Volltext Seite (XML)
x° 211, 9. Septcnrber 1922. Redaktioneller Teil. vbrlenblatr s. d. Dtschrr. vuchhaudcl. z. B. an, der Grundpreis eines Buches sei 5 (sogenannte buch händlerische Goldmark) und der Multiplikator sei auf 130 gestie gen; das Buch wird also zu 5 X 130 — 650 P Zuschlag ver kauft. Ist der Verleger nun der Ansicht, daß dieser Preis erheb lich zu teuer (wegen Veraltens des Buches) oder erheblich zu niedrig (wegen besonders starker Preissteigerung der hierfür not wendigen'Materialien, wie Leder, Gravüren od. ähnl.) sei, so wird er den Grundpreis ändern, nicht etwa einen eigenen Multi plikator festsetzen wollen. Der Multiplikator gilt ein heitlich für alle Bücher; jede, auch die kleinste Ausnahme von dieser Regel wäre der Beginn eines fürchterlichen Chaos. Ein fester Zeitpunkt für Neufestsetzung des Multiplikators braucht dem Börsenverein nicht vorgeschrieben zu werden; er läßt durch seine Organe die verwendeten Jndices dauernd überwachen und publiziert etwaige Änderungen des Multiplikators jeweils, sobald sich das aus der von ihm geführten Tabelle über die Summe der Einzelindices als Notwendigkeit ergibt. Sollten sich ruckweise Preiserhöhungen auf vielen Gebieten wiederholen, wie wir sie um den 24. August herum erlebten, so wartet der Börsenverein gar nicht erst das Erscheinen der ver schiedenen Statistiken, die ihm die Unterlagen liefern, ab, sondern erhöht den Multiplikator nach seinem Ermessen, wenn es sein muß, täglich, um den Buchhandel vor den schwersten Verlusten zu bewahren. Der größte Vorteil, den ich in diesem System erblicke, ist der, daß es sofort eingeführt werden kann. Da der Börsenverein es nur als Vorschlag formuliert zu veröffentlichen braucht, so ist keinerlei Abstimmung und nochmalige Erwägung der Gründe dafür und dawider notwendig. Da der Multiplikator 100 ferner als Ausgangspunkt sehr geeignet erscheint, braucht über dessen Errechnung (nach dem oben angegebenen Schema) erst nach Ver öffentlichung der Börsenvereins-Bekanntmachung beraten zu wer den. Das »bis ck-n qui cito ciat« kann hier also ohne weiteres in die Tat umgesetzt werden. Die genaue Festlegung derjenigen Jndices, die für den Mul tiplikator als Grundlage dienen sollen, sowie die relative Bedeu tung, die man ihnen zumessen will (prozentualer Anteil meines Schemas), wird ebenfalls in kurzer Zeit von einer Kommission von Sachverständigen auszuarbeiten sein. Da es bei diesem System, das dem Verleger die Freiheit der Abänderung des Grundpreises läßt, ja nicht darauf ankommt, im Buchhandels index jeder kleinen Nuance in der Kalkulation jedes Verlegers ge recht zu werden, sondern da es genügt, die allgemeine Lage für den Buchhandel möglichst genau widerzuspiegeln, so kann eine Einigung über die Ausarbeitung des buchhändlerischen Index meines Erachtens nicht schwer fallen und wohl so schnell durchgeführt und veröffentlicht werden, daß man bis dahin mit dem Multiplikator 100 auskommt. (Ich meine, daß diese Arbeit nur einige Tage in Anspruch nehmen kann, da einiges Material zweifellos vorliegt.) Aber selbst wenn durch eine neue Börsen- deroute schon vorher eine (gefühlsmäßig geschätzte) Multiplikator erhöhung notwendig werden sollte, so werden dadurch diejenigen Verleger, die mit der umfangreichen Arbeit der Kalkulation der Grundpreise noch nicht fertig sein sollten, in keiner Weise in ihrer Arbeit gestört, da die hier vorausgesetzte Veränderung der allge meinen Wirtschaftslage auch für ihre Kalkulation neue Voraus setzungen geschaffen haben würde, die sich nun schon im veränder ten Multiplikator ausdrücken. Darüber freilich wird niemand im Zweifel sein, daß die Ein führung dieses Systems eine einmalige gewaltige Arbeit, ganz besonders für den Sortimenter, bilden wird. Aber welcher Sor timenter wird die Umzeichnung des Lagers auf die neuen Grund preise nicht gern auf sich nehmen, wenn er dafür künftig fast ganz von dieser langweiligen und zeitraubenden Tätigkeit entbunden wird und statt dessen nur eine Zahl im Kopfe zu haben braucht, mit der er den festen Grundpreis multipliziert?! (Verleger, die bisher schon nach einem ähnlichen System verfuhren, werden zweifellos im Interesse der Einheitlichkeit und Vereinfachung zu dem hier vorgeschlagenen übergehen.) Einen erheblichen Vorteil würde dieses Verfahren auch für den Verkehr mit dem Ausland haben, da die unveränderlichen Grundpreise zu ganz bestimmten Kursen umzurechnen wären. Diese Kurse wären nach Abschluß der Arbeiten zu Errechnung des Multiplikators festzusetzen und könnten sicher für längere Zeit ihre Gültigkeit behalten. Ein weiterer, ganz ungemeiner Vorteil aber würde sich aus diesem System für die Außenstände ergeben, die sich heute bekanntlich in kurzer Zeit entwerten und dem Buchhandel selten ein Äquivalent für die von ihm gelieferten Bücher bieten, sobald sie für längere Zeit ausstehen. Der Buchhandel wäre durch dieses Verfahren in die Lage versetzt, die Bücher, die aus Kredit bezogen werden sollen, zum Grundpreis zu verkaufen und den Käufer von der Höhe des gegenwärtigen Multiplikators in Kenntnis zu setzen, ihn jedoch darauf aufmerksam zu machen, daß für Käufe auf Kredit der Multiplikator vom Tage der Bezahlung maßgebend ist. Hiermit wäre ein einfacher Weg gefunden, die heute viel beklagte Entwertung der Außenstände zu verhindern. Ehe dieser letzte Gedanke zur Verwirklichung gelangt, wäre vielleicht noch eine Prüfung durch Juristen nötig, ob damit gegen die — selbst heute noch! — von der Rechtsprechung angewendete Ansicht, daß ein Preis in Höhe der Wiederbeschaffungskosten Wucher sein könne, verstoßen wird. Angesichts der berühmten »Preistreibereiverordnung« ist selbst das möglich. Ein Grund mehr, energisch gegen diese Verordnung zu protestieren! Ehe diese Frage nicht geklärt ist, kann natürlich auch von einer Anwendung des gleichen Abrechnungsverfahrens, wie es hier für Sortimenter und Kunden vorgeschlagen wurde, auf den Verkehr zwischen Sortimenter und Verleger nicht die Rede sein. Deutsche Bücherschau Leipzig 1922. Vorbetrachtungen von Erwin Skacel, Leipzig. In erfreulicher Zusammenarbeit wissenschaftlicher und buchhändle- rischer Kreise bereiten die Leipziger Volksakademic und der Deutsche Buchgewerbevercin unter großer Beteiligung von Leipziger Sortimentsfirmen eine Ausstellung vor, deren Eröffnung am 17. September im Deutschen B u ch g e w e r b e h a u s e statt- sindcn wird. Zum Unterschiede von früheren ZlusstcllungSarten hat sich die »Deutsche Bücherschau Leipzig 1922« die Aufgabe gesetzt, nicht von verlegerischen, fachwissenschaftlichen, bibliophilen oder sonstigen einseiti gen Standpunkten auszngehen, sondern das Buch als Kunstwerk, wie als Sinnbild und Wahrzeichen eines geistigen Prozesses zur Geltung zu bringen. Die im Menschen oft schlummernden Fähigkeiten oder nur zum Teil bewußten Neigungen sollen dank der geschickt durchdachten Anordnung wachgerusen und wciterentwickelt werden. Dem erzieherischen Grundcharakter getreu beginnt die Ausstellung mit dem Aufbau einiger Berufs- und Fachbibliothcke» von besonderer, vorbildlicher, ja eigenartiger Bedeutung: Die Bibliothek eines Arbeiters und eines kaufmännischen Angestellten (Bankbeamten), Die Bücherei eines Volksschullehrers und eines Rechtsanwalts. Im Zusammenhang mit der gleichzeitigen großen Tagung der Ge sellschaft Deutscher Naturforscher und Arzte bringt die Ausstellung auch einige wissenschaftüche Sondcrgruppcn, wie der Arzt — Naturforscher — Geolog — Chemiker. Das Schwergewicht und zugleich daS Neuartige der »Bücherschau Leipzig 1922« soll in dem Grundgedanken »Der Mensch und das Buch« liegen, in welchem die privaten Interessen des durch schnittlichen Lcsepublikums erfaßt werden sollen. Dieser Gedanke be rücksichtigt in gleicher Weise den werdenden und den reifen Menschen, den Mann der Acbeit und den geistig Schaffenden, sowie den im. Buch Erholung vom aufreibenden Alltag suchenden Menschen: dabei wird auf die Liebhabereien und Wünsche der verschiedenen Alters klassen und anderer Kategorien Bedacht genommen werden. Tie Ausführung dieses Planes (in einem Nundgang) ist folgender maßen gedacht: Das Bilderbuch. Die Welt des Märchens. Schelme und Aben teurer. Die Bibliothek eines jungen Mädchens und die Büchcrecke im Alt- jungfernstübchcn. Die Bibliothek eines Zwanzigjährigen und eines Vierzigjährigen unserer Tage. Die Bücherei eines Bllcherlicbhabers und eines Kunstfreundes. Der Musikfreund. Der Wanderer. Der Sportsmann. Der Gartenfreund. Die Bibliothek des Melancholikers, des Zdistlikers und des Erzen irischen. 1283