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2. Vellage zum Riesaer TaaeMatt. Manta«, 22. Jannar I»SS, avenvs. 8«. JE«. Feinde von Berdun schließen jetzt Freundschaft. In Newyork trafen sich zufällig jetzt — fünfzehn Jahre nach Kriegsschluß — zwei ehemalige Kriegsteilnehmer, die sich bei Verdun als Feinde gegenübergestandcn hatten: der Amerikaner Slack und der Deutsche Hein rich Kühler. Der Deutsche wurde damals von dem Amerikaner gefangengenommen und schloß jetzt mit seinem ritterlichen Feinde Freundschaft Bild darunter: Ein Salto ans Skiern — das können nur wenige, ivas hier der Skispringer Paul Dampke aus Bad Warmbrnnn im Riesengebirgc zeigt. Ein neues Rieseufeuer in Rotterdam. In Rotterdam, wo erst vor wenigen Tagen das größte Varictstheatcr Hollands durch ein Schadenfeuer ver nichtet wurde, wütete erneut ein Großfeuer. Wie man auch aus unserem Bilde vom Schauplatz der Katastrophe ersieht, brannren vier Gebäude vollkommen aus. »Wie komme ich, bitte, znm ZirknS." Ein Radfahrartist fragt in den Straßen Londons einen „Bobby" nach dem Weg zn seiner Wirkungsstätte. Selbst verständlich benutzt er stets nur sein eigenes Gefährt von allerdings seltsamer Konstruktion. Bild unten. Auch im Winter Segelflugsport. Unsere Aufnahme aus Murren in der Schweiz zeigt, daß dort auch jetzt im Winter fleißig Segelflugsport getrieben wird. Lop>rigdt b> dlsrtio reucktvangoe, llsll« (Saals) Drittes Kapitel. Lore von Hunius war das einzige Kind des Freiherrn von Hunius, der mit seiner Frau bei einem Schiffsunglück auf einer Reise umgekommen war. Lore besaß von näheren Angehörigen nur einen Halb bruder, mit dem sie sich nicht verstand. So war es ihr heißer Wunsch gewesen, nach der Pensionszeit nicht gleich heimgehen zu müssen, sondern als Pensionärin bei den Eltern der schwärmerisch geliebten Pensionsfreundin aus genommen zu werden. Seit sie auf dem Karlshof weilte, war die Einsamkeit von Leni genommen, und die beiden jungen Mädchen waren auch in der Arbeit unzertrennlich. So war es Lore selbstverständlich, daß sie jetzt ein sprang, um ihre geliebte Freundin nicht im Stich zu lassen. Außerdem machte es ihr aufrichtigen Spaß, einmal zur Abwechslung als Serviersräulein zu fungieren. Sie würde sich schon so benehmen, daß niemand in ihr das Frei fräulein Lore von Hunius vermuten würde. In der Kleiderkammer vertauschte sie schnell ihr blau weiß gestreiftes Sommerkleidchen mit dem korrekten chwarzen Servierkleide, wie sie in mehreren Exemplaren, immer frisch gewaschen, mit weißem Kragen und Man- chetten, im Schranke hingen. Nun noch aus ihrem eigenen tzorrat ein Paar schwarze Strümpfe und schwarze Schuhe, >as weiße Zierschürzchen vorgebunden und die kleine weiße Haube auf das goldbraune Haar gesetzt, die so kokett und kleidsam war mit ihrer fein gefälbelten Rüsche über oem gepunkteten Tüll des Stirnbandes, das mit einem schwarzen Sammelbändchen durchzogen war. besah sick kritikck im Svteael »uvkta klar nach eiv- mal an dem kleinen Spitzenlatz des Schürzchens, das auf dem schwarzen Kleide lag; sie mußte es sich selbst zu gestehen: sie machte sich als Kammerkätzchen recht passabel. Sie schloß die Kleiderkammer ab, nahm den Schlüsselbund, den sie vorhin Leni entführt, und lief flink hinaus. Gerade auf dem Gange zur Küche stieß sie auf Leni, die mit sorgenvollen Blicken hinauslauschte, wo von ferne das Hupen des großen Postautos hörbar wurde, das als erstes die Kaffeegäste von Kissingen zum Karlshof zu bringen pflegte. „Gnädiges Fräulein*, sagte Lore und machte einen tiefen Knicks, wobei sie ihr Schürzchen wie auf der Bühne raffte, „das neue Serviermädchen meldet sich zum Dienst antritt.* Und ehe Leni etwas zu sagen vermochte, hatte die übermütige Lore sie schon um den Hals gefaßt, sie herum gewirbelt, daß ihr Hören und Sehen verging, und gesagt: „Mach doch nicht solch entsetzte Augen, Leni — es wird schon gehen. Also auf Wiedersehen, und verplappere dich nicht, wenn du nach dem Rechten sehen kommst!* Damit lief sie flink durch den Wirtschaftshof, öffnete die Pforte. Und gerade als die ersten Gäste aus dem großen Ueberlandautobus stiegen, stand die neue Servier hilfe und öffnete diensteifrig die blitzende Glastür, die zu der Sommerveranda führte. Auf dem schattigen Kurplatz von Bad Kissingen, zwischen den lichtgrün belaubten Platanen, wandelte zu den Klängen der Kurmusik eine elegante, sorglose Menge. Zn der großen Brunnenhalle mit den gekachelten Wänden und den blühenden Pslanzengruppen an den Wänden standen die Diener und ließen den heilkräftigen Sprudel aus den blitzenden Messingröhren in die Brunnengläser der Kurgäste rinnen. Alle Sprachen des Erdteils schwirrten durcheinander. Die breiten, gequetschten Laute des Eng lisch mischten sich mit den zischenden Lauten des Russisch, klangvolle italienische Stimmen schwangen über den stilleren der deutschen: und die Gesichter aus aller Herren ! Länder gaben dem Kurhausleben «ine interessante und elegante Note. Unter den Kurgästen, die, langsam hin und her wan delnd, ihren Brunnen schlürften, fiel eine Gruppe be sonders auf. In ihrer Mitte ging eine auffallend schöne, große, sehr schlanke Frau in einem weißen Wollkostüm, das, eng wie eine Smokingjacke gearbeitet, den voll endeten Wuchs der schönen rothaarigen Frau hervorhob. Die feine Büste war unter dem schmiegsamen weichen Stoff wie plastisch herausmodelliert, die schön geformten Schultern, die schmale Taille waren von vollkommenem Ebenmaß. Die ganze Gestalt schritt auf sehr schlanken, hohen Beinen gestrafft und federnd dahin. Die schmalen Füße steckten in weißen Wildlederschuhen, die mit schwarzem Lack verziert waren und, tief ausgeschnitten, den weißen Seidenstrumpf und den schmalen Fuß frei gaben. Der schlanke Hals und das Oval des Gesichts waren eingerahmt von dem schimmernden Weiß eines kostbaren Weißfuchses, der sich wie eine Schlange um den Hals der schönen Frau schmiegte. Rotgoldenes Haar drängte sich unter dem kleinen weißen Dreispitz, von dem ein schwarzer Reiher bis auf die Schulter herunterhing. Die Dame trug im Arm einen Strauß großer, brennend roter Feuertulpen, und diese einzige Farbe war wie ein glühender, versengender Farbenakkord auf dem Weiß des Kleides. In dem stolz geschnittenen Gesicht blühte ein tief ein gebuchteter Mund in verführerischer Glut, senkten sich tief dunkle, seidige Wimpern wie Schmetterlinge über die strahlenden, tiefblauen Augen. Aller Blicke folgten der hinreißend schönen Frau, die da lächelnd, die Blumen mit anmutiger Gebärde in den Arm gelegt, vahinschritt. Aber auch mancher Blick galt dem einen ihrer Begleiter, dem Manne, der an ihrer Linken schritt, während der Herr ihr zur Rechten — eine dicke, geckenhafte Erscheinung in weißem Flanellanzuge, mit seinem runden Gesicht und dem gewöhnlichen Munde — durchaus nickt zu der distinguierten Frauenqestalt zu passen schien.