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vermuten, daß diese weitlnuflpe, mtt allen Mitteln der modernen Technik, wie drahtlose Telefonie und Telegrafie, flunksornchanlagen und Flugzeugen ausgerüstete Organisation recht kolllpielig ist 6r. Dankbarkeit Vor einigen Monaten ist in dem Dors H. die Scheune eines Vau.rn abgebrannt. Der Geschädigte erhielt die Versicherungs summe von 5000 Pfund ausgezahlt und alles schien in Ordnung zu sein. Da erhielt die Behörde eines Tages den Brief eines ande ren Bauern, und darin wurde behauptet, dasz der Geschädigte seine Scheune selbst angcziindet habe. Die Folge davon war eine Klage wegen Versicherungs betrugs. In der Verhandlung Iah es nicht sehr gut für ihn aus. Die Zeugen wollten nicht recht mit der Sprache heraus, aber das eine hörte man doch, daß der Bauer viele Schulden hatte. Und einmal soll er auch gesagt haben: „Mich kann nur ein Brand retten . . ." Zum Schlug wird auch der zehnjährige Junge jenes Bauern vernommen, der die Anzeige erstattet hat. Der Junge hat viel lai yauje des „BrandstiNers" verkehrt, er war eigentlich immer dort. „Ich bin meinen Eltern nur im Wege", erklärte er auf ein« Frage des Vorsitzenden, und das stimmt auch. Aber der Bauer W, der „Brandstifter", hat ihn geliebt, war immer gut zu ihm . . . „Hat der Bauer gesagt, daß es gut wäre, wenn die Scheune abbrcnnen würde?" fragt der Richter. Und der Junge ant- wartet treuherzig: „Ja. das hat er oftmals gesagt" . „Und dann hat er sie angeziindet?" „Nein, das konnte er ja nicht, ec war ja aus dem Feld." Das Weitere kommt dann stockend heraus. Er selbst, der Junge, war aus dem Hof, niemand sonst . . . Da fällt ihm der Richter ins Wort: „Warum hast du die Scheune angezündet?" „Weil er so gut zu mir ist", sagt weinend das Kind. Da ist es heraus. Der Bauer wird freigcsprochen. Aber das Schönste an diesem Ausgang ist die warme Menschlichkeit des Richters. „Wollen Sie das Kind nicht ganz zu sich nehmen?" fragt er de« Bauern. Und der ist mit Freuden bereit. Lakrkarten kür welke Klause Die Flugzeuge der deutschen Lufthansa und die deutschen Zeppeline haben in der letzten Zeit schon ost die seltsamsten Passagiere befördert, angesangen von den kleinsten und unbe holfensten Babys bis zu weiszen Mäusen und Raubtieren. So wurden vor etwa zwei Jahren nicht weniger als zweihun dert weihe Mäuse, eine ganze Mäuscarmce, auf dem Luft wege von Deutschland nach Rio de Janeiro geschickt. Diese nied lichen Tiere, vor denen die Damenwelt eine unbegreifliche Angst hat, fuhren zunächst von Marburg an der Lahn bis nach Frankfurt am Main höchst zivilisiert und gesittet mit der Eisen bahn. Dann lösten sie eine Umstcigekarte aus das Flugzeug der deutschen Lufthansa und setzten ihre Reise nach Friedrichs hafen fort. In Friedrichshafen angckommen, brachte man sie an Bord des „Grafen Zeppelin". Es war wohl das erste Mal In der Geschichte der Lustsahrt, dasz 200 weisze Mäuse über den Ozean flogen, um in Rio de Janeiro, ihrem Bestimmungsort, wieder an Land zu gehe,». ^Varum war er so ^elrlxs? Die Damen der Stadt Panama wuszten die Parfums, die Seifen und Schönheitsmittel des Herrn Sarrazin wohl zu schätzen, und sein Parsümcriegeschäft ging glänzend. Bis eines Tages ein merkwürdiger Kunde in sein duftendes Reich cinbrach und Monsieur Sarrazin dem Verderben auslicferte. Den Verkäufern des Geschäfts war cs nicht gelungen, den Eindringling abzuwcisen. Der verwahrloste Kerl machte sich gewaltsam Bahn zum Privatkontor des Geschäftsinhabers, hatte eine längere, ziemlich heftige Aussprache mit ihm und verlies; den Laden mit unhcildrohendcm Gesicht. Herr Sarrazin selbst muhte eines von seinen belebenden Wässerchen in Anspruch nehmen, ehe er wieder recht zu sich kam, und verbrachte den Rest des Tages in seinem Kontor, von niemandem zu sprechen. Am nächsten Mor-en wurde er von der Polizei abgeholt. Seine Angestellten und die Damen von Panama sahen ihn nicht wieder. Wie vor Gericht bekannt wurde, hatte sich Herr Sarrazin vor siebzehn Jahren in einem Pariser Vorort an einem Raub mord beteiligt. Als Täter wurde ein gewisser Tissicr verhaftet und zum Bagno verurteilt. Er ging nach Französisch-Guayana, obne lein« Komplicen anzugeben. da noch etwas übles drin sitzt, läßt der nicht nach — und wenn man dabei zu erstistren droht. Ich wünschte, das Vergnügen wäre heute schon vorbei . . ." „Ist ja alles halb so schlimm!" suchte mich der gute Kilian zu ermutigen. „Du musst dabei denken, Du wärest in Abessinien Soldat lind soivas gehörte zu den Unbilden des Klimas. Man muh immer an die denken, die es noch schlechter haben, und darf sich nicht für zu gut halten, auch einmal etwas Mieses mitznmachen." „Danke für den guten Rat!" verbeugte ist) mich ge reizt. „Aber wir sind eben nicht in Abessinien. Dort hat die Regenzeit eben aufgehört, und bei uns sängt sie an. Ja, wenn meine Grippe vom Patenwein käme wie Deine Kopfschmerzen, dann würde ich gar nichts sagen und mich in Geduld fassen. Aber warum muh gerade ich die Grippe Kriegen?" „Gerade Du?" fragte Kilian heiler. „Na, sich Dich bloß mal um hier im Sprechzimmer! Was haben denn die Leute alle? Husten, Schnupfen, Katarrh, Grippe, Mandel entzündung Der Grund ist überall der gleiche: das November-Wetter . . . Aber hat es vielleicht Zweck, über das Wetter zu wettern?" So ein ärztliches Vorzimmer seht zu betrachten, ist in der Tat ein Vergnügen für sich. Der Menschheit ganzer Jammer packt Dich an Da hustet und niest es nur so durcheinander. Der Mehrzahl der Patienten bat die Grippe ihr Siegel ins Gesicht gedrückt: hohle Wangen, Augenringe, unstete, brennende Augen. Die jungen Mäd chen in einem solchen Sprechzimmer haben alle wollene Strümpfe an; Du kannst jede Wette eingehen, das; sie noch gestern sehr dünne seidene getragen haben. Besorgte Mütter sitzen da mit Lausejungen, die sich erkältet haben und nun unverzagt bellen wie junge Hunde. Endlich äl tere Herren wie ich, die das Wetter nicht mehr vertragen, Lriedriek des Qroken LuttersorAen Allmählich hoben auch die ewig Aengstllchen elngcsehen, dasz die vorübergehende Butterknappheit keinen ernsten Anlaß zur Besorgnis gab, und daß sie weniger augenfällig geworden wäre, wenn die Hamsterer etwas mehr in die Schule der Un eigennützigkeit gegangen wären. Die Tatsache der Butterver- sorgung selber erinnert uns an die Buttersorgcn des Alten Fritzen, von denen er uns in seinen Lcbenserinnerungen eigen händig berichtet. An gleicher Stelle entwirft er vor unseren Augen die trostlose Lage des Bauernstandes, wie er ihn an traf, als er an die Wiederherstellung seines Staates ging. Er sagt darüber unter anderem: „Um sich eine Vorstellung von der allgemeinen Zerrüttung des Landes und vom Kummer und der Mutlosigkeit der Unter tanen zu machen, gedenke man sich ganze durchaus verheerte Landstriche, wo man kaum noch die Spuren ehemaliger Woh nungen entdeckte, von Grund aus zerstörte oder zur Hälfte in die Asche gelegte Städte, 13 000 Häuser, von denen keine Trümmer mehr zu sehen waren, unbestellte Aecker, Einwohner, denen es an Brotkorn mangelte. Ackersleutc, denen es an 60 000 Pferden zum Landbau fehlte, und in de» Provinzen eine Verminderung von 500 000 Seelen, gegen das Jahr 1756 gerechnet, welches bei einer Bevölkerung von -1500 000 Men schen sehr beträchtlich ist. Der Adel und der Bauer waren von so vielen verschiedenen Armeen ausgepliindcrt und durch Kon tributionen und Futterlieferungen aüsgesogen worden, der Feind hatte ihnen nichts als das Leben und elende Lumpen zur Be deckung ihrer Blösse gelassen: da war kein Kredit, um nur die täglichen Bedürfnisse der Natur zu befriedigen; keine Polizei in den Städten: czn die Stelle der Billigkeit war niedriger Eigennutz und anarchische Regellosigkeit getreten..." Der weitschauendo Geist des Königs entwarf Pläne zur Bekämpfung dieser allgemeinen Not, wobei er seine besondere Aufmerksamkeit auf die Wiederherstellung einer gesunden Land wirtschaft und eines starken Bauernstandes lenkte. Jeder kennt seine Leistung auf dem Gebiete der Bodenverbesserung sowie der Bodengewinnung durch Urbarmachung von Sümpfen usw. Wenig bekannt dagegen sind seine Bemühungen um eine aus reichende Butterversorgung aus den Erträgen des eigenen Lan des. Es ist das gleiche Problem, was uns heute neben ande ren großen Problemen der Ein- und Ausfuhr beschäftigt. Zwar gab es damals noch keine Tevisenschwierigkeiten im heutigen Sinne; aber auch seinerzeit ging es um die Senkung der Aus gaben für die Einfuhr zugunsten einer positiven Handelsbilanz. Der Lehrmeister preußischer Sparsamkeit. gibt uns auch hierfür einen aufschlußreichen Bericht, der sich allgemeinverständlicher nicht denken läßt. Wörtlich heißt es in seine» Lcbenserinnerungen: Bei der Aufmerksamkeit, die man anwandte, alle aus ländischen Produkte zu wissen, die in das Land eingeführt wur den, fand man vermöge der Auszüge ans den Zollregistern, daß für 280 000 Taler fremde Buller eingebracht würde. Um ein so unentbehrliches Lebensmittel selbst zu liefern, berechnete man alles, was die neuen Urbarmachungen leisten könnten. Eine Kuh, deren Milch in Butter verwandelt wird, bringt gewöhnlich fünf Taler ein, und man berechnete, daß die neuangebauten Ländereien zur Erhaltung von 48 000 Kühen hinreichlen, weiches eine Summe von 2-10 000 Talern beträgt. Allein man muß den eigenen Bedarf der Eigentümer davon abziehen, und wenn man alles gehörig überschlug, so mußte die Anzahl der Kühe auf 62 000 steigen. Diese Schwierigkeit mußte noch behoben wer den; auf jeden Fall aber war es möglich, auch sie zu überwin den, denn nach allen gemachten Anlagen blieben noch Land striche von geringerem Umfange übrig, die noch urbar gemacht werden konnten. Die Tat folgte dem Vorsatz auf dem Fuße uud brachte dem Laude und seinem Volke unschätzbaren Nutzen. Alles aber, was damals zum Wohle des he>mntergcwir>schastcten Bauern standes geleistet wurde, war Wegbercitung für die große Zeit der Bauernbefreiung, die mit dem Reichserbhofgesetz ihren se gensreichen Anfang genommen hat. Nach fünfzehn Jahren Gefangenschaft konnte Tifsier flüch ten, er schlug sich bis nach Panama durch und entdeckte dort den Mithelfer bei seiner Tat, den Parsiimeriebesitzer Sarrazin, der damals entkommen konnte und sich mit seinem Veuteanteil in Panama eingerichtet hatte. In der Unterredung im Kontor bat Tifsier seinen Freund, ihm jetzt wciterzuhelfen. Sarrazin hatte aber anscheinend ganz vergessen, dah sie beide einmal ge meinsam an einem Strick gezogen hatten, und wies Tissier ab. Woraus der soeben aus der Gefangenschaft Entkommene zur Polizei ging und Sarrazin anzeigte. Er wird zwar wahrschein lich wieder ins Bagno geschickt werden, aber sicher nicht ohne seinen Kompagnon Sarrazin, der sich an unrechter Stelle so geizig gezeigt hatte. Der koke 8lnn im kindüeken 8p!el Welcher Lausbube hat nicht schon einmal ein Geldstück aus das Straßcnpflastcr geklebt, um dann von einem sicheren Ver steck aus die vergeblichen Bemühungen der Passanten, die Münze auszuhcben, mitanzujehen und sich darüber totzulachen? Nun, dieser Tage hat ein gelehrter Professor solch einen Lausbuben streich ausgefiihrt, natürlich nur, um ihn für seine wissenschaft lichen Zwecke zu benutzen. Wir zweifeln aber nicht daran, daß die Sache dem Herrn Professor nebenbei einen höllischen Spaß gemacht hat. Der Gelehrte hatte also ein 20-Francs-Stllck auf das Pflaster einer belebte» Straße festgeleimt und sich in ein CafL zurückgezogen, woselbst er mit Hilfe einiger Studenten die Passanten beobachtete. Das Ergebnis war eigentlich erstaunlich, denn von 100 Passanten bemerkten nur -11 das Geldstück. Von diesen 41 wieder kümmerten sich 15 Leute überhaupt nicht weiter um das Geld. Vielleicht verachteten sie den Mammon wirklich so sehr, vielleicht genierten sie sich auch nur vor den Leuten, sich ge fundenes Geld rinznsteckcn. Aber 26 Passanten machten von diesen hundert keinen Hehl daraus, daß ihnen das 20-Francs- Stück gerade zurecht komme. Allerdings mußten sie mit ent täuschten Gesichtern wieder abziehen, denn der Leim mar gut. Wie sind ncugicreg darauf, wie der Professor diese Ergeb nisse sür seine Arbeiten auswerten wird. Die Modcgans. Haussrau zum Ecslügclhändler: „Ich möchte eine Gans, aber geben Sie mir nicht wieder so eine Modcgans, wie das letzte Mal." Gcslügelhändler: „Eine Mode gans? Wie meine» Sie das?" Hausfrau: „Darunter verstehe ich eine Gaus, die bis zu ihrem Tode der schlanken Linie huldigt." 8andor kelratet eine Kats Uor^ana Die Liebe versteht es noch heute, sich die merkwürdigsten Situationen auszudenken, in denen sie Menschen, von denen der eine männlichen, der andere weiblichen Geschlechts ist, zusam- menflihrt. Sicher hat der Bauer Sandor Kis aus Sveghalom nichts anderes im Sinn gehabt als den Gewinn, den er heute auf dem Schweinemarkt buchen konnte, während er gemächlich über die Puszta nach Hause ritt. Er ließ seine Blicke über den Horizont schweifen, als er auf einmal stutzte und sein Pferd ver wundert anhielt. Ganz deutlich, fast greifbar nahe, war zu seiner Linken eine Luftspiegelung aufgetaucht, wie sie ja in der Pußta an sich nicht selten sind. Hier sah sich aber Sandor Kis die Fata Morgan« doch genau an, denn es zeigte sich ihm ein hübsches Bauernhaus und davor ein junges Mädchen, das sich gar anmutig bewegte. Um es kurz zu machen: Sandor Kis ver liebte sich aus der Stelle in diese luftgespiegelte Erscheinung und beschloß, sie sich einmal in der Nähe zu besehe». Es dauerte allerdings eine ganze Weile, bis er den Bauernhof gesunden hatte, denn die genaue Adresse war bei der Fata Morgan« leider nicht angegeben. Nach zwei Monaten stand Sandor Kis aber doch vor dem in 120 Kilometer Entfernung wohnenden Mädchen und hielt bei dessen Vater um ihre Hand an. Soeben hat nun die Hochzeit zwischen Sandor und seiner Braut stattgcfunden, und es ist die Frage, ob jemand aus ein« noch seltsamere Art zu seiner Frau gekommen ist. Lin Kokler, ein Kork, einmal Zwillinge Der Flughafen Tempelhof stand vor kurzem im Zeichen eines reizenden Geschehnisses: Unter den Fluggästen, die in Berlin landeten, befand sich ein füns Wochen altes Zwil lingspärchen. Die Zwillinge lagen friedlich schlummernd in einem als Wiege hergerichtetcn Waschkorb, betreut von ihrer Mutter. Die Zwillinge werden sich später wundern, wen» man ihnen erzählen wird, daß sic schon im zartesten Kindesalter, ohne es selbst zu wissen, das Vergnügen hatten, in einem „richtiggehenden Flugzeug" von München nach Berlin zu fliegen. Ihre Mutter wird es nicht versäumen, ihnen ausführlich zu schildern, welch freundlicher und rührender Empfang ihnen zu teil wurde. Die beiden kleinen Herrschaften nahmen genau so wie die Erwachsenen hoch oben in der Luft ihr Frühstück zu sich — allerdings in der primitiven Form eines Milchsläschchens. Sie haben, wie man hört, die ungewöhnliche Reise ausgezeichnet überstanden und wurden von ihrem freudestrahlenden Herrn Papa liebevoll an die Brust gedrückt. mit dem Taschentuch vor dem Mund husten und leicht nach Friedhof aussehcn . . . Wieder öffnete sich die Türe des Ordinationszim mers. Diesmal schritt sachte ein junger Mann heraus, ein wenig blas; und die eine Hand am Halse haltend. Das kannte ich! Dein waren auch die Mandeln abgesaugt worden . . . „Früh und abends mit Chinosol gurgeln", wieder holte Dr. Müller. „Und nm besten bleiben Sie ein paar Tage zu Haus, bis die Reizung sich beruhigt." „Hm, hm!" nickte der Patient, dem es offenbar ein wenig die Sprache verschlagen hatte. Und matten Blicks verlieh er die Stätte unfreundlichen Erlebens. . . „Ich weis; doch nicht", sagte ich und fasste nach meinem Hals, „ich glaube, ich brauche heute doch nicht nachsehen zu lassen. Mir wird schon wieder ganz wohl..." „Ach, Herr Kilian!" begrüßte da der Arzt unsern Freund. „Nett von Ihnen, das; Sie mich auch mal be suchen. Wo fehlt es denn? Wollen gleich mal nach dem Rechten sehen!" „Nach dem Rechten sehen ist gut", brummte Kilian, während er dem Arzt folgte. „Das sagt meine Frau auch immer ..." * Eine Stätte guter Vorsätze ist jedes Sprechzimmer eines Arztes. Man sollte nicht glauben, welche heilende Wirkung schon allein der Aufenthalt in diesem Raum erzielt . . . Heftige Zahnschmerzen zum Beispiel können ganz plötzlich versstyvinden, wenn man im Nebenraum die Bohrmaschine melodisch summen hört. Sogar die Symp tome der Grippe mäßigen sich, wenn man an das Ab fangen der Mandeln, an Lindenblütentee, Schwitzen und tagelange Bettruhe denkt. Man nimmt sich ernstlich vor, sein Leben zu bessern: Abends zeitig ins Bett zu gehen, die feuchte Abendluft zu meiden, an kalten Tagen ein Halstuch zu tragen, endlich Winterwäsche anzuziehen, je den Morgen mit Chinosol zu gurgeln . . . Nicht nur der Weg zur Hölle, auch die Treppe zum Sprechzimmer des Arztes ist mit guten Vorsätzen ge pflastert. Denn wenn die Schmerzen wieder vorbei sind, wenn man sich wieder quietschvergnügt fühlt — ach, was sage ich: wenn man nur einigermaßen wieder mit den Ohren wackeln kann — sofort sind die guten Vorsätze und ernsthaften Entschlüsse wieder vergessen. Man gibt sich mit Behagen seinem alten Schlendrian wieder hin. Solange, bis man wieder auf der Schnauze liegt.. . Wie viele gute Vorsätze werden jetzt, zur Zeit der wachsenden Herbstkühle, gefasst! Bis zur Ballsaison im Januar sind sie alle wieder vergessen . . . * Mit verdüsterter Miene erschien Kilian wieder im Vorzimmer. „Nun", fragte ich, „was hat's gegen Kopfschmerzen gegeben?" „Mir langt's!" äußerte der Edle dumpf. „Vierzehn Tage lang keinen Alkohol! Täglich nicht mehr als eine Zigarre und dazu eine Diät mit Spinat und Magersleisch. Nie wieder Kopfschmerzen!" „Herzliches Beileid!" sagte ich vergnügt. Aber mir sosite die Sstzadensreude rasch vergehen. Denn der Arzt erschien auf der Schwelle und bat nun mich herein. „Na," fragte er, „bei Ihnen sind es wohl wieder die Mandeln?" „Ach," sagte ich, „eigentlich ist es gar nichts weiter. Ich spüre auch gar keine Beschwerden mehr .. ." «Ist schon recht", lächelte der Weise freundlich. „Wenn cs also weiter gar nichts ist, dann wollen wir mal bißchen die Mandeln abs»ugen, nicht?"