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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.05.1916
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1916-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19160529022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1916052902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1916052902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-05
- Tag 1916-05-29
-
Monat
1916-05
-
Jahr
1916
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Leite 2. Nr. ^71. Abenü-^usgabe leipziger ^agevlatt 5Nontag, LS. Mai 1916 Keinen Augenblick daran, daß der auS Berlin kommenden Weisung sehr bald, sei es mit, sei es ohne Hilfe von Landesbehörden, schnell und gründlich derjenige Respekt verschafft werden würde, der sich für einen .Nachgeordneten' Beamten ziemt. Jedenfalls ist es ver fassungsrechtlich nicht möglich, dem KrlegsernährungSamte mehr Rechte zu verleihen, als es hier durch Retchsgesetz geschehen ist. Was geschehen konnte, ist geschehen. Natürlich ist auch ein passiver Widerstand denkbar. Der könnle sogar gefährlicher sein als der aktive. Gewisse Aeuße- rungen aus Süddeulschland deuten schon darauf hin, dag der In haber der neuen Neichsgcwalt vielleicht nicht überall offene Türen und Arme finden könnle. Es gibt ja immer solche, die schwach genug sind, um ob ihrer Selbständigkeit zu zittern, und nicht stark genug, um aus eigener Kraft zu handeln. Eine argwöhnische Politik der Verteidigung gegen angebliche Ilebergriffe des Reiches, die schon manchmal Anlass zu Sorgen gegeben hat! Da wir- et denn Aufgabe des neuen Mannes sein, sich das Ansehen zu er zwingen, dessen er zur Durchführung seiner hohen Aufgabe bedarf. Vor allem muß ihm Vertrauen und Zutrauen aus dem Volke ent- gegcngcbracht werden. Wer non vornherein Zweifel in die neue Einrichtung hineinträgt, dient ihr schlecht. Namentlich aber sollten die Volksvertretungen, der Reichstag und nicht minder die Land tage oder Ständckammern, jedes an seinem Telle, dafür cintreten, daß der Mille des Reiches zur Tat werde. lH Englands Agenten in Italien (r.) Lugano, 28. Mai. (Eig. Drahlbericht.) Seit einigen Wochen arbeitet Rencli Robb wieder mit Hochdruck. Es gilt, das gesunkene Ansehen dieses von England cmgczettcllen Krieges gegen Oesterreich wieder herzustellen. Im ganzen Volke weih man es: es istEnglands Krieg, der am Isonzo, an den Grenzen Tirols geschlagen wird, aber man weift cs auch, cs sind italienische Manner, die dort gelötet werden, as sind italienische Mütter, die ihre Söhne beweinen. Das Volk in Italien fing an, seine Verführer zu erkennen. Die Populari tät, die die Engländer früher genossen, ist verflogen und hat einer s 7 hr heftigen Erbitterung gegen England Platz gemacht. An fang Mai ist der Platz vor der englischen Botschaft in Rom der Schau platz erregter D-monstrationen gewesen. Militär hat einfchreitcn müssen. Neuerdings versucht Ncncll Nodd, auf eigenartige Weise sich wieder beliebt zu machen. Englische Agenten wandern durch die Arbeikerquartiere der qroften Städte und teilen kleine Gaben und Lebens mittel an die Lazzaronl aus. Das Volk wird auf die Strafte gelockt, un fragwürdige Individuen halten stürmische Kriegsreden. In Florenz machten solche Kriegsredner die fetzig« Regierung für die Erfolglosigkeit der Unternehmungen gegen Oesterreich verant wortlich, sie schrien, das Volk solle die Regierung stürzen, die Re publik errichten und den Krieg gegen Deutschland ausdchnen. Oesterreich werde nur in Flandern, in der Champagne besiegt, dorthin gehöre die Elite der italienischen Truppen. Die wüstesten Schreier hat die Polizei festnehmcn lassen, unter diesen einen .Arbeiter' Sembati Dieser Sembati wies sich als englischer Staatsangehöriger aus, in seinen Papieren fanden sich Dokumente, die auf nähere Beziehungen Sam- batis zur englischen Botschaft schlieften liehen. Tatsächlich hatte es die italienische Polizei mit einem der Rädelsführer revolutio närer Unruhestifter zu tun, die der Regierung jede nur erdenk liche Schwierigkeit bereiteten. Es stellte sich auch heraus, daß Sembati im Mai vorigen Jahres eine Reihe von kriegshetzerischen Versamm lungen organisiert halte, die lärmend mit Revolution und Gewalttätig keiten drohten, wenn die Regierung nicht den Krieg gegen Oesterreich erklären würde. Sembali Halle eine Reihe von Unteragenten, die im gleichen Sinne in allen Hauptstädten Italiens arbeiteten und durch ihn mit Geldern versehen wurden, die dem aus 6 Millionen Lire bestehenden Ge heimfonds der englischen Botschaft in Rom entstammten. Sembali, -er sogenannte .Arbeiter", ist in Wahrheit politischer Agent und konnte sich bereits im Anfang dieses Jahres ein sehr schönes Landgut bei Policastro kaufen, das einen Werl von mehreren hunderttausend Lire hat. Trotz des Einspruches Rencll RoddS wurde Sembati, nachdem man ihn wohl oder Übel mit Rücksicht auf den englischen Botschafter freilasten muhte, deSLandesverwiescn und seine Rückkehr mit schwersten Strafen bedroht. Türkischer Tagesbericht ntb. Konstantinopel, 28. Mai. (Drahtbericht.) Das Haupt quartier teilt mit: An der Irakfront keine Veränderung. An der K a u k a s u s s r o n t auf dem rechten Flügel Gefechte zwischen Er kundungsabteilungen. Ein überraschender Angriff einer feindlichen Kom- panie auf unsere vorgeschobenen Posten scheiterte und wir machten einige Gefangene. Im Zentrum Ruhe. Auf dem linken Flügel vertrieben wir durch einen Gegenangriff den Feind, der einen Teil unserer vorgeschobe nen Stellungen besetzt Kalle, und erbeuteten eine Anzahl Gewehre und Pionicrwcrkzenge. Ein die Halbinsel Gallipoli überfliegendes feind liches Flugzeug floh in der Richtung auf Imbros, sobald unsere Flieger erschienen. Ein in der Ilmgebung von K e u sl c n und Ada er schienenes Torpedoboot wurde durch Feuer vertrieben. Zwei feindliche Monitcre und einige Torpedoboote beschossen daraus unsere in der Ilm gegend ausgestellte Artillerie ohne Wirkung. Als ein Monitor durch unser Feuer getroffen wurde, stellten alle Schisse das Feuer ein und entfernten sich. Sonst nichts von Bedeutung. Politische Nachrichten Das große Steuergesehgebungswerk Aus Berlin wird uns geschrieben: Am Dienstag beginnt die zweite Lesung der Steuergesetze in der Vollversamm lung des Reichstags, die dem Reiche zunächst 480 Millionen Mark zur Ausgleichung des jetzigen Haushalts bringen sollen. Diese Summe dürfte auch einkommen, obwohl die Gesetze erst frühestens am 1. Juli, also drei Monate nach Beginn des Rech nungsjahres, in Kraft gefetzt werden, da die neuen indirekten Steuern nach einer vorsichtigen parlamentarischen Schätzung rund 630 Millionen jährlich bringen werden. Der Zahlungsumsah- slempel soll erst vom 1. Oktober ab erhoben werden, die Tabak steuer dagegen schon vom 1. Juli ab. Im übrigen ist der Zeitpunkt -er Inkraftsetzung einer kaiserlichen Verordnung unter Zustim mung des Bundesrates Vorbehalten. Was die Außerkraftsetzung angeht, so hat der Steuer ausschuh nur beschlossen, dah die neuen Po st Zuschläge späte stens zwei Jahre nach dem Friedensschluß außer Kratt treten sollen, wenn der Reichstag es verlangt. Es ist also in oie Hand des neuen Reichstages gegeben — der jetzige wird dann längst ausgehört haben —, dies Verlangen zu stellen. 3m übrigen hat der Steuerausschuß der Dauer der neuen indirekten Steuern kein Ziel gesetzt, sie werden voraussichtlich alle bcibchaltcn und allen falls bei der späteren allgemeinen Finanzreform auf Grund der in zwischen gemachten Erfahrungen umgestaltet werden. Ja, cs wer den nach dem Friedensschluss noch große Steuern nachkommen, da bei der finanziellen Erschöpfung der Mehrzahl unserer Feinde schwerlich auf viele Dutzende von Milliarden an Kriegsent schädigung zu rechnen sein, und da das Reich außerordenkl che finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen haben wird. Mit diesem Gedanken sollte sich ebenso wie die Regierung so auch das deut che Volk beizeiten vertraut machen, wie es bis jetzt entschlossen ge wesen ist, alle Opfer zu bringen, die der Krieg uns aufcrleqt. Auch das durch die Einmütigkeit der bürgerlichen Parteien gesicherte große jetzige Stcuergesctzgebungswerk wird für unsere Feinde lehrreich sein, indem es den Reichstag auf der Höhe seiner Aufgabe zeigt. Die Kriegsversorgung der Witwen und Waisen gefallener Beamter Bei verschiedenen Gerichten sind zurzeit Prozesse der Hinter bliebenen von Beamten, die als Gemeine im Kriege fielen, gegen den Rcichsmilitärfiskus anhängig. Der Militärfiskus gesteht diesen Hinterbliebenen weder die allgemeine Versorgung nach dem Militärhinkerbliebenengesetz von 1907 noch die sogenannte große Kriegsversorgung, sondern nur die sogenannte kleine Kriegs versorgung zu. Das Oberlandcsgericht Stuttgart, von dem als ersten Oberlandcsgericht über diese Frage zu entscheiden war, hat, wie wir der neuesten (Juni-) Nummer von Soergels Rundschau für den deutschen Iurislcnstand .Das Recht' (Han nover, Helwing) entnehmen, in einem Urteil vom 14. April 1916 dem Standpunkt des Milikärfiskus zugestimmt. Das Urteil ist im wesentlichen mit der Entstehungsgeschichte des Militärhlnter- bliebenengesetzes begründet und schließt mit den Worten: .Es ist nicht zu verkennen, daß bei dieser Regelung zahlreiche Be amtenfamilien, die den vorzeitigen Verlust ihres Ernährers im Krieg zu beklagen haben, in Not geraten. Allein dieser sozialpolitische Gesichts punkt berechtigt den Richter nicht, Unterscheidungen in das Gesetz kin- einzulragen, d e ihm nach seinem Denken und Mollen fremd sind. Hier ist eine Abhilfe nur durch eine Aenderung des bestehenden Rechtszustandes möglich, und dies ist die Sache der Gesetz gebung.' Es ist zu hoffen, daß bei der in Aussicht stehenden Neu regelung dos Kriegsbinkerblicbenengefetzes auch den berechtigten Wünschen und Beschwerden der Witwen und Waisen gefallener Beamter Rechnung getragen wird, wenn auch der Weg, den Kläger als geltendes Recht ansehen, nämlich daß den Beamten hinterbliebenen im Gegensatz zu anderen Kriegshinterbliebenen die große Kricgsvcrsorgung auch neben einer allgemeinen Versorgung gewährt oder gar den Hinterbliebenen bloß solcher Beamter, die von Anfang an die Beamtenlaufbahn ergriffen hakten, das Wit wen- und Waisengeld neben der Zivilpension unverkürzt belassen werde, sich kaum als gangbar erweisen dürfte. * * * * Die ln München weilenden türkischen Parlamentarier haben sich gestern nachmittag trotz dem strömenden Regen zu den Rennen nach Riem begeben, denen auch König Ludwig und andere Mitglieder der Königlichen Familie beiwohnten. * Geheimrat Rieher, der Präsident des Hansabundes, ist, wie uns aus Heidelberg geschrieben wird, In einer am Sonntag in Eisenach ab- gekaltenen nationalliberalen Vertrauensmännervcrsammlung des Wahl kreises Heidelberg—Eberdach—Mosbach mit großer Mehrheit als Reichs lagskandidat an Stelle des verstorbenen Dr. Obkirchcr ausgestellt worden. Seine Wahl ist im Schutze des Burgfriedens ohne weiteres gesichert. * Staatssekretär Dr. Solf in Stuttgart. Staatssekretär Dr. Solf ist am Sonnabend in Stuttgart cingekrosfen und hielt auf Veranlassung des Würtkembergischen Vereins für Handelsgeographie im Gustav- Siegle-Haus vor einer zahlreichen Zuhörerschaft, unter der auch Graf Zeppelin sowie sämtlicheMintster mit Ausnahme des Kultus ministers sich befanden, einen Vortrag über die Lahr« des Welt krieges für Deutschland» Politik. Seine Ausfil-runaen gipfelten in der Betonung der Notwendigkeit, daß die ursprünglichen Gründe für eine aktiv« Kolonialpolitik Deutschlands «icht nur weiter bestimmend, sondern triftiger geworden seien, wozu noch ein neues Glied, der militärische Grundsatz gekommen sei; ferner daß der Kol o- ntalbeslk von der Beherrschung der Meere nicht unbe dingt abhängig sei, wohl aber eine wertvoll« Unterstützung der deutschen Seegeltung finde, und endlich, daß der festländische Wirtschafts bund Berlt n—B agdad eine wertvolle Ergänzung eines solchen Kolo nialreiches zu bilden vermöge. * Zum Streit ln der Sozialdemokratie hat auch der Riesenwahlkrels Niederbarnim, der im Reichstage durch den Abgeordneten Stadt hagen und im preußischen Landtage durch die Abgeordneten Hofer, Brauer und Hänisch vertreten ist, Stellung genommen. Mit 213 gegen IS Stimmen billigte die Kreisversammlung die Haltung Stadt hagens und seinen Beitritt zur Sozialdemokratischen Arbeitsgemein schaft sowie das radikale Auftreten Hofers, eines ostpreuftischen Gutsbesitzers, im Landtage. Dagegen fand nur Brauers Rede zur Lebensmittelfrage Gnade vor den Augen seiner Richter, die seinen sonstigen Standpunkt im Parteistreit nicht billigen. Volle Verurteilung aber fand Konrad Hänisch. Die Versammlung verurteilte nicht nur seine (nach allgemeiner Ansicht glänzende) Rede zum preußischen Kultus etat, sondern seine ganze parlamentarische und außerparlamentarische Tätigkeit und kann Hänisch «nicht mehr als ihren Vertreter und in ihrem Sinne handelnd betrachten". Schließlich sprach die Versammlung die Erwartung aus, daß der Parteivorstand seinen gewaltsamen Maßnahmen gegen den .Vorwärts" endlich ein Ende macht. Porkoerhöhung in Belgien. Wie die .Neue Zürcher Ztg.' aus dem Haag meldet, erhöhte das deutsche General gouvernement in Belgien das Postporto für Briefe innerhalb Belgien von 10 auf 15 Pfennige, für Postkarten von 5 auf 8 Pfennige. pk. Aus Kurland wird uns geschrieben: Die von den Truppen hinter der Front sorgfältig durchgeführte Frühjahrsbestellung der Felder hat nahezu ihren Abschluß erreicht. Soeben wir- der letzte Hafer gesät und der Rest der Kartoffeln gesetzt. — Auf dem am 24. und 25. d. M. in Schönberg (bei Bauske) abgehaltenen, sehr de- suchten Markt wurden Eier mit 1,80 dte Mandel und Butter mit 2 bis 2,2ll das russische Pfund (420 Gramm) bezahlt. Der Butker- prels steht den Preisen in der Heimat also fast nichts nach. * Die Verhaftung des Elsässers Marzolft. Wie der .Basler An zeiger" meldet, wurde Marzolff, der Vorsitzende des Elsaß-Lothringer Vereins, besten Verhaftung wegen Betruges kürzlich gemeldet worden ist, auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft wegen Spionage nach Bern eingeliefert. Auch der Sekretär des Verbandes, Rasser, sowie ein ge- wisser Schenkel In Lausanne sind wegen dieser Sache verhaftet worden. * Landtagsersahwahl in Preußen. Die Landtagsersahwahl ln La bi au-Weh lau ist, wie uns gemeldet wird, auf den 31. Juli angeseht worden. * Wirkl. Geh. Rat Rlch. v. Wentzel s. Gestern ist in Kassel der frühere Oberpräsident der Provinz Hannover, Wirk licher Geheimer Nat Richard von Wentzel, lm Alker von 66 Jahren infolge Herzschlages gestorben. * Das Projekt eines Kanal-Tunnels. Der Unterstaatssekretär im englischen Bautcnministerium Earle kündigte in einem Parlaments ausschüsse an, daß der längst geplante Bau cnies Kanal-Tunnels nach Friedensschluß stattfiuden werde. Jede Furcht vor einer französischen Invasion sei verschwunden, und der U-Boot-Krieg habe dte Vorteile eines solchen Tunnels für die Lebensmittelversorgung und für Truppentransporte nach Frankreich erwiesen. Dte Baukosten werden auf 4 Millionen Pfund, die Bauzeit auf 3 bis 4 Jahre geschätzt. * Rücktritt des russischen Synods-Präsidenlen. Nach dem .Rußkoje Slowo' steht der Rücktritt deS Oberprokurators des Heiligen Synods Wolschin bevor. Wolschin ist ein intimer Freund des berüchtigten Aufwieglers Grafen Bobrinski, dessen verderbliche politisch-konfessionelle Agitation in den österreichischen Grenzprovtnzen noch in frischer Erinne rung ist. Kleine Kriegsnachrichten * Der englische General Morrison ist in Paris bei einem Aukomobilunfall tödlich verunglückt. * Eine neue englische Armeeverordnung über Vergehen gegen die Disziplin bestimmt, daß Soldaten, die sich aus Gewissensskrupeln ein derartiges Vergehen zuschulden kommen lassen, im Falle ihrer Ver urteilung nicht in einem militärischen, sondern in einem Ztvilgefängnis ihre Strafen abbüßen sollen. Spanische Spende für das deutsche Roke Kreuz. In Palma de Mallorca sind von dort wohnenden, der deutschen Sache sympathisch gegenüberstehenden spanischen Damen 1316 Peseten für das deutsche Roke Kreuz gesammelt worden. * Abreise deukfcher Kriegsgefangener aus England. In näch ster Woche oder Anfang übernächster Woche werden, dem .Bund' zufolge, aus England die für die Hospitalisierung bestimmten deutschen Kriegsgefangenen in der Schweiz erwartet. * Die amerikanischen Kriegsgewinne. Nach New Torker Meldungen ergeben sich die außerordentlichen Gewinne, dte die ein es, Benehmen in anderem Llchle. Wenn die Macht der Liebe Schicksal hätte bestimmen dürfen, anstatt der Kraft des Haj vielleicht wäre seinem hoffnungsvollen Leben dann nicht dies oit- tere Ende geworden. Heiß flössen ihre Tränen, und erschüttert wandte sie sich ab. Leo wollte ihren Arm durch den seinen ziehen, als sie dem Kruge wieder zugingcn, aber Hilde riß fick so brüsk los, daß er sich im Innersten gekränkt fühlte und keinen Versuch mehr machte, das störrische Mädchen liebenswürdiger zu stimmen. Er atmete auf, als Neuhof erreicht war, und die unerquickliche Fahr ein Ende hatte. Bei Tisch saß Hilde zwischen dem General und der kleinen Ljuba, die sich diesen Platz als besondere Gunst ausgebeten hatte. Der alte Herr war entzückt von der Gegenwart deS schönen Mäd chens und machte ihr so elfrlg den Hof, dah Ida ihm scherzend mtt dem Finger drohte. Immer wieder schenkte er Hilde von dem schweren Wein ein, sie trank und lachte und plauderte und ent zückte ihn immer mehr durch ihre ausgelassene Laune. Leo saß stumm dabei und sah mit Schmerz und Ingrimm, wie Hilde mit feinem Baier scherzte. Der MittogSsonnenschetn flutete voll inS Zimmer und ließ ihre Haare in goldigem Schein funkeln, ihre Augen schimmerten dunkel und ihre weißen Zähne blitzten zwischen den roten Lippen. «Prosit, kleine Schwiegertochter', der General zwinkerte listig mtt den Äugen und rief dann über den Tisch herüber feinem Sohne zn: Deutsches Erbe 67j Roman aus den: Baltenlande von Lena Boß. L I n. I». t>. n. 1IUK. Beklommen blickte Hilde aus den kablen Hügel. Sie sah Kaddik wieder vor fick, sie fühlte beinah seinen treuen Hundeblick, wie er als Junge neben ihr sah. Und sie dachte an all die ver ächtlichen Bemerkungen ihrer Brüder und mit welcher Fassung der Lette die kränkende Behandlung ertrage nhatlc. Und dann ge dachte sie des Abschieds in der Laube und ihrer letzten Worte. War Kaddik nicht im Recht, war das nicht ein halbes Versprechen gewesen? Und sie sah den Mann vor sich mit den beschwörenden dunklen Augen, über den sie hinwcggegangen war wie über einen lästigen Eindringling. Jetzt, wo sie selbst in Herzcnsnok und Un ruhe steckte, begriff sie, was sic Kaddik angetan hatte, und sah ein «Junge, Leo, bist doch 'ne ganze Schlafmütze, daß du mit der Hilde immer noch nicht im reinen bist. Da war ich doch ein ganz anderer Kerl.' Leos Hand krampfte sich um das Glas, Hildes übererregte Lustigkeit war wie fortgeblascn und Ida hob rasch die Tafel auf, um den vergnügten alten Herrn zur Ruhe zu bringen, ehe er größeren Schaden anrichletc. Leo verließ ohne Gruß das Zimmer, und Hilde war froh, daß die kleine Ljuba sich an sie hing und mit ihrem unbefangenen Kindergcschwäh ihr über die peinliche Stimmung hinweghals. Ida kam zurück, schickte die Kleine zur Wärterin und nahm Hilde mit in ihr Wohnzimmer. Dort setzten sich die beiden Damen behaglich in die Sofaecke und Ida ging ohne Umschweife auf ihr Ziel los. «Nun beichte mal, kleine Hilde, was ist zwischen euch vor gefallen?' «Zwischen wem?' fragte Hilde scheinheilig, aber mit merklicher Unruhe. Da schlang Ida den vollen Arm um dle schlanke Gestalt und zog sie liebevoll zu sich heran. «Liebst du ihn nicht mehr?' fragte sie leise. Es erfolgte keine Antwort. Dann schluchzte Hilde laut auf, barg den Kopf an Idas Brust und stammelte: «Ach, Ido, ich bin so schrecklich unglücklich.' .Sprich dick aus, Herzchen. Hast du kein Vertrauen zu mir?' «Er liebt mich nicht mehr!' Die Tränen flössen reichlicher. «Aber Kleines, was für ein Unsinn. Er hat sich schon vor Monaten um dich beworben.' «Ja, heiraten will er mich wohl, well eS ihm ohne Frau auf dem Lande zu einsam wird, aber lieben tut er eine andere, dle will ihn aber niwt heiraten, die will nur seine Liebste sein, diese falsche Katze.' Eine solche Wut funkelte in den graublauen Augen, daß Ida zuerst sprachlos war. Allmählich aber preßte sie doch alles Wissenswerte ans ihrer Cousine heraus. Hilde vertraute ihr an, daß Leo in der Jugend mit Lisa von Hohlseld verlobt gewesen war, und daß sic an dem Fluchtabend im Waldhause, wo sie im Halbschlaf lag, gehört hatte, wie die beiden sich «du" nannten, als sie sich unbeobachtet glaubten, und dann später in Goldingen hatte sie durch die halboffene Tür gesehen, wie die Baronin LeoS Koos zärtlich an sich drückte und ihm sagte, daß sie sich selbst ihm zuliebe nicht ln der baltischen LtnsamkeU ver graben könnte. «Und das soll ich mir nun gefallen lassen', schloß Hilde empört. Ida bettete ihren aufgeregten Gast bequem mit Kissen und Decken auf dem Sofa und nahm ihm das Versprechen ab, nicht in kindischem Trotz sich das Ledensglück zu verscherzen, sondern erst ruhig Leos Rechtfertigung anzuhören, für dessen Schuldlosigkeit sie sich verbürgte. Als Hilde eingeschlafen war, ging sie auf die Veranda, wo ihr großer Stiefsohn, eine Zigarre rauchend, unruhig auf und ab schritt und sehnsüchtig auf ihren Bericht wartete. Beim Tee waren der General und Hilde etwas kleinlaut, Ida und Leo aber strahlend heiter. Später musizierten sie miteinander, und bald wurde auch Hilde von der allgemeinen Fröhlichkeit an gesteckt. Sie sang Lied auf Lied, und wenn Leo, der sie begleitete, ihren Blick suchte, dann ruhten ihre Augen wohl einen Augenblick scheu in den seinen. Nach dem Abendbrot fuhr der geschlossene Landauer des Generals vor und Hilde verabschiedete sich von ihren liebens würdigen Gastgebern. Auch Leo zog seinen Mantel an. «Wollen Eie schon in Ihre Waldklause?' fragte Hilde unruhig. .Noch nicht, Hilde, erst will ich noch ein bißchen spazieren fahren und dabei einen letzten Versuch machen, mich zu verloben', er blitzte sic übermütig an mit seinen tiefblauen Augen. Hildes Herz klopfte bis an den Hals hinauf, als sie nun zu sammen in dem dunklen Wagen saßen. Leo schlang ohne weiteres den Arm um sie und flüsterte dicht an ihrem Ohr: .Kleine dumme Hilde, nun ist eS also wirklich so weit mit uns gekommen, dah wir allein nicht mehr miteinander ferttg werden nonnten! Haden Sie denn wirklich geglaubt, daß ich eine andere liebte, schämen Eie sich gar nicht, mir so wenig zu vertrauen?' .Ach, Leo, was ich mit eigenen Ohren gehört und mtt eigenen Augen gesehen habe, muhte ich doch glauben, und Sie waren doch einmal mit Lisa verlobt!' Leo war mahlos erstaunt. .Woher wissen Sie das? Hal Frau von Tburn eS Ihnen gesagt?' Da erzählte Hilde ihm, was sie als Kind in seiner Uhrkette entdeckt hatte, und Leo erzählte von seiner Jugendliebe und Hilde erzählte von Kaddik, und dann fanden sich ihre Lippen lm ersten zarten, innigen Kuh, und leuchtend im Glanze jungen Glückes lag dle Gemeinsamkeit des Lebens vor ihnen. (Fortsetzung in -er Morgen - Ausgabe^
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