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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1938
- Erscheinungsdatum
- 1938-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193807194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19380719
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19380719
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Riesaer Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1938
-
Monat
1938-07
- Tag 1938-07-19
-
Monat
1938-07
-
Jahr
1938
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 19.07.1938
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Sachsens HI. beim Adolf.Httler.Marsch Am IS. August werbt» in Meißen die sächsischen Teil nehmer am Abolf-Httler-Marsch verabschiedet. In achtzehn Marschtagen, zwischen denen vier Ruhetage etngeschoben sind, wird die Marschstaffel die gesamte Strecke von 87V Kilometer überwinden. Natürlich werben für diese» Marsch nur vollkommen gesunde Jungen in Frage kom men. Die Auslese erfolgt nach ganz besonders strengen Richtlinien. In einem Borappell werben zunächst die- jenigen Teilnehmer ausgewählt, die dann am 8. August zu einem Borlager für den Adolf-Hitler-Marsch zusammen- gefaßt werden. Am 12. August beginnt der Marsch in Meißen und führt in TageSftapven von durchschnittlich 20 bis 25 Kilometer über Nossen, Freiberg, Oederan, Chem nitz, Gtollberg nach Kirchberg. In Oederan und Kirchberg wird je ein Ruhetag ein gelegt. Dann geht es weiter über Treuen, Plauen nach Adorf. Hier wird an einem freien Tag eine Kundgebung mit dem Führer des Gebietes Sachsen, Hauptbannführer Mvckel, veranstaltet. Von Adorf, als letzter sächsischer Ort, führt die Marschstrecke bann nach Münchberg, Berueck, Bayreuth und über Erlangen nach Fürth, wo die sächsische Marschstaffel am 22. Tage etntrifft. Die Rückkehr in die Heimat geschieht nach der Teil nahme am Reichsparteitag und Beendigung des Marsches t» LanbSberg am Lech Mitte September. Ladenschluh in kleinen Orten 21 Uhr Erlaß des ReichSarbeitSministerS Möglichkeiten für das Land in den Sommermonate« ndz. Berlin. Der RcichsarbeitSminister hat durch Erlab an die Landesregierungen Richtlinie« für de« Ladenschluß ans dem Lande gegeben, bie bie besonderen Be dürfnisse des Landes und der kleinen Gemeinden in den Sommermonaten berücksichtigen. Der Erlab geht davon auS, daß sich der 19-Uhr-Ladenschluß in Gebieten mit über wiegend ländlicher Bevölkerung während der Zeit der Feldbestellung und der Ernte nur sehr schwer durchführe» läßt. Die bisherige unterschiedliche Behandlung will er nun durch einheitliche Richtlinien ersetzen. Danach dürfen i» Orten mit wenig«, als 8800 Einwohner« und über wiegend ländlicher Bevölkerung offen« Verkaufsstelle« i« de« Monaten April bis ciuschiießltch September biS 21 Uhr geöss«et sei«. Für Orte mit mehr als 8000 Einwohnern und überwiegend ländlicher Bevölkerung oder für Orte unter 8000 Einwohnern mit nicht überwiegend ländlicher Bevölkerung ist tm Etnzelfalle zu prüfen, wie wett «ine Ausnahme von dem allgemeinen 19-Uhr-Ladenschluß not wendig ist. Die nach der Arbeitszeitordnung zulässtge täg liche Arbeitszeit der Angestellten darf durch die Bcrläuge» ruug der Verkaufszeiten nicht berührt «ud Jugendlich« unter 18 Jahren dürfen nur bis IS Uhr beschäftigt werden. Die Richtlinien sind als Höchstgrenze der zu erteilenden Ausnahmen zu betrachten. Diese Höchstgrenze kann unter schritten werden. Soweit zur Zeit noch keine Sonderrege lungen bestehen, sollen die zuständigen Behörden umgehend ortiscn. in welchen Gebieten AuSnahmegcnehmignngen er» forderlich sind und dies« so rechtzeitig erlassen, daß sie noch tu der bevorstehenden Erntezeit gelten. Wo keine AuS- nahmegenehmtgungen erteilt werden, soll der 19-Uhr- Labenschluß genau eingehakten werden. Ueberschrettungen der gesetzlichen Ladcnschlnßzeit werden nicht geduldet. Jugend und Kunst Ablehnung dilettantischer Stümperei ndz. Berlin. Die neue Münchener Kunstausstellung veranlaßt die Reichszcitung der Hitlerjugend »Tie HI.* zu einer grundsätzlichen Betrachlung über das Verhältnis der Jugend zur Kunst. Die Kunst sei heute der Jugend zum wesentlichen Teil ihres Daseins überhaupt geworden. Unsere Jugend bestehe schwere Geländefahrten auf Motor rädern, aber sie kehre gleichzeitig in Weimar ein, um dem großen Genius der Deutschen z«i huldigen. In dieser innigen Vereinigung ihres alltäglichen Lebens mit der er habenen Wethe des künstlerischen Lebens liege der Wandel. Die Jugend stehe heute ntcht mehr ästhetisierend vor mäch tigen Plastiken, sie suche nickt mehr solche Gemälde, die nur mit PreiSsrage zu lösen seien. Sie suche das eckte und gesunde Wesen in der Kunst. Gewiß sei Jugend immer zu Experimenten bereit. Mit dem Begriff des Experimente» in der Kunst verbinde sich aber jene wenig schöne Borstel- lung des Jnteressantseinwollens um jeden Preis. Der lange Maler der Systemzeit wies sich dadurch ans, baß er seine Seele auf die Leinwand projizierte. Da aber seine Seele meist krankhaft und dem gesunden Leben fremd war, wurdrn diese Scelenprojektionen zu so gräßlichen Wahn gebilden. Diese Art des Experimentierens verabscheue dir Jugend. Sie wolle am AuSgang des Experimente» da» solide handwerkliche Beherrschen der künstlerischen Mittel wissen. ES solle sich niemand mehr mit einem Genieblitz etnschleichen, der in Wirklichkeit nur da» Produkt dilettan tischer Stümperet sei. Die Jugend werde an» ihrer Ge meinschaft nur die echten Begabungen an bie Front schicken, um vom künstlerischen Schaffen der Jugend zu berichten. Leitspru» für 20. Juli 1VS8 Alle Stärke wirb nur durch Hindernisse erkannt, die sie überwältigen kann. Kant. Errichtung einer Neicksanstalt für Seidenbau in Celle js Berlin. Im Zuge der Durchführung des deutschen Seidenbauprogrammes wird im Geschäftsbereich des ReickS- ministerS für Ernährung und Landwirtschaft eine Reichs anstalt für Seidenbau in Celle errichtet. Die Anstalt hat bie Aufgabe, alle mit der Biologie, Genetik, Physiologie sowie der praktischen Zucht de» Maulbeerseidenspinner» zusammenhängenden Entwicklung de» deutschen Seiden baues anstretenben wissenschaftlichen Probleme auf experi mentaler Grundlage zu bearbeiten. — Die botanischen Forschungöaufgaben, die sich im wesentlichen auf die Her anzüchtung hochwertiger Maulbeersorten sowie auf die Ausarbeitung von BeredelungS- und BermehrungSmethoden für die Futterpflanzen der Seidenraupen beziehen sollen werden von der Abteilung Seidenbau bei der Versuch», und Forschungsanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Geisenheim erledigt, mit der bie Reichsanstalt in Arbeits gemeinschaft steht. Auto gegen einen Baum gerast und verbrannt Zwei Tote, ei» Schwerverletzter )s Bonn. Ein mit drei Personen besetzter Kraftwagen au» Kvln-Mtthlheim fuhr gestern abend am AuSgang von Röttgen in voller Fahrt gegen einen Baum. Der veuzin. tank explodierte und im gleichen Augenblick stand der ganz« Wagen in Hellen Flammen. Von zwei Fußgängern, die in der Nähe waren, wurden zwei Insassen au» dem brennen den Wagen herauSgezogen. Die mußten tn» Krankenhaus geschafft werben, da sie schon schwere Verletzungen erlitten hatten. Einer von ihnen, Peter Huppertz auS Köln-Mühl- heim, erlag in der Nacht seine« Verletzungen. Der Fahrer des Wagens, Fritz Seegref« aus Köln-Mühlheim, war so unglücklich eingeklemmt, baß er dem Flammentod sicht mehr eutgehe« konnte Wo ist „Admiral Karpfanger"? Suche nach dem Segelschulschiff der Hamb«rg-Amerika-Linie )s Berlin. Da die am 1. Juli d. I. eingelritete radtotelegraphische Umfrage nach dem am 8. Februar d. I. von Port Germain nach England abgegangenen Segel schulschiff „Admiral Karpfanger", Hapag, bisher keine Mel dung erbracht hat, hat die Hamburg.Amerika-Linie ihren Dampfer „Leuna" angewiesen, bie Rückreise von Australien um daS Kap Horn anzutretrn und dabei den von den Seglern meistens benutzten Weg abzusuchen. Weiter hat die Reederei die chilenische Marine gebeten, einen Dampfer zur Verfügung zu stellen, um bie Tüdspitze von Südamerika von Kap Pillar über Kap Horn bis zu der Staatcninsel einschließlich der vorgelagerten kleinen Jnieln abznsuchen. Diese durch daS Entgegenkommen der chile nischen Regierung ermöglichte Suchaktion wird mehrere Wochen tn Anspruch nehmen. Die Hapag hat außerdem ihren auf dem Wege von Buenos Aires nach San Vincent befindlichen Dampfer „Gera" Anweisung gegeben, eine dort gesichtete schwarze Vtermastbark zu suchen und ihren Namen festzustellen. Man hofft, daß die Suche doch von Erfolg gekrönt kein wird. General Russo in Ostpreußen Besuch des ReichSehrenmalS Tannenberg ss Königsberg. Heute Dienstag setzte der General stabschef der faschistischen Miliz, Exzellenz Rnsso, leine Freundschastssabrt durch Deutschland mit einem Besuch Ostpreußens fort. Um 11.80 Uhr traf der italienische Gast mit Stabschef Lutze, von Kiel kommend, ans dem Allen- steiner Flugplatz Teuthcn rin. Al» die drei Maschinen eintrafcn, erklangen die italienischen und die deutschen Nationallnnnnen. Nack der Meldung des Führers der Gruppe Ostland schritten Stabschef Russo und Stabschef Lutze die Front de» angetretencn Ehrensturmes ab. — Bon Allenstetn begaben sich die italienischen Gäste mit Ihren deutschen Begleitern in Krastwagrn znm Rcichschrenmal Tannenberg. Excellenz Rnsso legte hier am Sarkophag des Generalfeldmarschalls von Hindenburg einen großen Kran, nieder. Anschließend fand eine Besichtigung des Reichs- chrenmal» statt. Neue Befestigungsanlagen in Singapore )s Tokio. iOstasiendirnst de» DNV1 Die Zeitung „Hocht Shimbnn" meldet au» Singapore, daß England die starke Befestigung der Stadt fortführe. Neue Flughäfen würden gebaut, meldet da» japanische Blatt. Im Mesttetl sei ein zweiter Flugplatz nahezu vollendet und der Bau eines dritten sei in Angriff genommen. Demnächst werde eine größere Zahl neuer schwerer Bomber aus England erwartet. UnterhauSanfragen wegen der Tschecho-Slowakei Lhamberlai« läßt sich nicht sestlege« )s London. Im Unterbau» kam e» am Montag zu einem Frage« und Antwortspiel über di« Tschecho-Slowakei. Dabet wollte der konservative Abgeordnete Str Arnold Wilson aus dem Mund de» Premierminister» eine Erklärung erhalten, ob eine moralische oder anderweitige Unterstützung der Tschecho-Slowakei im Falle eine» Fehlschlag» der Ver handlungen mit den Gudetendeutschen in Frage komme. Chamberlain antwortete: „Die Besprechungen zwischen den Parteien sind noch im Gang. Ich ziehe «S daher gegen wärtig vor, auf einen erfolgreichen AuSgang dieser Bespre chungen zu hoffen, anstatt ihren Fehlschlag 'im voraus anzunehmen." Der OppositionSabgeorbnete Dalton versuchte bann, den Ministerpräsidenten darauf festzulegen, ob für den Fall, baß bie tschecho-slowakische Regierung einen „vernünftigen und generösen" Vorschlag für die Regelung der besprochenen Fragen mache, die britische Regierung die Tschecho-Slowakei in ihrem Widerstand gegen „unvernünsttge und maßlose" Forderungen unterstützen würbe. Chamberlain antwortete hierauf kurz: „Ob diese Forde rungen vernünftig oder unvernünftig sind, ist Ansichtssache." An einem Tage 18 sowjetspanische Flugzeuge abgeschossen Salamanca. Der nationale Heeresbericht teilt mit: An der Teruel- und Castellon-Front wurde der Vor marsch fortgesetzt. Die Straße von Fuente» de Rubtelo» nach Zucayna ist völlig besetzt worden. Südlich davon wurde die Ortschaft Olba erobert und in der Provinz Castellon Villanueva de la Reina. Im Abschnitt Sueroa» wurde die feindliche Front aufgerollt und der Ort Jinque sowie die Stellungen südöstlich hiervon besetzt. Die nationale Luftwaffe bombardiert« den Hafen von Alicante sowie den Bahnhof, wo mehrere Matertalzüg« getroffen wurden. Nordöstlich von Segorb« konnten die Flieger ein feindliche» Munitionslager in bi« Luft sprengen. Im Lustkampf wurden am Montag ntcht weniger als 18 sowjetspantsche Flugzeuge abgeschoffen. Sowjeteindringlinge auf mandschurischem Boden erhalten Verstärkung js Tokio. sOstasienbtenst de» DNV.1 Die Sowjet truppen, die sich in den Westbergen bei Schanfeng einge- nistct haben, erhalten, wie au» Söul gemeldet wird, laufend Verstärkung, und da», obwohl die Verhandlungen zur Bei- leaung deS Grenz-wischensalle» weitergrben. ES befinde» sich bereits mehrere hundert Rotarmisten ans mandschurischem Gebiet. Gleichzeitig werden die im Ostbezirk der Poisiet- Bai stehenden Truppen verstärkt, am Montag trafen hier weitere Kavallerie - Abteilungen und motorisierte Ein heiten ein. Eine neue Grenzverletzung trug sich im Stromgebiet de» TumenNuileS zu, wo zwei fowjetrussische Flieger Er« kundungöfilige über koreanischen Boden au-iührten. Wasserttünde 17.7 I«. 7. I» 7. 17. 7 w. 7. 1». 7. »im-wkr 4- 7 4- 7 4- « 1t»1N»U -i- >« 4- 77 4- ro - L5 - 56 — 57 I, ' - ,1 — S4 — »l UeNwl reiinerUr zurvr »-„lomln i I I 4-4- I >4-b r»u» - r« - r, 4-125 4-202 4-177 -4701 4-171 4i« Hauptschriftleiter Heinrich Üble mann, Riela. verant wortlich für den gesamten Tertteil und Bilderdienst. Stellvertreter: Heinz Haberland, Riesa Dresdner Vertretung: Karlheinz Junkersdorf, Dresden. Nürnberger Straße 58. Verantwortlicher Anzeigrnleitrr: Wilhelm Dittrich. Riela. Truck und Verlag: Langer k Winterlich. Riesa. Geschäftsstelle: Riesa. Goethestraßr 50 / Fernruf 1287. TA. VI. 1938 : 7204. Zu Zeit ist Preisliste Nr. « gültig. Dir heutige Nummer umsaßt 10 Setten. Das Puppenspiel erobert sich die Herzen Heimatwerk Sachsen fördert echte Bolkskultur Wer in diesen Tagen die Dresdner Jahresschau „Sachsen am Werk* durchwandert, de; findet, fast von Bäumen verdeckt, ein eigenartiges HauS: c» hat keine Fenster, dafür sind die Türen mit liebevoll eingcschnitztcn Oefsnungen versehen, oie einen Blick in das geheimnis voll« Dunkel des Jnnenraums gestatten. Stilvoll ragt da» steile Dach in die Höhe: eine Glocke wird sichtbar: und am Mast der Wetterfahne hängt lustig der Kasper, die Besucher der großartigen Ausstellung zur Einkehr labend. Nun wissen wirS: wir stehen vor dem KasperhauS, da» vom Heimatwerk Dachsen für die Ausstellung „Sachsen am Werk" errichtet worden ist. Wenn — wie in alten Zetten die Glocke zur Pup- veuvorstellung ruft, wundern wir un» vielleicht, daß nicht nur Kinder, sondern in viel größerer Zahl anch erwachsene Gäste herbeieilen. Es hat sich herumgesprvchen: die säch sischen Puppenspieler sind wahre Künstler, bie auch ernst haften Erwachsenen frohe und besinnliche Stunden zu be reiten vermögen. Gewiß: auch für die Kinder ist der Kasper da,- ihnen bringt er beseligende Märchen und auf regende Abenteuer, viel Spaß und farbige Illusionen. Aber das Handpuppenspiel, wie unsere Zeit es wieder liebt und pflegt, ist mehr als eine fast schon verklungene und kaum mehr hcraufzubeschwörcnde Kindheitsmelodie: es ist wirkliche Kunst tm wahrsten und strengsten Sinne unserer Weltanschauung, ein ebenso verkannter wie wichtiger Kul tursaktor, ein Stück Theater mit seinen eigenen Gesetzen und Werten. Man hat dies andernorts schon lange erkannt. Die Bolkstumsarbcit in den Grenzgebieten Polens und der Tschechoslowakei hat zur Beeinflussung der Geister 3000 staatlich unterstützte Puppentheater eingesetzt, und Moskau, das neue Methoden für die Gottloscnpropaganda und für die klassenkämpferische Zersetzung der Völker sucht, verfügt aar über eine Universität zur Erlernung und Beherr schung des Puppcnspicls. Solcher Art ist allerdings das von un» erstrebte und geförderte Puppentheater nicht. Wir wollen kein plumpes, aufdringliches und noch viel weniger ein zersetzendes Pro- paganbamittel, sondern echte und volkstümliche Kunst, die aus sich selbst zum Herzen spricht. Aber wie jede echte Kunst wird sie artgebundcn und von unserer Weltanschau ung getragen sein. ES ist auch nicht so, daß wir dieses neue — oder doch eigentlich sehr alte — Kunstwerk mit Ge walt ans Rampenlicht zerren. Wir haben gerade in Sach sen als uraltem Pnppcnspirlerland heute wieder so einzig artige und unerreichte Puppenspielergruppen, daß man unS vielerorts darum beneidet. Tie Hohnsteiner Bühne unter Leitung Max Jacobs hat auf der Pariser Weltausstellung nach zweimaligem Gastspiel vor einem kritischen inter nationalen Publikum sogar die Goldene Medaille errun gen, und zeigt nun, da sic soeben vom Internationalen Freizeitkongreß ans Rom zurückgekehrt ist. ihre Künste im Dresdner Kasperhaus. Und neben zahlreichen anderen Puppenspielern sind etwa auch die Gruppen von Paul Hölzig und Oswald Hempel weit über die Grenzen unserer Heimat hinaus bekannt geworden. Beim Reichsparteitag in Nürnberg, bei großen KdF.-Fahrten ins Ausland und ähnlichen besonderen Anläßen ist bie Beteiligung sächsischer Handpuppenspieler längst keine Seltenheit mehr. Und man wirb künftig auch bet Dorfabenden und BetrtebSfeiern, bei Volks- und Heimatfesten, bei Jubiläen und großen Aus stellungen das Puppentheater mehr und mehr als köstlichsten und daher unentbehrlichen Bestandteil der Darbietungs folge betrachten müssen. Denn die technischen Voraus setzungen sind ebenso einfach und gering wie die künstlerische Wirkung hoch ist. Im kleinsten Dorfgasthaus, in der nüchternsten Turnhalle kann bie leicht bewegliche Bühne de» Kaspers aufgeschlagen werden und den eigenartigen Zau ber seines Spieles verbreiten. Großartige Kulissen, zeit raubende Proben und hohe Gagen sind überflüssig: wa» wir brauchen, sind Schnitz- und Spielkünstler, geschulte Kräfte und gnte Stücke: und — zum Glück, bie haben wirl Einst schrieben Hans Sachs, später Eichendorfs Stücke für die Pnppenbtthnen. Goethe wurde durch bas Puppen theater zu seinem unvergänglichen Faust angeregt, dessen Stoff übrigens auch jetzt wieder über bie Hohnsteiner Büh ¬ nen geht. Heute finden die weltanschaulichen, politische» und sozialen Probleme de» neuen Zeitalter» dort ihren künstlerischen Niederschlag. Noch immer sind der Teufel und die Großmutter, die Hexe, die Prinzessin und der Schweinehirt handelnde Personen. Daneben aber begegnen wir auch dem ewigen Nörgler, der hochnäsigen Gnädigen, dem Judengenossen. dem Gerüchtevsrbreiter. Und dazwi schen bewegt sich wie einst der Kasper, stet» gütig und hel fend, immer zu einem guten und zutiefst ethischen Spatz aufgelegt, überall das rechte Wort findend und die Tinge zu einem guten Ende führend. Tabei ist die Technik de» Spieles bei unseren sächsischen Puppenkünstlrrn so voll endet, daß man vor Staunen oft daS Lachen vergißt. Wer etwa bei den Hohnsteinern den Tangotanz der Paare, da» Harmonikaipiel Seppels. den Bölkerbundssong der Neger oder daS Gespräch zwischen Kasper und dem Hund Bobby gesehen und gehört hat, wird diese Szenen niemals ver gessen. Das Hetmatwerk Sachsen, das sich seit seiner Gründung mit Erfolg und Erweckung und Förderung aller voll»- kulturellen Werte unserer Heimat müht, hat auch bas Ver dienst, das gute Puppcnspiel wieder seiner verdienten Geltung zugesührt zu haben. Und cS schreitet aus dem Weg der Unterstützung und Popularisierung dieser Kunst- gattung wacker weiter. Dreihundert Zuschauer saßt bas neuerbaute Dresdner Kasperhaus. Das Glück der Kinder bei den Märchenvor stellungen am Nachmittag ist unbeschreiblich: wie leben dir kleinen Geister mit, wenn sich da oben eine atemraubende Handlung abspielt und die Gerechtigkeit schließlich den Sieg davonträgt! Und am Abend sammelt sich eine immer grö ßere Gemeinde Erwachsener um das Spiel der kunstvollen Puppen. Auch sie lassen sich einsaugen vom Zauber dieses einzigartigen Milieus und von dem hohen Können der Künstler. Sie lassen alle „vornehme Zurückhaltung" fah ren und singen fröhlich mit, wenn Kasper dies wünscht. Und statt nur am Schluß wohlwollend zu klatschen, lachen sie während des ganzen Stückes laut und herzlich. Den» hier ist Humor in seiner echtesten und edelsten Form. Herbert Hahn.
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