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Weitere Beränderungeu in ReichSmlnisterien. Von links: Staatssekretär Mussehl (Reichserniih- rungsministcrium) ist aus seinem Amte geschieden. Zu seinem Nachfolger wurde der deutschnationalc Landbund« führer von Rohr-Demmin ernannt. Der Staatssekretär im Reichswirtschaftsministerium, Schwartzkopf ist gleich falls von seinem Posten »urückgetreten. Zu seinem Nachfolger wurde Geheimer Finauzrat Bang ernannt, dessen Bild wir bereits am 1, Februar veröffentlicht haben. Bild links. Reichstagsabgeordneter Graef 8V Fahr« alt. Der bekannte deutschnationale Reichstagsabgeordnete Walter Graes wird am 8. Februar 60 Jahre alt. Bild rechts. Der Reichspräsident begrüßt die erfolgreichen Irländer beim Reit, «nd Fahrturnier. Unser Bild zeigt Reichspräsident von Hindenburg und Vizekanzler von Papen (rechts) bei der Begrüßung der erfolgreichen irischen Reiter beim Internationalen Reit- und Fahrturnter in Berlin. Bild darüber. Gäste des Berliner Reit, und Fahrtnrniers. Zusammen mit dem Reichspräsidenten wohnten auch (von links) Neichsarbeitsministcr Scldte, Stahlhelm führer Düsterberg und Kronprinz Wilhelm dem Ber liner Reit- und Fahrtnrnier bei. Zirkus Hagenbeck auf dem Wege nach Japan. Der bekannte Hamburger Zirkus Hagenbeck hat sich — wie man aus unserer Ausnahme ersieht — aus dem Hapag-Dampfer „Saarland" nach Japan eingeschifft. Nur ungern scheinen die Dickhäuter von ihren Freunden Abschied zu nehmen. Mit schwerer Schlagseite eingclausen. Der russische Dampfer „Morjovets" ist mit einer großen Holzladung von Leningrad im Hafen von Bremen mit schwerer Schlagseite eingela.ufen. Die „Motiovets" ist der frühere deutsche Llopddampfer „Albingia", der noch Rußland verkauft wurde. Loovright i>v Martin keucbtwsnger, kislle (8sale) s30 So War denn Lore von Hunius ganz froh, daß man abends noch öfter den Wagen anspannte und nach Bad Kissingen hinüberfuhr, um an dieser oder jener kleinen Veranstaltung teilzunehmen. Doktor Häber war es, der immer wieder im Karlshof anrief und Herrn Binder mann bat, herübcrzukominen. Einmal war es ein netter Theaterabend des Kurtheatcrs, das nächste Mal ein be sonders gutes Konzert, das dritte Mal ein Waldfest draußen in dem Kurpark, zu dem er Karten schickte, und an dem Abend, anläßlich eines Kongresses, der in Bad Kissingen stattsand, die Premiere eines Films, der in der Großstadt schon gelaufen war und als besonders gut galt. Doktor Häber hatte durch die täglich vorbeikommende Post drei Logcnkartcn für die Familie Bindermann ge sandt und hatte in einem Bries dazu bemerkt, daß er sich gestatten würde, während der Vorstellung, wenn die Ehrengäste begrüßt waren, einen »Augenblick in der Loge von Herrn Bindermann Platz zu nehmen. Lore hatte mit gemachter Lebhaftigkeit zugestimmt, als Leni ihr glückstrahlend von dem Kinobesuch erzählt hatte. Sie selbst hatte bisher noch nicht allzuviel Kinovorfüh- rungcn gesehen, und was sie kannte, war ihr bisher immer flach und äußerlich erschienen. Sie hätte sich viel leicht lieber ein gutes Konzert oder einen ernsten Theater, abend gewünscht. Doch war sie in ihrer zerrissenen Seelen stimmung dankbar für jede Zerstreuung, die sie von ihrem Kummer ablcnkte, wenn es ihr auch jetzt immer ein leiser Schmerz war, Lenis glückstrahlende Augen zu sehen. Nicht als ob Neid ihre Seele ergriffen hätte. Denn sie gönnte der acliebten Freundin alles Gute und Schöne. Doch unwillkürlich mußte sie an ihren eigenen Liebestraum denken, der so schnell und jäh zerstört worden war. Sie hatte bald nach jenem ersten Brief einen zweiten von Mario Bernart bekommen. Aber sie hatte diesen Brief uneröffnet an den Absender zurückgesandt. Der letzte Rest von Stolz, den sie sich bewahrt, verbot ihr, eine heimliche Korrespondenz mit diesem Manne zu beginnen, der nach ihrer Meinung mit ihr nur gespielt hatte. Aber immer wieder mutzte sie an ihn denken. Und auch jetzt, während sie neben Leni und Herrn Bindermann in der dunklen Loge des Kinotheaters saß, stand vor ihrem Geiste die Gestalt Mario Bernaris. Sie schloß die Augen und spürte, wie in der Dunkelheit unter den Lidern ihr die Tränen hervorquollen. Sie war so dankbar, hier im Dunkeln zu sitzen, unbeobachtet, und wieder einmal die Maske der Heiterkeit ablegen zu können, die sie sonst unter schmerzhafter Mühe trug. Die Musik, die aus dem Orchester zu ihr kam, war ihr ein fernes Rauschen. Ihre Gedanken waren weit fort bei dem Manne, der sie einmal geküßt und dann verlassen hatte. Sie preßte die Hand aufs Herz. Wie weh das tat! Wie schlug es und sehnte sich nach etwas, was unwieder bringlich verloren war. Gewaltsam öffnete sie die Augen, um sich zur Wirklichkeit zurückzufinden. Man durfte nicht träumen. Traum war das Gefährlichste, was es für ein einsames, unglückliches Herz gab. Da weiteten sich ihre Augen. Ging der Traum weiter. Narrte sie ein Trugbild? Da vorn auf der Leinwand stand eine wunderbar schöne Frau, den Kopf sehnsüchtig erhoben. Diese Frau war niemand anders als jene Dame, die ihr die furchtbare Szene in dem Karlshof ge macht, und der Mann, der jetzt mit einem strählenden Lächeln ihr entgegenkam, war kein anderer als der Un- bekannte, der sie im Garten des Karlshofes geküßt. Lore von Hunius krampfte die Hände um die rot- samtene Lehne ihres Stuhles. Er war es. Und nun erklang auch seine Stimyre. Geisterhaft und doch wirklich, seine dunkel vibrierende Stimme. Sie sprach Licbeswone zu der hinreißend schönen Frau dort auf der Leinwand, die nun die Arme ausbreitete und sich mit einer schlangen gleichen Bewegung ihres Körpers an den Mann schmiegte. Und jetzt bog der Mann den Kopf jener Frau genau so zu sich, wie er einst ihren Kopf in seine Arme genommen. Seine Lippen suchten den Mund der Frau auf der Lein wand. Lore von Hunius fühlte, wie jeder Blutstropfen auS ihrem Gesicht wich, wie ihre Hände eiskalt wurden. Da war also die Lösung des Rätsels. Jene schöne Frau und der Unbekannte, sie gehörten zusammen. Sie würden nicht nur im Spiel zusammengehören, sondern auch in der Wirklichkeit, im Leben! Das, was den Unbekannten z» ihr hingeführt, es war nur eine flüchtige Laune gewes«, wie Künstler sie oft genug haben. Sie war töricht genug gewesen, zu glauben, und «ußte nun sehen, daß dieser Glaube auf nichts gegründet war. Sie mußte nun hier sitzen und mit anschauen, wie der Mann, nach dem sie sich verzehrte, eine andere Fra» i« Arm hielt, sie küßte, ihr Liebesworte zuflüsterte. Und sie mußte sich gestehen, daß diese beiden herrlichen Menschen, die auf der Leinwand das Schicksal einer Liebe vor ihr entrollten, zueinander paßten, wie zwei Menschen nicht besser zueinander passen konnten. Sie waren beide so vollendet schön und gingen im Spiel so ineinander auf, wie Lore es nie zuvor erlebt. Tief war der Schmerz der Eifersucht, der bei diesem Anblick ihr Herz durchbohrte. Aber einer Selbsttäuschung versuchte sie sich in ihrer Ehr lichkeit nicht hinzugeben. Diese beiden Menschen waren füreinander bestimmt, und sie selbst war nichts dagegen. Dieser Mann, der sie einmal geküßt, lebte in einer Welt, in der sie nichts zu suchen hatte, und in der sie niemals etwas gelten würde. Es war die Welt jene, schönen Frau, die Welt des Glanzes, des Ruhmes und der Sorglosigkeit. Es gab keinen Weg dorthin. Fünfzehntes Kapitel. Sonja Detczy hatte Mario Bernari mit strahlendem Lächeln empfangen. Kein Wort hatte sie erwähnt von der Verstimmung, in der sie geschieden waren. Es war so am besten. ... (Fortsetzung folgt.)