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Oie letzte Oarbe Von Oeorg Lreoner er dabei das eine wie das andere Mal, „zur Erinnerung an die Talen und zur Freude der Lebenden . . ." Sie as,en ohne Scheu und ließen sich'» schmecken, und es konnte geschehen, das, der Bauer dabei gesprächig wurde, was sonst nicht seine Ge Nahe bei einem slidostpreußischen Dorf liegt mitten auf einem Hügel, der sich sanft aus den Wiesen und Aeckern erhebt, das verfallene Grab eines unbekannten Soldaten. Da niemand ringsum weih, ob es Freund oder Feind, einen Fremden oder Bekannten birgt, heißt es im Volksmund dieser Gegend einfach „das Grab", und es ist in dieser Jahreszeit, da die Krähen über die Brache schwärmen, immer noch an einem runden Mal weißer, bei starken Regensiillen leicht angeschwärzter Aehrcn erkennbar, die fahraus jahrein von Sense und Pslug verschont bleiben müssen und jeden Herbst sich weiter versäen. Zu diesem einsamen Grab sah man viele Jahre lang am Vorabend des Erntedankfestes, wenn die Glocken zu läuten be- gannen, den Bauer gehen, dem dieser Hügel gehörte. Der alte Mann, der seine beiden Söhne im Kriege verloren hatte und von deren Gräbern tm fremden Land trotz mancherlei Nach forschungen und Beschreibungen keine rechte Vorstellung gewin nen konnte, trug eine geschliffene Sichel in der Hand, wie sie heutzutage nicht mehr gebräuchlich ist. Wer ihm begegnete, blieb am Wegrand stehen und grüßte. Wer ihn von weitem sah — Männer, die aus freiem Feld die Dreschmaschinen be- dienten, oder Frauen, die über Kartoffeln und Rüben gebückt waren — unterbrach seine Arbeit und sagte: „Er geht das Brot des Toten holen." Er ging langsam, mit entblösstem Kops, den Hügel hinan. Sein Rücken war schon von der Mühsal der Jahre gekrümmt, aber in seinen Augen lag noch die ungebrochene Kraft, die sich nicht an der Größe eines Grundstücks misst. Den Blick der Sonne zugewendet, die jetzt auch über den Gräbern seiner Söhne untergehen mochte, blieb er lange inmitten der weihen Aehrcn, unmittelbar vor dem verfallenen, durch ein niedriges Kreuz bezeichneten Grabhügel stehen. Dann griff er getrost mit der Sichel in die zerzausten Aehren, deren überreife Körner sich zu einem guten Teil schon verstreut hatten. Weil der Tod nicht denkbar ist ohne das Leben und das Leben unbegreiflich wär» ohne den Tod, legte er behutsam Halm zu Halm, bis das kleine Kreuz aus morschem Birkengehölz wieder sichtbar wurde. Dann band er die Halme kunstgerecht zu einer Garbe, die von Jahr zu Jahr an Umfang wuchs, und zu keiner Zeit des Jahres glaubte er eine größere Dankbarkeit in seinem Herzen zu spüren und tiefere Ehrfurcht vor der ewigen Wiederkehr der Saat als zu dieser Stunde, da er diese teuerste Garbe seines Feldes nach Hause trug. Keine Traurigkeit hemmte seinen Gang. Kein Schmerz trübte fetzt das Leuchten seiner Hellen Aimen Ka es k-sr-» »l» wäre sein sonderbares Tun durch eine uralte Gewohnheit ge- heiligt. Er trug diese Garbe in die Scheune, die sein Gehöft nach Süden hin beschloß und drosch sie aus der Tenne. In der Stille de» Abends hallte der gemessene Schlag seines Dresch- stegels weit durchs Dors. Und sobald auch diese Arbeit ordent- lich verrichtet war, mahlte er das Korn zu Mehl aus einem alten Stein, der ihm von den Voreltern vererbt war und nur noch diesem Zwecke dienstbar gemacht wurde. Und keiner seiner Knechte oder Mägde hätte es gewagt, ihn mit zudringlichen Blicken zu stören. Denn ihnen selbst ward dabei zumute, als sei die Freude über das bevorstehende Fest nirgendwo größer und geheimnisvoller als aus diesem Hof. Sie gingen schlafen und wußten: während das Vieh im Stall zur Ruhe kam und ein Licht nach dem andern im Dorf verlöschte, rührte der Bauer aus demselben Mehl, das er eben gewonnen hatte, einen Brot teig an, und er gönnte sich selbst nicht eher den Schlaf, als bis der Ofen in der Küche eingeheizt war und der warme Teig aus der Herdbank zu gären und im ganzen Hause, bis in die Dach kamm» hinaus, zu düsten begann. Am Mittag des nächsten Tages, erzählten sie, als das Brot gebacken unb abgekühlt war unb die Kirche sick wieder geleert hatte, versammelte der Bauer seine Hosleute um den großen ge scheuerten Tisch in der Stube. „Es ist alles gerichtet," sagte er, und weder seiner Stimme noch den Bewegungen seiner alten, von Gicht ein wenig geplagten Gliedmaßen hastete eine Spur jenes Fremdseins an, das am Abend zuvor die Leute zum Grüßen zwang. Mit freundlich zwinkernden Augen schnitt er bas Brot in Scheiben, für jeden seiner Leute ein großes Stück, dazu tischte er ihnen Butter uud Honig aus und eine große Kanne selbstbereiteten Kaffees. Dann forderte er sie aus, das frische Brot zu essen — »dem Acker zu Dank und Ehre." laate wohuhcit war, von seinen Söhnen erzählte, wie sie ihm hier und da mit besonderer Umsicht geholfen hätten, und in einlachcn Worten, die weder Stolz noch Klage verrieten, die letzte Ernte mit der der Vorjahre verglich. Dann gingen sie alle in den Wirtshausgarten, unter dessen trächtigen Apfelbäumen Tische und Bänke ausgeschlngcn waren, um den Tag in Fröhlichkeit zu beschließen. Und es heißt, daß der Bauer selbst sich an der Ausgelassenheit der Jungen nicht satt sehen konnte. Verstärkte ^ictierkeitsmriknÄkmen — Die Furcht vor Attentaten ist augenblicklich nach dem ge- lungenen Revolvernnschlag aus Hue>) Lang, den Gouver neur von Louisiana, in den Vereinigten Staaten wieder sehr groß. Man ist vor allem geneigt, aus dem Attentat aus Hucy Long den Schluß zu ziehen, daß selbst ein zahlreiches persön liches Sicherheitskorps nicht ausreicht, um das Leben derjeni gen zu sichern, die im Vordergrund des össentlichen politischen Lebens des Lande» stehen. Jedenfalls ist in der Zwischenzeit alles geschehen, um in dieser Beziehung vor Ueberrajchungcn sicher zu sein. Auch der Sicherheitsdienst um den Präsidenten Roosevelt hat eine wesentliche Verschärfung erfahren. Der Präsident ist viel auf Reisen und dadurch besonders exponiert. Das Attentat auf ihn im Jahre 183.1, bei dem dann der Bürgermeister von Chikago umkam, ist noch zu lebendig in aller Erinnerung, als daß man die umfangreichsten Maßnahmen nicht verstehen könnte. Schutzhast für Geisteskranke. Mit dem Schutz von Leben und Sicherheit des Präsidenten Roosevelt ist der Geheimdienst, eine bundesstaatliche Behörde, betraut. Hier wird Woche für Woche, Tag für Tag, ja Stunde für Stunde eine unvorstellbare Fülle von Kleinarbeit geleistet. Vor allem werden die an den Präsidenten der Vereinigten Staaten gerichteten Drohbriefe sorgfältig und gründlich ge prüft. Man beschränkt sich dabei nicht allein auf die Droh briefe jüngsten Datums, sondern steht sogar diejenigen Schrei- llllllllllllllliililllllillillilililüllilllilllillllllilllllülllülllllllllillillllllllllllllllülllllllllillilllllill Vie Kindesseele Wollt ihr die Kinder treu behüten. Laßt eure Sorge Liebe sein. Gedeihen doch die zarten Blüten Nur in der Liebe SanneniHn. Heilt auch das Leben manche Wunden, die erste schließt lich immer mehr. Und ganz wird iste das -Herz gesunden. War seine Kindheit liebeleer * Was eine Kindesseele Aus jedem Blick verlnrichl. So reich ist dach an Hoffnung Ein ganzer Frühling nickst Wie uns ein Bestellen bündel Ten Frühling schon im Mörz. So ward dein Kind ein Frühling, Für dich, o Mutlcrherz. v. Fallersleben. /^ukkIärunA8kluA26u^6 begleiten äeiz Salon^uA ben verdächligcn Inhalts mit zur Untersuchung heran, die be reits vor Jahren an die Vorgänger Roosevelts gelichtet wurden. Liegen aus Städten, die der Präsident aus seiner Reis« zu berühren gedenkt, solche Drohbriefe vor, dann begibt sich ein besonderer Stab von Beamten rechtzeitig an Ort und Stelle, um Erhebungen zu pflegen. Gelingt es in dem einen oder anderen Fall, die Absender solcher Schreiben scslzuslellen, dann werden diese Personen sofort in Schutzhaft übergeführt, wo sie zu rwrbleibcn herben, bis Präsident Roosevelt durchgefahren ist. Auch der bloße Verdacht genügt unter Umständen schon, um die Schutzhast zu verhängen. Außerordentlich scharf werden vor allem auch die Personen beobachtet, die Avzeicken geistiger Unzurechnungsfähigkeit zeigen. Der Grad der Verrücktheit spielt dabei keine Nolle. Auch die sogenannten „harmlosen Irren" werden streng bewacht und gegebencnsalls in Schutz haft genommen. Dl« „Zone der Sicherheit". Gleichlaufend mit der Ueberwachung der Städte, durch die der Präsident bei seinen Reisen kommt, werden Stichproben aus die Zuverlässigkeit des Bahnpcrsonals gemacht. Vom Stationsvorsteher bis zum geringsten Bahnarbeiter müßen sich die Beamten unter Umständen wiederholte strenge Verhöre ge fallen lasten. Sie werden dabei aus Herz und Nieren geprüft. Man fragt sie nach ihren politischen Anschauungen, nach ihren Familien, nach ihren Gewohnheiten und nach ihrem Freundes kreis. Um die Reisen des Präsidenten rein technisch sicherzu stellen, werden zudem Vor- und Rachziige abgclassen. In beson ders gefährdeten Gegenden wird sogar ein Panzerzug eingesetzt. An den Brücken flehen besondere Wachen, und die Weichen wer den streng kontrolliert. Die verschiedenen Abteilungen des Sicherheitsdienstes sind während der Fahrt des Präsidenten längs der Reiseroute ge- stafselt. Diese Fahrten vollziehen sich daher immer nur von Etappe zu Etappe. Ist wieder ein Etappenziel erreicht, dann übernehmen neue Beamte den Wachdienst. In jüngster Zeit ist man außerdem dazu übergegangen, den Salonzug'des Prä sidenten auch von der Luft aus beobachten zu lasten, und zwar durch Aufklärungsflugzeuge, die mit gedrosseltem Motor und in ziemlich geringer Höhe neben dem Zug einherfliegen. Der Sinn aller dieser Vorkehrungen und Maßnahmen ist der, sogenannte „Zonen der Sicherheit" zu schrssen, innerhalb derer dann nach menschlichem Ermeßen dem Präsidenten nicht» zustoßen kann. Es ist nicht bekannt, was die Amerikaner für diesen Sicher heitsdienst zahlen. Einen Anhaltspunkt dafür findet man auch in den Ausweisen des Staatshaushalts nicht. Aber es ist zu Präsident Koosevelt reist . Im Lpreekrirnrner Plauderei sm >Voekenende Von Usrsbu. „Dich trifft man auch überall", murrte Kilian, als wir uns im Sprechzimmer von Dr. Müller begegneten. „Das sagte auch der Chef zu seinem Lehrling", er widerte ich freundlich. „Herr Meier, sagte er, mit Ihnen geht das nicht so weiter. In jedem schlechten Lokal begeg net man Ihnen!" „Na, ein schlechtes Lokal ist das Sprechzimmer eines Arztes gerade nicht!" lachte Kilian. „Aber schlecht kann einem hier werden!" behauptete ich. „Ich wünschte, ich brauchte nicht hier zu sein. Aber mir hat sich das schlechte Wetter wieder auf die Mandeln gelegt." „Hast wohl zuviel Mandelkuchen gegessen?" freute sich Kilian. „Unsinn!" wehrte ich schmerzlich ab. „Bei mir schlägt j«t>e Erkältung aus die Mandeln. Die müssen dann abgesaugt werden. Du, das habe ich gern! Es ist so, als ob man am Halse gewürgt würde." „Man soll niemand etwas Gutes mißgönnen!" stellte der Biedere mit Befriedigung fest. "So!" sagte ich. „Und was sehlt denn Dir?" ,Ach, eigentlich nichts!" meinte Kilian so leichthin. Eigentlich nur Kopfschmerzen. Hartnäckige Kopfschmer zen schon seit Tagen. Weder Aspirin noch Pyramidon hel fen da . . ." „Und wovon kommen die denn?" erkundigte ich mich teilnahmsvoll. „Das soll mir eben der Arzt sagen?" versetzte Kilian naiv. „Ich meine, es ist nur Ueberarbeitung. Meine Frau natürlich behauptet, »s wäre der Patenwein. Aber das des Z^rLtos sagt sie mir, weil sie davon nichts versieht ... Es ist be stimmt nur Ueberarbeitung . . ." „Ja die Frauen!" sagte ich schadenfroh. „Tie wissen alles besser. Deine Frau wird Dich schon noch überzeu gen, das; Deine Kopfschmerzen vom Palenwein kommen!" „Aber das ist doch Unsinn!" entrüstete sich Kilian. „Kaum drei Flaschen von dem leichten Zeug habe ich ge trunken, und da soll ich Kopfschmerzen bekommen? Da müßt' ich grad so einen Kohlrabi haben wie Du, denn Du machst Dir über alles Kopfschmerzen. Bor allem über Dinge, die Dich nichts angehen!" „Ich mache mir Kopsschinerzen und Du hast sie", gab ich ihm zurück. „Aber ich verlasse mich auf die Beredsam keit Deiner Frau. Frauen leisten ja wenigstens in diesem Punkte bestimmt mehr als die Männer. In Amerika hat man jetzt Versuche angestellt mit der neuen Lärmeinheit, dem „Phon", um Grundlagen sür eine Bekämpfung des Lärms zu gewinnen. Dabei hat man festgestellt, das; die Niagarafälle auch nicht mehr Lärm verursachen als zwanzig Frauen, die in einem Zimmer sind und mitein ander reden. Beide, der Niagara wie die Frauen, er reichen üo Phon, und das ist fast die Höchstgrenze dessen, was das menschliche Ohr überhaupt aufnehmen kann..." „Ach," brummte Kilian, „ich sage natürlich nichts ge gen die Frauen. Ueberhaupt, meine Frau: aus die lasse ich nichts kommen. Aber reden tun sie schon gut. Du, der Vergeich mit dem Niagarasall ist nicht übel. So eine Gardinenpredigt geht hernieder wie ein Wasserfall. Ich meine natürlich: bei anderen. Bei mir kommt sowas nie vor. . ." ... „Natürlich!" nickte ich belustigt. Und noch in einem andern Punkte ist der Vergleich zwischen Gardinenpredigt und Wassersall sehr gut: Beide rauschen vorüber, ohne das; von ihnen etwas bleibt. Bei anderen natürlich, meine ich . . . Die Türe des Ordinationszimmers öffnete sich: Dr. Müller komplimentierte eine, gelinde gesagt, korpulente Dame hinaus. „Also Eie können mir gegen meine Tchwächezu« stände wirklich keine Butter verschreiben?" fragte die Dame im Türrahmen. sSie fragte es offensichtlich nicht zum ersten Male.) „Nicht Butter brauchen Eie, gnädige Frau," sagte der Arzt höflich, „sondern viel Obst. Recht viel Obst, Gemüse, mageres Fleisch. Keine Mehlspeisen, keinen Ku chen, keine Schlagsahne. Ich habe Ihnen ja die Diät ausgeschrieben . . ." „Aber das ist ja schrecklich. Herr Doktor", ächzte die Arme. „Da mus; ich ja einfach verhungern . . ." „Im Gegenteil!" versicherte Dr. Müller mit unge brochener Freundlichkeit, „Tie werde» sich schon »ach wenigen Tagen viel wohler fühlen. Ihre Schwächezu- stände werden verschwinden. Wenn Sie aber so wie bis her sich überernähren, brauche» Tie auf sehr eriisthafte Beschwerden nicht mehr lange zu warten." Sie waren jetzt an der Autzenlür des Sprechzimmer angekommen, die der Arzt mit einer kleine» Verbeugung ösfnele. Aber noch unter der Türe drehte sich die gute Dame nochmals uni und fragte mit schmelzendem Sopran: „Sie können mir also wirklich keine Butter ver schreiben, Herr Doktor . . . ?" „Auf was für Einfälle so ein Butterfäszchen kommt!" wunderte sich Kilian. „Die sollte bei ihrem Gewicht jetzt lieber eine Traubenkur machen als nach Butter jagen. Blotz gut, das; Doktor Müller die nötige Energie hat!" „Jawohl, die hat er", bestätigte ich. „Besonders beim Absaugen der Mandeln merke ich das. Solange