligen Rosetten. Die Grundmauern sind mit Marmor platten gedeckt, die die Szene besonders reich erscheinen lassen mußten. Unter den übrigen Entdeckungen in Cäsarea verdient noch der Torso einer Venusstatue Erwähnung. In Tipasa har man die Freilegung der großen Basilika beendet. Die Apsis ist fast völlig im Meer versunken, das Mittelschiff und die Seiten schiffe dagegen sind noch erhalten. Die Ausgrabungen am Forum von Tipasa hoben reiche Ausbeute zutage gefördert; an der Nord seite erhob sich ein Iupitertempel, dessen Vorderseite eine Breite von 26 Meter hatte, davor war eine Freitreppe von 7 Meter Höhe. Die Vorhalle wies sechs Säulen auf, die Pfeiler waren ungefähr 7 Meter hoch, so daß das Bauwerk eine Höhe von etwa 8^ Meter über dem Unterbau hatte. Auf der Ostseite des Forums hat man einen 4,20 Meter breiten Portikus gefunden, hinter dem eine ganze Reihe von Räumen gelegen haben muß. und auf der Westseite stand ein anderer Portikus, der durch eine niedrige, gewölbte Galerie mit einem Gerichtssaale in Verbindung stand. Im Bezirke Constantine ist durch die Ausgrabungen bei Khamissa ein Tempel entdeckt wyrden, in dem ein schöner Pluton gefunden worden ist, und die Ausgrabungen auf dem Forum dieses Ortes haben besonders reiche Ergebnisse zutage gefördert, nament lich sind wertvolle Inschriften entdeckt worden. Von der reichen Ausbeute dieses Bezirkes ist schließlich noch eine Mosaik von 4 :5 Meter zu erwähnen, das den Triumph der Amphitrite dar stellt. Es ist in Lomböse in einem Privathanse am Forum zutage gefördert worden. Klettre Mitteilungen An einem von Dr. Gustav Seibel in Meißen veranstaltete« Kammermuflkabend erwarben sich Wally Gülsdorf (Berlin), Käte Mohn (Oschatz), Otto Weinretch, Pros. Julius Klengel und Dr. G. Seibel (Leipzig) besondere Verdienste um die Förderung des „Heimatdank-. Ernst Legal, der Verfasser des zuletzt am Berliner Kleinen Theater gespielten Schauspiels .Lätare', hat ein n-ueS abendfüllendes Werk, eine Komödie «Bradamante', vollendet. Im Züricher Stadttheaker ist der ganze .Wallenstein' an einem Tage aufgeführt worden. Die Vorstellung begann schon in den Morgenstunden und dauerte mit einigen Erholungspausen bis in die späte Nacht. Die Hauptrollen wurden von Berliner Gästen gespielt. Den Wallenstein hat Decarii übernommen, den Max Paul Hart mann vom Deutschen Theater, die Thekla Fräulein Ernst von den Mein hardt-Bühnen. Der bekannte plattdeutsche Dickier Fock bat nach einer amtlichen Mitteilung in der Seeschlacht am Skagerrak den Heldentod erlitten. Wer gegenwärtig Gelegenheit hat, die Kronborg bei Helsingör zu besuchen, bemerkt in der Nähe des einen der Torwege, die durch die dicken allen Festungsmauern fübren, Holzgerüste. Man ist nämlich, wie aus Kopenhagen berichtet wird, augenblicklich damit beschäftigt, hier eine Bühne im Freien zu errrichien, auf der Shakespeares .Hamlet' ungefähr an der Stelle aufgeführt werden wird, an der er tatsächlich zu spielen hat. Die Vorstellung wird mutmaßlich in der letzten oder vorletzten Iuniivoche stattsinden. Die Bühneneinrichtung, die mit der Festungsmauer zu einer Einheit zu verschmelzen ist, ist von Carl Lund entworfen. Bei einigen der Bühnenbilder, nämlich bei den im Freien spielenden, muß sie sehr gut wirken, denn der Zuschauer kann im Hintergründe das Schloß mit dem hohen Turme über die Mauer ragen sehen: wie sich die Bübn?n>ei»ung mit den Bildern ab findet, die in geschlossenen Räumen spielen, ist nach den vorliegenden Mitteilungen nicht ersichtlich. Vor Ausbruch des Kriege;, arbeitete Radin an einem Denkmal für den amerikanischen Maler Whistler, das der „Internationale Bund von Bildhauern, Malern und Radierern' für Landon stiften wollte. Nach einem Berichte der „Times' war die Rodinsche Arbeit bei Kriegs ausbruch beinahe vollendet, allein seitdem hat der Künstler nicht daran weitergearbeitet. Im April diesem Jahres hat e> dem Ausschüsse d«S genannten Bundes mitgeteilt, sobald er etwas mehr Zeit hätte, würde er sich wieder dem Whistler-Denkmale zuwenden. Er könne, so führte er weiter aus, noch keinen bestimmten Zeitpunkt sestsetzen, wann die Ar- beit fertig sein würde; allein man könne mit Sicherheit darauf rechnen, daft dies spätestens 6 Monate nach Beendigung des Krieges der Fall sein würde. Diese Zeitspanne von sechs Monaten ist allerdings <Hein für die Ausführung des BronzegusseS nöt'g. Dr. I. Puluj, Ukraina und ihre internationale politische Bedeutung. Prag 1915. I. G. Calve. (0,80 K.) War bis zum Beginn des Weltkrieges die Ukraine und die Bestre bungen der Ukrainer ein wenig bekanntes Gebiet, so haben sich nun dis österreichischen Ruthcnen eifrig bemüht, auch >n Deutschland Teilnahme für ihre Heimat und deren Zukunft zu erwecken. Eine große Anzahl sachkundiger Arbeiten, z. B. von Hruszewskyj, Lewicky, Rudnyckyj, Donzow, Eehelskyj u. a haben sür die Kenntnis des Volkstums, der wirtschaftlichen Verhältnisse und besonders der Geschichte der Ukraine gewirkt. In gleicher Richtung liegt die Arbeit von I. Puluj; auch sie ist ein Ausdruck der politischen Hoffnungen der Ukrainer. Die geschichtliche Grundlage ihres Anspruches auf Selbstrcgierung ist der Vertrag von Perejoslaw (1854), in dem die Ukraine mit Moskau eine Union schloß. >rr der ihre volle Autonomie vom Zaren beschlossen wurde. Die Macht Moskaus ist erst durch die Unterwcrsung der Ukraine entstanden; seitdem ist Rußland der bedrohliche Koloß geworden, in dem ein unbegrenzter Trieb nach Ausdehnung lebt. Wie kann diese russische Gefahr, die auch für die Zukunst bestehen wird, cingcdämmt werden? Im Interesse Mitteleuropas fordern die Intellektuellen der Ukrainer, zumal die öster reichischen Ruthenen, die Selbständigkeit der Ukraine. Mit ihr erst sei Oesterreichs Bestand und auch die Sicherheit Deutschlands gewährt. Vor allem wäre dadurch Rußland vom Balkan geschieden, weil der gefähr lichste Zündstoff vernichtet sei. Der künftige ukrainische Staat ober müsse als Bundesstaat an Oesterreich zu einer gemeinsamen Monarchie angescklosscn werden. Man kann gewiß Sympathie für die politischen Ideale der Ukrainer haben. Zunächst aber hängt die Möglichkeit, ihre Hoffnungen zu er füllen, von den Taten der deulsch-österr.ichischen Heere ab. Zuvor müßten sie Kiew und daä Land bis zum Dnjcpr genommen haben. Ob das auch nur in der Absicht der Heeresleitung liegt, weiß niemand. Und dann ist das historische Gewicht der Ucberliefcrung zu bedenken, das die Volks massen beherrscht. Darüber setzt sich die Reflexion der Intellektuellen vielleicht hinweg. Für Rußland ist der Besitz der Ukraine schon wirt schaftlich eine Lebensfrage. Man kann sich heute noch keine Lage denken, die eine Ablösung der Ukraine von Rußland ermöglichte, so sehr sie für Mitteleuropa zu wünschen wäre. k. 8. des Verfassers den Kopf zu zerbrechen. Sie wissen ja, daß mein Name überhaupt nur durch eine sträfliche Eigenmächtigkeit des Verlegers ganz gegen meinen Willen auf das Titelblatt gekommen ist. Das Buch ist ja gar nicht von mir." „Wie? — Nicht von Ihnen? Ah, wem wollen Sie das er zählen?' „Geschrieben habe ich es wohl. Ader von den Gedanken, d»e es enthält, sind die guten und die besten auf einem fremden Acker gewachsen. Wenn mich ein gewisser Dr. Richard Harmskorsf heute wegen geistigen Diebstahls belangen wollte, würde ich als reu mütig geständiger armer Sünder auf der Anklagebank sitzen." Der Arzt schüttelte den Kopf. „Glauben Sie nicht, was mein Vater sog!. Wenn sein Buch wirklich ein Niederschlag der Gespräche ist, die wir seit Monaten oder seil Jahren über diese Dinge geführt haben, so ist doch nicht ein Wort darin, das nicht den Stempel seiner Denkart und seines Geistes trüge. Ich war immer nur der Zuhörendc und Zu stimmende, wie es bei der Verwandtschaft unserer Anschauungen gar nicht anders fein konnte.' .Welche Verwandtschaft aber nicht hindert, daß unsere An sichten über Zweck und Nutzen einer solchen Mahnung sehr weit auseinander gehen.' „Der Nutzen —, ja, verehrter Meister, wollen Sie einem gänzlich unliterarischen Kriegsakademikcr huldvoll gestatten, seine ganz unmaßgebliche Meinung über diesen Nutzen zn äußern?" „Ich bin gespannt, mein lieber Herr von Boddien." .Ich habe mir nämlich das Vergnügen gemacht, alles ouf- zustöbern, was die Zeitungen der verschiedenen Parteirichtungen bis jetzt über Ihr Buch geschrieben haben, lind da habe ich mit ziemlicher Sicherheit feststellen können, daß jede gerade dos herausqegrisfen hat, was ihr in den Kram paßt, um es als Waffe gegen die anderen zu verwenden. .Seht ihr, so seid ihr! Dem Himmel sei Dank, daß endlich einer gekommen ist, der euch den Spiegel eurer Sündhaftigkeit vorkält!' Und dann pflegen sie aus angestammtem Wohlwollen noch ein paar nette kleine Giftpfeile aus dem eigenen Köcher hinzuzufsgen. In den schöngeistigen Zirkeln ober klingt das Lied nicht viel anders. Die Sittlichkeits apostel machen sich wundervolle Schlagworte zurecht aus dem, was Sie über die seichte Unmoral unserer öffentlichen Vergnügungen sagen, und die Stammgäste des äe ä»a«e, die Enthusiasten der .Schönheitsobende' lachen sich ins Fäustchen über die ge salzenen Hiebe, die die scheinheiligen Pharisäer abbekommen. Die alte Geschichte vom Splitter und von» Balken. Ich fürchte, die Stimme, die das deutsche Volk zu Eintracht und innerem Frieden mahnt, bleibt immer die Stimme eines Predigers in der Wüste.' .Es sei denn, daß ein französisches oder ein britisches Kanonenrohr diese Mahnung erschallen ließe.' Gerhard Wolffrom war es, der die Worte gesprochen hatte. Lebhaft drehte Boddien sich nach ihm um. .Ach, du glaubst doch nicht daran, daß es dazu kommt? Unsere Diplomaten sind ja so unheimlich geschickt, den faulen Frieden zu konservieren. Und der Tag des großen deutsch-englischen Ver- brüderungsfesteS steht schon vor der Tür." .Dieser Tag wird niemals kommen. Unser verehrter Freund Harmskorsf hat recht: Sie werden über uns herfallen wie der meuchelmördcrische Dieb im Dunkel der Nacht. Die Briten voran. Aber — dem Himmel sei Dank! — sie werden uns nicht schlafend finden." „Ich glaube es nicht. Es sind ihrer noch zu wenig. Drei gegen einen — das Spiel ist ihnen noch lange nicht ungleich genug. König Eduard ist zu früh oestorben. Solange es den Erben seines Geistes nicht gelungen ist, Japan, Amerika und alle übrigen Völkerschaften zwischen Grönland und Patagonien in die Entente einzubcziehen, riskieren sie nicht, mit uns anzubinden. Die nied lichen Sächelchen, die in Essen und in Friedrichshafen fabriziert werden, haben ihnen zuviel Hochachtung eingeflöht vor der Reg samkeit der deutschen Industrie. Das .Made in Germany' ist ihnen in den Tod zuwider, besonders als Fabrikmarke einer un bestellt importierten deutschen Granate.' .O, meine Herren, schon wieder bei diesen garstigen politischen Gesprächen!' hemmte Evas frische Stimme den Strom seiner Be redsamkeit. Da scheint meine Poularde ja gerade zur rechten Zeit auf den Tisch gekommen zu sein.' Der Oberleutnant war sofort in drollig erheuchelter Begeiste rung aufgesprungen. .Ja, lassen Sie uns diese Poularde, die meine ahnungsvolle Nase längst gewittert hat, in Ermangelung der herkömmlichen Taube als ein Symbol des Friedens verspeisen. Mit einem Oel- blatt oder — wenn es sein muß — mit Trüffeln, die ihrer sinn bildlichen Bedeutung nach meinem Dafürhalten ebensogut ent sprechen würden.' (Fortsetzung in der Abend - Ausgabe.)
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