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x° 275, 28. November 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b.Dtschn. Buchhandel. herein unmöglich gemacht wird, ist einleuchtend. Infolge der stärke ren Konzentrierung der Mittel ist jedoch mit ebendiesen meistens eine bessere Wirkung zu erzielen als mit den überkommenen Ausdrucks formen. Gleich zu Beginn soll vor Überspannung des Wirkungs willens gewarnt werden. Daß Anlagen, großzügig im Projekt und Ausführung, tatsächlich wertlos sind, weil ihre hohen Belcuchtungs- kosten eine dauernde Benützung unmöglich machen, ist durchaus nicht selten. Eine Teilbeleuchtung aber, zu der als Notbehelf dann meistens gegriffen wird, kann niemals die Wirkung erreichen, die bei bewußter Beschränkung auf ein geringeres Ausmaß durch planvolle Gestaltung zu erreichen gewesen wäre. In vielen für den Buchhandel in Betracht kommenden Fällen wird es sich bei der Anbringung von Leuchtschildern um A nderung schon bestehender u i ch t l e u ch t e n d e r A n l a g c n handeln. Tie Kosten einer Umstellung sind gewöhnlich niedrig, da lediglich die Lichtanlage und deren Kasten und Zuleitung anzubringen sind, wäh rend beim Schild selbst eine Umstellung auf Transparentwirkung er forderlich ist. Mctallschilder können unter Umständen auch in der bisherigen Form belassen werden, die Einfügung der Leuchtanlage kann dann als Zwischenglied zwischen Schild und Schaufenster, viel leicht auch als Bindung von Fenster und Schaukasten erfolgen. Ist es doch durchaus nicht nötig, daß die Leuchtanlage Firmennamen und Angaben wiedcrgibt, ja cs sind oft gerade andersgeartete Lösungen, die durch ihre glückliche Formung Aufsehen erregen können. Selbst Schaufenster und Schaukästen schon veralteter Ausführungsarten können so durch Einfügen eines einfachen koloristischen Effektes zu eindrucksvoller Wirkung gebracht werden. Gerade das Buch als Ausstellungs- und Verkaufsobjekt kommt unserem derzeitigen Ge staltungswillen sehr entgegen. Die strenge Gliederung, die richtungs mäßige Bedingtheit, die starke Flächigkeit des Buches, alles das sind Momente der stärksten Anregung und Beeinflussung von Schild und Leuchtanlage. Daß alle Absichten erschöpfend erst bei Ncuaulagcn berück sichtigt werden können, liegt auf der Hand. Die technischen Grund lagen unseres schlichten Formwillens sind denkbar einfach, die er zielte Wirtschaftlichkeit befriedigend, die Unterhaltungskosten verhält nismäßig niedrig. Von vornherein ist ans eine helligkeitsmäßigc Kontrastwirkung der Lcnchtanlage zum Schanfenster-Lichtwert weit gehend Rücksicht zu nehmen, da durch gegenseitige Farbwertbeein flussung ein Teil der Wirkung leicht verloren gehen kann. In Farbe und Helligkeitswert soll die transparente Anlage, ihrem Fern wirkungszweck entsprechend, eine Steigerung darstcllen. Wie sehr die Intensivierung gesteigert werden kann, ist aus der möglichen Licht anhäufung im Schaufenster selbst zu ermessen. Die Hellen und klaren Buchfarben der Gegenwart setzen ja so gut wie keine Grenze nach oben. Die Farbwahl der Schilder oder Leuchtanlagen über haupt unterliegt eigentlich nur durch den meist schon gegebenen archi tektonischen Nahmen gewissen Einschränkungen. Mit die einfachste Form der Farbgliederung ist der zweifarbige Gegensatz von Schrift und Fläche. Er ist leicht in koloristisches Gleichgewicht zu setzen und wirkungskräftig. Schon bei geringen Maßen ist die Fernwirkung gut, da die Einfachheit der Farbgebung eine weniger differenzierte Behandlung erfordert als eine mehrfarbige gesteigerte Skala. Auch erlaubt sie stärkeres Betonen der farbigen Gegensätze, wodurch die Lesbarkeit sehr gewinnt. Ein weiterer Vorteil ist der mögliche Verzicht auf alles schattierende Beiwerk und das hierdurch er reichte Fortfallen aller Fehlerscheinnngen flächiger oder plastischer Art. Die Buchstaben können sowohl in Tag- wie in Nachtwirkung hell ans dunklem Grunde stehen, oder in Umkehrung des Gegensatzes kann die gesamte Fläche hell erscheinen und die Schrift dunkel darauf stehen. Da die Zahl der Leuchtkörper und somit die Höhe der laufenden Be- leuchtnngskosten vollkommen gleich ist, der erzielte Nutzeffekt jedoch bedeutend höher steht, so ist diese Lösung auch wirtschaftlich vorzu- zichen. Tag- und Nachtwirknng können auch in Wechsel gesetzt werden, so, daß z. B. am Tage die Buchstabengruppe dunkel erscheint, die Fläche hell, während durch die Beleuchtung eine Umkehrung der Lichtwerte stattfindet. Weiter kann jede Farbe in ihrer Nachtwirkung verändert werden (durch Hinterlegen mit einem anderen Farbton). Diese an sich einfache und anspruchslose Farbgebung kann in ihrer koloristischen Wirkung z. B. durch die skalenmäßige Abwandlung eines der beiden Töne gesteigert werden. Zweckmäßig wird dies jedoch, der klareren Wirkung der Schrift halber, nur bei der Flächen- sarbe erfolgen. Die Übergänge von einem Flächcnton zum anderen dürfen dann nicht weich modelliert werden, sondern sind in kräftiger Nandbetonung zu behandeln. Eine andre Möglichkeit liegt im Hinzu fügen eines weiteren Farbwertes. Die leuchtende Fläche selbst kann durch mehrfarbige Streifenwirknng außerordentlich günstig hervor treten, die Buchstabengruppcn fügen sich zwanglos und doch tektonisch richtig dem farbigen Bilde ein. Freilich ergibt sich durch diese Glie derung eine gewisse Beschränkung bet Wahl der Schrift und in der Text-Gruppierung. Letzteres indessen führt eher zu einer Wirkungs steigerung. Der dritte Farbwert kann dann auch in die Buchstaben selbst verlegt werden. Neuzeitlichen Geschmackssorderungen entspre chend wird diese Farbe als Kantenbetonnng des Buchstabens einge fügt werden. Jedoch weder so, daß sie im Eindruck einer Kontur linie entspricht, noch so, daß der Eindruck eines Glanzlichtes und so mit einer plastischen Gestaltung entsteht. Koloristisch muß diese Linie natürlich dem Farbwert der Bnchstabenfläche untergeordnet werden. Ein weiterer Schritt ist die Verlegung dieser Linie in das Innere des Buchstabens, doch nicht in symmetrischer Anordnung der geteilten Fläche, sondern stets außer Achse. In der Achsenrichtung ist sie be weglich; gerade durch bewußtes Gegenstellen der Hauptbewegung von Schrift und Linienrhythmus kann einer streng wirkenden Schrift ihre Schwerfälligkeit genommen werden. In horizontaler Richtung ist die Gliederung nur so vorzunehmen, daß richtungsmüßig stark betonte Teile nicht belastet werden. Die Flächengestalt des modernen Buch stabens würde ohne weiteres auch eine Mehrheit dieser Gliederung er lauben durch Kreuzung von Linien oder Staffelwirknng, doch soll man hier möglichst Maß halten, da eine Liniengruppe in ihrer Schau wirkung dem Gefühlswert eines Ornaments sehr nahe kommt. Eine Weiterbildung des Transparents stellt der aufgesetzte Buch stabe dar. Dieser kann nur in der Weise wirken, daß die leuchtende Fläche die Helle Basis der Buchstaben abgibt, so, daß Tag- und Nacht wirkung zwar Wirkungsunterschiede aufweisen, die Kontraste der letzteren jedoch einzig in der Schattenwirknng der Buchstaben selbst liegen. Die körperliche Form der Buchstaben muß möglichst zurück gedrängt werden, denn nur zu leicht ergeben sich störende Überschnei dungen. Ob man sich in der Schnittart für das runde, weiche Holz- prosil entschließt oder für das kantenbetonende Metall, kommt auf die besonderen Wirknngsabsichten an. Der leichteren Lesbarkeit halber ist der runden Form der Vorzug zu geben, wenn auch die Flächen des Metalles das Streulicht der transparenten Grundfläche kräftiger aufnehmen und wiedergeben. Sehr nachteilig kann es wirken, wenn der Helligkeitsunterschied zwischen Fläche und Buch staben gering ist, da ein Verschwimmen der Töne die Folge sein kann. Als weitere Art ist der s e l b st l e u ch t e n d e B u ch st a b e zu nennen. Dieser ist fast unabhängig von der vorhandenen architekto nischen Gliederung der Hausfläche. Wort und Zcilcnfall können freier behandelt werden, setzt doch diese Beschriftung gar nichts voraus und erzielt neuzeitliche Lösungen sogar an alten Hausfronten. In der Einzelwirkung ist der Buchstabe durch seine inneren Re flexe bei gleicher Zahl und Stärke der Leuchtkörper intensiver als das gewöhnliche hinterlenchtete Glas. Die Tagwirkung ist der straffen Form halber meistens gut. Tag- und Nachtwirkung sind sehr- variabel und anpassungsfähig. Selbst auf große Entfernungen ist der Eindruck ausgeglichen-ruhig. Durch einheitliche Anordnung kann auch bei der an sich lockeren Form eine energische und eigenartige Wirkung erreicht werden. Gut ist der Einzelbuchstabe für senkrechte Schrift anordnung geeignet (zumeist in Form der Nascnschilder). Jedoch soll dann der Buchstabe aus optischen Gründen nicht frei im Raume stehen, sondern wird zweckmäßig mit einer dunklen Fläche zu unter legen sein. An Stelle der selbstleuchtenden Buchstaben können nichttrans- parente Buchstaben verwendet und diese von anderer Stelle ans unter Licht gesetzt werden (durch Soffittcnbelenchtnng oder durch direktes Anleuchten aus gegenüberliegenden Häusern). Nie wird aber ein Eindruck erzielt werden, der an Geschlossenheit und Kraft den des selbstlenchtenden Buchstabens erreicht und dies um so mehr, als hier die Fläche des Hauses als sekundärer Wert mit in Er scheinung tritt. Weniger gut geeignet sind Leuchtschriften, die aus geform ten Röhren zusammengesügt sind. Sie sind zwar von sehr kräftiger Wirkung, doch ist die Farbgebung nicht immer befriedigend und die entstehenden Reflexe stören oft. Gegen Witterungseinflüsse sind sie nicht unempfindlich. Bewegliche Anlagen kommen für den Buch handel fast nie in Frage. Ein besonderes Eingehen darauf ist daher wohl nicht notwendig. Das Nasenschild ist in den Grundzügen nur eine Abwand lung des Firmenschildes, in der Art, daß dieses aus der Hausebene um 90 Grad herausgcdacht ist. Die Grundlinien sind daher die glei chen, jedoch unter Berücksichtigung der nötigen Wirkung in zwei Rich tungen. Gewisse Umformungen können dadurch nötig werden, daß eine Zwcckverschiebnng des Nasenschildes eintritt, dann, wenn es in die Gesamtbeleuchtung der Schaufenster mit einbezogcn wird. Es ist eine noch viel zu wenig beachtete Möglichkeit, das Nasenschild auch als Eingangsbetonung zu verwenden. Schon unter geringer Vermehrung der Leuchtkraft desselben kann der Eingang von oben unter Licht ge setzt und so sehr stark hervorgehoben werden. 1243