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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.05.1916
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1916-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19160506021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1916050602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1916050602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-05
- Tag 1916-05-06
-
Monat
1916-05
-
Jahr
1916
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Sette L. Rr. SSV. Abend-Ausgabe Leipziger Tageblatt Sonnabend, S. Mai ISIS und die Umstellung unserer «an,en Industrie auf die Zwecke de» Kriegsbedarfs wirnsam gefordert. Es wäre harte Undill, sic noch länger mit Misstrauen zu behandeln. Und wenn die deutsche Landwirtschaft in ihren etwa» erregten Eingaben der letzten Tage die Opfer auszüblt, die sie gebracht hätte, so werden zur Not auch die Gewerkschaften nicht ohne zureichende Gründe von sich sagen dürfen: auch wir haben geopfert und auch wir sind durch -en Krieg .beunruhigt' worden. Zue Reisch, und Fettnot Don Kommerzienrat Zimmermann-Dammwolde, Mitglied des Reichstags Die erste Bedingung für gute Viehzucht ist die Ernährungs- trage. Die Ernte im Jahre 1915 ans Heldern und Mesen war ungenügend. Noggcn, Hafer, Gerste, Mengekorn ergaben teil weise eine Mißernte. Klee war aus den Feldern durch die lang anhaltende Dürre verbrannt, die Wiesen brachten nur in der Nackmohd einen genügenden Ertrag. Nur die Hackfrüchte, Kar- löffeln, Nunkcln, Wruken ergaben durchschnittlich eine ergiebige Ernte. Infolge des Krieges waren wir von der Einfuhr der not wendigen Gerste sowie von Mais und Kraftfutter aus Nutzland und Üebersee abgeschnitten. Ausländisches Kraftfutter war ent weder gar nicht aufzulrcibcn oder stellte sich so teuer, datz keine Berechnung darin lag, e» zu verfüttern. Diele Landwirte und Viehzüchter sind deshalb gezwungen gewesen, einen Teil ihres Dicks vorzeitig zu verkaufen oder abzuschlachlen. Verlockend für -en Verkauf waren auch die gebotenen hohen Preise. Für diese» Jahr sind die Aussichten wesentlich kesser. Die Wintersaaten stehen überall gut, teilweise sehr gut. Der Klee ist gut durch den Winter gekommen, und die Wiesen sehen üppig aus. Es beginnt die Weidezeit, und somit ist besonders das Nindvich in seiner Ernährung gesichert. Wir werden mehr Milch und Butler haken und auch wohl niedrigere Preise. Früh ling und Sommer bringen uns reichlich Gemüse, so datz wir uns im Benutz von Fieiscy einschränken können. Ohnehin bedarf der Körper während der warmen Jahreszeit weniger Fletsch und Fett. Erwünscht und notwendig ist es, datz die Leute auf dem Lande, die teilweise noch Fleisch und Fett in Ucbcrflutz haben, bet sich ebenso zwei fleischlose Tage in der Woche cinführen, wie es über ganz Deutschland sich als nützlich erwiesen hat. DaS kann aber bei den Landbewohnern weniger durch das Gesetz als durch persönliche Einwirkung seitens der vorgesetzten Behörden. Prediger und Lehrer erzielt werden. Ein freundlicher Appell an die Leute, dieä zum Vorteil unserer Krieger und des gesamten Vaterland zu tun, wird sicher auf guten Boden fallen. Es ist eine Sünde, selbst in Ueberflnsz zu leben und Vorräte ausznhäusen, aber andere ent behren und hungern zu lajsen. Hoffentlich erfüllt die neue Ernte, was die Saaten heute versprechen. Ls darf kein Stück im Garten und Feld unbestellt bleiben. Wir sehen noch nicht da» Ende des Krieges iznd haben rechtzeitig Sorge zu trogen für die Ernährung unserer Helden im Kriege, für die Gesamtbevölkerung und auch für da» Vieh. Um uns für Herbst und Winter zu sichern, müssen mir uns im Abschlacbten von Dieb aufs äutzerstc beschränken. Wir müüen also bi» dahin möglichst viel Rindvieh, Schweine und Schafe sammeln. Fcttvieb bringt der Allgemeinheit mehr Nutzen als Magerv'eh. auch für den Züchter ist ersteres viel vorteilhafter. Hoffentlich können wir vom Auslande Kraftfutter erhalten. Numänien liefert uns setzt einen Teil unseres Bedarfs. Die gewaltsame Abschlachtung der Schweine vor Jahresfrist war ein Fehler und rächt sich heute noch. Der Schweinebestand lätzt sich ober bei guter Fürsorge bi» zur Winkerzeit wesentlich er höhen. die starke und schnelle Vermehrung des Schweines bringt das mit sich. Line gute Hilfe für die Züchter war die Lieferung von Schrot seitens der Kommunalvcrbände. Es wurden den Züch tern für jedes Fctlscbwein, deren Ablieferung sie versprachen, 5 bis 0 Zentner Schrot bewilligt. Die Züchter find im allgemeinen gerne auf diese Verpflichtung eingcgangcn, da mit Kartoffeln und anderen Hackfrüchten, Magermilch u. a. Schweine nicht fett gemacht werden können. Leider mutzte das Schrot zu teuer be zahlt werden, 15', . k für den Zentner, während dem Landmann für das reine Korn nur ll.it gezahlt wurden. Ein Fettschwein von 300 Pfund bringt der Allgemeinheit beinahe soviel Nutzen wie drei Schweine von 15b Pfund, von denen weder Speck noch Schmalz noch gute Wurst zu gewinnen sind. Wie Sparsamkeit an Geld zum Reichtum führt, so können wir auch durch Sparsam keit im Fleischkonsum in kurzer Zeit wieder reich an unseren Viehbeständen werden, besonders an Schweinen. Jeder Viehzüch ter bat dem Vaterlands gegenüber seine Pflicht und Schuldigkeit zu tun, seinen Bestand zu mehren und ;u verbessern. Der Land mann hat sür Getreide, Kartoffeln und Vieh zu sorgen, der Gärt ner mutz viel Gemüse bauen und Becrensrüchte sammeln. Wir Koben dann keine Not wieder an Brot, Fleisch und Fett und Hel sen mit friedlichen Waffen unseren wackeren Kriegern bei der Be siegung aller unserer Feinde. Das Dereinsrecht der Staatsarbeiter Im kleinen Festsaale des Lehrerveretnshouses in Berlin traten gestern zahlreiche Vertreter von sechs grotzcn verbänden von S t a a t s a n g e st e l l t e n und S 1 a a t s a r b« i t e r n zusammen. E» beteiligten sich an der Versammlung der Verband deutscher Eisenoabn- handwerker und -arbeitcr, Sih Berlin, der Zentralverband deutscher Eisenbahner, Sitz Elberfeld, der Bayerische Lisenbahnerverdand, Sih München, der Bund deutscher Telegraphenarbeiter, -Vorarbeiter und -Handwerker, Sitz Berlin, der Verband deutscher Post- und Telegraphen arbeiter, Sitz Bochum-Essen, und das Reichskartell der Staatsangestellten- verbände, Sitz Elberfeld, das gegen 20 Unterdeamtenoerbände umfaßt. Rach vertraulichen Beratungen im Laus« des Nachmittags wurde abends kurz vor 9 Uhr die öffentliche Kundgebung dieses .Vertreler- kageä deutscher Staatsarbeiterverbände' vom Vorsitzenden, Reichstags abgeordneten Ickler mit einer Ansprache eröffnet, in der er die anwesen den Abgeordneten aus Reichstag und Landtag begrüßte. Man sah u. a. di« Abgeordneten Dr. Dove, Vizepräsident des Reichstages, Dr. Struve, Weinhausen, Hudrich, Kopsch, Giesberts'und Behrens, dte zum Teil in Feldgrau erschienen waren. An den Kaiser und den Reichskanzler wurden Telegramme gesandt. Darauf ergriff der Generalsekretär deS Verbandes deutscher Eisenbahnhandwerker und -arbeiter, O. Rtedel, das Wort zu einer eingehenden Beleuchtung des ArbeitSver- iragsrechts in Staatsbetrieben'. Er wies darauf hin, daß sich der Staat in seinen Betrieben ganz einseitig und schroff auf den .Herr-im-Hause-Standpunkt" steile, der die Rechte der Arbeiter fast voll kommen ausschliehe. Der Vortragende betonte — auch der Vorsitzende hatte darauf hingewiesen —, daß selbstverständlich die Arbeiter in Staatsbetrieben gewisse Rücksichten zu nehmen, in ihren Forderungen sich einige Beschränkungen aufzuerlegen Haben, die für Arbeitcr in Privatbetrieben nicht vorhanden sind. Aber die Rechte, die der Staat gewähren könne, ohne nur im entferntesten Gefahr zu laufen, aus den Fugen zu gehen, sollten seinen Arbeitern nicht vorenthalten werden. Daraus sprach Landtagsabgeordneler Schmidt-Trier über das .Koalttlonsrecht der staatlichen Bediensteten'. Er führte auS, daß die Berufsvereine der Staatsbediensteten auf sehr dünner Rechtsgrundlage stehen, und wünschte, datz die Novelle zum Reichs- vcreinsgesctz den Anlatz zu einer Erklärung der Regierung geben möge, datz auch die Vereine der staatlichen Beamten und Arbeiter in ihren Rechten lediglich dem Vcreinsgesetz unterstehen. Die Ausführungen des Redners gipfelten in folgender Entschlietzung, um deren ein hellige Annahme er bat: .Obwohl ß 1 des Vereinsgesetzes grundsätzlich allen Reichs angehörigen daS Recht zur Vereinsbildung gewährleistet, hat die Re gierung ihm bisher die Auslegung gegeben, daß die Rechte deS Staates als Arbeitgebers mit Bezug aus die VereinStätigkeit seiner Beamten und Arbeiter vom Vereinsgesetz unberührt gelassen würden. Diese Auslegung hat in der Praxis ständig zur Beschränkung der Vereinsiätigkeit der staatlichen Beamten und Arbeiter auch in ge duldeten Vereinen geführt. Wenn daher die Befürchtung grundlos werden soll, daß die Rovelle zum Vereinsgesetz für die staatlichen Beamten und Arbeiter belanglos sein wird, weil der Staat ass Arbeitgeber diejenigen Beschränkungen weiter vornehmen wird, die die Novelle der polizeilichen Handhabung entziehen will, dann mutz erklärt werden, datz daü Vereinsgesch auch in vollem Umfang« auf die Verein« der staatlichen Beamten und Arbeiter Anwendung findet, soweit nicht andere rcichsgesetzliche Bestimmungen dem entgegenstehen.' Inzwischen war vom Reichskanzler eine Antwort eingelaufen, in der er , den zu gemeinsamer Tagung versammelten Vertretern deutscher Staatsarbeitcrverbände für die freundlich« Begrüßung" dankt und wünscht, datz ..die guten Wünsch« für ein« glücklich« Zukunst deS deut schen Volkes in Erfüllung gehen" mögen. Die Entschlietzung wurde dann einmütig angenommen. Kleine Kriegsnachriryten Graf Dohna beim König von Bayern. König Ludwig empfing gestern im Schlotz Leutstetten den Burggrafen zuDohna-Schlodien, den Kommandant der «Möve', in Audienz. Anschließend daran wurde er auch von der Königin empfangen und hieraus zur königlichen Tafel geladen. * Der ehemalige Kolmarer Bürgermeister Blumenthal hat, wie aus Paris gemeldet wird in 50 großen französischen Städten einen Vortrag über den künftigen Frieden ge halten, in dem er seine frcmzösiscvcn Hörer zur Ausdauer und zur letzten Kroftanstrengung ermahnte, ,5m ..L'Oeuvre" gibt er den Inhalt dieses Vortrages wieder. Er gipfelt darin, datz ein Friede nur geschlossen werden könne, wenn die deutsche Armee vernichtet sei und der Krieg aus deutsches Gebiet getrogen würde. Die Zeppelinongrifse gegen die schottische Küste haben, wie die Time»" melden, den ganzen Eisenbahnverkehr gelähmt. Sämtliche Züge wurden stundenlang zurückgchalten, brvor sie die Reise fortsetzen kennten. * Meuterei indischer Truppen in Mesopotamien. Dem ..Basier Anzeiger" zufolge bestätigt die Londoner Zeitung „Indiaman" in einem in Indien ausgesertigten Bericht, datz das vornehmste indische Regiment, daS 15. Lancers-Regiment, sich in Mesopotamien weigerte, den weiteren militärischen Befehlen gegen die Mohamme daner zu gehorchen. * Pasitfch in Petersburg. Der russische Minister des Aeuhrr» Ssasonow gab gestern zu Ehren des in Petersburg weilenden serbischen Ministerpräsidenten Pasitfch ein Frühstück, an dem Ministetvräsidenl Stürmer und die Präsidenten der Duma und des ReicySrateS lesinohmcn. Politische Nachrichten * Der Reichskanzler und die preußische Wahlreform. Im Wahl verein der Fortschrittlichen VolkSpartci zu Stettin hat jüngst, wie der .Voss. Ztg." geschrieben wird, Iustizrat L i p p m a n n - Stettin über die Tätigkeit des Landtags Berich« erstattet. Er behandelte aber auch die Lage der preußischen Wahlreform und führte dazu u. a. aus: .Ich glaube mitteilen zu dürfen, datz wir, d. h. die drei Vorstandsmitglieder der fortschrittlichen Fraktion im Landtage, einige Wochen vor dessen Eröffnung beim Reichskanzler waren. Wir wollten ihn fragen, ob die Regierung gesonnen sei, eine Wahlresorm zu machen und dem Volke weitere Recht: zu geben, und wenn ja, wann und wie die Regierung diese Dinge in die Wege leiten wolle. Aus der fast einstündigen Audienz haben ich und meine Freunde die bestimmte Ueberzeugung mitgenommen, dch der Mann, mit dem wir sprachen, wirklich willens ist, eine solche Reform zu machen, datz er voll anerkennt, datz es ein Gebot der Stunde, der nächsten Stunde ist. Daß während des Krieges eine Wahlreform nicht gemacht werden kann, ist selbstverständlich. Aber die Thronrede gibt di« Hoffnung, die Gewißheit, datz sie nach dem Kriege kommen wird.' O Von einer Gefährdung des Kriegssleuergesetzes weih eine der Regierung nahestehende Berliner Nachrichtenstelle zu berichten. Es handle sich einmal um die Belastung der Einkommensver mehrung ohne Vermögens zuwachs neben der Steuer auf den Vermögenszuwachs. Dagegen spricht zunächst das grundsätzliche Bedenken, daß hier eine Reichseinkommensteuer geschaffen werden soll, gegen »die sich die Bundesstaaten bisher mit aller Entschiedenheit aufgelehnt haben. Weiterhin aber gehe der KommissionSbeschlutz von der irrigen Auffassung auS, daß ein Mehreinkommen während des Krieges, das zu einem Vermögenszuwachs nicht geführt hat, aus Grün den der Gerechtigkeit als ein geeignetes Objekt der Besteuerung an zusehen sei. Diese Auffassung berücksichtigt aber nicht im geringsten die außerordentlichen Ansprüche, die heute durch die enorme Steige rung der Lebensmittel und notwendigen Gebrauchsgegenstände an daS Einkommen gestellt werden. Zum zweiten aber gefährde die Erhebung einer vierten Rate des Wehrbeitrags das Kriegssteuergeseh. Diesen Eingriff in ihre Finanzhoheit könnten sich die Bundesstaaten trotz der auhergewöhnlichen Umstände nicht gefallen lasten, und sie ^us^vadl am ?Iat26. VorneLmktei' 0686km aek iv 86tLVV6r8t6I" reine«- Leilie M 9S ab IUK. 1» — .W..»— Deutsches Erbe -Lj Roman auS dem Baltenlande von Lena Votz. < <»NVrl!?>>I >>v Oi-et^Icin L ( n. U. m. t> N. I.eipxtx «Slk. Kopfschüttelnd gab der Vatcr nach. Die Psiegceltern aber schlugen vor, Lco möge bei ihrem sehr tüchtigen Inspektor in die Lehre treten. Er könn^ dann sein Zimmer im Schloß behalten und die Abende dort verbringen. Die Tagesarbeit würde cs da gegen erfordern, daß er an den Mahlzeiten im Inspcktorhause reilnehme. So geschah es denn auch. Leo stand fiüh aus und widmete sich seinem neuen Beruf mit staunenswertem Eifer. Die jungen, schlanken Glieder dehnten und strccklcn sich bei der Arbeit, er wurde groß und kräftig. Wenn er Sonntags daheim war, so freute sich der Vater an des Sohne» schwellender Kraft, an der Reife seines Geistes und an dem Ernst, den er seiner Sache weibde. Nur die kindische Laune mit dein Waldhäuschen stimmte nicht zu seinem sonst so verständigen Wesen. Der General dul dete sic aber nachsichtig und litt eü, datz sein Zimmermann nach Leos Angaben das Blockhäuschen vergröberte. Es entstand ein neues geräumiges Zimmer mlt breiten Fenstern nach Süden und einer nolzgcdeckten Veranda. Es wurden Tische, Banke und Bettgcsielle anacfertigr, die erste Grundlage zur inneren Ein richtung. Leo konftc Schlösser, die er selbst an die Türen nagelte, und war glückselig, als er den Schlüssel seine» eigenen Hauses, seines künftigen Paradieses, in der Tasche fühlte. Die Baronin fand diese Liebhaberei zwar höchst eigentümlich, nahm aber doch lebhaften Anteil daran und fuhr eines Tage» s?lbst zu dcr Einsiedelei. Sie schlug allerlei Verschönerungen vor, ließ einige grohe Bärenfelle aus dem Schlotz hinschaffen, auch Kissen, Decken und grobgewebtc Teppiche, sowie Haut- und Tischgerät, wobei sie sorgsam darauf achtete, datz der Eindruck des Ursprünglichen, Seldstgeschoffenen streng gewahrt blieb. Es entstand so nach und nach ein reizendes, kleines Besitztum, bat schließlich so vollständig ausgcstattet war, daß et einet dauern den Hüters bedurfte. Mikkel, der Ekcmann der Köchin Liebe, war soeben aut dem Militärdienst entlassen, und da in dem Gutsdetricbe von Neuhof sich keine passende Steile für ihn fand, willigte der General gern ein, ihn alt Feldhüter in Leos Häuschen zu setzen. Glücklich hielt dat wieder vereinte Paar seinen Einzug. Mikkel besserte den verfallenen Schuppen aut, und mit Stolz brachte Liede den Haupt- bcsiandteil ihrer Aussteuer darin unter: eine Kuh und zwei Schafe, die bisher auf dem Hcrrschaftshos für sic mit durchgefüttert waren. Baron Thurn schenkte Leo ein echtes Bernhardiner Hünd chen, das zum Wächter der Einsiedelei hcrangezogen werden sollte, und beauftragte seinen Gärtner, einige Obstbäumc und Beeren sträucher an die freie Südseite des Häuschens zu pflanzen. Diese Güte bedrückte Leo sehr. Wie ein heimliches Un recht empfand er seinen phantastischen Hciratsplan der liebens würdigen Familie gegenüber, die ihm nur Gutes erwies. Er tröstete sich aber immer wieder mit der stillen Hoffnung, datz Lisa zur Vernunft kommen würde und ihn« Zeit lasse, bis seine Aus bildung und seine Steilung ihn berechtigten, offen um sie zu werben. Wie selten sah er seine kleine Braut. Noch Wolgalcn war sie seit der Tanzstundenzeit nicht wieder gekommen, man fand ihre Erzieherin unangenehm, und ohne eine solche wollte ihre Tante sic nicht bei sich haben. Lisa hingegen war von Mlie. Duplingöre sehr erbaut, sic war die erste Lci-rerin nach ihrem Ge schmack: sie glaubte alles, was ihre Schülerin sagte, und tat alles, was diese wollte. Geduldig stickte sic an einem riesigen Leinen vorhang, ein Geschenk für Frau von Hohifcldt, wie Lisa schwin delte, in Wirklichkeit war er sür das Waidhäuschen bestimmt. Also hatte Lisa beschlossen, diese Dame zu behalten. Leo fuhr wohl ab und zu nach Goldingen und machte bei Hohlfeidts seinen Besuch, aber Mutter, Erzieherin und drei er wachsene Schwestern bildeten eine fünffache Mauer um seine Liebste, die in musterhafter Sittsamkeit ganz entfernt von ihrem Schatz saß und ibn kaum anzusehen wagte. Manchmal kam ein günstiger Augenblick, unerwarteter Besuch, ein Auseinander schwärmen der Gesellschaft in verschiedene Zimmer oder in den Garten, dann fühlte Leo plötzlich einen zärtlichen Händedruck, einen warmen Hauck auf seiner Wange, er hörte ein geflüstertes Kosewort — und in der nächsten Minute sah er Lisa andächtig über die Stickerei einer alten Tante gebeugt mit dieser plaudern. Einige Male war es ihm auch gelungen, Lisa im Taubenschlao zu treffen, wo sie ab und zu ihre Freundin Lmmn besuchte. Dort ging dat Leben seinen munteren Gang weiter. Die Kinder waren herangewachsen, und die kluge Frau Kotty spann ihre ZukunftS- plänc. Ihre zweite Tochter Emmy war wenig begabt, aber praktisch und leidlich hübsch, mußt« also gut verheiratet werden. Sie rich tete daher ihr Augenmerk ans Hellwig, der sich in seinem grohen Pastorat recht einsam fühlte und gern der freundlichen Aufforde rung folgte und oft zu zwanglosem Besuch in das gastliche Haus kam. Frau Neumann jedoch, die im Doktorhause festen Fuh ge fotzt hatte, beschloß, Hellwig für ihre Ida einzufangen. Die ver bitterte, kränkliche Frau kämpfte mit Fanatismus für die Zu kunft ihres Kindes und sah in einer guten Heirat das einzige Mittel, Ida als vollberechtigtes Mitglied in jenen Kreisen aus genommen zu sehen, die sic durch ihre eigene mißliche Ehe ver loren hatte, und es schien, alä sollte ihr Wunsch sich erfüllen. Idas frisches, natürliches Wesen hatte es dem jungen Pastor angetan. Offen zeigte er sein Interesse sür das blühende Mädchen und wartete nur auf eine günstige Gelegenheit, sich zu erklären. Frau Neumann strahlte, daß sich dieses Mal alles so nach ihren Plänen entwickelte, und benützte die erste passende Ge legenheit, den willkommenen Freier aus ihr Gut einzuladen. KattyS wachsamen Ohren aber entging nichts, sie hörte ihre Cousine mit Hellwig den nächsten Weg nach Bchrsen besprechen und trat rasch dazu: .Die Straße über Neuhof ist bei Rcgenwettcr so grundlos, datz Ihre Pferde nicht durchkommen werden. Siche rer ist es. Sie wählen den Umweg über Goldingen, lieber Herr Pastor, steilen Ihr Gespann bei uns ein und fahren mit uns zu sammen weiter, wir planen auch schon lange einen Besuch bei den lieben Verwandten, und ich denke, unser junger Freund Leo benützt auch die Gelegenheit, einmal bei Neumanns seine Auf wartung zu machen." Hellwig war dieser Vorschlag nicht so ganz recht, er wäre lieber nicht in so groher Gesellschaft gefahren, doch kam der Doktor dazu, und die Sache wurde abgemacht, ehe er etwas er widern konnte. Einige Tage später fuhr man dann in Philippi» viersihlgem Wagen nach Behrsen. .Emmy nehmen wir nicht mit', hatte Katty beim Einsteigcn sehr vernehmlich zu ihrem Gatten gesagt, .für junge Mädchen ist es nichts -ort im Hause.' Hellwig grübelte während der ganzen Fahrt schweigend über diesen rätselhaften Ausspruch nach, Leo hingegen freute sich der willkommenen Abwechslung und unterhielt sich eifrig mit dem Doktor. Nach zweistündiger Fahrt langte man in Behrsen an Das Wohnhaus war ein stattlicher Holzbau, von hohen Lin den umgeben. Eine Schar Hunde empfing die Ankommenden mit Gebell, der Hausherr begrüßte seine Gäste auf der Frelkreppe. (Fortsetzung tn der Sonntags-AuSgabeI
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