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Die Gcncralprüsung, die jetzt ihre einstigen Schüler an den feind lichen Fronten, an den Eisenbahnen, in den Fabrikwerkstätten be standen haben und noch bestehen, sind auch ein Zeugnis für die Leistungsfähigkeit der Schule, aus die in diesem Zusammenhang von kompetenter Seile und an hervorragenden Stellen des öfteren hingcwiesen wurde. Diese Leistungsfähigkeit ist aber erreicht worden nicht wegen, sondern trotz der vsterprüfungen. Bolkskrast und Dolkserztehung Von Dr. phil. Max Derl. Es kann nicht wundernchmen, datz sich die vereinte Sorge aller Bevölkcrungspolitiker in diesen Zeiten, in denen das Objekt dieser Politik selbst, das Volk, in so schwerem Make in seiner reinen Existenz geschädigt wird, in erster Linie diesem Objekt selber zuwendet. So wie der einsichtige Sozialist vor die Bestrebungen der internationalen Bölkervcrbindung und Völkerverbrüderung die Sorge um die Existenz dieser Völker selber stellt, so mutz der einsichtige Bevölkcrungspolitiker erst aus die Erhaltung des Dolksleibes bedacht sein, bevor er an die Volksseele denken darf. ^Lrst wollen wir satt sein', rief ein Mann in den ersten Satz des Redners hinein, der vor „ungelernten' Arbeitern den .Wert der Kultur' für eben diese Schicht der menschlichen Gemeinschaft er örtern sollte. Jegliche Kultur ist ja vom Standpunkte der reinen Existcnzcrhaltuug aus „übcrnotwendig". Das biologisch Notwen dige wird zuerst erstrebt. Das Ilcbcrnokwendige zu suchen und schließlich als so Wesentliches zu besitzen, datz es an sich als not wendig empfunden wird, ist der Weg vom Urzustände jeder Volks gemeinschaft zur Stufe höherer kultureller Entwicklung. Scheint es also auch unzweifelhaft, datz alles Kulturelle in seelischem Sinne, datz Wissenschaft wie Kunst und auch die selbst heule noch häufig an den Anfang jeglicher Mensckcncnkwicklung gestellte Religion erst späte Früchte einer im rein biologischen Sinne nicht nur schon durchaus gesicherten, sondern bereits mit weiten Spielräumen durcksctzlen Entwicklungsstufe sind: so scheint uns anderseits doch die nicht gar so seltene Anschauung extremer Rassenhygieniker und Eugeniker wieder durchaus verfehlt zu sein, datz die Pflege seelischen Reichtums, wie die reine Wissen schaft und die Kunst, die Krastkomponente eines Volkes schädige. Denn mag man auch mit einigem Reckte die Anschauung haben, datz der heutige Krieg die kämpfenden Teile des Volksganzen auf jenen primitivsten kulturellen Standpunkt zurückversetzt, auf dem die Sorge um die drei nackten biologischen Notwendigkeiten der leiblichen Sicherung, der leiblichen Nahrung und der leiblichen Schlaf-Erholung einzig und allein den Inhalt des Lebens aus machen können, so mutz man doch bedenken, datz nur ein verkält- nismätzig immer noch kleiner Teil des Volksganzen auf jene Basis hinunkerskeigen mutzte, während der übrige Teil im Besitze der vorher erworbenen Kulturgüter bleibt. Und datz auch jener heute nur in der Lebensweise des Urvölkeroerhaltens verweilende Teil nach dem Kriege unmittelbar wieder auf die Stufe der vor her erreichten Kulturhöhe zurückkehren wird. Schon diese Tat sache allein vermag die Berechtigung eines Hinweises aus die Er tüchtigung breiterer Volksschichten sowie der Heranwachsenden Jugend auch auf geistigem Gebiete zu begründen. Man mag also sicherlich mit Recht auf dem Standpunkte stehen, datz die erste Sorge dem Volksleibe zu gelten habe. Doch man bedenke, datz bei der rein körperlichen Ertüchtigung, bei der Sorge nur um bessere Ernährung und Wohnung und alle übrigen rein materiellen Dinge als Endziel der Entwicklung an die Stelle des .hungrigen Fanatikers' nur der .satte Philister' treten würde. Deshalb vergesse man neben der Sorge um die Volks erstarkung und Volksvcrmchrunq durch Sozialhygiene, Geburten steigerung, Säuglingserhaltung und ähnliche Bestrebungen nicht der Volksveredelung. Soll diese aber in sichere, nicht dem Zufall und Ungefähr überlassene Geleise gelenkt werden, so mutz auch hier eine straffere Organisation einsehen, als dies bis her der Fall war. , - Der Weg aber, der zu dieser Veredelung des Volksganzen führt, geht in doppelter Bahn: er hat ein intellektuelles und ein emotionelles Ziel. Solange nicht bei reinlichster Scheidung ein paralleles Arbeiten durchgcführt ist, so lange dürfte die Organt- sation der Volksveredclung in jenem Dilettantismus nur müh sam ihren Weg gehen und in jener unökonomischen Weise ihre Kräfte verschwenden, die jeder empfunden haben dürste, der auf einem der beiden Gebiete volkserzieherisch tätig war. Die rein intellektuelle Erziehung der breiten Schichten, die mit Reckt in früher Kindheit cinsctzt, müsste in Volkshochschulen ihre Fortsetzung finden. Das sicherlich nicht utopische und ohne Schwierigkeiten erreichbare Ziel wäre, den Talenten, die sich unter den materiell Beengten finden und die unter den heutigen Verhältnissen so selten zur Entwicklung und Wirksamkeit kom men, den Weg zu ebnen und damit durch die einfache Ver mehrung der in geistigem Sinne produktiv Tätigen die Gesamt kultur zu ertüchtigen. Erziehen heisst, durch Belehrung oder durst) Beispiel Erfahrungen vermitteln. Dem Nächstgeborcnen den Weg zum selber bereits erreichten Standpunkt zu kürzen: da mit er von hier aus daun durch eigene neue, noch nicht vorgelebke Erfahrungen den Weg weiter baue. Mas der Lehrer mit fünfzig Jahren mcitz soll der Schüler mit drcitzig Jahren wissen. Um dann weiterzuschreiten. Womit aber keiner seichten .allgemeinen Bildung' das Morl geredet werden soll. Sondern gerade die freie Organisation der Volkshochschulen müsste es dem Empor kommenden leichter machen, den Weg zur Spezialisierung des ihm zufällig angeborenen Talentes, also den Wcgdes geringsten Wider stand es zu gehen, als es dem Heranwachsenden der besitzenden Klassen möglich ist. Dahin müsste das warnende Bei- spiel des heutigen Bildungsganges führen, der sein Opfer von der willenlosesten Kindheit an zwanzig Jahre lang, von der Vorschule bis zum Doktorexamen, durch verknöcherte und enge Bildungs anstalten hindurchpretzt, bis fast alles Eigenartige und gerade darum die Gesamlvcrsassung des Volkes Bereichernde zu gleich- mätzig verflachender Glätte abgeschliffcn ist. Neben diesen intellektuellen Pslegeskätten, weit später ein setzend, sicherlich nicht vor dem fünfzehnten Lebensjahre, als wichtiger Bestandteil der Volks-Ertüchtigung vonnöten, wären dann die künstlerischen Volksblldungsanstattcn zu pflegen. Künst lerische Erziehung ohne ein Minimum geistiger Reise, dessen Vorhandensein ebenso wie bei dem vom Urvolk her auf steigenden Gcsamkkörper auch bei dem Heranwachsenden In dividuum weitaus später einzukretcn pflegt, als die Fähigkeit in tellektuellen Ausfallens, ist reinste Kraftvergeudung. .Die Kunst dem Kinde' scheint uns das sentimentalische Ideal dekadenter Zeiten zu sein. Goethe, Beethoven oder Dürer Kindern vermitteln zu wollen, kommt dem Versuche gleich, Säuglinge mit Fleisch nahrung aufzuziehen. Kunsterziehung bleibt im sozialen Haus halte durchaus eine spätere Sorge. Und eine Stadt, die swie Berlin) ein eigenes Volkskunsthaus, eine monumentale Volks bühne besitzt, ohne nock über die primitivsten Anfänge einer in tellektuellen Volkserziehung hinaus zu sein, ohne selbst nur das Streben zu zeigen, eine Volksunlversität kraftvoll zu organisieren, gleicht dem mythischen Dilettanten, der sich Vogel flügel mlt Wachs an die Schultern klebte, um zu fliegen. Die wirtschaftliche Lage der Beamten Im natlonalllberalen Hauptverein zu Berlin sprach am 9. Mat Dr. Arthur Tetzlaff über den Einfluß des Krieges auf die wirtfchallliche Lage der Beamten. Er wies nach, datz bereits vor dem Kriege die wirtschaftliche Lag« der Beamten keineswegs zufriedenstellend war, daß insbesondere auch diele Besol- dungSverordnung vom Jahre 1914 durchaus nicht den von der Beamten schaft erkosften Erfolg gebracht hatte. Die bereits vor Ausbruch des Krieges sehr mißt che wirtschaftliche Lage der Beamten erfuhr natur- gemäß durch die Teuerung, die der Krieg mit sich brachte, eine weitere Verschlechterung. Die Bitten der Beamtenschaft an die gesetzgebenden Körperschaften und Behörden um Gewährung von Teuerungs beihilfen hatten zwar Erfolg, aber die gewährten Beihilfen sind doch so niedrig, datz von einer Milderung der Notlage der Beamtenschaft nicht gesprochen werden kann. Demgegenüber wies der Redner darauf hin, datz andere Staaten, insbesondere Oesterreich, Bayern und Sachsen- Loburg-Gotha, ferner ein« Anzahl von Provinzialverwaltungen, Städten und Privatinstitulen aller Art in ganz anderer Weise für die Beamten anläßlich der großen Teuerung gesorgt hätten, als dies Preußen und das Reich getan haben. , Es sei deshalb eine dringende Notwendigkeit, datz jetzt feilens des Reichstags und Landtags etwas geschehen müsse, um der dringenden Notlage der Beamtenschaft in durchgreifendem Maße ab zuhelfen. Im zweiten Teile seiner Ausführungen kam der Vortragende dann darauf zu sprechen, was die Beamten auS den Kriegsnöten der Gegenwart für die Zukunft gelernt haben. Seine Ausführungen gipfel ten darin, datz die Beamtenschaft sich in regster Weise für di« Zukunft mit allen volkswirtschaftlichen und sozialen Fragen zu beschäftigen habe, uw dafür zu sorgen, daß sie als einer der größten und wichtigsten Stände unseres Volkes nicht beiseite geschoben werde, sondern den ihr gebühren den Anteil am Werden und Wachsen unseres Volkes erhalle. Aus dem umfangreichen Gebiet dessen, was als neues Tätigkeitsfeld für di« Beamten in Frage komme, erwähnte der Redner z. B. die Wohnungs frage, die Bodenreform, die Beschäftigung mit kommunalen Einrich tungen, die Steuergesetzgebung usw. Diese Angelegenheiten müßten neben den reinen Beamtenfragen ständig von der Beamtenschaft be arbeitet und verfolgt werden.