Volltext Seite (XML)
11888 Nichtamtlicher Teil. 270, 20. November 1906. sammenfallen, gleichgültig, wann eine Zeitung einen neuen Jahr gang beginnt. Regelmäßig wiederholen sich die Fälle, daß z. B. Nr. 1 einer wöchentlichen Zeitschrift am 15. Dezember er scheint und die neu hinzugekommenen Bezieher am 1. Januar beim Erhalten von Nr. 3 der Zeitschrift Nr. 1 u. 2 nachoerlangen. Im Buchhandel mag das angehen, beim Postzeitungsoertrieb aber neuen noch Nr. 51 und 52 des alten Jahrgangs, oder sie müssen sich privatim portopflichtig an den Verlag wenden, um die beiden Nrn. 1 u. 2 zu erhalten. Gewiß mag es nicht leicht sein und auch finanzielle Opfer erfordern, die Jahrgangszeiten einer Zeitschrift den Bezugszeiten beim Postzeitungsvertrieb anzupassen, aber bei dem enormen Anwachsen und Aufschwung des Zeitungsvertriebs Kleine Mitteilungen. Selbsthilfe gegen Warenhäuser. — Gegen die Waren häuser macht sich in Westfalen eine starke Bewegung bemerkbar. Und zwar mit dem Mittel der Selbsthilfe. So wird dem Leipziger lands zur Errichtung gemeinsamer Verkaufshäuser zusammen geschlossen haben, um auf diese Weise der Konkurrenz der Waren häuser zu begegnen. Österreich-Ungarn. Zolltarifierung von Waren. — Laut Verordnung der östetreichischen Ministerien der Finanzen artikeln in der Bemerkung 2 der Erläuterungen zu Nr. 362 des Zolltarifs sowohl rohe als gebeizte, gefärbte, polierte, bemalte usw., entweder glatt gearbeitete oder geschnitzte Gegenstände verstanden, die durch aufgedruckte, bemalte, eingeschitzte usw. Worte wie »Souvenir», »Andenken», »Zur Erinnerug an . . .», Zum An denken au . . .», -Ln kouvvnir ä. . . .«, »Gruß aus . . .» als Souoenirartikel charakterisiert sind. Die bloße Anbringung des Namens jenes Ortes, an dem die Ware zum Verkauf kommen soll, bildet keinen Grund zur Abfertigung nach Nr. 362, es sei denn, daß es sich um eine Ware handelt, die an und für sich zu den Galanteriewar-n und Schmuckgegenständen aus Holz gehört. (Österreichisches Reichsgesetzblatt.) Bauernfeld-Preise. — Über die Verteilung dieser Preise berichtet die »Neue Freie Presse» wie folgt: Das Kuratorium der Bauernfeld-Stiftung ist kürzlich zu einer Sitzung zusammengetreten und hat die Verteilung von Ehrengaben im Betrag von je tausend Kronen an eine Anzahl von Dichtern und Schriftstellern beschlossen. Den Vorsitz in dieser literarischen Jury führte Minister a. D. vr. v. Härtel. Weiter nahmen an der Sitzung Alfred Freiherr v. Berger, Hofrat Professor Minor und vr. E. Meißel teil. Die Liste der preisgekrönten Autoren ist die folgende: Cnrika von Handel-Mazzetti, Friedrich Werner v. Oestsren und Traugott Tamm für Leistungen auf dem Gebiet des Romans, Hugo Salus, Stephan Zweig und Karl Ginzkey, deren lyrische Schöpfungen durch die Ehrengabe aner kannt werden sollen, endlich Karl Rößler und Paul Wilhelm, von denen dramatische Werke Vorlagen, die des Preises würdig erklärt wurden. Das Urteil des Preisgerichts wird in der Offent lichkeit sympathischen Widerhall finden. Die junge, beinahe die jüngste Garde der deutschen, speziell der deutsch-österreichischen Literatur hat ein Ehrenzeichen erhalten. Blättert man im Lite- raturkalender und in andern Nachschlagewerken, so findet man, daß, von der einen oder andern Ausnahme abgesehen, das Geburts datum der Ausgezeichneten durchweg in die Siebzigerjahre fällt. Baronin Cnrika Handel-Mazetti, deren Roman -Jesse und Maria- für die Preiszuerkennung ausschlaggebend war, ist trotz ihrer jungen Jahre kein literarischer Neuling mehr. Ihre »Skizzen aus Österreich» hatten ihr bereits ein treues Lesepublikum er obert, und früher noch hatten flotte Novelctten, die aus dem niederösterreichischen, speziell aus dem Wiener Volksleben geschöpft waren, die ausgesprochene Begabung der jungen Dame erwiesen. Friedrich v. Oestören, der streitbare Verfasser des zeitgemäßen antiklerikalen Romans »Christus — nicht Jesus» dürfte mit Lord Byron sagen: »Ich erwachte eines Morgens und war berühmt». Sein Erstlingswerk, das Epos -Merlin», dann die Dichtungen -Schatten im Walde» und »Domitian- hatten zwar die Kenner inter- ejsiert und lebhaft angesprochen, aber erst der Roman: »Christus — nicht Jesus», wohl eine der meistgelesenen und viel umstrittensten Erscheinungen der letzten Saison, hat den Namen des Autors in weite Kreise des Publikums getragen. Weniger bekannt ist österreichischen Lesern der Norddeutsche Trau- Jury des Bauernfeld Preises aufmerksam gemacht, und die tiefe psychologische Beobachtung, die poetische Eigenart, nicht zuletzt die schönen Naturschilderungen, die Tamms beide Romane -Im Lande der Jugend» und »Im Lande der Leidenschaft» auszeichnen, haben das Preisgericht bestimmt, einhellig dem Vorschlag des Baron Berger beizupfltchten. Die preisgekrönten Lyriker hat kürzlich Gregori auf einem der genußreichen Vortragsabende der Grillparzer-Ge sellschaft bekannt gemacht. Er las Schöpfungen aller drei Poeten, des Pragers Hugo Salus, dieses stillen und innigen Poeten, dessen -Chefrühling», -Reigen», »Ernte», »Christa« und andre zu Quellen reinen und tiefen Genusses geworden sind, dann des Wieners Franz Karl Ginzkey, dessen letzter Gedichtband -Das heimliche Läuten» den Autor in die vordere Reihe jung österreichischer Dichter gerückt hat, Und endlich Gedichte Stephan Zweigs, der gleich den meisten anderen preis gekrönten Autoren unfern Lesern ein guter Bekannter ist. Zweig hat als Lyriker (»Silberne Saiten») und als Novellist (»Die Liebe der Erika Ewald») ein starkes Talent erwiesen, das auf seine Weiterentwicklung gespannt sein läßt, und hat sich neuerdings auch dramatisch betätigt. Ein Drama Zweigs, »Thersites», wird demnächst in Berlin zum erstenmal ausgeführt werden. Nicht unerwähnt bleibe Zweigs bedeutende Übersetzungskunst, die an Baudelaire und Verlaine sich glänzend erprobt hat. Die drama tischen Ehrengaben werden Karl Rößler für sein Drama -Der reiche Jüngling» und dem auch als Lyriker geschätzten Paul Wilhelm für sein Drama »La Vs-IUsre» zu teil. Aktstudien. — Wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften mar der Geschäftsführer der Firma Segler L Co. in Hannover angeklagt. Die Straßenverkäuser der Firma hatten ein Buch mit sogenannten Aktstudien zum Verkauf erhalten, die von der Staats anwaltschaft für unsittlich gehalten wurden. Verantwortlich ge macht für den Verkauf wurde nur der Angeklagte als Geschäftsleiter, den Zeitungsausträger bzw. den Verkäufer ließ man unbehelligt. Das Landgericht Hannover kam zu der Überzeugung, daß die in dem Buch befindlichen Abbildungen unsittlich feien. Für Künstler, wie ein Scheintitel sage, seien sie nicht bestimmt, dagegen spreche die Art der dargestellten Motive sowie auch die Art der Ausfüh rung. Auch würden solche Bücher bei Straßenhändlern nicht von Künstlern gekauft, sondern von unreifen Personen. Das zu be- urteilen sei der Angeklagte wohl in der Lage gewesen. Das Ur teil lautete auf 20 Geldstrafe. (Der Zeitungsverlag.) Deutsche Kulturarbeit. ^ Wie der »Allgemeinen Zeitung aus Nürnberg geschrieben wird, begibt sich Herr Fabrtkbesitzer Karl Kempe in Nürnberg, mit Vollmachten der japanischen Botschaft in Berlin versehen, demnächst nach Japan, um da selbst Vorträge über die Fortschritte der graphischen Technik in Europa und Amerika zu halten. Ortsgruppe Dresden der Allgemeinen Vereinigung Deutscher Buchhandlungsgehilfen. — Am Mittwoch den 14. d. M. versammelte sich die Ortsgruppe im Rauensteinzimmer des Viktoriahauses zu einem stark besuchten Vortragsabend. Herr Buchhändler Fritz Dalquen sprach in fesselnder und ausführ licher Weise über Lionardo da Vinci, den ersten Großmeister und Bahnbrecher der italienischen Renaissancekunst. Er gab ein farben prächtiges Bild des reichen Lebens und Wirkens dieses Meisters und besprach dann seine Hauptwerke, sowie den Einfluß, der von ihm auf die Kunst übergegangen ist. Reicher Beifall dankte dem geschätzten Redner. Ebenso erwarben sich die Herren Korach und Delling mit ihren rezitatorischen Darbietungen aus der Re-