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Nr. 71. — 24. 3. .15. Sächsische Volkszeitung. Seite 10 nur D Dein alter M. UNI» Ke. „Kyrle, kyri — hthlhl" Der Tenor folgte: „Kyrle — hähähä" Dl« Bässe wollten den Ernsten spielen und suhrcn kräslig ^r«in: „Eleison — elelso — hnhoho" Alles ging nus den Fugen und nus dem Leim. Aber plötzlich wurde es dunkel nn meiner Seite. Ich schaute empor und sah zu meinem Entsetzen den Meister Kiesel mit zornglühenden Augen neben mir stehen. Er wnr soeben tm Eil marsch von der Kirche hcrnusgcsliirml, um der Kellerei und dem H«td«nrummcl aus seinem Chor ein Ende zu machen. Das erste, Müssen wir nicht dankbar sein, das, wir wieder einen so schonen Frühling erleben dürfen? Ist nicht jeder die ser sonnigen Tage ein unvergleichliclscs Geschenk? Die Menschen sind doch recht undankbar, wenn sie die Wider wärtigkeiten des Gebens sür wichtiger halten als seine Elenden, mit denen uns die gütige Natur gerade im Früh ling so überreich bedenkt. Non Herzen wünsche ich Dir zum Geburtstag und nicht weniger zum Umzug Tage so Herr, liihen Metiers, wie wir es in den letzten Tagen hatten. Mag Dir sür beider/ der Sonnenschein des Frühlings ein weithin wirkendes, günstiges Vorzeichen seinl Das wünscht Dir von Herzen Je mehr du ihn abwehren und zurllck- desto ärger schüttelt er dich in allen Miedern, nicht Helsen. So wurde auch hier die Fasnacht Wenn der Bah sich bezwungen hatte, sing der an zu kichern, dann brach auch der Tenor los sort bis zum leisten Evangelium. Meister Kiesel Bor allem Ehejsicldcr Bürger von zu haben, und so Hal es tatsächlich scrliggebracht, mehr zu verlassen. Verschiedene Schritte wurden unternommen, um der geheimnis volle» Sache aus den Grund zu gehen, und al» sich di« Kette geschlossen hatte, da sah die nächste Zukunft sür den Angeklagte» nicht »«ehr so rosig aus. Estelle Haubert war nämlich nichts weniger als eine Rechtsanwältin. Sie gehörte tm Gegenteil zu den Mädchen, di« an jenem geheimnisvollen Abend dem Infanteristen Louis Maison Gesellschaft geleistet Haltern Die Toga und ein paar juristische Redewendungen stammten von einem ihrer Freunde, der ein richtiger Advokat war, und ansonsten hatte sic sich — mit Erfolg — auf ihre weibliche Schläue und ihre gewandte Zunge verlassen. Als aber die Entscheidungsschlacht geschlagen werden und das grosse Plädoyer steigen sollte, da hatte sie all ihren Mut verloren, und sie hatte es vorgezogen, dem Gerichts saal sernzubleibcn. Der Prozess ging für den Angekagten aber dennoch günstig aus. Welcher Richter gibt auch gerne zu, er sei von einer Frau an der Rase herumgesührt worden? Und hier handelte es sich sogar um das hohe Kriegsgericht der französischen Revublik . . . Entschlüsse, neue Hossnungcn gefasst ssat. Und wenn es auch nur kleine Dinge sind, die ihn bewegen: eine schöne Sommerreise, der nächste Umzug oder die Suche nach einer neuen Stellung. Jedenfalls grüsse ich im Geiste jedes Frükstingsklcid nls Fahne der Hojfiiung und wünsche: „Glück aus die Fahrt! was er tat, war, «r zog zwei ganz neue Register, aber nicht an der Orgel, sondern links und rechts an meinem Kopf. Ich gab auch wie jedes ordentliche Register sofort pslichtschuldlgst Laut und liess ein schrilles „Auweh, wer!" erklingen, woraus der Meister ganz erschrocken meine Ohrwaschel wieder srcigab. Run brach aber im Sängerkrels von neuem die Heiterkeit aus. Was willst sagen? Der Lachtcuscl Ist, wie jeder aus Erfahrung weiss, an den heiligsten Orten und bei den ernstesten Anlässen gerade am allerschlimmsten, drängen willst, Du kannst rein immer toller. Sopran wieder und so ging es wollte verzweifeln. Es blieb ihn, schliesslich nichts übrig, als einstimmig und allein zu fingen. Aus dem feierlichen Hochzeits amt wurde das reinste Eeelenamt. Am Abend selbigen Tages hielt mir der Meister eine Straf predigt. Es war dies die längste Rede, die ich jemals von ihm gehört habe. Die lautete folgendermassen: „Einen solchen Palmefel wie dich lmb ich noch nie in der Lehre gehabt. Wend d einmal glaubst, du kannst dich aus einen Ruch ich habe einen neuen Entschluss gefasst und führe ihn mit einiger Folgerichtigkeit durch: ich stehe zeitig aus. Menn eben die Dämmerung zu weichen beginnt. Jeden Tag etwas früher. Da Du mich als Langlchläier kennst, wirst Du diesen Entschluss bemiindernngswärdig und ausser ordentlich finden. Er ist freilich nicht ganz freiwillig. Denn die Nägel im Hase und Garten alle sind sie „schon da", wie das Kinderlied singt — machen einen solchen Lärm in dieser ersten Stnnde des erwachenden Lichts, dass ich ein fach nicht mehr schlafen kann. Menn man alt wird, m-in Lieber, dann hat man einen leiseren Schlaf. Und es hat den Ansthcin, dass ich alt werde. Aber das Ausstchen am frühen Morgen hat feinen eigenen Neiz. Man lauscht dem Konzert der gefiederten Sänger Sonst ist es ganz still... Ganz still das Haus in dieser Fnihe, niemand kann Dich in Deinen Gedanken stören. Unvergleichliche Möglichkeit znr Arbeit! Es ist, als ob man eine neue Provinz erobert hätte. Dieser Teil des Tages ist eines von jenen nnentdcckten Ländern, auf die nur wenige Mächte Anspruch erheben. Da bewegt man sich frei und fühlt sich als Herr der Nalnr... Wie schön ist der erwachende Garten am Morgen! Dn fühlst mit allen Sinnen, wie die Erde atmet. Die Stimmen der Nägel klingen zusammen mit den silbernen Mellen des Lichts, die ganz zart über die noch ohne Nlät- tcrschmuck ragenden Zweige nusgegossen werden. Wie un vergleichlich schön ist etwa eine Pappel in diesem zärtlichen Licht der Frühe! Herrlich, wie eine verhalten lohende Flamme. Jeden Morgen sehe ich nach dem Tulpenbanm, der ais erster seine Nlülen entfalten wird, und freue mich, wie die Knospen immer grösser werden... Ja, wirklich: Frühlingsanfang ist schon vorbei. Und mit dem Frühling ist auch all das kleine Gnrtcnglück der Menschen wieder er wacht gleichgültig, ob cs in einem Schrebergarten oder einem Schlosspark wirkt... Und eigentlich sind wir schon mitten drin im Früh ling. Schon haben sich die ersten Nlüten entfaltet: im Po tenzial blühen die Märzenbecher, bei Drebach die Krokus wiesen. Noch muss inan die Blüten ehrfürchtig und zärtlich suchen gehen. Bald aber wird es in allen Gärten blühen. Nur noch ein paar Tage Geduld... sVln. 8caiie Kat ^n2»t vnn staklpnivn doch nichts anderes übrig, als dem Mann zu bestätigen, dass fein Wesundhettszustand ausgezeichnet fei. Diese Diagnose war sür Mr. Ccaise natürlich Wasser avf seine Mühle. „Nun, wer hat wieder einmal Recht gehabt", rief John Ccaise begeistert aus, als das Urteil des Arzte', vorlag, „mir kann eben doch keiner!" Trotz seiner 72 Jahre ist John Ccaise auch heule noch beruflich tätig. Er leitet eine kleine Firma. Aber selbstver ständlich von seinem Büro in der Wohnung. Von hier aus wird alles brieflich oder telefonisch erledigt. Besuche von Vertrete,» oder anderen Leuten empfängt er nicht Selbst Freunde flie gen unweigerlich heraus. „Das sind doch alles nur Bazillen träger", so erklärte er sachverständig. Seine Familie ist ziemlich zahlreich, denn Scaise Hal vi r Söhne und drei Töchter. Undankbar, wie die Kinder nun eni- mal sind, haben sie für die Weltanschauung ihres alten Herrn nie viel übrig gehabt und haben ihrem Baler da durch, dass sie draussen in der frischen Lust Sport und Gym nastik trieben, recht viel Kummer bereitet. Solange sie nach unmündig waren, konnte Mr. John Ccaise seinen Willen dec rebellischen Jugend gegenüber zwar durchsetzen, aber später sind sie ihm dann eben doch aus den Händen geglitten. Um so energischer sieht der Familienvater Ccaise dafür daraus, dass seine Gattin sich ganz nach seinen Anschauungen richtet Eino Viertelstunde täglich dars Frau Scaise hinuntergehen, um die dringend notwendigen Einkäufe zu machen. Aber damit ist auch ihre Freiheit zu Ende. „Ich bin ohne Lust alt geworden", so versicherte John Scaise dem Londoner Arzt, „und meine Frau wird r» nach meiner Theorie auch werden " Da» Dukn mit 6er I>'»enkan6iun^ Aus dem Ttlfller Wock-enmarkt hatte eine Haussrau ein junges Huhn gelaust. Da» Tier, das recht mager wnr, bereitet« nachher der Haussrau eine seltene Ueberraichuug. Als man den Magen des Huhnes össncle, traf das Messer aus Metall, und als man den Mageninhalt endlich zutage sördcrte, fand sich eine ganze Liscnhandlung. Nicht weniger al» 12 rostige Nägel, mehrere Melnllschranbcu und kleine MetallblaUchen in der Grösse von Fünspsennigstiicken wäret« in dem Magen al» „eiserne Ration" verborgen. verlassen, daun bist gewiss verlassen! Bringt mir der Gisml meine alte Orgel in Misskredit vor Himmel und Erd«, vor Eugrk und Menschen, und meine grauen Haare vor Schande im, Grab. Meint der Pliinscl gar, er kennt meine Orgel besser al ich, der ich mich fünfzig Jahre damit herumgeschlagen habe^ Glaubt der Grünling, ich lasse wohl aus Furcht und falsch, Schani oder aus sträjlicher Nachlässigkeit die I«I Register stet n« und nicht viel mehr, weil ich weiss, dass sie schon seit Mensch, m gedenken unheilbar verstimmt und verrostet sind, teilweise auch keinen Wind mehr halten! So gehts, wenn das Et klüger sein will als die Henne! Ja, ja, die Zeiten werden schlechter die Tage kürzer und die Eselsohren länger. Amen." halddutzenbmak mit Ihm durchprobicren. Mit einer gewissen Zufriedenheit äusserte der Meister: „Es geht prächtig!" Mir stieg der Dunst in den Kops, und am selben Abend spazierte ich so hochnäsig durch die Gassen von Krondors, als ob ich einen Iizstcrn anbohren wollte. Am nächsten Tage war ich schon zeitig aus dem Chor, und mit einer Amtswürde wie ein alter General, traf ich meine Vor bereitungen. Die Sänger und Sängerinnen schauten mich gross «n, ich hielt ihre fragenden Blicke sür nichts anderes als ehr- sürchliges Staunen und purlauteren Respekt vor meiner gross, mächtigen Person. Und sie sollten noch mehr staunen! Heute wollte ich mein Lichllein einmal gründlich leuchten lassen, heule sollt« mein Meister erfahren, was ich gelernt hatte, aber auch ganz Kronberg sollte einmal hören und fühlen, was eigentlich in ihrer Orgel steckte. Wie ihr wisst, spielt man auf der Orgel nicht nur mit den Händen, sondern auch mit den Füssen. Nun war aber der Orgelbock sehr hoch und meine Zwieselwurzen, will sagen, meine kleinen, dicken Beinchen, reichten nur mit Not bis an die Fusstasten. Ich musste daher beim Spielen halb sitzen, halb stehen. Auch erreichte ich beim Spielen die Negisterknöpse nicht mehr, weshalb Ich die nötigen Register schon jedesmal vor Beginn eines Stückes herauszog. Heute war Hochzeit und dar um die passendste Gelegenheit, al» Vorspiel de» Amte» die volle Orgel oder das Plenum der andächtigen Chrlstenschar zu Gc- mllle zu führen. Während drunten am Altar die Kopulation vor sich ging, traf ich meine letzten Anstalten. Ich legte die Noten aus, stieg siegesgewiss auf meinen Thron, zog alle 32 Register der grossen Orgel und schaut« erwartungsvoll in den Spiegel, ob ich die Pracht und Herrlichkeit bald könne tuschen lassen. Links zum Balgtreter hinüber kommandiert« ich noch: Stössel, druck! Ich brauch Wind. ot«k Windt And der Stössel drückte. Er trat und strampelte am Balg, als ob er klasterties im Schnee knete. Und jetzt war der grosse Moment gekommen. Ich suhr mit Händen und Füssen in das Spielwerk hinein. Da ging cs los: Auiaui ciou Liuiauiü — wie ein zugebundener Sack voll Katzen. Miztur und Kornett, Schars und Nccuschquinle, der Kuckuck und die Trompete, die grossen und kleinen Schreier, alle grässlich verstimmt, lärmten und quiek ten zusammen. Es war unbcschreiblich, sinnbctörend, herz zerreissend, stetnerweichend, ein Winseln und kreischen, ein Pfei fen und Johlen, dass Mensch und Tiere rasend werden konnte». Ich erschrak vor dieser grässlichen Musik, und um die fürchter lichen Schreier zum Schweigen zu bringen, langte ich in sieber- hrster Angst nach den unheilvollen Negisterknöpfen: aber mein Arm war zu kurz, in der Eile vergass ich alle Vorsicht, ich ver lor das Gleichgewicht, kugelte vom Orgelgestiihl herunter, und plumps siel ich der Länge nach aus das Pedal. Rumpcllipumpel kollerte der grosse Lrgclstuhl hinter mir her, und stürzte gerade aus mich, so dass ich darunter lag wie die Maus unter der Tei'gschUsicl. Nun schnurrten aber die Bässe mit ihrer fürchter lichen Grundgcwalt, Pauke, Posaune und Bombardon, dazwischen «in Brausen und Sausen, nls ob der Tnurmind über siins Iöcher herübcrblase. Ich suchte mich nuszurichten, aber die Last des Orgelbockes drückt zu schwer aus mich. Ich kam nicht los. Je hilfloser Ich aus dem Pedal hcrumkrabbeltc, desto ärger stöhnten und heulten und ächzten und pusteten die schändlichen Bässe, es schien heilig, als ob die Orgel am Ausgeistern wäre. Aker kam mir denn niemand zu Hilfe? Nein, es wnr niemand imstande dazu. Drei Sänger lagen am Boden und wälzten sich in einem Lachkrampfe, mehrere andere hielten sich umarmt, um nicht zu zerspringen, die Sängerinnen hockten mit verkehrten Rücken aus der knicbank und waren ganz braun vor Lachen, der Balgtreter kniete aus seinem Tritt und Halle ein ellenlanges Geläute unter der Nase. Die Orgel war schliesslich noch das vernünftigste Wesen unter uns allen. Cie schwieg endlich still, weil ihr der Alem ausgegangen war. Mit grosser Mühe und Anstrengung gelang e, mir, mich langsam aus der bedrängten Loge zu befreien. Ich stellt« den Orgelbock wieder aus, stiess die verhängnisvollen Ne- gister hinein, setzte mich glührot vor Scham in Positur und spielte nun ganz kleinmütig mit drei zahmen Registern rin leises Vorspiel. Aber die Sanger waren nicht sähig, zu singen: immer neues Gekicher, Gepsnigge und Gcpsnutiche, immer neue Ansälle von Lachkrämpfen. Ich kommandiere: Einsetzen! Ich nicke mit d«m kovke den Takt. Endlich begann der Sopran: Da» Nuoli okne „p" Professor Geossrcy Lemingham, Lehrer in Ozsord, hat ein« philologische Schrift im Umfang von >20 Seilen erscheinen lassen, in der nicht ein einziges Mal der Buchstabe „p" vor kommt. Lemingham hat zur Niederschrift seines Werke», mit dem er wissenschaftliche f?j Zwecke verfolgt, mehr al» drei Jahre gebraucht. Jetzt ist er dabei, ein zweites Buch zu schreiben, in dem der Buchstabe „b" fehlt. Er beabsichtigt, das Spiel im Laus der Zeit mit dem ganzen Alphabet sortzusetzc». Seit fencr Zell habe ich meine Schärfe verloren. Ich bin nie mehr so hach gestiegen und auch nie mehr so tief gefallen. Vor den alten Orgeln aber habe ich, obschon ich setzt in die zwanzig Jahre wohlbestallter Organist bin, immer noch einen heilsamen Respekt. Und die Lehre ans der Geschichte, sic heisst: Niemals quäl ein Tier aus Scherz, Denn es fühlt wie du den Schmerz, Da» gilt von Orgeln sowie von Menschen. wieviel Punkte »el/te (iovttie? Cs gibt viele Forscher, bei deren Arbeit sich der Laie ver dutzt sragt, welche Ausgabe ihr Innerhalb der grossen wissen« schastlichen Forschung zukommt. Niemand spotte über die Man. ner, dt« Tage um Tage, Monate um Monate an einer scheinbar belanglosen wtssenschastltchen Ausgabe sich abmühen. Und so sei auch ganz ohne Spott des Mannes gedacht, der viele Jahre hin- durch in der Bayerischen Staatsbibliothek in München saft all täglich zu sehen war, um mit unglaublicher Geschwindigkeit dicke Folianten durchzulesen. Dieser Mann beabsichtigte eine Statistik über den Gebrauch von Satzzeichen in der Weltliteratur auszu stellen. Er hat sein Werk nicht vollenden können. Seit einigen Tagen ist sein Arbeitsplatz leer. Der Tod hat den Fleissigen in da, Land abberusen, wo man ihn nicht nach seinen Erfolgen, sondern nach seinem Wollen besrage» wird. „Fräulein l^ecM83nvv6!t" Paris. Seinen Leutnant zu bestehlen und den gestohlenen Betrag dann in angenehmer Gesellschaft zu verjubeln, anstatt Dienst zu tun, das kann einem kleinen Insanleristen allerdings den Hals brechen, kann ihn zumindest ein paar Jahre afrikanisches Straf« balaillon tosten. Louis Maison hatte diese Schandtat aus dem Gewissen, und ihm war gar nicht wohl zumute. Seine einzige Hoffnung war sein Verteidiger, der eine „Sie" war und sich Estelle Haubert nannte. Diese rassinicrte Rechtsanwältin brachte es dann tat sächlich fertig, dass die Richter bald nichts mehr von Vertrauens missbrauch und Fahnenflucht, diesen schrecklichen Begriffen, wussten, sondern init der jungen, schönen Verteidigerin darin llbereinstimmten, dass cs sich nur um einen kleinen leichtsinnigen Diebstahl handelte, der bei der Jugend und Unerfahrenheit des Soldaten durchaus zu entschuldigen mar. Die Voruntersuchung verlies also denkbar günstig sür den Häftling, und niit wesentlich leichterem Herzen sah Louis Mai- son der eigentlichen Verhandlung vor dem Kriegsgericht ent gegen. Am Tage aber, als die Verhandlungen beginnen sollten, mar die tüchtige Estelle Haubert verschwunden. Alan konnte sie einsaih nicht auslreiben und musste di« Siliuna unterbrechen. Oer Nsrin okne Oukt 5)6lt 30 faknen freiwillig IIau»arre»t Wenn sonst ein Arzt zu einem Patienten gerufen wird, dann hat dieser Besuch wohl den Zweck, eine Krankheit festzu stellen. In dem Fall des Mr. John Ccaise, eines Ein wohners von Sheffield, der sich dieser Tage eigens einen Arzt aus London kommen liess, lagen die Dinge jedoch gerade gekehrt, denn Scaise wünschte, dass ihm der Arzt seine sundheit bescheinige. John Ccaise ist aus seine Gesundheit, die er angeblich seiner glänzenden Theorie verdankt, sehr stolz. Diese Theorie besteht darin, dass der Mensch aus keinen Fall ins Freie hin- ausgehcn oder gar auch nur die Nase zum Fenster hinaus stecken soll, weil er sonst unweigerlich ein Opfer der Myriaden von Bakterien werden müsse, die überall lauern vor der Schwindsucht scheint dieser jeher einen heillosen Respekt gehabt dieser heute 72sährige Mnun denn seit 30 Jahren seine Wohnung nicht John Scaise ist durch einen Zufall aus seine närrische Idee gekommen. Er las vor nunmehr Jahren in irgendeiner wissenschastlilhcn Zeitschrift eine Abhandlung Uber Bakterien — die er übrigens, wie es den Anschein hat, nicht ganz »er standen hat - , und von diesem Augenblick an war es sür ihn ausgemachte Cache, dass die Bazillen seine persönlichen Tod feinde seien, gegen die er Kamps nusnehmcn müsse. Seit jenem Tag ist er dann auch nicht mehr vors Haus gegangen. Der Londoner Arzt soll ein recht langes Gesicht gemacht haben, als ihm dieser Sonderling von Sheffield einen langen Borlraa über leine Theorien gehalten hat, aber es blieb ihm