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x° 217, 15. September 1924. Sprechsaal. Maßnahmen hereinzubringen suchen. Worin bestehen nun diese Maß nahmen, die doch so wirksam sein müssen, daß sie den Ausfall de-.' Teuerungszuschlags ungefähr ausgleicheu? a) Umsatzvergrößerung durch vergrößerte Propagandatätigkeit, b) Spesenverringernng durch produktivere Ausnutzung des Leip ziger und direkten Bezugs. Man sieht, das Allheilmittel ist etwas sehr flau geraten. (Neben bei: ich will diesen ganzen Aufsatz nicht geschrieben haben, falls Herr Schnabel zur Erzielung dieser beiden Punkte derartige Maßnahmen vorzuschlagcn weiß, daß ihre Wirksamkeit für den größeren Teil des Sortiments einigermaßen zweifelsfrei erscheint.) Also mir erscheint das Ersatzmittel äußerst flau. Oder gibt es irgendwo in Deutschland einen leiblich modernen, oder auch nur regsamen, oder auch nur nicht ganz eingeschlasenen Sortimenter, der nicht beide Dinge mehr oder- weniger lebhaft unausgesetzt betreibt und doch ans den Zuschlag nicht verzichten zu können glaubt? Besonders Punkt b wird in vielen Be trieben bis zur Knifflichkeit durchgeführt, soweit es den Leipziger Verkehr betrifft. Zudem steht es für mich fest, daß gerade die un- sentimental kaufmännisch arbeitenden Sortimente den Zuschlag unbe dingt zu gebrauchen erklären, wohingegen der um seine Existenz ban gende, kleinzügigere, unrationeller arbeitende Sortimenter noch eher geneigt ist, die heutige Spesenbelastung ganz von seinem kärglichen Ge winn zu decken. Und der direkte Verkehr? Ich halte es für selbstverständlich, daß' jeder Sortimenter die durch Partie- oder kombinierte Bezüge, durch Nachnahme zu Lasten des Verlegers, Barskouti u. dgl. gebotenen Vor teile bis zu einem sehr hohen Grade ausnutzen würde, wenn nicht an der Unmöglichkeit der Regulierung alle diese schönen Möglichkeiten im Keim ersticken würden. Oder wer kann heute in der Zeit der chronischen Geldknappheit durch Propaganderhöhung eiue solche Umsatzerhöhung erzwingen, wie sie zur Nentabilisierung der Betriebe notwendig wäre? Schließlich bedeutet es ja auch so etwas wie das Ende des sogenannten regulären Sortiments, wenu sich aus kaufmännischen Gründen alles in der Richtung des Reise- oder Versandbuchhandels hin entwickeln wollte. Und wie ist eine großzügige direkte Propaganda ohne bedeutende Geldmittel zu machen? Und woran mangelt's heute am meisten? Ich betreibe zurzeit in meinem Provinzsortiment eine sehr leb hafte Propaganda, die nicht öffentlich, sondern durch direkte Bear beitung zu wirken versucht. Sicher nicht ohne Erfolg; denn keine Propaganda ist letzten Endes erfolglos. Aber direkt ist der Erfolg gleich null, keinesfalls aber ist er derartig, daß er die Rentabilität des Geschäfts oder auch nur den Umsatz spürbar höbe. Tatsache ist aber, daß schon meine jetzige Propaganda mein Unkostenkonto fühlbar belastet, und daß eine weitere Ausdehnung der Propaganda vom Unkostenkouto keinesfalls mehr ertragen werden könnte. Soviel zum Antrag Schnabel. Und nun zum Kern meiner Aus führungen. Der Zuschlag ist vom Sortiment nicht aus schnöder Ge winnsucht genommen und verteidigt worden, sondern er war und ist für das Sortiment eine Lebensnotwendigkeit. Von allen Gewährs leuten berufe ich mich hier nur auf den aus Verlegern und Sorti mentern zusammengesetzten Vorstand des Börsenvereins, der beim Neichswirtschastsministerium unablässig für die Legalisierung dieses Zuschlags kämpfte und kämpft und das nicht tun würde, wenn er von seiner unabweisbaren Notwendigkeit nicht durchdrungen wäre. Jeder Sortimenter kann diese Notwendigkeit aus seiner Buchführung ersehen. Es steht aber auch felsenfest, daß der Spesenzuschlag in seiner heutigen Form unmöglich ist. Wohltat wurde Plage. Für mich ist es Selbst verständlichkeit, daß keine Regelung dieser Sache erträglich ist, die nicht den absolut festen, einheitlichen Ladenpreis wiederherstellt, den Ladenpreis, den Verlag, Versandbuchhandel und Sortiment bei Liefe rung an das Publikum vollständig einheitlich berechnen müssen. Es gibt also nur eine einzige Möglichkeit (und hier hatte Herr Nitschmann in Hannover durchaus nicht unrecht, wenn er meine Vorschläge als olle Kamellen bezeichnete), dieRegelung zwischen Verlag und Sortiment. Und hier ist mein besonderer Vor schlag, daß die Verleger, die aus irgendwelchen Gründen den vom Sortiment als lebensnotwendig errechnten Rabatt von 40A nicht ge währen können, insofern ein Zugeständnis machen müssen, als sie während der allgemeinen wirtschaftlichen Notlage in ihre Kalkulation einen besonderen Satz von 5°/, vom Ladenpreis für das Sortiment ein stigen. In allen Anzeigen, Publikumsprospekten usw. darf nur der so errechnte neue Ladenpreis genannt werden. In der Biblio graphie der Deutschen Bücherei könnte ja eventuell der alte Laden preis (natürlich gekennzeichnet »v.n.« oder dgl.) angegeben werden. Das würde bedeuten, daß bei solchen Werken, die eine besondere Kalku lation unabweisbar erfordern, also vielleicht nur mit 15—30»/o ra- battiert werden können, diese Notwendigkeit gewahrt bliebe und doch ein besonderer Teuerungssatz für das Sortiment einkalkuliert wäre. Es würde freilich auch weiter bedeuten, daß böswillige Verleger ihre bisherigen Nabattsätze erst um den fürs Sortimenr bestimmten Betrag kürzen könnten, aber böswillige Verleger gibt es doch wohl nicht? .... Mann kann mit Recht einwenden, daß meinem Vor schlag eine ganze Menge technischer Schwierigkeiten entgegenstehen könnte, auf die ich hier nicht eingehen will, da ich sie restlos für unschwer besiegbar halte. Einen Beleg möchte ich hier geben, daß bei kollegialem Zusammenarbeiten zwischen Lieferanten und Kleinhändler wirtschaftliche Notwendigkeiten wohl anerkannr werden können, ohne daß das Publikum etwas davon spürt: Die Fabrikanten photographischer Papiere Deutschlands, deren Erzeugnisse genau wie die Bücher feste Ladenpreise haben, versehen ihre sämtlich.» Fakturen mit dem Vermerk: »2Vs^ vom Verkaufspreis dürfen für die Umsatzsteuer des Händlers vom Rechnungsbetrag abgefetzt werden«. Der Zuschlag ist also da, und keinem Publikum und keiner Presse wird die Debatte darüber als willkommenes Fressen hingeworfen. Ich kann mir nicht denken, daß irgendwelche Verleger von Bedeu tung dem Sortiment die lebensnotwendigen Bezugsbedingungen .licht gewähren wollten. Daß sie vielleicht die Nichtigkeit der Sornmenrcr- rechnung bezweifeln, könnte ich verstehen. Darum also muß vom Sortiment der unwiderlegliche zahlenmäßige Beweis erbracht werden, daß seine Rechnung stimmt. Und wenn der gegeben ist, dann weg mit dem Teuerungszuschlag und her mit dem absolut einheitlichen' Ladenpreis, der von niemandem so ersehnt wird wie vom regulären Sortiment. Die von Herrn Schnabel auf die Tagesordnung gesetzt'» Maßnahmen sind außerordentlich wichtig, das Problem des Spesen zuschlags, einer zur Abwendung dringender Not bestimmten Sache, berühren sie aber nur sehr wenig. Der restlose Abbau des Teuerungs- zufchlags ist keine Angelegenheit, die aus eigener Kraft des Sortiments hervorgehen kann, sondern sie kann vom Sortiment nur getätigt und getragen werden, wenu ihm der Verlag dabei hilft. Osnabrück. Bruno Hanckel. Nachnahmespesen — Sortimenterzuschlag! Die Anfechtung des Sortimenter-Aufschlags von seiten der eigenen Berufsgenossen und von seiten des Staates wird durch den Verlag selbst illusorisch gemacht, und zwar dadurch, daß selbst große Verleger immer uoch unter Nachnahme liefern. Von Verlegerseite wird als Grund immer angegeben, kleine Beträge seien zu gering, um jedesmal erst verbucht und dann bei Zahlung ausgetan zu werden. Was der Sortimenter seinem Kunden gegenüber tun muß, müßte auch der Ver lag dem Sortimenter gegenüber imstande sein, wenn ihm bekannt ist, daß Zahlung prompt erfolgt. Bei jeder ordnungsmäßigen Buchfüh rung müssen alle Sendungen sowieso gebucht werden, sodaß diese Ver buchung also gar keine Mehrkosten verursacht. Sollten doch welche ent stehen, dann sind diese in den Nettopreis mit einzukalkulieren, dann verteuern sie das Buch nur um einen ganz geringen Teil der Spesen, die bei Nachnahmeverfenduug entstehen, wie nachfolgendes Beispi'l zeigt: Heute erhalte ich ein Buch zum Nettopreise von Mk. 2.60. Das Kreuzbandporto würde 20 Pf. gekostet haben, so werden aber 60 Pf. für Verpackung, Porto und Nachnahme berechnet. Dann kommen noch die Steuern — auch von den 60 Pf. muß ich Umsatz steuer zahlen. Durch eine derartige Berechnung wird doch das Buch erst recht teuer! Ferner kommt es öfters vor, daß der Sendung nicht einmal eine Rechnung beiliegt, sondern die Berechnung auf der Aufklebeadresse oorgcnommen ist, sodaß mau gezwungen ist, die Pappe mit aufzu bewahren. Wann wird endlich der Verlag zu normalem, nicht durch die Inflationszeit verbildetem Geschäftsgebaren zurückkehrcn? Lörrach, den 4. September 1924. Carl Poltier-Weeber. Berlegereinbände und Drahtheftung. In Nr. 195 des Börsenblatts berührt Herr Ed. Strübing ein Thema, das uns schon lauge am Herzen nagt, weil die Unsitte, Noman- literatur, und sei der Autor noch so unbekannt, nur gebunden oder kartoniert hcrauszugeben, jetzt besonders stark um sich greift. 1561*