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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.05.1916
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1916-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19160511024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1916051102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1916051102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-05
- Tag 1916-05-11
-
Monat
1916-05
-
Jahr
1916
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Seite 2. Nr. 238. Abend-Ausgabe neulich aussprach, so wird es uns bereit finden zum End. Kampf. Unsere schärfste Waffe wird inzwiscyen nicht gerostet sein: im Gegenteil, ste wird von Monat zu Monat furchtbarer in unserer Hand, und, must et wirklich hart auf hart kommen, wird uns keine Macht der Welt zwingen können, sie beiseite zu stellen, wenn nur durch ihre Anwendung die Lebensinkeresten unseres Volkes gewahrt werden können. * vrb. London, ll. Mai. (Drahtbertcht.) .Times' erfahren auS Washington: Die Anhänger des Präsidenten erklärten, dast dieser setzt bestimmt sein letztes Wort gesprochen habe, und dast, wenn die vereinbarten Bedingungen nicht eingehalten würden, ein Bruch ganz von selb st folgen würde. Die Presse stimme im allgemeinen mit dieser Auffassung überein, nur die Leute, die jederzeit eiwaS an der äußeren Politik der demokratischen Partei auSzusehen hätten, schienen skeptisch und betonten, dast über alle in den letzten Wochen vorgekom menen Angriffe auf Schiffe verschiedener Nationalität, die ohne vor- herige Warnung auSgesührt worden seien, kein Wort gesprochen wor den sei. vtk. Köln, 10. Mal. (Drahtbcrichk.) Die .Köln. Zig." führt zur amerikanischen Antwortnote aus: Trotz seiner Weigerung, die Dinge im Zusammenhang zu sehen, wird Wilson nicht umhin können, auf die nunmehr halbjährig hinausgeschobene Antwort Englands auf seine große Beschwerdenote zurtickzukommen. jedenfalls ändert Wilsons Ant wortnote nichts an der deutschen Erklärung, wonach für uns ein ganz enger Zusammenhang zwischen Englands völkerrechtswidri ger Blockadepolitlk und unserem Tauchbootkricg besteht. Kriegsverrat Die Rechtsfragen des Falles Liebknecht Von Dr. jur. Fritz Auer-Berlin Durch den Bericht des Abgeordneten v. Payer im Gcschäsls- -rdnungsausschusz des Reichstages hat die Öffentlichkeit Näheres Aber das Verbrechen des Abgeordneten Dr. Liebknecht er fahren. Wir sagen ausdrücklich .Verbrechen". Denn eine Hand lung, dle mit Zuchthaus oder Festung von mehr als fünf Jahren bedroht ist, ist nach dem ersten Paragraphen des deutschen Straf gesetzbuches kein Vergehen mehr, sondern ein Verbrechen. Lieb- unecht hat Landcskriegsverrat nach 8 89 St.G.B. be gangen. Er hat an jener sog. .Friedenskundgebung" am 1. Mai auf dem Potsdamer Platz zu Berlin nicht etwa nur teilgenommen, sondern er ist Verfasser jener Flugblätter und Handzettel, die er verteilte, und deren Inhalt eben den Tatbestand des 8 89 erfüllt. Dle Erklärung des Abgeordneten v. Payer, .schon im Frieden würde das Flugblatt den Tatbestand des 8 89 darstellen", ist etwas irreführend oder vielleicht in dem an die Presse gegebenen Bericht irrig gefaßt, denn 8 89 gilt nur in Kriegszeiten. Der Landesverrat in Friedenszeiten (8 87 St.G.B.) besteht darin, dast ein Deutscher sich mit einer ausländischen Regierung cinläht, um diese zu einem Kriege gegen das Deutsche Reich zu veranlassen. Der Landesverrat in Kriegszeitcn (8 89) dagegen ist etwas ganz anderes. Er besteht darin, dast ein Deutscher vorsätzlich einer feindlichen Macht Vorschub leistet oder unserer Kriegsmacht Nachteil zufügt. Man beachte nun den Unterschied in den Aus drücken .feindliche Macht" und .Kriegsmacht". An Stelle des Wortes Kriegsmacht stand vor dem Acnderungsgesetz des Iahres 1893 zu lesen: .Truppen", was ungefähr dasselbe bedeutete. Unter .feindlicher Macht" aber ist der gegnerische Staat zu ver stehen, dem der Landesverräter durch seine Bestrebungen Vor schub leistet. Man scheint sich über den Ernst des Falles Liebknecht immer noch allzu leichte Vorstellungen zu machen. Wenn .der Mann", wie so mancher Zwischenruf im Reichstag und Abgeordnetenhaus bet den Tiraden Liebknechts meinte, .krank' wäre, so könnte man ja die Akten schließen. Dagegen aber wird sich Liebknecht selbst zäh verwahren, und deshalb wird ihn dle volle Schwere des Gesetzes treffen. Liebknecht ist Armierungssoldat. Er wird von der militärischen Gerichtsbehörde abgeurteilt. Das Verfahren richtet sich nach der Militärstrafgerichtsordnung, die Beurteilung des Landesverrats jedoch nach dem Bürgerlichen Strafgesetzbuch, nicht nach dem Militärstrafgesetzbuch. Dem Nichtjuristen er scheint dies auf den ersten Blick vielleicht etwas merkwürdig und kompliziert. Die einfache Auflösung des Rätsels ergibt sich auS 8 S6 des Milttärstrafgesehbuchs, welcher lautet: .Auf eine Person des Soldalenstandes, die sich eines Hochverrats oder Landesverrats schuldig macht, finden die Borschristen des deut schen Strafgesetzbuches (8880—93) Anwendung." Bemerkenswert ist, dast der zweite Absatz des 8 89 dem Richter gestattet, neben der Festungshaft auf Verlust der be kleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte zu erkennen. Bei Verurtei lung zu Zuchthausstrafe würde der Verlust öffentlicher Aemter von selbst einkreten, wozu, nebenbei gesagt, auch die Anwaltschaft gehört sß 81 Strafgesetzbuches). Den Verlust des Abgeord- netenamks kann (nicht must) der Richter neben der Zucht hausstrafe aussprechen (88 82, 33). Ein beachtenswerter unter schied. jedenfalls ist es der Wille des Gesetzgebers in 8 89, daß der Richter einem Landesverräter Advokatur und Abgeordneten- Deutsches Erbe »4s Roman aus dem Baltenlande von Lena Botz. L O». 0. m. k. ll. b»Ipri- 1S1L Lisa hatte aber Zeit gehabt, über Entschuldigungen nachzu sinnen, setzte eine gekränkte Unschuldsmiene auf und erzählte Märchen von ziellosem Ritt, zufällig erweckter Neugier beim An blick des Häuschens und dergleichen mehr. Ihr Gatte suchte sie durch geschickte Fragen in Widersprüche zu verwickeln und geriet in Hellen Zorn, als sie sich ihm mit stets neuen Ausflüchten ent wand. Er kannte sich selbst nicht mehr. Seine Augen waren rot unterlaufen, er hielt die zarten Handgelenke der geliebten Frau wie in eisernen Klammern und schüttelte dle bebende Gestalt mit brutaler Kraft, bis ste, von Todesangst erfaßt, alles gestand. Da war sein Zorn verraucht, aber eine schmerzliche Enttäuschung blieb in seiner Seele. Lisa hastete an ihm vorbei, um durch die Küche den Ausgang zu erreichen. In der Tür prallte ste auf den Zwerg, der gehorcht yakte. .Bringe mein Pferd!' befahl sie kurz. Wie der Wind lief Iurre dem Stall« zu. Grünblatt, der Reitknecht, führte die beiden Pferde seiner Herrschaft vor und half Lisa beim Aufstelgen. Gleich darauf er schien auch Leo in Thurns Begleitung, der ihm die Hand schüttelte und ihn recht vernehmlich ausforderke, den Besuch bald zu er widern, er zwang sich sogar zu einem Scherzwort um der dabei stehenden Leute willen. Leo verstand ibn und begleitete seine Ant wort mit höflichem Lächeln. Dann keyrke er in seine stille Klause zurück, ohne den davontrabenden Reitern nachzuschauen. Unterwegs hielt Bodo sich dicht an Lisas Seite. .Ich verabscheue dich!' sagte Lisa — .laste mich doch allein. Noch heute beantrage ich Scheidung. Ich kann nicht länger bei dir bleiben." .Es wird wohl das beste sein', entgegnete Bodo, .du fährst noch heute cckend zu deinen Eltern. Dort kannst du dir di« Sache in Ruhe überlegen.' Lisa erschrak. Das war sa das Nächstliegende, ober auch das, was ste am meisten fürchtete, mehr noch als BodoS Zorn. Sie schwieg und überdachte ihre Lage. Wenn Leonid sich nicht so un Leipziger Tageblatt Donnerstag, 11. Mai ISIS eigenlchaft absprechen darf, auch wenn dieser nur mit Festungs haft bedacht we»den sollte. Liebknecht wird übrigens nicht nur wegen Landesverrats vor den Richetr treten müssen. Er hat sich auch des Widerstan des gegen die Staatsgewalt schuldig gemacht, als er seiner Verhaftung körperliche Gewalt entgegensetzte. In Be tracht kommt der 8^ 113, mit dem sich — recht beschämend für den .Volksvertreter' Liebknecht — sonst meist nur Betrunkene oder Einbrecher in Konflikt setzen. Ob endlich auch der 8 130 des Strafgesetzbuchs herangezogen wird, der denjenigen mit Geldstrafe oder Gefängnis bedroht, der .in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Ge walttätigkeiten gegeneinander öffentlich anreizt',' erscheint noch fraglich. Es kommt wohl daraus an, ob die Anklage mehr auf die eigentümlichen Maifeier-Pläne Liebknechts oder auf seine noch eigentümlicheren Friedensbestrebungen das Schwergewicht legt. Im letzteren Falle schlägt der Begriff des Landesverrats derart durch, daß für eine besondere Beachtung anderer strafbarer Ab sichten kein Raum bleibt. In jedem Falle weih die Öffentlichkeit der überwiegenden Mehrheit des Reichstags Dank, daß sie von der bisherigen Praxis der Hastaufhebung um deswillen abge wichen ist, weil ein so schweres Verbrechen eines Abgeordneten unerhört und ohne Vorgang ist. Zur Lebensmittelteuerung Die dringende Forderung einer allgemeinen Rege lung der landwirtschaftlichen Erzeugung erörtert in einem längeren, sehr beachtenswerten Artikel der .Köln. Ztg." der Erste Beigeordnete der Stadt Köln, Adenauer. Ein Wirtschaftsprogramm müsse an allererster Stelle eine Regelung der landwirtschaftlichen Produktion, ein A n b a u p r o g r a m in enthalten. An zweiter Stelle komme die möglichste Steigerung dieser Produktion und erst an dritter Stelle die richtige Ver teilung der planmäßig erwirtschafteten Vorräte. .Unsere Landwinschast", so heißt es weiter, .war vor Kriegs beginn nicht daraus eingestellt, uns mit allen notwendigen NahrungS- und Futtermitteln zu versorgen. Durch willkürliche Verschiedenheiten in der tzöchstpreisiestschung für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse wurde ein großes wirtschaftliches Durcheinander an- gerichtet. Daß der Landwirt das anbaut, woran er am meisten ver dient, ist klar. Auf diesem Gebiete können wir noch recht böse Ueberraschungen erleben. Auch auf dem Gebiete der Viehwirtschast ist die ProduktionSrcgelung nötig. Seit dem Verbot der Hausschlachtungen weigern sich die kleinen Landwirte, die bisher meh rere Schweine mästeten, weiter zu mästen. Würden sie auf Grund einer landwirtschaftlichen Produktionsregelung verpflichtet sein, eine bestimmte Menge Schweine zu mästen, so würde bas Verbot der HauS- schlachtungen diese traurige Erscheinung nicht gezeigt haben. Adenauer verlangt endlich der Gefahr vorzubeugen, möge die Produktionsrege lung auch für manche Teile unangenehm sein. Dies dürfe hier nicht ent scheidend sein." Die Leser des «Leipziger Tageblattes" erinnern sich, daß wir an dieser Stelle vor Monaten bereits die gleiche Forderung auf gestellt habe«, sehr zum Aerger gewisser .Anreiz -Politiker, die einen Einfluß auf die landwirtschaftliche Erzeugung nur durch möglichst hohe Preise erreichen zu können glaubten. Auch wir haben wie der Kölner Beigeordnete Adenauer darauf hingewtesen, daß wir noch recht böse Ueberraschungen erleben können, wenn wir nicht rechtzeitig dafür sorgen, daß die Landwirtschaft ge zwungen wird, die Erzeugnisse anzubauen, dle wir zur Ernährung unseres Volkes am notwendigsten brauchen. Leider steht zu be fürchten, daß diese Ueberraschungen wirklich kommens werden, da ja ein Anbauprogramm auch für dieses Iahr nicht aufgestellt worden ist. In München hatte gestern der Agrarpolitiker Dr. Heim die Mitglieder des Vorstandes seines christlich-bay rischen Bauernvereins versammelt und in schärfster Form gegen die einzelnen Regierungen wegen der Lebensmittelfürsorge Stel lung genommen, weil ihre Maßregeln meistens zu spät gekommen seien. Mit solcher billigen Kritik wird jetzt nichts mehr gebessert. Aber auch was der .Bauerndoktor" als Heilmittel vorschlägt, kann uns nicht in allen Punkten gefallen, namentlich sein vom bayrischen partikularistischen Standpunkt auS gefordertes Verbot der Ausfuhr von Butter und Fett auS Bayern, sowie die gewiß nicht im Interesse der Allgemeinheit liegende Forderung, daß der Einkauf von Körnerfrüchten und Futtermitteln wie sonstigen Lebensmitteln im AuSlande für die ersten FrtedenSmonate ver boten werden solle. Was sonst der bayrische Bauernverein for derte, ist so selbstverständlich, daß man sich damit nicht weiter zu beschäftigen braucht. Die Reichssteuervorlagen AuS Aelchstagskrelsen wird uns geschrieben: Die Verhandlungen lm Reichstage wegen einer Ver ständigung über die Reichssteuervorlagen sind noch im Gange; es läßt sich aber noch nicht übersehen, auf welcher Grundlage sich Mehrheiten für die einzelnen Gesetzentwürfe zu- sammenftnden werden, da zwar der Mllle besteht, die von der Re gierung angeforderte Deckung zum Ausgleich des Etats für 1916 zu befchaffen, während über wichtige Einzelheiten der Äusschuh- ergebnifse die Meinungen noch auseinandergehen. Der Wider stand gegen den Warenumsatz st emoel ist stärker ge worden, und der Wehrbeltrog begegnet fortgesetztl^hafien Bedenken. Auch über daS Schicksal der Tabaksteuer läßt sich noch nichts Sicheres sagen. Für den QuiktungSstempel, wenn auch in einfacherer, weniger lästiger Form, sind neuerdings größere Körperschaften eingetreten. FrachturkundenstempH und Erhöhung der Postgebühren sind weniger stark gefährdet. Es ist indes anzonehmen, daß Mittel und Wege gefunden werden, die erforderlichen Geldmittel mit einer großen Mehrheit Mstanbezu- brtngen. IedenfallS wird ein solches Ergebnis im Reiche all' gemeine Zustimmung finden. * . * * Kronprinz Wilhelm ist unterm 6. Mai, seinem Geburts tage, nach einer Mitteilung im amtlichen Teile des .Milttär- Wochenblattes" unter Belassung in seinen sonstigen Stellungen zum Chef des 2. Schlesischen Iäger-Bataillons Nr. 6 ernannt worden, dellen Friedensstandort sich in Oels befindet. ' König Ludwig über da» KriegSziel. König Ludwig von Bayern hat gestern aus Anlaß der hundertjährigen Zugehörigkeit der Pfalz zum Königreich Bayern eine Abordnung aus der Pfalz empfangen. In seiner Ansprache sagte der König: Wir stehen mitten tm Kriege. Wann er enden wird, wissen wir nicht: aber daß wir nicht besiegt werden, wissen wir, und wir wollen keinen Frieden, der uns nicht «ine bester« Stellung gibt, als wir jetzt haben. Unsere Feinde zerschellen am Deut schen Reich, an der Kraft seiner und seiner treuen Verbündeten Heere. Wir bringen die schwersten Opfer an Gut und Blut, aber auch Opfer in der Heimat, wo dem Bolke harte Entbehrungen auferlegt sind. Daß das Volk davor in aller Zukunft verschont bleibt, das ist daS Ziel, das wir beim Friedensschluß erreichen müssen. ' Die bulgarischen Abgeordneten sind gestern abend von Berlin nach Kiel abgereist. Als der Zug abfuhr, riefen die Zurückbleibenden: ..Hurra! ES lebe Bulgarien!" Die Abgeordneten erwiderten: .Es lebe Deutschland!" * Hochzeit im Hause Zeppelin. In der Darmstädter Pauluskirche fand gestern die Trauung des Grafen F erdinandZeppelin mit der Gräfin MariettevonAlvensleben statt. Der alteGrafZeppelin, der Onkel des Bräutigams, wohnte der Trauung bei und wurde von dem zahlreichen Publikum lebhaft begrüßt. Nach beendeter Trauung umkreiste ein Zcppelinluftschiff die Kirche. * Der Verband der unteren Post- und Telegraphenbeamten hat an den Reichstag eine Eingabe um Bewilligung allgemeiner Teuerungs zulagen gerichtet. Es werden hierin unter Hinweis auf das Vorgehen in Oesterreich, in einzelnen Bundesstaaten des Reiches und in zahlreichen Gemeindeverbänden folgende Zulagen für die Dauer der Kriegskeuerung erbeten: Für alle unteren Beamten, die unverheiratet oder kinderlos verheiratet sind, monatlich 10 .4t (seither unberücksichtigt): für alle ver heirateten Beamten mit drei oder weniger Kindern monatlich 20 ^it (seither 12 «4t): für alle verheirateten unteren Beamten mit mehr als drei Kindern monatlich 25 «4t (seither bei vier Kindern 16 «4t und 4 «4L für jedes weitere Kind). * Dle Uuabhängtgkeitsbewegung in China. Die Petersburger Teie- graphenagentur meldet aus Prking: Zum Gouverneur der Provinz Ziztkar ist Bupupfan ernannt worden. Zum Vizegouverneur Ist der mit den Südchinesen sympathisierende Sujlanschou ernannt worden. .Nowoje Wremja" meldet aus Chardin: Die Garnison von Ziztkar hat den bisherigen Gouverneur entfernt und einen neuen gewählt und dle Unabhängigkeit der Provinz Zizikar von der Regierung in Peking erklärt. Das anglisierte Frankreich (r.) Zürich, 10. Mai. (Eig. Drahtbericht.) Heber diefrled - liche Eroberung Frankreichs durch die Englän der macht Maurice Dekobra im Pariser .Iournal' vom 6. Mai einige bezeichnende Angaben: .Da die englische Armee nun schon so lange eine Reihe franzö sischer Ortschaften beseht hält, so hat sich eine Anzahl von Maßregeln ergeben, die den Franzosen seltsam anmuten, aber den praktischen Geist unserer Verbündeten bezeigen. (Der .praktische Geist" der englischen Verbündeten wird sich eines schönen Tages auch darin bezeigen, daß sie Calais für sich behalten! Dle Schrlftltg.) Zuerst kam eS darauf an, den verschiedentlichen Fahrern und Kutschern beizubringen, daß man in Frankreich nach rechts auszuweichen hat und nicht nach links, wie das in England Brauch ist. Daher die zahllosen Schilder mit dem fremdsprachlichen: .Keep to tke rixbt!', die meilenweit jeden Kreuz weg und jede Straßenecke zieren und an Hunderte von Bäumen genagelt sind. Auch hat es die englische Militärbehörde für unerläßlich gehalten, den Straßen und Wegen Namen zu geben, die sich leicht dem Se- dächknis der englischen TommieS «inprägen. Daher sollte man sich nicht allzu sehr verwundern, wenn man mitten in einem urfranzvstfchen Dorf an der Somme oder im PaS de Calais auf Namen stößt wie Charing-Groß-Road, High Street, King s Road usw. usw., die einen unwillkürlich im Geiste nach London versetzen. Mein Erstaunen war oroh, als ich eines Tage- einen englischen Gendarmen fragte, wo der Regimentsstab zu finden sei, und die wie selbstverständlich abgegebene Antwort erhielt: .Gehen Sie Piccadilly hinunter, halten Sie sich auf dem Trafalgar Square halblinks, dann sehen Sie schon den Posten." Da fehlte wahrlich bloß noch die Nelsonsäule.' Auch dte Kann noch kommen, wenn sie dann auch statt Nelsons Züge vermutlich dle eines englischen Zeitgenossen kragen dürfte, der die englische Kolonisation des französischen Nordwestzipfels in dle Wege leitete. versöhnlich gezeigt — zu ihm wäre ste geeilt, ohne Rücksicht auf das Urteil der Welt. Aber nach Hause, unter die Polizeiaugen der Schwestern, denen sie soeben erst entronnen war! Sie sann und sann und sah ein, daß es so kommen mußte, daß ste nirgends Unterkunft sand, wenn ste Bodo verließ. Schweigend legte daS Ehepaar den Weg zurück. Im Schloß hof half Thurn seiner Frau vom Pferde, obgleich der Diener her- veieilte. Dom Korridor aus betrat er sein Arbeitszimmer, während Lisa, von der Jungfer erwartet, in das ihre ging. .Ich habe für gnädigste Frau Baronin das blaue Kleid zu rechtgelegt', schwatzte die Zofe, .und ich glaube, wir haben noch Zeit, bis zu Ttfch dle neue Haarfrisur zu machen, dle gnädige Frau Baronin gestern tm Modenblatt au-suchten? Während Lisa sich den geschickten Händen ihrer Dienerin überließ, dachte ste, wie hübsch eS doch fei, seine eigene Kammer jungfer und sein eigenes Ankleidezimmer zu haben, waS ihre Schwestern daheim entbehren muhten. Und dann überlegte ste, daß es doch welk angenehmer fei, als Hausfrau zu herrschen, denn als Haustochter zu gehorchen, und daß von den zwei uebeln, dle ste bedrohten, Bodo das kleinere sei. .Ich muh ibn versöhnen und unter allen Umständen einen Eklat vermeiden . war der Schluß ihrer Bettachtungen. Die Iungfer kniete vor ihr und streifte ihr die seidenen Strümpfe über. Es war ein blutjunges Lettenmädel, aber klug und anstellig. .Wie hübsch die kleine Madd« lst', dachte Lisa und sah auf dle feine Halsltnte des knienden Mädchens und auf das weiche lockige Haar, das kupferrot leuchtet« im Licht der Hängelampe. .Ia, ja, unsere baltischen Eckäferfiundenü Die geben gute Dienst boten, denen der Sinn für unsere höheren Bedürfnisse an geboren ist!' Madde war fertig mit ihrer Arbeit und sah aus. In ihren grauen Augen, die von langen, schwarzen Wimpern halb ver schüttet waren, lag «in trauriger Ausdruck. .Fehlt dir etwas, Madde?' fragte Lila, dle «inen Blick in den Spiegel warf. DI« reizend« Frisur, die Mabdes zierliche Finger ihr zurechtgebaut, stimmte sie leutselig gegen die geschickte Dienerin. .Ach, gnädige Frau Baronin', stammelte das Mädchen schüchtern, .der alte lettische Lehrer im Dorf gcht bald ab und mein Bruder möchte so gern sein Nachfolger werden, aber der Herr Baron will ihm nicht dle Bestätigung geben, well er in einem Seminar im Innern Rußlands ausgebildet ist. Aber er ist ganz gewiß kein Nihilist, er ist unseren deutschen Herren ebenso treu ergeben, wie ich es bin. Wenn gnädige Frau Baronin ein gutes Wort für meinen Bruder einlegen wollten bei dem gestrengen gnädigen Herrn.' Lisa lächelte ihrem verführerischen Spiegelbilde zu und sagte gutgelaunt: .Wir wollen sehen, was sich machen läßt', dann begab sie sich frischen Mutes in Bodos Schreibzimmer. Finster vor sich hinsiarrend, sah Thurn im Lehnstuhl. Zer ronnen war der schöne Travm von Glück, Liebe und Treue. Sein vergöttertes Weib hatte ihn getäuscht — und er, von Eifersucht on- Wahrheltstanaktsmus sinnlos gemacht, hatte ste mißhandelt. Er — der tadellose Kavalier — war roh geworden wie ein Knecht. Er seufzte schwer. Da hörte er das leise Rauschen eines Frauenkleides, ein zarter Dutt umschmeichelte ihn, zwei weihe Arme umschlangen sein Haupt und preßten es an eine welche Brust. .Sei wieder gut, Bodo', flehte eine leise Stimme, .ich sehe mein Unrecht ein und will nie wieder so etwas tun.' War et möglich? Keine Tränen, Klagen und Vorwürfe? Kein Famllienzank? Das süße, holde Kind! Mit einem Iubelschrei preßte er dle geliebte Frau an sich und erstickte sie fast mit seinen Küssen. Lisa ließ sich die leidenschaftliche Zärtlichkeit ihres Gatten heute gern gefallen, sie tat sogar, was sie nie getan, sie erwiderte seine stür mischen Liebkosungen. Als ste ihren kleinen weißen Fuß auf seinen braunen Racken setzte, hob ste triumphierend den schönen Kopf. .Run kenne ich daS Rezept, dich zu bändigen und zu bcherr- schen, du mein Lehrmeister!' Von nun an war Bodo darauf bedacht, seiner jungen Frau Zerstreuungen zu verschaffen. Er fuhr viel mit ihr aus und gab Gesellschaften, deren Vorbereitungen Lisa tagelang angenehm be schäftigten. Sie tat sehr eifrig als Hausfrau und empfing ihre E^lfie mit anmutiger Würbe. Dann aber zeigte es sich, daß die junge Frau für längere Zelt der Schonung bedurfte, und Bodo schlug ihr vor, sich eine lyrer Schwestern oder eine Freundin zur Gefellschaft einzuläben. * «Eine Schwester, länger als einen Lag? Entsetzlich! — Frßvn»
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