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Brüche übergehen-. Kleine offene Wasserstellen und Teiche, von -en Blättern un- Blüten -er Seerosen bedeckt, wechselten ab mit Mooren, wo auf den fahlen Torfmoospolstern die rotschimmernden Blattrosetten -er fleischfressenden Sonnentauärten ihre Fanghaare ausstrcckten, wo vermodernde Urwaldriesen gespen stisch aus Sümpf und Wasser emporragten. In den Wäldern südöstlich von Dobrilugk, bei Gorden und Hohenleipisch können wir ja heute noch die Wald sümpfe mit Wollgras un- Segge, mit Torfmoos und Sonnentau bewundern,' nur daß uns als ursprüng liche Schönheit erscheint, was ehedem furchterregende Wildnis war, die noch unheimlicher wurde durch das Geheul -er Wölfe, die in ihr eine sichere Heimstatt hatten. Eine Wolfssäule an -er Torgauer Straße im Dobrilugker Forst erinnert heute noch an das Raub tier unserer Wälder. In diese Waldsümpfe am Döber lDobrilugk heißt: das Luch am Dober, der Grassumpf oder die nasse Wiese am Dober, -em später „Kleine Elster" genann ten Talfluß) rief der Markgraf Dietrich von der Lausitz ums Jahr 1164 bzw. 1165 Zisterziensermönche aus Volkerode bei Mühlhausen in Thüringen und gründete hier das Kloster Dobrilugk, -essen Schutz patron die heilige Jungfrau Maria war, während sein Bruder Otto 1162 im heutigen Sachsen das Kloster Altzella gründete. Im Jahre 1184 soll der Bau der romanischen Klosterkirche begonnen worden sein,' 1228 war sie vollendet und wurde geweiht. Aber noch im Jahre 1212, als die Mönche schon ein Menschenalter hier gewirkt hatten, muß der Eindruck -er neuen Siedlung im Wald noch recht trostlos ge wesen sein.. lJm Herbste dieses Jahres kam -er Minnesänger Walther von -ex Vogelwcide in tue Dobrilugker Einöde. Er weilte am Hofe des Mark grafen Dietrich von Meißen, und in dessen Auftrage hatte er -en» Abte -es Klosters eine geheime Bot schaft zu überbringen. Es muß aber ein recht trau riger Ritt durch regennasse Einsamkeit und Herbst nebel gewesen sein, denn als der Sänger froher Frühlings- und Minnelieöer über die Verlassenheit -es Winters klagt und in ergreifenden Strophen vol ler Sehnsucht nach dem Sommer ruft, da taucht in seiner Erinnerung auch die Wildnis zu Toberluh wieder auf und er schreibt, während Reis und Schnee die Fluren «decken utzd der harse Schrei der Aebel- krähen zu ihyi ins Zimmer tönt: ? Ja, «h ich länger lebte so, Lß lieber ich di« Krebse roh. O Sommer, komm und mach «ns srohl Feld, Hain und Anger zierst du, wo ich einst mit Blumen spielt' un- o! mein ganzes Herz zur Souutz. floh! Der Gnter Wirich nun Nks Stnch! Ich biti verlegen wie Esa«, mein glattes Haar ist mir worden rauh: Süßer Sommer, wo bist du? Wie gern säh ich dem Pflüger zu! Eh daß ich lang in solcher Truh beklemmet wäre, als ich bin nu: Ehe würd ich Mönch zu Toberlu! Um die Zeit etwa, da der große Lyriker -es Mit telalters starb, wirb in Dobrilugk -er Bau der Klosterkirche vollendet. Wie gewaltig aber die Kultur leistung war, die von -en Mönchen bis dahin voll bracht wurde, läßt sich daraus ermessen, day wenige Jahre später, im Jahre 1234, an die 20 Dörfer ge nannt werden, die zum Besitz -es Klosters gehören, -er weitaus größte Teil davon mit deutschen Namen, wie Kirchhain, Frankens, Eichholz, Lindena, Fisch wasser u. a. Neben der Landgewinnung un- der An siedlung deutscher Bauern schritt die Christianifie» rung -er Bevölkerung eifrig vorwärts. Immer mehr wurde das Heidentum zurückgedrängt, und wir spüren den Kampf jener fernen Zeiten noch in dem sagenhaften Bericht von den Zwerghäuscrn nach klingen. In den Seebergen bei Gorden fand man bis ins 19. Jahrhundert herein übereinandergcschich- tete Steine. Ziverghäuser nannte sic der Volks mund. Die Zwerge aber, die hier wohnten, sollen im Zorn iiber den Bau der Klosterkirche mit Steinen bis nach Dobrilugk geworfen haben, so wie es in an deren Gegenden von -en heidnischen Riesen oder vom Teufel erzählt wird. (Vcrgl. z. B.: Die Teufclssteine bei Skassa.) Im Jahre 1372 bestätigt Karl iv. dem Kloster den Besitz von 26 Dörfern, 13 zerstreut lie genden Orten und 4 Klosterhöfen. Bon der Elbe bei Torgau erstreckt sich der Besitz des Klosters bis weit nach Osten in die Gegend von Kalau und Senften berg. Bei dem Dörfchen Schilda sollen die Mönche einen Weinberg gehabt haben und mau erzählt, daß ein unterirdischer Gang vom Weinberg bis unter das Kloster in Dobrilugk geführt habe. Den hätten die Mönche benützt, um ungesehen nach Schilda zur Wein lese gelangen zu können. So groß ist der Reichtum des Klosters gewesen, daß der Pirnaer Mönch, der nm 1530 schrieb, von einem alten Spruch berichtet, in dem die meißnischen Klöster Zelle und Buch mit Dobrilugk verglichen werden und in dem cs heißt: „6eli st öu«b kaeiuot uoum vodrüuek' sZelle und Buch zusammen ergeben erst Dobrilugk.) Und noch im Jahre 1566, fast ein Menschenalter nach Aushebung des Klosters, als schon vieles von dem ur sprünglichen Besitze abgebröckelt war, wurde sein landschaftlicher Besitz auf 105 000 Taler eingcschäyt. Im Jahre 1540 wurde das Kloster aufgehoben. Die Lage bringt zwei alte Steinkreuze, die vordem an der Dorfstratze -es etwa 2 Kilometer von Dobri lugk entfernten Ortes Lindena standen, im Fahre 1896 aber für die Grundmauer eines Stallgebäudes mit verwendet wurden, mit dem Auszug der Mönche in Verbindung und erzählt: „Als die Mönche ans dem Kloster in Dobrilugk vertrieben wurden und nach A» »er Klosterkirche ZZZ i "ZKZZ ZSZ.LZZLZZLL8Z Prag zogen, da waren ihrer so viele, -aß der Kopf -es Zuges schon in Lindena war, während das Ende noch auf der Brücke zum Schloß in Dobrilugk zwi schen -en beiden Säulen war. Die Mönche gingen immer zwei und zwei. Und so lange sie zogen, läu teten die Glocken. Sie hatten aber verabredet, wenn die letzten auf -er Brücke wären, dann sollten die Glocken aufhören zu läuten. Und wie die Glocken aufhörten un- die ersten am Anfang des Zuges das merkten, da bezeichneten sie die Stelle, wo sie gerade waren. Damit aber alle Leute auch später immer sehen sollten, wie viele Gott -em Herrn geditntz h<ü-> len, setzten sie an die gemerkte Stelle zwei 'Krslze" aus Stein." Die Steine hießen auch lange im Volks munde die Mönchskreuze. Der Glanz des vielgerühmten Klosters verblich. Die Gebäude lagen verödet un- verfielen. Nur die alte Klosterkirche ragte als gewaltiges Zeugnis der Kulturarbeit der Mönche in die neue Zeit. Sie ist eines der wenigen Beispiele spätromanischer Back steinbaukunst, wie wir sie in höchster Vollendung an -er Klosterkirche zu Jerichow in der Altmark bewun- -ern. In -er Zeit der Gotik feiert ja dann -ie Back steinkunst in Norddeutschland ihre gewaltigsten Triumphe. Der Kunsthistoriker Dehio rühmt an -er Dobrilugker Klosterkirche die einheitliche Anlage und -ie vorzügliche Durchbildung. Es ist eine gewölbte -reischiffige Pfeilerbasilika in Kreuzform. sBei der Basilika sind die Seitenschiffe niedriger als das Mit telschiff im Gegensatz zur Hallenkirche, bei der das Mittelschiff nicht höher ist.) Ucber der Vierung er hebt sich ein schlanker Dachreiter. Ein besonderes Schmuckstück nennt Dehio das Aeußere der Chor apsis, welche die Erinnerung an die romanischen Bau werke der Lombardei wachrufe. Auf der Apsis er hebt sich ein Kreuz auf einer Weltkugel als Abschluß. Der spätgotische geschnitzte Altar aus dem Anfang -es 16. Jahrhunderts, der im Schrein die Heiligen Peter un- Paul und die Mutter Maria, im Sockel aber -ie Anbetung -er Könige zeigt, gehörte ursprüng lich nach Senftenberg. Er wurse erst im Jahre 190S der Kirche in Dobrilugk überlassen. Neben der Klosterkirche finden sich in -er näheren Umgebung noch eine Anzahl recht bemerkenswerter alter Dorf kirchen, die ihre Entstehung ebenfalls -en Dobrilug ker Mönchen verdanken. Wenig jünger als die Klosterkirche selbst ist die Kirche -es Dorfes Lugau, die in den Jahren 1230—1250 aus Granitquadern er richtet wurde. Die zwei Türme sind aus Backstein. Da bewundern wir den für eine Dorfkirche gewal tigen Bau der Kirche zu Schönborn, der zu den be merkenswertesten frühgotischen Backsteinbauten deS ganzen Kreises zählt. Wir freuen uns an -en Fach werkkirchen zu Friedersdorf un- Fischwasser un- staunen iiber die frühgotische Glasmalerei aus -er Mitte des 13. Jahrhunderts im Apsisfeuster der Kirche zu Lin-ena, die in Basiliküform aus dem hei mischen Raseneisenstein un- Backstein erbaut wurde. Während diese Dorfkirchen aber von Anbeginn bis i« die neueste Zeit -em Gottesdienste dienten, hatte die Mutterkirche in Dobrilugk ein recht wechselvolles Schicksal. Nach Aufhebung des Klosters stand sie über 60 Jahre unbenutzt und vereinsamt bis in daS 17. Jahrhundert hinein. Da raste die Kriegsfurie dreißig lange Jahre über deutsches Land. Zweimal kamen die gefürchteten Schweden nach Dobrilugk, und als sie 1643 zum zweiten Male abzogen, lag die Stätte verwüstet und die Kirche stand ausgebrannt und ohne Dach als trauriges, anklageudes Mahnmal in -er Einöde. All der Jammer, all das Elend, das dieser furchtbare Krieg mit sich brachte, kann wohl kaum an schaulicher un- ergreifender geschildert werden, als das der Kirchhainer Chronist tut: „Was für Unheil der Anfang des böhmischen Krieges von anno 1618 her bis 1647 verursachet, kann mit blutigen Tränen un- Feder nicht genugsam be jammert un- beschrieben werden. Müßte viel Zeit und etliche Ries Papier dazu sein, -en großen Jammer und Elen- deutschen Landes zu beschreiben. Di« Sonne entsetzet sich, -ie Erde erschüttert, der Himmel selbst erschrickst drob, wenn man nur bloß der Ein- nehmung der weltberühmten, vornehmen Stadt Magdeburg, so mit stürmender Hand geschehen, von den Kaiserlichen verübet worden, gedenkt. Biel tüu-' send Persönen sind durchs Eisen, durchsGeschotz, durch- ,. , Brand und Unzucht, selbst die kleinsten Mägdelein sind nicht verschonet worden, umgekommen. Haben auf -en Straßen gelegen, geschwollen, stinkend, schwarz, unflätig zerschändet.nnd Lurch andere greu liche Martern tot. Biele Weiber und Jungfrauen sind weggeführet, viele sich aus Angst von de« Schloß Dobrilugk