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Riesaer O Tageblatt »nd Anzeiger (EldMM und AnMzrr). Mesa. Dresden 1580. 8«««f Mr. A>. Da» Mchw« Lagebtatt Ist da» Wk B«öfsentkichung d« amtlichen Bekanntmachungen der AmtShauptmannschaft Girokass« Postfach Nr. 82. Großenhain, des Amtsgerichts und der Amtsanwaltschaft beim Amtsgericht Riesa, des Rates der Stadt Riesa, Riesa Nr. S2. des Finanzamts Riesa und deS Hauptzollamts Meißen behördlicherseits bestimmte Blatt. 31. Montag, 6. Fevrnar 1933, abends. 86. Aahrg. Da» Riesaer Tageblatt erscheint jede« Tag abend» '/,S Uhr mit Ausnahme der Tonn» und Festtag«. Bezugspreis, gegen Vorauszahlung, für einen Monat 2 Mark ohne Zustellgebühr, durch Postbezug «M. L14 einschl. Postgebühr (ohne ZustellungSgebühr). Für den Fall de« Eintretens von ProduktivnSvertcuerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreise behalten wir uns das Recht der Preis. «Höhung und Nachsorderung vor. 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Verantwortlich für Redaktiou: Heinrich Uhlemann, Riesa; für Anzeigenteil: Wilhelm Dtttrich, »es«. U UMIMW W »Ire »88 »MUen Wen. Oer ksickskommlsssr erkält «Us Befugnisse ckss prsulUscken Ltsetsministeriums. Lekvers» Lxplosionsunglück in einer pariser Lutoksdriir. Lckvsr« OvMi5Lke Sluttstsn. )f Berlin. Bei ihrem Amtsantritt hatte die Reichs» regieruua vor der Presse die Hoffnung «nd den Wunsch zum Ausdruck gebracht, es möge ihr kein Anlaß geboten werden, frühere Beschränkungen des Bersammlungs- und Preß rechts wieder auslcben zu lasten. Allerdings wurde gleich zeitig die Mahnung ausgesprochen, alles zu vermeiden, was Beunrnhignng in das Boll tragen und die öffentliche Sicherheit gefährden könnte. Diese Mahnung ist nicht be folgt worden. Bor allem in der Presse sind in den letzten Tagen «»erhörte Beschimpfungen «nd Beleidigungen er hoben worden, die eine Regierung, die aus Autorität hält, sich nicht gefallen laste» kann. Ferner hat ein Teil der Presse, ganz offensichtlich um Beunruhigung zu schassen und das Vertrauen zur Regierung zu erschüttern, Gerüchte über angebliche wirtschasts- und sozialpolitische Maßnahmen der Negierung verbreitet, die keinerlei Unterlage besaßen. Die Rcichsregierung hat sich daher veranlaßt gesehen, dem Herrn Reichspräsidenten eine Verordnung vorznschlagcn, die Be schränkungen des Versammlnugs- und Pretzrechts enthält, wie sie zum Teil auch früher bestanden. Diese Verordnung gibt der Rcichsregierung nunmehr die absolute Handhabe, ihre Autorität wirksam zu wahren, «nd ihre Anfbanarbeit ungestört durchzusiihrcn. Somit dient sic dem Schutze des deutschen Volkes. Die Verordnung, die -em Herrn Reichspräsidenten zur Unterschrift vorliegt, wird heute Montag veröffentlicht werden. LeMliW des MUlUWenten »öA»e res Semen Volkes. lNichtamtlicher Auszug.) Berlin. (Funkspruch.) Die heute veröffentlichte aus Grund -es Artikels 48 Absatz ll erlassene Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes regelt in ihren Abschnitten 1 bis 3 die Voraussetzungen, unter denen öffentliche politische Versammlungen und Umzüge verboten oder aufgelöst, periodische Druckschriften beschlag, nahmt oder verboten und Sammlungen zu politischen Zwecken untersagt werden können. Abschnitt 1. Versammlungen und Aufzüge. ?! 1. Oesfentliche politische Versammlungen, sowie alle Versammlungen nnd Aufzüge unter freiem Himmel sind spätestens 48 Stunden vorher unter Angabe des Ortes, der Zeit und des Verhandlnngsgegenstandes der Ortspolizei behörde anzumelden. Sie können im Einzclfall verboten werden, wen» »ach den Umständen eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu besorgen ist. Statt des Verbotes kann eine Genehmigung unter Anklagen ausgesprochen werden. Zu ständig sind, soweit die oberste« Landcsbehördcn nichts anderes bestimmen, die Ortspolizcibchör-en. Ausgenommen find Versammlungen nicht politischer Art. 8 2. Oesfentliche politische Versammlungen, sowie Ver sammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel können aufgelöst werden, 1. wenn in ihnen zum Ungehorsam gegen Gesetz oder rechtsgültige Verordnungen oder die innerhalb ihrer Zu ständigkeit getroffenen Anordnungen -er verfassungsmäßigen Regierung oder der Behörden ausgefordert oder angereizt wird, oder 2. wenn in ihnen Organe, Einrichtungen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden oder 3. wenn in ihnen eine Neligionsgesellschaft des öftent- lichen Rechtes, ihre Einrichtungen, Gebrauche oder Gegen stände ihrer religiösen Verehrung beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden ober 4. wenn in ihnen zu einer Gewalttat gegen eine be stimmte Person oder allgemein zu Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen aufgefordert oder angcreizt wird, 5. wenn sic nicht angemeldet oder wenn sie verboten sind oder wenn von -en Angaben der Anmeldung absichtlich nbgewichen oder wenn einer Auflage zuwidergehanbelt wird. 8 3 regelt die Befugnisse polizeilicher Beauftragter in öffentlichen Versammlungen. 8 4 das Verfahren nach deren Auflösung. 8 5. Der Neichsminister des Innern kann allgemein oder mit Einschränkungen für das ganze Reichsgebiet oder einzelne Teile Versammlungen unter freiem Himmel «nd Auszüge sowie das Tragen einheitlicher Kleidung, die die Zugehörigkeit zu einer politischen Vereinigung kennzeichnet, verbieten nnd siir Znwiderhandlnngen Gefängnisstrafe Ldex Lsldstrase allein oder nebeneinander androhen. 8 8. Versaunnlungen unter freiem Himmel und Auf» züge dürfen von den Landesbehör-«n wegen unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten werden 1. allgemein nur für bestimmt abgetrennte Ortstcile 2. im übrigen nur im Einzelfalle. Weitergehcnde allgemeine Verbote treten außer Kraft. Hat der Reichsminister -es Innern gegen ein Verbot nach Absatz 1 Nr. 1 Bedenken, so kann er die oberste Lan- dcsbchörde um Acndcruug oder Aufhebung ersuchen. Ent spricht die oberste Landesbehörde dem Ersuchen nicht, so kann «r das Verbot aufheben. Abschnitt S behandelt die Beschlagnahme und das Verbot von Druckschriften. Nach 8 3 können periodische Druckschriften verboten werden aus den gleichen Gründen, ans denen Versamm lungen aufgelöst werden können, wenn durch ihren Inhalt die Mrafbarkeit einer -er in -en Paragraphen 81—86, 92 — Nr. 1 -cs Strafgesetzbuches o-er in -en 88 1—4 deS Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse be zeichneten Ha»-lungen begründet wird; wenn in ihnen zu Gewalttätigkeiten aufgesorbert oder angereizt oder wenn in ihnen Gewalttätigkeiten, nachdem sie begangen worden sind, verherrlicht werden; wenn in ihnen zn einem Generalstreik oder zu einem Streik in einem lebenswichtigen Betriebe ausgeior-ert oder angereizt wird; wenn in ihnen offensichtlich unrichtige Nachrichten ent halten find, deren Verbreitnna geeignet ist, lebenswichtige Interessen des Staates zu gefährden; wenn als verantwortlicher Schriftleiter dem Verbot -es Reichsgesetzes vom 4. März 1931 zuwider jemand bestellt oder benannt worden ist, -er nur nach besonderer Geneh migung strafrechtlich verfolgt werden kann. Die Tauer des Verbotes bei Tageszeitungen darf 4 Monate beziehungsweise 6 Monate nicht überschreiten. Diese Beschränkung fällt fort, wenn eine periodische Druckschrift, die auf Grund der Vorschriften dieser Verord nung bereits zweimal verboten war, innerhalb dreier Monate nach dem ersten Verbot erneut verboten wird. In diesem Falle darf die Dauer des Verbotes bei Tages zeitungen 6 Monate, in anderen Fällen 1 Jahr nicht über schreiten. Die 88 16—12 regeln in Anlehnung an die bisherigen Bestimmungen Zuständigkeit und Rechtsmittel beim Ver bot von periodischen Druckschriften nnd etwaigen Ersatz blättern. Ist in einer periodischen Druckschrift, die nicht im In- lande erscheint, eine Veröffentlichung der im 8 9 bezeich neten Art enthalten, so kann der Neichsminister des Innern ihre Verbreitung im Jnlande bis zur Dauer von 6 Mona ten verbieten. Gegen das Verbot ist kein Rechtsmittel zu lässig. Abschnitt 8. Sammlungen zu politischen Zwecken. 8 14. Die obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten Stellen können verbieten, daß Geld- oder Sach spenden zu politischen Zwecken oder zur Verwendung durch politische Organisationen von Haus zu Hans, aus Straßen oder Plätzen, in Gast- oder Vergnügungsstätten oder an anderen öffentlichen Orten eingesammelt werden; das Verbot kann ans einzelne Sammlungen oder die Samm lungen bestimmter Vereinigungen beschränkt werden. Sammlungen, die in Versammlungen oder im Zusammen hang mit ihnen am Versammlungsort stattsinden, sowie Sammlungen von Haus z« Haus, die sich ans Mitglieder der sammelnden Organisation beschränken, sind zulässig. Der Neichsminister des Innern kann gegebenenfalls ein derartiges Verbot anfhebcn. Abschnitt 4 enthält für Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der vorhergehende» Abschnitte Strafbestimmungen, die Gcld- nnd Gefängnisstrafen, zum Teil unter Angabe einer Min deststrafe vorsehen. Unter anderem bestimmt 8 29: Wer vorsätzlich oder fahrlässig Druckschriften politischen Inhalts hersteilt, verbreitet oder znm Zwecke der Verbreitung vor rätig hält, ans denen zur Verheimlichung des Ursprungs die in den 88 6 und 7 des Nrichsgesetzcs über die Presse vom 7. Mai 1874 vorgcschricbenen Angaben über Drucker, Ver leger, Verfasser, Herausgeber oder verantwortlichen Redakteur nicht enthalten oder unrichtig, unvollständig oder unleserlich sind, wird, soweit nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer schwereren Strafe bedroht ist, mit Gefängnis bis zn einem Jahr bestraft, wenn durch dft Schrift 1. -aS Verbrechen des Hochverrates oder ein Vergehen gegen die Vorschriften über verbotene Vereine <8 - der Verordnung -es Reichspräsidenten zur Erhaltung -eS inneren Friedens vom 19. Dezember 1988 (Reichs gesetzblatt 1, Seite 848)) oder über verbotene Druckschriften (8 18 dieser Verordnung) oder 3. eine nach den 88 116—112 des Strafgesetzbuches oder nach 8 13 dieser Verordnung strafbare Aufforderung oder Anreizung begründet wird. 8 21. Wer von dem Vorhandensein eines Vorrates von Druckschriften, deren Inhalt den Tatbestand einer -er im 8 26, Abs. i Nr. 1 bis 3 bezeichneten strafbaren Hand lungen begründet, zu einem Zeitpunkt glaubhafte Kenntnis erhält, zu dem das Vorhandensein dieses Druckschriften- Vorrates der Behörde noch nicht bekannt ist, ist verpflichtet, unverzüglich der Polizeibehörde Anzeige zn erstatten. Die in seinen Besitz oder Gewahrsam gelangten Stücke der Druckschrift hat er unverzüglich der Polizeibehörde abzu liefern. Wer eS unterläßt, die Anzeige oder Ablieferung recht- zeitig zn bewirken, wird mit Gefängnis bis zn einem Jahre bestraft. Straffrei sind nur Familienangehörige und Seelsorger. 8 22. Wer in dem dringenden Verdacht einer nach den 88 81—86, 92, Nr. 1 deS Strafgesetzbuches oder den 88 1—4 deS Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse strafbaren Handlung oder eines Verbrechen? oder Ver gehens steht, das mittels einer Waffe begangen ist, oder dessen Strafbarkeit durch unbefugtes Führen einer Masse, oder unbefugtes Erscheinen mit einer Waffe begründet wird, kann im Interesse der öffentlichen Sicherheit in poli zeiliche Hast genommen werden. 8 28 gibt die Möglichkeit zur Schließung von Räumlich keiten, die als Stützpunkte für politische Straftaten benützt werden. Er bestimmt unter anderem, Räumlichkeiten, von denen ans eine Mehrheit von Personen ans politischen Be weggründen oder zu politischen Zwecken Gewalttätigkcircn gegen Personen oder Sachen begangen hat, oder von denen nach den Umständen zu besorgen ist, daß sie von einer Mehr heit von Personen als Sammclstätten oder Stützpunkte für Gewalttätigkeiten benutzt werden, oder in denen Schriften strafbaren Inhaltes hergestellt oder znm Zwecke der Ver breitung vorrätig gehalten werden, können polizeilich ge schlossen werden, wenn dies für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit nnd Ordnung, insbesondere zur Be seitigung der Gefahr der Wiederholung solcher Taten er forderlich ist. Tie in solchen Räumlichkeiten befindlichen Waffen können polizeilich beschlagnahmt nnd eingezogcn werben. Handelt cs sich nm eine Gast- oder Schankwirtschaft, so kann die Erlaubnis znm Betriebe Swn der Ortspolizci- bchvrde bis zur Tauer von einem Jahr entzogen werden. Wer eine polizeilich geschlossene Räumlichkeit vor Aus hebung der Schließung benützt oder anderen zur Benutzung überläßt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Gast- oder Schankwirte, die wegen Zu widerhandlung gegen diese Vorschrift rechtskräftig verur teilt worden sind, kann für eine bestimmte Zeit oder für die Taner der Zuverlässigkeit im Sinne des GaststättengesctzcS vom 28. April 192» abgesprochen werden. 8 25 enthält als Abschnitt 5 folgende Lchlnßvorschristcn: Die zur Durchführung dieser Verordnung erforder lichen Rechts- und Berwaltungsvorschriften erläßt -er Reichsminister deS Innern. Er kann, soweit er es für erforderlich hält, Richtlinien sür die Handhabung der Vor- fchriften dieser Verordnung erlassen. Der Kreis der leitenden Beamten im Sinne dieser Verordnung wirb, soweit es sich um Reichsbeamte handelt, von dem ReichSministcr deS Inncrn; soweit es sich nm Landesbcamte handelt, von den Landesregierungen bc stimmt. .... Schließlich bestimmt Paragraph 26, daß diese Vcrord nnng mit dem Tage nach ihrer Verkündung in Kraft tritt. * Bedenken der Brette Der Hauptcmsschuß des Reichsverbandes der Deutschen Presse faßte eine Entschließung, die dem Reichspräsidenten übermittelt wurde; es heißt darin u. a.: „Mit starkem Befremden hat der Reichsausschuß davon Kenntnis genommen, daß die Reichsregierung Ihnen, Herr Reichspräsident, eine neue Verordnung vorschlägt, die die frühere Knebelung der Pressefreiheit wieder Herstellen und anscheinend noch verschärfen will. Der Reichsverband der Deutschen Presse, in dem Jour nalisten aus allen deutschen Gauen ohne Unterschied der politischen Parteirichtung zusammengeschlossen sind, erhebt seine warnende Stimme gegen einen solchen Versuch, der der Presse die Erfüllung ihrer im Staatsinteresse liegenden Aufgabe der Mitwirkung an der Bildung der öffentlichen Meinung unmöglich machen und nach allen Erfahrungen der letzten Jahre sein Ziel völlig verfehlen würde."