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LsrLs religiöser Ideen zu gelten haben, so können wir an nehmen, -ah man glaubte, -er Tote lebe weiter, nur in an-erer Forrü und in einer anderen Welt. Darum gab man ihm schließlich Geräte uyd Gefäße mit Speise zur Seite. Unser Skelett von Seußlitz hat wohl auch die Hockerstellung. Aber sehen wir uns die Richtung -er Oberschenkel und die Wirbelsäulen- ..krümmung genauer an, so können wir kaum von einer friedlichen Schlafstellung sprechen. Die Beine sind übermäßig stark an -en Leib herangezogen und -i« Wirbelsäule ist zu sehr gekrümmt. Es ist eine mit Gewalt herbeigeführte Anwinkelung, die weniger in -er Liebe als in -er Furcht ihre Begründung erfährt. Die Ueberlehenden hatten Angst, -er Tote könnte aus -em Grabe zurückkrhr« und -ir Hinterbliebenen -schs-itzenj gar nach sich ziehen. Dieser Aberglaube ist selbst heute noch verbreitet. Roch heute gibt es Men schen unter uns, -ie in Schloßruinen oder aus Fried höfen Geifttr, Gespenster, sehen, di« um die Mitter- nachtsstun-e, -ie Geisterstunde, ihre Gräber verlassen - und denen man nicht begegnen darf, «m nicht Scha ben zu nehmen. Ein Glaube, aus Urzeiten wurzelt also heute noch In den Köpfen -er sich so modern füh lend« Mensch«. Di« Urmenschen bemüht« sich nun, die Wiederkehr -es Toten zu verhindern. Aus. dieser Abficht heraus ist diese Hock«steüuug entstanden. Ma« preßte dem Toten" Arme und Beine in Beugestellung scharf an -en Leib. Un- um ihn am Gebrauch der Hände und Füße zy. hindern, schnürte man dert ^Höcker mit Hanfseilen fest. Nach dieser Fesselung glaubte man sich sicherer. Solche Einschnürungen findet man bei verschiedenen Völkern heute noch. Auf -en Malatzischen Inseln un- auf Grönland treibt die Geisterfurcht sogar dazu, schon den Sterbenden zu fesseln, damit -er Zeitpunkt des Eintrittes -es Todes nicht verpaßt werde un- eine Wiederkehr -es Toten von vornherein unmöglich ist. Ein Eskimo sagte: „Das ist das beste Mittel, um -ie Geister daran zu hindern, -atz fie unter -en Lebenden herum schwärmen". Der ostafrikanische Wagogo ruft dem von ihm in Hockerstellung Bestatteten ins Grab nach: „Beunruhige die Zurückgebliebenen nicht!" Neben -em Hocker habe ich nun -rei 'Gräber auS- AkgroOen, in den« nur ein Kopf oder Teile des- WMibem -eigesetzt ^saren. Das scheint zunächst uner- kkSrlich. Dieser Brauch ist aber keine Lokalerschei- nung. In Süd-eutschlan- hat Dr. Frickhinger-Rörd- liugen im gleichen Jahre bei einer Ausgrabung in RSHermemmingen -ie gleichen Beobachtungen mach« könn«. Auch er fand inmitten von Hockergräbern zwei Gräber, in -en« nur -er Kopf bestattet war. Da Ärt Über jedem Grabe «ine völlig ungestörte Steinpackung lag, ist eine spätere Störung und Ver nichtung -er Leiche bis auf den Kopf ausgeschloffen. Wir erklär« das Abschlagen -es Kopfes -er Leiche vor der Beisetzung auch als ein Mittel gegen -ie Wiedergängerei. Allerdings kann man gewiffe Opfer bräuche -abei nicht ausschalten. Auffällig find auch die in den Gräbern 1 un- 4 und in -em Tiergrab festgestellten Flecke rot ge brannten Lößes mit Holzkohleeinlagen. An diesen Stell« ist also Holz auf dem Löh verbrannt worden. Welch« Zweck mag ein Feuer so dicht neben der Leiche gehabt haben? Vielleicht glaubte man, -er Tote friere, da er sich so kalt anfühlt. Um ihn zu er wärm«, brannte man das Feuer in seiner letzten und dauernd« Wohnung, dem eng« Grabe an. Für ein Opferfeuer erscheinen die Brandstätten zu klein. Der Gedanke an Opferfeuer sei aber deswegen nicht verworfen, könnt« doch auch -ie mitgegebenen nicht menschlichen Knochen Teile eines geopferten Tieres, vielleicht des Pferdes — siehe Grab fünf — sein. Auch an Speisebeigab« vom Opfertier für das Leben im Jenseits ist zu denken. Der Tote solle versorgt wer den, damit er bleibe. Schließlich sind noch die kleinen Bruchsteine zu erklär«, die sich teilweise in HqlbkreiSanordnung fanden. Man könnte in ihn« schwache Anklänge an die großen Steinkreife sehen, die in -er Zeit der Riefenstekngräber un- -er Hügelgräber um das Grab gewälzt wurden. Wir denken in unserer Hei- mal an Skassa Und Ochsensaal, wo solche Stein«, eS sind zumeist Findlinge, heut« noch sichtbar im Kreise -aliegen. Sie stell« Bannkreise dar, -ie -er Tote nicht zu überschreiten vermag, wodurch man sich also auch vor -er Wiederkehr -es Toten gesichert glaubte. Di« wenigen Gräber des Seußlitzer Skelett- gräberfeldeS lehren «ns somit, wie stark in -er Ur zeit -er Glaube an di« wiederkehrenden Geister war un- welche verschied«« Mittel man anwen-ete, sich vor ihnen zu sicher«. Ein »och kräftiger wirkender Schutz sollte aber -aS Mittel sein, das wir in dem einen Skelettgrab kenn« lernen, das ich am IS. 10. 1S84 auf dem ehemalig« Göhliser Exerzierplatz aus graben konnte. . Osensetzer Franke hgtt« in seinem Kleingarten am S. Wege am 14. 10. 34 beim AuSschachten tu 40 Zentimeter Tiefe Knochen angetroffcn, bet -en« er aber, da fie fo sehr dutcheirmnder -ir liegen schien«, sich nicht» dachte. Als er jedoch einen Mest- schenfchädel un-dicht daneben «in Gefäß, Abb. 10», fand, merkte er, daß er ein vorgeschichtliches Grab «t deckt hatte. Er stellte eigene Weitergrabung ein und rief mich herbei. Durch strömend« Regen verhindert, unternahm ich -ie Untersuchung erst zwei Tage später. Ich räumte die gestörten Schichten ab und legte den noch unberührten Teil des Grabes waagerecht frei. Die Grabgrube hob sich von -em anstehenden Hellen Sande gut ab, da sie mit dunklem Sande gefüllt war. Der Plan -er Grube glich in 50 Zentimeter unter Oberfläche einem Oval mit Ausbuchtungen, Abb. S. Ich fand auch den Toten, d. h. den Teil seines Ske lettes wieder, den Herr Franke noch nicht berührt hatte. In Rückenlage zeigte sich das vollständige Becken mit Wirbclansatz. Die Oberschenkelknochen lagen nebeneinander, wie eS bei einem auf dem Rücken liegenden Menschen üblich ist. Aber den Röhrenknochen war« die Gelenkttpfe abgeschlagen. Diese lag« an anderer Stelle im Grabe. Die Röhren waren in das Becken hincingeschoben. Mit -em anderen Ende stießen sie an -en Grabgrubenrand, der allerdings an dieser Stelle etwas gestört war. lieber -em einen Knochen lag ein Ende eines Oberarm knochens und neben ihm stand in gleicher Höhe auf recht ein Töpfchen, Abb. 10d. Die übrigen Knochen deS Tot« lagen regellos verstreut. Herr Kranke hatte auch keine bestimmte Anordnung bemerkt. Er konnte aber noch angeben, wo Kopf un- Gefäß gelegen hatten. ' Dieses Grab beweist eindeutig die Leichenzerstück- lung. Aus -er Furcht vor -er Wi«derkehr -eS Tot« hat man ihm Arme un- Beine abgetrennt und die Knochen noch mehrmals zerbrochen. Es ist dies ein Verfahren, das uns heute pietätlos und grausam anmutet und von dem sich empfindliche Gemüter mit Graus« wenden. Man muß aber de« starken Glau ben der Urzeitmenfchen an die Geister berücksichtigen, -er so stark war, daß er — wie schon gesagt — sogar bis in unser« Zeit wirkt, und -er tn späterer Zeit -ie Menschen zur Leichen Verbrennung führte. Das Riesaer Grab läßt sich durch -ie Mitgabe der beiden Gefäße leichter zeitlich eingliedern, als die Seußlitzer Gräber, -ie beigabenlos waren. Di« beiden Gefäße hab« die Formen der Gefäße der illyrischrn «örbevölkerung m unserer Heimat in der urgerma nischen oder -tr älteren Bronzezeit. Der Topf, Abb. 1ö», Nr. 4297, Katcklog der Bor^ geschichtSabteilung -eS Riesaer Heimatmuseums, ist etwas ungleichmäßig gearbeitet,' aber bis auf den fehlenden Henkel Vollständig erhält«. Der Boden lst schwach konkav, -er Kuh etwas abgeschrägt. Der Boden ist nicht ganz zentral, -i« Wand bauchig. Der Hals ist abgesetzt und eingezogen. Der Rand ist aus wärts gerichtet und glatt verstrichen. Der Henkel war nicht randständig. Farbe: hellbraun un- grau. Bruch: innen grau, bei-erseits braun. Oberfläche: glatt, rissig, porös, Uebersangschicht teilweise abge blättert. Der Ton enthält Glimmer und wenig Sand körnchen. Maße: Höhe 14^5—15 Zentimeter: Boden durchmesser 8 Zentimeter; Mündungsdurchmeffer 1S.H Zentimeter; größte Brette > Zentimeter in 7H Zentimeter Höhe Wandstärke 7 Millimeter am Rand. Der Topf, Abb. 10b, Nr. 4298 Kvrhm^ ist -erb gearbeitet, etwas oval gedrückt, aber vollständig er halten. Der Boden ist nicht glatt und nicht kreisrund, Die Wand steigt tonnenmäßig an. Der Halsrand ist gerundet. Zwei -erbe Henkelös« stehett sich gegen-. Über ttnv setckrecht. Farbe: schmützigbraün. Bruch ebenso. Oberfläche geglättet, porös. Der Ton ent hält Sand. Maße: Höhe 5^-5,8 Zentimeter; Boden durchmesser 5 Zentimeter; Mündungsdurchmeffer 5,7 Zentimeter; grüßte Brei t« HS—H? Zentimeter in 4 Zenttmeter Höhe., Wandstärke 4^ Millimeter am Rand.. . - Weisen diese zwei Gesäße selbst dqS Grab in die Zeit von 1700—1400 v» Ehr., so müssen wir zur Altersbestimmung -er Seußlitzer Gräber die gleich angelegten Gräber in Nähermemming« heran ziehen, die durch Gräber mit Beigaben in die gleiche Zeit verlegt werd«. Sie geben uns interessante und ausschlußreiche Einblicke in -ie geistige un- religiöse BorstellungSwelt und in -ie Gebräuche -er Menschen vor 4000 Jahren. Eie zeigen uns aber auch, wie stark noch früherer ^Aber^-Glaube in der Gegenwart wirk sam ist, wie sehr wir noch Verbindung zur Urzeit Dich«.. -. - ' Geschichte« um Christian Fürchtegott Gellert Bon O. Th. Stein Gellert «IS Kandid«» ES ist Immer eine schlimme Sache, wenn da» HauL nicht auf rechte» Küßen steht, tn dem ei» Mensch zur Welt kommt. DaS Pfarrhaus zu Hainichen bei Freiberg hatte zwar vierzehn stämmig« Stützen und wackelt« den noch -um Gotterbarmen. Wer weiß, was aus Chri stian Fürchtegott Gellert, dem ältesten Sohne deS Hainichener Pfarrers, sonst alles hätte werden können! Ein volkstümlicher Staatsmann, ein ganz großer Dichter vielleicht. Weil ihm dann wohl ein wenig mehr innerer Schwung hätte zuteil werd« können. Aber schließlich — reicht es nicht auch so für ein vierzehn mal gestütztes Haus? Jawohl, vierzehn Stützen! Denn -ie Gemeinde hatte kein Gel- für Ziegeln und Bausteine, die das einsturznahe Pfarrhaus hätten erneuern können. So mußtens vierzehn -icke Holzstämme aus dem Pfarr walde vorderhand tun. Für etliche Jährchen sogar. Christian Fürchtegott ließ sich das gesagt sein. Es stand ja schon so um -ie Pfarre, als er zur Welt kam. Und als er dreizehn Jahre alt war. mußten die Stütz« «mch noch ihr« Dienst tun. Damals hatte der PsarrerSstchn schon -en Ernst deS Lebens und sei ner eigen« Lage richtig erkannt un- sprach -em Vater in einem GeburtstägSgvdrcht davon. Freilich -achte er -a-ei nicht an jene vierzehn Baumstämme aus dem Pfarrwalde, son-ern er meint« — feine Mutter und die -reizehn Psarrkin- -er ... Bon denen «r selber eine -er stärksten Stützen war. „Euer Knäblein soll kommen!" bestellt« dazumal oft der alte Stadtdiener. „Was ist's, Berthold?" „Ein Kaufbrief, so der Herr Senator FuchfiuS mit dem edlen Herrn von Ponickau will ausmachen. Soll recht fein aufgesetzet un- gemalt werden, wie s Euer Sohn allein vermag." Der Pfarrherr nickte mit bescheidenem Stolz auf seines Sohnes Können. Und -ie Frau Pfarrerin freute sich herzlich im voraus der blanken Groschen, -ie der Bub wieder Heimbringen würde. Vielleicht wurdens sogar etliche Gulden, wenn der Vertrag recht lang war. Brauchen konnte man Lei dem ge-